Pfarrkirche Gramastetten
Die Pfarrkirche Gramastetten steht im Westen des Ortes am Steilabfall zur Rodl in der Marktgemeinde Gramastetten im Bezirk Urfahr-Umgebung in Oberösterreich. Die auf den Heiligen Laurentius von Rom geweihte römisch-katholische Pfarrkirche – dem Stift Wilhering inkorporiert – gehört zum Dekanat Ottensheim in der Diözese Linz. Die Kirche steht unter Denkmalschutz (Listeneintrag).
Geschichte
BearbeitenPfarrgeschichte
BearbeitenDie Pfarre Gramastetten wurde urkundlich im Jahre 1110 von Ulrich I. von Wilhering und seiner Frau Ottilie auf deren Gütern gegründet.[1] Deren Sohn vermachte die Gründe dem Stift Wilhering. 1240 schenkte Friedrich II., der Streitbare, dem Kloster die Patronatsrechte der Pfarre. Seit 1400 sorgt das Stift Wilhering für die Besetzung der Pfarre.
Gramastetten ist eine der neun Mutterpfarren im Mühlviertel. Ihr Gebiet erstreckte sich von der Donau bis zur Grenze Böhmens, und im Lauf der Zeit gingen folgende Seelsorgsgebiete daraus hervor:
- 1292 wurde die Pfarre Bad Leonfelden mit den Filialkirchen in Oberneukirchen und Vorderweißenbach abgetrennt.[2][3]
- Ab 1292 wurde das Gebiet um Ottensheim von einem eigenen, relativ unabhängigen Pfarrvikar betreut, die Vollpfarre Ottensheim entstand endgültig aber erst im Jahr 1676.
- 1675 wurde die Pfarre Zwettl an der Rodl abgetrennt.
Am 22. Oktober 1964 starb Pater Konrad Just beim Feiern der Hl. Messe auf den Stufen des Hochaltares der Pfarrkirche Gramastetten an einem Schlaganfall.
Baugeschichte
Bearbeiten1110 wurde ein Vorgängerbau geweiht. Der Turm wurde in der zweiten Hälfte des 14. Jahrhunderts erbaut. Stiftungen für einen Neubau entstanden 1444 und 1451. Bautätigkeit bestand besonders von 1483 bis 1516, aufgrund der Steinmetzzeichen wurde ein Zusammenhang mit dem Bau der Pfarrkirche Ottensheim festgestellt, das Langhaus wurde hauptsächlich im vierten Viertel des 15. Jahrhunderts erbaut, der Chor im ersten Viertel des 16. Jahrhunderts, die Sakristei im ersten Drittel des 16. Jahrhunderts. Das Oratorium entstand im dritten Drittel des 18. Jahrhunderts. Die Ölbergkapelle wurde 1830/1840 errichtet. Der Turmhelm wurde 1847 aufgesetzt. Der Portalvorbau wurde im vierten Viertel des 19. Jahrhunderts angebaut. Unter Pfarrer Pater Rudolf Peyrer erfolgte 1883 eine Generalrenovierung mit dem Einbau der heutigen neugotischen Ausstattung.
1982/1983 wurden die Kirche und der Pfarrhof unter Pfarrer und Konsistorialrat Altdechant Pater Augustin Brandstetter renoviert. Es wurden in der Unterkirche eine Leichenhalle eingerichtet und ein elektrisches Kirchengeläute angebracht. Weiters bekam die Kirche eine Heizung, das Dach wurde neu gedeckt und der Pfarrhof wurde zu einem Kindergarten, dem Pfarrcaritas-Kindergarten umgebaut. Ein zusätzlicher Pfarrcaritas-Kindergarten wurde im Jahre 1978 am Pöstlingberg errichtet, der im Herbst 1998 von der Marktgemeinde Gramastetten übernommen wurde.
Architektur
BearbeitenDas breit gelagerte blockförmige Langhaus mit Strebepfeilern, welche über dem Wasserschlag spornförmig ausgebildet sind, hat zweibahnige Maßwerkfenster, diese wurden von 1883 bis 1890 renoviert, die Maßwerke entstanden dabei nach Entwürfen des Architekten und Baumeisters Otto Schirmer.
Der bemerkenswerte spätgotische Innenraum beeindruckt aufgrund der Raum- und Gewölbegestaltung mit ihren Detailformen. Das dreischiffige vierjochige Hallenlanghaus beinhaltet im Südosten den massiven und an der Südfront leicht vorspringenden mächtigen Turm. Das Südschiff ist deshalb nur zweieinhalbjochig. Südschiff und Westjoch beinhalten bemerkenswerte Emporen, welche dem Langhaus den Eindruck einer zweischiffigen dreijochigen Halle mit Emporenanbau verleihen, vergleiche dazu die Spitalskirche in Bad Leonfelden. Die Netzrippengewölbe mit Parallelrippen über achteckigen Pfeilern zeigen unter den Emporen Sternformationen. Der dreijochige Chor mit einem Polygonalschluss hat ein dichtes axial ausgerichtetes Schlingrippengewölbe. Unter dem Chor besteht eine kleine gotische Unterkirche. In der südlichen Chorecke steht der Sakristeianbau mit einem geometrisierenden Netzrippengewölbe der spätesten Gotik, darüber im 1. Stock ist ein Oratorium.
Ausstattung
BearbeitenDie heutige Kircheneinrichtung, eine historistische Neugestaltung im Stil der Gotik, zählt der Kunsthistoriker Bernhard Prokisch zu den konsequentesten und qualitätvollsten in Oberösterreich. Altäre, Kanzel und beide Chorgestühle stammen aus der Altarbauwerkstatt Josef Kepplinger in Ottensheim. Die Figuren stammen von Josef Ignaz Sattler.
Das Chorgestühl auf der Empore birgt als Kuriosum eine Karikatur des deutschen Reichskanzlers Otto von Bismarck in Form einer Teufelsfratze in gotischer Manier.[4]
Literatur
Bearbeiten- Die Kunstdenkmäler Österreichs. Dehio Mühlviertel 2003. Gramastetten, Pfarrkirche hl. Laurentius, mit Grundrissdarstellung, Pfarrhof, S. 206–209.
- Bernhard Prokisch: Pfarrkirche und Kalvarienbergkirche in Gramastetten. Ein Führer zu den Denkmälern. Linz 1986, 29 Seiten.
- Leopold Schiller: Zur Geschichte der Pfarre Gramastetten. In: Beiträge zur Landes- und Volkskunde des Mühlviertels. Band 13, Katholischer Preßverein, Rohrbach 1925, S. 56–221 (landesbibliothek.at).
- Thomas Schwierz (Verfasser), Gramastettner Arbeitskreis für Kleindenkmäler. Herbert Ginterseder, Herbert Rechberger, Adolf Lehner (Hrsg.): 900 Jahre Gramastetten Geschichte, Gegenwart und Ausblick einer Mühlviertler Pfarre. 3. Band des Gramastettner Heimatbuches, Gramastetten 2009, S. 578–676.
Weblinks
Bearbeiten- Webpräsenz der Pfarre auf dioezese-linz.at
- Bibliografie zur oberösterreichischen Geschichte. Suche nach 'Pfarrkirche Gramastetten'. In: ooegeschichte.at. Virtuelles Museum Oberösterreich
Einzelnachweise
Bearbeiten- ↑ Erich Trinks (Bearb.): Urkunden-Buch des Landes ob der Enns. Band 2. Wien 1856, XCII, S. 129 (archive.org – „ecclesiam in loco, qui dicitur Grimhartesstetin“ in einer Urkunde vom 18. September 1110): „Bischof Ulrich von Passau bezeugt die Gründung der Pfarrkirche zu Gramastetten durch den edlen Mann Ulrich und Ottilia seine Hausfrau.“
- ↑ Theilung der Pfarre Gramastetten. In: Jodocus Stülz: Geschichte des Cistercienser-Klosters Wilhering. Ein Beitrag zur Landes- und Kirchengeschichte Oberösterreichs. Haslinger, Linz 1840, S. 32–34 (landesbibliothek.at).
- ↑ Erich Trinks (Bearb.): Urkunden-Buch des Landes ob der Enns. Band 4. Wien 1867, CXCI, S. 174 (archive.org – Urkunde zu Ebelsberg vom 28. November 1292): „Bernhart, Bischof von Passau, erhebt Leonfelden zur Pfarrkirche und weiset ihr Neukirchen und Weissenbach als Filialen zu.“
- ↑ Schwierz 2009, Bild und Text auf S. 607.
Koordinaten: 48° 22′ 52,9″ N, 14° 11′ 13,4″ O