Philipp Bozzini
Philipp Bozzini (* 25. Mai 1773 in Mainz; † 4. April 1809 in Frankfurt am Main) war ein deutscher Arzt und Erfinder. Er gilt heute als Entdecker der medizinischen Endoskopie.
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Leben und Beruf
BearbeitenBozzini wurde als Sohn des italienischen Einwanderers Nicolaus Bozzini de Bozza und der Frankfurterin Anna Maria Florentin de Cravatta 1773 in Mainz geboren. Nach seiner Schulausbildung nahm Bozzini ein Studium der Medizin an der Universität Mainz auf, wo er unter anderem Student bei Samuel Thomas Soemmerring war. Unter dem Einfluss von Georg von Wedekind trat er dem Mainzer Jakobinerklub bei und leistete den Eid auf die revolutionäre Verfassung.[1] Zur Vertiefung seines Studiums wechselte er 1794 an die Universität Jena, um bei Christian Gottfried Gruner (1744–1815) theoretische Medizin zu hören. Zu seinen Lehrern in Jena zählten auch Christoph Wilhelm Hufeland, Hofmedikus in Weimar und Justus Christian Loder. Philipp Bozzini kehrte 1796 nach Mainz zurück, wo er im Sommer des gleichen Jahres promovierte und am 13. Juli 1796 zum außerordentlichen Assessor der Medizinischen Fakultät ernannt wurde. Er ließ sich als praktischer Arzt zunächst in Mainz, nach dem Frieden von Lunéville in Frankfurt am Main, wo Verwandte seiner Mutter lebten, nieder. Am 10. Mai 1803 erhielt er das Frankfurter Bürgerrecht.
1806 konstruierte Bozzini erstmals ein von ihm als Lichtleiter bezeichnetes starres medizinisches Endoskop, bestehend aus einem Beleuchtungsapparat, bei dem sich in einem gefensterten Rohr eine Wachskerze und ein Konkavspiegel (Hohlspiegel) befinden.[2][3][4] Ergänzend verwandte er den Körperöffnungen entsprechende Spekula.
Nachdem er den von ihm konstruierten Lichtleiter in verschiedenen Veröffentlichungen und Demonstrationen vorgestellt hatte, verkaufte er das Instrument 1806 auf Vermittlung von Erzherzog Karl nach Wien zur Begutachtung. Das Gutachten der Josephs-Akademie lobte seine „genialische Kunsterfindung“, während die medizinische Fakultät der Universität die Erfindung als „bloßes Spielwerk“ abtat. Aufgrund dieses Urteils wurde ihre Bedeutung viele Jahre verkannt. Erst lange nach seinem Tod wurde sie neu entdeckt. 1865 führte der Laryngologe Morell Mackenzie die Entwicklung des Laryngoskops auf Bozzinis Erfindung zurück. 1879 präsentierte der Dresdner Arzt Maximilian Nitze das erste elektrisch beleuchtete Cystoskop in Wien.
Nach dem Ende des Heiligen Römischen Reiches 1806 wurde die Reichsstadt Frankfurt von Fürstprimas Karl Theodor von Dalberg mediatisiert. Bozzini erwarb sich das Vertrauen Dalbergs und wurde von ihm am 19. Mai 1808 als Landphysicus ernannt. In dieser Funktion kümmerte sich Bozzini insbesondere um die Bevölkerung der Frankfurter Dörfer. Bei einer Typhusepidemie 1809 rettete er 42 Menschen, ehe er selbst der Krankheit erlag.
Werke (Auswahl)
BearbeitenZu seinen hinterlassenen Werken gehört das Original seines Lichtleiters, das seit 2002 im Josephinum in Wien ausgestellt ist. Bozzini konstruierte außerdem einen Repositor für den Nabelschnurvorfall und einen Flugapparat.
Darüber hinaus verfasste er wissenschaftliche Studien, unter anderem über die künstliche Ernährung von Säuglingen, die häutige Bräune (unvollendete Preisschrift für die Pariser Akademie) sowie Materialien für eine historisch-physikalische Beschreibung der zu Frankfurt gehörenden Dorfschaften.
Literatur
Bearbeiten- Sabine Hock: Bozzini, Philipp im Frankfurter Personenlexikon (Überarbeitete Onlinefassung, Stand des Artikels: 9. September 2014), auch in : Wolfgang Klötzer (Hrsg.): Frankfurter Biographie. Personengeschichtliches Lexikon. Erster Band. A–L (= Veröffentlichungen der Frankfurter Historischen Kommission. Band XIX, Nr. 1). Waldemar Kramer, Frankfurt am Main 1994, ISBN 3-7829-0444-3, S. 95 f.
- Wilhelm Stricker: Bozzini, Philipp. In: Allgemeine Deutsche Biographie (ADB). Band 3, Duncker & Humblot, Leipzig 1876, S. 227.
- Wilhelm Kallmorgen: Siebenhundert Jahre Heilkunde in Frankfurt am Main, Frankfurt 1936, S. 230f.
- Peter Paul Figdor: Philipp Bozzini. Der Beginn der modernen Endoskopie. Die Wiener und Frankfurter „Bozzini-Akte“ und Publikationen der Jahre 1805 bis 1807. I–II, Endo-Press, Tuttlingen 2002, ISBN 3-89756-306-1.
- M. Reuter: Philipp Bozzini (1773–1809): Der endoskopische Idealist. In: Der Urologe. Band 45, Nr. 9, 2006, S. 1084–1091, doi:10.1007/s00120-006-1165-9, PMID 16932837.
Einzelnachweise
Bearbeiten- ↑ Franz Dumont: Helfen und Heilen – Medizin und Fürsorge in Mittelalter und Neuzeit. In: Franz Dumont (Hrsg.), Ferdinand Scherf, Friedrich Schütz: Mainz – Die Geschichte der Stadt. Zweite Auflage. Verlag Philipp von Zabern, Mainz 1998, ISBN 3-8053-2000-0, S. 785.
- ↑ Philipp Bozzini: Der Lichtleiter oder Beschreibung einer einfachen Vorrichtung und ihre Anwendung zur Erleuchtung innerer Höhlen und Zwischenräume des lebenden animalischen Körpers. (Verlag des Landes, Industrie-Comptoirs) Weimar 1807.
- ↑ Weitgereist und heimgekehrt – der Lichtleiter des Philipp Bozzini ( vom 14. März 2016 im Internet Archive), Faltblatt des Alumni-Club der Medizinischen Universität Wien, deren Institut für Geschichte der Medizin das Gerät 2001 zurückgegeben wurde
- ↑ Horst Kremling: Zur Entwicklung der klinischen Diagnostik. In: Würzburger medizinhistorische Mitteilungen 23, 2004, S. 233–261; hier: S. 238 f.
Personendaten | |
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NAME | Bozzini, Philipp |
KURZBESCHREIBUNG | deutscher Arzt und Erfinder |
GEBURTSDATUM | 25. Mai 1773 |
GEBURTSORT | Mainz |
STERBEDATUM | 4. April 1809 |
STERBEORT | Frankfurt am Main |