Philip Hugenholtz

Mikrobiologe, Evolutionsbiologe, Bioinformatiker

Philip (Phil) Hugenholtz (geb. in Auckland, Neuseeland) ist ein Mikrobiologie-Professor an der University of Queensland (UQ) in Brisbane, Australien.[1][2][3] Er ist geboren als Sohn eines holländischen Einwanderers und einer Neuseeländerin in der fünften Generation.[4] Hugenholtz beschäftigt sich mit Methoden der Metagenomik, um die mikrobielle Dunkle Materie nicht kultivierbare Mikroben zu erforschen. Dabei wenden er und seine Gruppe die Methoden zur Analyse metagenomischer Datensätze auf eine Reihe interessanter Organismen-Gemeinschaften an, arbeiten an Verbesserungen der biologischen Entfernung von Phosphor aus Klär- und anderen Schlämmen, erforschen das Mikrobiom in Termitendärmen (Biologischer Abbau von Holz) und vom Akkretionseis des Wostoksees.[5] und an der Erstellung der Genome Taxonomy Database (GTDB).

Jugend und Studium

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Als Phil Hugenholtz zwölf Jahre alt war siedelte seine Familie von Neuseeland nach Australien über.[4] Bereits in seiner Schulzeit an der Primary School hatte Phil Hugenholtz ein Projekt über die Mikroorganismen im Teichwasser durchgeführt, wodurch er schon frühzeitig inspiriert wurde, Mikrobiologe zu werden.[6] Er störte sich daran, wie Mikroorganismen in der Forschungsgeschichte unterschätzt wurden, dass Tiere und Pflanzen als die Krone der Schöpfung (Darwin) gelten, obwohl der größte Teil der Vielfalt auf unserem Planeten ist mikrobieller Natur ist.[6] Sein Interesse an der unsichtbaren mikrobiellen Welt ist buchstäblich, gilt seine besondere Aufmerksamkeit seit geraumer Zeit der mikrobiellen Dunklen Materie, d. h. der überwiegenden Mehrheit der Mikroorganismen, die (bislang) nicht kultiviert (etwa auf einer Agarplatte) gezüchtet werden kann, und von der daher noch nicht einmal Mikrofotografien vorliegen.[6] Er studierte an der University of Queensland (UQ) in Brisbane an der australischen Ostküste, wo er während seiner Doktorarbeit auf diese Umstände von Professor Erko Stackebrandt aufmerksam gemacht wurde, der inzwischen Direktor der Deutschen Sammlung für Mikroorganismen und Zellkulturen (DSMZ) in Braunschweig ist (Stand 2005).[4]

Forschungsarbeit

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Phil Hugenholtz promovierte 1994 in Mikrobiologie an der UQ. In seiner Doktorarbeit, die er zunächst mit Ian MacRae und dann mit John Fuerst durchführte, untersuchte er mikrobielle Gemeinschaften, die auf Kühlschlangen in Klimaanlagen wachsen.[7] Er isolierte u. a. Methylobakterien, die dort Biofilme bilden und Methylgruppen als Kohlenstoffquelle nutzen.[4][7] Die Schwierigkeiten bei der Kultivierung dieser Isolate bewogen ihn später, zwecks Beschreibung (Charakterisierung) kulturunabhängige Methoden auf der Grundlage von 16S-rRNA zu entwickeln.[4][5]

Danach absolvierte Hugenholtz ein kurzes Postdoc in Australien, wo er an Methoden arbeitete, mit Hilfe von Bakterien Phosphor aus Klärschlamm zum Zweck der Abwasseraufbereitung zu entfernen.[4]

Von 1995 bis zum Sommer 1997 arbeitete er weiter als Postdoc im Labor von Norm Pace an der University of Indiana in Bloomington und folgte dann Pace, als dieser an die University of California, Berkeley (UC Berkeley) umzog.[4]

Hier wirkte er an einem Projekt mit zur Erforschung von Bakterien in der Thermalquelle Obsidian Pool im Yellowstone-Nationalpark. Diese konnten bereits mit Hilfe der Metagenomik (durch DNA-Sequenzierung ihres Genoms) identifiziert werden, ohne sie sie kultivieren zu müssen. Dabei wurde bereits eine große Zahl bisher unbekannter Bakteriengruppen (darunter 12 Phyla, d. h. Abteilungen) durch Analyse der 16S-rRNA identifiziert. Dies waren so viele, dass sie eine größere getnetische Vielfalt repräsentierten als alle Wirbeltiere zusammen. Dies bedeutet, dass ihre Rolle in der Evolution, im Stammbaum der Bakterien nicht unterschätzt werden kann.[6][4]

1998 wechselte er zurück nach Australien.[4] Zusammen mit Linda Blackall untersuchte er die mikrobielle Ökologie von Belebtschlämmen. Er setzte sein Interesse an der neuartigen mikrobiellen Vielfalt fort, indem er zusammen mit dem damaligen Doktoranden Gene Tyson[8] beschrieb er den Kandidatenstamm TM7 (heute Saccharibacteria genannt). Es zeigte sich dabei, dass Schlämme in Bioreaktoren sich als ein sehr gut geeignetes Modell für mikrobielle Gemeinschaften (vgl. Konsortium) eignen.[5]

Im Jahr 2001 wechselte er als Assistenzprofessor zur Gruppe Computational Biology and Bioinformatics im Fachbereich Mathematik der UQ um sich mit Bioinformatik zu beschäftigen. Hier entwickelte er zusammen mit Thomas Huber das Programm Bellerophon zur Erkennung von Sequenz-Chimären (im Rahmen der Metagenomik aus Teilstücken wie in einem Puzzle fehlerhaft zusammengesetzte vorhergesagte DNA-Sequenzen, die nicht der tatsächlichen DNA irgendeines Organismus entsprechen).[5][4]

Im Jahr 2002 holte ihn Jill Banfield an ihr Labor zurück an die UC Berkeley, wo mit Methoden der Metagenomik an der direkten DNA-Sequenzierung mikrobieller Gemeinschaften gearbeitet wurde. Im Mai 2004 kam er zum Joint Genome Institute (JGI), um das Programm Mikrobielle Ökologie (Microbial Ecology Program) zu leiten.[5][4]

Später war Hugenholtz wieder Mitglied eines Teams an der UQ: Unter Gene Tyson[8] nahm er Metagenomik-Analysen an Permafrostboden vor. Dabei fanden sich Hinweise auf methanproduzierende Mikroben, die so zum Treibhauseffekt und der globalen Erwärmung beitragen.[6]

Phil Hugenholtz und sein Team haben den Metagenomik-Ansatz inzwischen auf viele verschiedene Lebensräume (Habitate) angewendet.[6] Er gründete zusammen mit Gene Tyson das Australian Centre for Ecogenomics an der UQ – Umweltgenomik (englisch Ecogenomics) kann als eine andere Bezeichnung für Metagenomik verstanden werden. Er arbeitet dort an der Genome Taxonomy DataBase (GTDB) – einem vom Australian Research Council finanzierten Projekt, das versucht, aufgrund von Genomsequenzen eine Neuklassifizierung der Prokaryoten (Bakterien und Archaeen) vorzunehmen.[6][9] Die herkömmliche Taxonomie dieser beiden Mikroben-Domänen beruht auf offiziellen Veröffentlichungen zu kultivierten Mikrobenstämmen (siehe LPSN[10] und DSMZ[11]), was wegen der stark unterschiedlichen Kuktivierbarkeit ein sehr uneinheitliches und unausgewogenes Bild ergibt. Dieses Problem versucht das Team von Phil Hugenholtz mit Hilfe der Metagenomik anzugehen, in dem DNA-Sequenzen der „mikrobiellen Dunklen Materie“ mit herangezogen werden, um ein ausgewogeneres Bild der mikrobiellen Vielfalt des Lebens zu erhalten.[6] Zu diesem Zweck arbeitet Phil Hugenholtz an dem Projekt Genomic Encyclopedia of Bacteria and Archaea (GEBA) mit.[12]

Forschungsschwerpunkte

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Mitgliedschaften

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Phil Hugenholtz ist oder war (mit Stand 23. Januar 2023) u. a.

  • ARC Australian Laureate Fellow an der School of Chemistry and Molecular Bioscience (Schule für Chemie und Molekulare Biowissenschaften), Fakultät für Naturwissenschaften der UQ[1]
  • Außerordentlicher Professor (Affiliate Professor) am Diamantina-Institut der Medizinischen Fakultät der UQ[1]
  • Außerordentlicher Professor (Affiliate Professor) am Frazer-Institut der UQ[3]
  • Gruppenleiter an der School of Chemistry and Molecular Biosciences der UQ[2]
  • Mitglied des Fachbeirats am Max-Planck-Institut für Marine Mikrobiologie[14]

Ehrungen

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Veröffentlichungen (Auswahl)

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  • Adrián A. Davín, Dominik Schrempf, Tom A. Williams, Philip Hugenholtz, Gergely J. Szöllősi: Relative Time Inference Using Lateral Gene Transfers. In: H. Luo (Hrsg.): Environmental Microbial Evolution, Band 2569 der Buchserie Methods in Molecular Biology (MIMB), Humana, New York, S. 75–94; Epub 10. September 2022; doi:10.1007/978-1-0716-2691-7_4.
  • Philip Hugenholtz, Gene W. Tyson, Linda L. Blackall: Design and evaluation of 16S rRNA-targeted oligonucleotide probes for fluorescence in situ hybridization. In: Gene probes: principles and protocols, Band 179 der Buchserie Methods in Molecular Biology (MIMB), Humana Press, New Jersey, S. 29–42; doi:10.1385/1-59259-238-4:029.
  • Lindsay I. Sly, Philip Hugenholtz: Blastobacter: Proteobacteria > Alphaproteobacteria > Rhizobiales > Bradyrhizobiaceae. In: Bergey's manual of systematics of archaea and bacteria. John Wiley & Sons, Chichester, United Kingdom; S. 1–11, 14. September 2015; doi:10.1002/9781118960608.gbm00800.
  • Lindsay I. Sly, Philip Hugenholtz: Blastomonas: Proteobacteria > Alphaproteobacteria > Sphingomonadales > Sphingomonadaceae. In: Bergey's manual of systematics of archaea and bacteria. John Wiley & Sons, Chichester, United Kingdom; S. 1–7, 14. September 2015; doi:10.1002/9781118960608.gbm00918.
  • Bharat K. C. Patel, Philip Hugenholtz: Anaerobaculum: Synergistes > Incertae Sedis. In: Bergey's Manual of Systematics of Archaea and Bacteria, John Wiley & Sons, Chichester, United Kingdom; S. 1–7, 14. September 2015; doi:10.1002/9781118960608.gbm01254.
  • Susannah G. Tringe, Philip Hugenholtz, Philip: The enduring legacy of small subunit rRNA in microbiology. In: Handbook of molecular microbial ecology I: metagenomics and complementary approaches, John Wiley & Sons, Hoboken, New Jersey, S. 123–128, 3. Mai 2011; doi: 10.1002/9781118010518.ch15.
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Einzelnachweise

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  1. a b c Professor Phil Hugenholtz. Genome Innovation Hub, University of Queensland.
  2. a b Professor Phil Hugenholtz. Institute for Molecular Bioscience. University of Queensland.
  3. a b Professor Phil Hugenholtz. School of Chemistry and Molecular Biosciences, University of Queensland.
  4. a b c d e f g h i j k JGI Faces: Phil Hugenholtz—Bug Hunter from Down-Under (PDF; 1,3 MB). In: the PRIMER. DOE Joint Genome Institute, US Department of Energy, Office of Science, Band 2, Nr. 1, S. 2–3, Januar 2005.
  5. a b c d e Phil Hugenholtz. JGI, DOE Joint Genome Institute, US Department of Energy. Research Groups: Microbial Ecology. Stand: 11. Juni 2008, Memento im Webarchiv vom 26. August 2010.
  6. a b c d e f g h i Lauren Davis: Shining a Light on Microbial Dark Matter - Professor Philip Hugenholtz gives an insight into the world of uncultured microorganisms. In: Lab+Life Scientist, Band 28, Nr. 2, Juni/Juli 2017, PP100008671, S. 6–7; PDF.
  7. a b Philip Hugenholtz: An ecological and phylogenetic investigation of a bacterial biofilm growing on the cooling coils in an air-handling system. PhD Thesis, School of Molecular and Microbial Sciences, 1994, 148 Seiten; doi:10.14264/uql.2015.257.
  8. a b Honorary Professor Gene Tyson, SMBC an der University of Queensland (UQ).
  9. GTDB: GTDB Tree Archaea & Bacteria
  10. LPSN: List of Prokaryotic names with Standing in Nomenclature
  11. Leibniz Institute - German Collection of Microorganisms and Cell Cultures (Deutsche Sammlung von Mikroorganismen und Zellkulture des Leibniz-Instituts)
  12. Nikos C. Kyrpides, Philip Hugenholtz, Jonathan A. Eisen, Tanja Woyke, Markus Göker, Charles T. Parker, Rudolf Amann, Brian J. Beck, Patrick S. G. Chain, Jongsik Chun, Rita R. Colwell, Antoine Danchin, Peter Dawyndt, Hans-Peter Klenk et al.: Genomic Encyclopedia of Bacteria and Archaea: Sequencing a Myriad of Type Strains. In: PLOS BIOLOGY, 5. August 2014; doi:10.1371/journal.pbio.1001920.
  13. a b Professor Phil Hugenholtz (Memento vom 24. März 2021 im Internet Archive). Auf: UQ Researchers.
  14. Fachbeirat. Max-Planck-Institut für Marine Mikrobiologie. Abgerufen am 23. Januar 2023.