Paul Plishka

US-amerikanischer Opernsänger (Bass)

Paul Plishka (* 28. August 1941 in Old Forge, Pennsylvania; † 3. Februar 2025[1] in Wilmington, North Carolina) war ein US-amerikanischer Opernsänger (Bass). Er trat über 50 Jahre an der Metropolitan Opera in New York City auf.

Ausbildung und Anfänge

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Paul Plishka, dessen Eltern in den Vereinigten Staaten geborene Nachkommen ukrainischer Einwanderer waren, wuchs in Old Forge, Pennsylvania auf.[1] Im Alter von 16 Jahren zog die Familie nach Paterson, New Jersey um, wo Plishka die Eastside High School besuchte.[1][2] Ein Lehrer ermutigte Plishka zu einer Opernkarriere, nachdem er bei einer Schüleraufführung die Rolle des Jud Fry im Musical Oklahoma! gesungen hatte.[1] Er studierte am New Jersey State College in Montclair.[1][2] Gesangsunterricht erhielt er bei dem Gesangspädagogen Armen Boyajian, der auch der Gesangslehrer von Samuel Ramey war.[3] Sein Debüt als Opernsänger gab er 1961 bei der Paterson Lyric Opera, einer Wanderbühne in New Jersey.[1] 1964 gewann er in Baltimore einen Gesangswettbewerb, der auf Veranlassung von Rosa Ponselle ausgeschrieben worden war. Er trat fortan als Konzertsänger auf und nahm von 1965 bis 1967 an Gastspiel-Tourneen der Metropolitan Opera National Company teil.[1][2]

Metropolitan Opera

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1967 wurde er an die Metropolitan Opera in New York City engagiert, wo er in Partien für Seriösen Bass aus dem italienischen und französischen Fach große Erfolge hatte. Er sang dort in 51 Jahren 88 verschiedene Rollen in fast 1700 Vorstellungen.[1][2] Zu seinen Hauptrollen an der MET gehörten Philipp II. in Don Carlos, Fiesco in Simone Boccanegra, Raimondo in Lucia di Lammermoor, Dulcamara in L’elisir d’amore sowie die Titelrollen in Boris Godunow und Falstaff.[1][2]

Plishka sang ab Juni 1967 zunächst bei den sog. „Met Parks Performances“ und im Rahmen einer MET-Tournee.[4][5] Im September 1967 hatte Plishka als Mönch in La Gioconda sein „offizielles“ Debüt an der Metropolitan Opera.[1][2][6] Im Februar 1977 sang er den Colline in einer Neuinszenierung von La Bohème an der Seite von Luciano Pavarotti, Ingvar Wixell und Allan Monk.[2][7] Seine offizielle Abschiedsvorstellung an der Metropolitan Opera gab er im Januar 2012 als Mesner in Tosca.[8] In der Spielzeit 2015/16 übernahm er an der Metropolitan Opera in La Bohème noch einmal die Rollen Benoit und Alcindoro, die er dann bis März 2018[1] noch in fast 30 weiteren Vorstellungen regelmäßig sang.[9][10]

Gastspiele

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Plishka gab Gastspiele an Opernhäusern in den Vereinigten Staaten und in Kanada, u. a. in New Orleans, Pittsburgh, Baltimore, Seattle, Vancouver und Ottawa. 1972 sang er an der Opera Philadelphia den Abimélech in Samson et Dalila. In der Saison 1976/77 debütierte er als Padre Guardiano in La forza del destino an der San Francisco Opera.[11]

Im April 1999 sang er in der Carnegie Hall den Kardinal Brogni in einer konzertanten Aufführung der Oper La Juive unter der musikalischen Leitung von Eve Queler.[12] 2000 sang er an der Lyric Opera of Chicago den Dulcamara in L’elisir d’amore. Er gastierte in den USA auch an der Palm Beach Opera, an der Houston Grand Opera und an der Dallas Opera.[2]

Im Juli 2003 gastierte er als Daland in Der Fliegende Holländer am Teatro Colón in Buenos Aires.[13]

Sein Europa-Debüt gab er 1971 als Pimen in Boris Godunow beim Spoleto-Festival.

In der Saison 1974/75 debütierte er als Méphistophélès in La damnation de Faust an der Mailänder Scala.[14] Er sang dort u. a. auch den Pimen in Boris Godunow, Enrico VIII. in Anna Bolena, Timur in Turandot und Zaccaria in Nabucco.[15][16][17][18] Seinen letzten Auftritt an der Mailänder Scala hatte er im Juli 1992 in der Messa da Requiem von Giuseppe Verdi.[19] Mit dem Ensemble der Mailänder Scala gastierte er auch in Tokio, Moskau und Barcelona.

1975 trat er an der Opéra du Rhin in Straßburg als Philipp II. in Don Carlos auf. 1976 sang er beim Maggio Musicale Fiorentino das Bass-Solo in der 9. Sinfonie von Ludwig van Beethoven. 1978 gastierte er an der Grand Opéra Paris als Fasolt in Das Rheingold. 1998 trat er bei den Salzburger Festspielen als Großinquisitor in Don Carlos auf.[20]

Er gastierte außerdem an der Hamburgischen Staatsoper (1987), am Grand Théâtre de Genève (1992) und an der Opéra de Marseille (1999).

1992 erhielt er den Governor’s Award for Excellence in the Arts durch den Commonwealth of Pennsylvania.[2][21] Er wurde in die Hall of Fame der „Great American Opera Singers“ aufgenommen.[2]

Seinen letzten Auftritt als Opernsänger hatte er im Juli 2018 in einer Aufführung von La Bohème beim Tanglewood Festival.

Privates

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Plishka hatte einen jüngeren Bruder, Peter Plishka, der im Januar 1984 im Alter von 33 Jahren Suizid beging.[22]

Paul Plishka war zweimal verheiratet und Vater von drei Söhnen, die alle vor ihm starben.[1] Sein Sohn John Jeffrey starb 2017.[23] Seine erste Ehefrau Judith Ann Plishka, die Mutter seines Sohnes Jeffrey, starb 2004.[1][24] Plishka war in zweiter Ehe mit Sharon Thomas, einer früheren Hausregisseurin der Metropolitan Opera, verheiratet.[1]

Paul Plishka starb im Februar 2025 im Alter von 83 Jahren in einem Sterbehospiz in Wilmington, North Carolina.[1]

Stimme und Tondokumente

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Paul Plishka besaß, so Das Große Sängerlexikon, eine „machtvolle, ausdrucksstarke, dabei aber sehr flexible Baßstimme“. Seine Stimme ist der Stimmlage des Basso cantante zuzurechnen. Er galt auch als großer „Sänger-Darsteller“ und guter Schauspieler.

Seine Stimme ist auf vielen Schallplattenaufnahmen und Live-Mitschnitten sowie durch TV-Übertragungen und Video-Aufnahmen dokumentiert.

Seine Schallplatten und Videos erschienen u. a. bei den Labels Decca (Crespel in Hoffmanns Erzählungen), HMV (Oroveso in Norma als Partner von Beverly Sills, Colline in La Bohème, Timur in Turandot, Pater Guardian in La forza del destino), RCA (Méphistophélès in Faust, Mesner in Tosca), CBS (Gemma di Vergy von Gaetano Donizetti, Le Cid von Jules Massenet mit Grace Bumbry und Placido Domingo, Verdi-Requiem), Sony Records (Luisa Miller), DGG (Falstaff, auch Video), Pioneer-Video (Luisa Miller) und DGG-Video (Stiffelio von Verdi).

Repertoire (Auswahl)

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Literatur

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  • Karl J. Kutsch, Leo Riemens: Großes Sängerlexikon. Band 5: Menni–Rappold. Vierte, erweiterte und aktualisierte Auflage. München 2003, ISBN 3-598-11598-9, S. 3695/96.
  • Karl Martyniak (Hrsg.): OPERAdat. Interpreten-Lexikon. Sängerlexikon. di Pianduni–Plümacher. 2. Auflage, Düsseldorf 1998, S. 6 (mit Rollenverzeichnis).
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Einzelnachweise

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  1. a b c d e f g h i j k l m n o Ronald Blum: Paul Plishka, whose Metropolitan Opera career spanned 51 years, dies at age 83. In: The Washington Times vom 5. Februar 2025. Abgerufen am 6. Februar 2025
  2. a b c d e f g h i j Francisco Salazar: Obituary: Legendary Bass Paul Plishka Dies at 83. Nachruf. OperaWire.com vom 4. Februar 2025. Abgerufen am 6. Februar 2025
  3. Jens Malte Fischer: Große Stimmen: Von Enrico Caruso bis Jessye Norman. 1. Auflage. Suhrkamp Taschenbuch Verlag, 1995, S. 561/562.
  4. Madama Butterfly. Besetzungsliste vom 27. Juni 1967. Vorstellungarchiv der Metropolitan Opera. Abgerufen am 6. Februar 2025
  5. I Vespri Siciliani. Besetzungsliste vom 23. August 1967. Vorstellungarchiv der Metropolitan Opera. Abgerufen am 6. Februar 2025
  6. La Gioconda. Besetzungsliste vom 21. September 1967. Vorstellungarchiv der Metropolitan Opera. Abgerufen am 6. Februar 2025
  7. La Bohème. Besetzungsliste vom 23. Februar 1977. Vorstellungarchiv der Metropolitan Opera. Abgerufen am 6. Februar 2025
  8. Tosca. Besetzungsliste vom 28. Januar 2012. Vorstellungarchiv der Metropolitan Opera. Abgerufen am 6. Februar 2025
  9. La Bohème. Besetzungsliste vom 15. April 2016. Vorstellungarchiv der Metropolitan Opera. Abgerufen am 6. Februar 2025
  10. La Bohème. Besetzungsliste vom 10. März 2018. Vorstellungarchiv der Metropolitan Opera. Abgerufen am 6. Februar 2025
  11. La forza del destino. Besetzungsliste. Vorstellungarchiv der San Francisco Opera. Abgerufen am 6. Februar 2025
  12. La Juive, discography. Abgerufen am 6. Februar 2025
  13. Der fliegende Holländer: Teatro Colón, Buenos Aires. Besetzungsliste. Abgerufen am 6. Februar 2025
  14. LA DAMNATION DE FAUST. Besetzungsliste vom 2. Juli 1975. Vorstellungarchiv der Mailänder Scala. Abgerufen am 6. Februar 2025
  15. BORIS GODUNOV. Besetzungsliste vom 14. Januar 1981. Vorstellungarchiv der Mailänder Scala. Abgerufen am 6. Februar 2025
  16. ANNA BOLENA. Besetzungsliste vom 21. Februar 1982. Vorstellungarchiv der Mailänder Scala. Abgerufen am 6. Februar 2025
  17. TURANDOT. Besetzungsliste vom 7. Juli 1988. Vorstellungarchiv der Mailänder Scala. Abgerufen am 6. Februar 2025
  18. NABUCCO. Besetzungsliste vom 20. Juni 1988. Vorstellungarchiv der Mailänder Scala. Abgerufen am 6. Februar 2025
  19. MESSA DI REQUIEM. Besetzungsliste vom 14. Juli 1992. Vorstellungarchiv der Mailänder Scala. Abgerufen am 6. Februar 2025
  20. Don Carlo. Besetzungsliste. Vorstellungarchiv der Salzburger Festspiele. Abgerufen am 6. Februar 2025
  21. Governor's Awards for the Arts. Preisträger. Abgerufen am 6. Februar 2025
  22. The City; Psychiatrist, 33, Is Found Dead. In: The New York Times, 12. Januar 1984, Section B, S. 3.
  23. Plishka, Jeffrey James. In: The Palm Beach Post (22. März 2017)
  24. Pliskha, Judith Ann (Colgan). In: New York Times (13. Juli 2004)