Passionsspiele Erl

Darstellende Kunst in Tirol, aufgenommen 2013

Die Passionsspiele Erl sind ein traditionsreiches religiöses Schauspiel, das seit 1613 in der Tiroler Gemeinde Erl aufgeführt wird und daher zum Immateriellen Kulturerbe der UNESCO als das älteste Passionsspiel im deutschsprachigen Raum zählt. Alle sechs Jahre bringen rund 600 Laiendarsteller – etwa ein Drittel der Dorfbewohner – die Leidensgeschichte Jesu Christi auf die Bühne des eigens dafür errichteten Passionsspielhauses.[2][3]

Passionsspielhaus Erl, gebaut 1956–1959, Entwurf von Robert Schuller[1]
Dornenkrone vor dem Passionsspielhaus

Geschichte

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Die Ursprünge der Erler Passionsspiele reichen bis ins frühe 17. Jahrhundert zurück, der Text für die Erler Passion stammt aus der Feder des bayrischen Meistersingers Sebastian Wild aus dem Jahr 1565.[3] Seitdem hat sich die Tradition fest im kulturellen Leben der Gemeinde verankert. Im Jahr 2013, zum 400-jährigen Jubiläum, zog die Aufführung über 60.000 Besucher an.[4][5]

2013 wurden die Passionsspiele Erl in das Immaterielle Kulturerbe der UNESCO aufgenommen.[3][6]

Neuausrichtung 2025

Für die Saison 2025 wurde mit Martin Leutgeb ein neuer Regisseur gewonnen, der auch den Text neu verfasst hat. Die musikalische Leitung übernimmt der österreichische Komponist Christian Kolonovits, bekannt aus der Austropop-Szene. Diese Neuausrichtung verbindet Tradition mit Innovation und soll das Publikum dazu anregen, sich mit zentralen Fragen des Glaubens auseinanderzusetzen.[7][8][9][10] Der Salzburger Künstler und Innenarchitekt Hartmut Schörghofer zeigt sich 2025 für Bühnenbild und Technik verantwortlich.[11]

Aufführungen

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Die Passionsspiele finden alle sechs Jahre von Mai bis Oktober mit 32 Aufführungen pro Spielsaison statt. Die Vorbereitungen beginnen bereits im Herbst des Vorjahres, wobei die Proben zu Allerheiligen starten. Während dieser Zeit lassen sich die männlichen Darsteller Haare und Bärte wachsen, dies stellt eine Verpflichtung zum Mitspielen dar,[12] und verzichten oft auf ihren Sommerurlaub, um sich ganz dem Spiel zu widmen und proben ca. 120 Mal.[11][4] Das Budget für die Aufführungen beträgt pro Saison ca. 300.000 €.[13]

Die Aufführungen werden von ca. 600 ehrenamtlichen Laiendarstellern, hauptsächlich Dorfbewohner, durchgeführt. Ca. 80 der Darsteller haben Sprechrollen.[12]

Bedeutung für die Gemeinde

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Wappen der Gemeinde Erl mit Dornenkrone

Die Passionsspiele sind ein Gemeinschaftsprojekt, das die Dorfbewohner eng zusammenschweißt. Vom Neugeborenen bis zur Pensionistin beteiligt sich der größte Teil der Bevölkerung ehrenamtlich an der Umsetzung. Diese gemeinsame Anstrengung stärkt den sozialen Zusammenhalt und fördert das kulturelle Erbe der Region.[8][11]

Das 1973 verliehene Gemeindewappen verweist mit der Dornenkrone auf die traditionsreichen Passionsspiele in Erl.[14]

Literatur

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  • Felix Mitterer: Passion Erl: Theaterstück. Haymon Verlag, Innsbruck 2013, ISBN 978-3-85218-934-5.
  • Martin Leutgeb: Die Erler Passion: Geschichte und Gegenwart. Tyrolia Verlag, Innsbruck 2024, ISBN 978-3-7022-4001-2.
  • Christian Kolonovits: Musik und Emotion: Die Klangwelt der Passionsspiele Erl. Böhlau Verlag, Wien 2025, ISBN 978-3-205-21045-9.
  • Hartmut Schörghofer: Bühnenbilder der Passion: Raum und Symbolik in Erl. Springer Verlag, Berlin 2023, ISBN 978-3-662-62014-7.
  • Johann Holzner: Tiroler Passionsspiele: Tradition und Wandel. StudienVerlag, Innsbruck 2010, ISBN 978-3-7065-4978-1.
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Commons: Passionsspielhaus Erl – Sammlung von Bildern

Einzelnachweise

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  1. guide.aut.cc
  2. Passionsspiele Erl. Abgerufen am 9. Februar 2025 (österreichisches Deutsch).
  3. a b c Passionsspiele Erl. Abgerufen am 9. Februar 2025.
  4. a b Österreich Magazin: Passionsspiele Erl: Die Passion eines Dorfes. 5. Juli 2020, abgerufen am 9. Februar 2025.
  5. „Manchmal wird auch im Skianzug geprobt“. 29. Dezember 2024, abgerufen am 9. Februar 2025.
  6. Passionsspiele Erl UNESCO-Weltkulturerbe. 20. August 2013, abgerufen am 9. Februar 2025.
  7. Jasmine Hrdina: Passionsspiele Erl 2025: Jesus trifft auf Filmmusik und menschliche Konflikte. 19. November 2022, abgerufen am 9. Februar 2025.
  8. a b TT: Passionsspiele 2025 in Erl: Größe des Austropops mischt mit. 15. November 2022, abgerufen am 9. Februar 2025.
  9. Kronen Zeitung: Passionsspiele 2025: Alte Tradition, neue Vision. 2. September 2024, abgerufen am 9. Februar 2025.
  10. Edith Köll: Passionsspiele Erl 2025: Neue Wege – Nichts bleibt wie es war… In: SIMsKultur. 20. März 2024, abgerufen am 9. Februar 2025.
  11. a b c Theresa Aigner: Erl im Jahr der Passionsspiele: Ein Dorf bereitet sich auf die große Bühne vor. 2. Februar 2025, abgerufen am 9. Februar 2025.
  12. a b Theresa Aigner: Erl im Jahr der Passionsspiele: Ein Dorf bereitet sich auf die große Bühne vor. 2. Februar 2025, abgerufen am 9. Februar 2025.
  13. Wolfgang Otter: Passionsspiele Erl: Eine alte Geschichte steht für Neues. 19. Mai 2019, abgerufen am 9. Februar 2025.
  14. Eduard Widmoser: Tiroler Wappenfibel. Tyrolia-Verlag, Innsbruck 1978, ISBN 3-7022-1324-4, S. 39.