Picoline

Organische Stoffgruppe, Methylpyridine
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Die Picoline oder Methylpyridine bilden in der Chemie eine Stoffgruppe von organischen Verbindungen, die zu den Heterocyclen (genauer: Heteroaromaten) zählt. Sie bestehen aus einem Pyridinring, der mit einer Methylgruppe substituiert ist. Durch deren unterschiedliche Anordnung ergeben sich drei Konstitutionsisomere. Sie sind in ihren Eigenschaften dem Pyridin recht ähnlich und können dieses, wo es nicht auf die genaue molekulare Struktur ankommt, leicht ersetzen, z. B. als Lösungsmittel. Ansonsten dienen sie in vielfältiger Weise als Synthesebausteine für pharmazeutische und agrochemische Produkte und der Farbstoffherstellung.[1]

Vertreter

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Picoline
Name 2-Picolin 3-Picolin 4-Picolin
Andere Namen α-Picolin,
2-Methylpyridin
β-Picolin,
3-Methylpyridin
γ-Picolin,
4-Methylpyridin
Strukturformel      
CAS-Nummer 109-06-8 108-99-6 108-89-4
1333-41-1 (Isomerengemisch)
PubChem 7975 7970 7963
FL-Nummer 14.134 14.135 14.136
Summenformel C6H7N
Molare Masse 93,13 g·mol−1
Aggregatzustand flüssig
Kurzbeschreibung farblose Flüssigkeit
Schmelzpunkt −70 °C[2] −18 °C[3] 3 °C[4]
Siedepunkt 128 °C[2] 144 °C[3] 145 °C[4]
pKs-Wert[5]
(der konjugierten
Säure BH+)
5,94 5,63 6,03
Löslichkeit vollständig mit Wasser mischbar
GHS-
Kennzeichnung
     
Gefahr[2]
     
Gefahr[3]
   
Gefahr[4]
H- und P-Sätze 226​‐​302+332​‐​311​‐​314​‐​335 226​‐​302​‐​311​‐​332​‐​314 226​‐​302+332​‐​311​‐​315​‐​319​‐​335
keine EUH-Sätze 071 keine EUH-Sätze
210​‐​280​‐​301+312
303+361+353​‐​304+340+310​‐​305+351+338
210​‐​280​‐​301+312
303+361+353​‐​304+340​‐​305+351+338
210​‐​280​‐​301+312
303+361+353​‐​304+340+312​‐​305+351+338

Geschichte

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Das 2-Picolin wurde erstmals im Jahre 1846 durch T. Anderson aus Steinkohlenteer isoliert.[6] Die Bezeichnung Picoline setzt sich aus lateinisch pix (Pech) und Oleum (Öl) zusammen.[1]

Vorkommen

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Teeblätter enthält natürlicherweise 2-Methylpyridin

Natürlich kommen 2-Methylpyridin, 3-Methylpyridinin und 4-Methylpyridinin in Tee vor.[7][8][9] 4-Methylpyridinin wird auch in den Blättern der Feige gefunden.[9]

Darstellung

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Derzeit wird 2-Picolin vor allem auf zwei Synthesewegen hergestellt: durch Kondensation von Acetaldehyd, Formaldehyd und Ammoniak[10] sowie durch Cyclisierung von Nitrilen und Acetylen (Bönnemann-Cyclisierung).[11] Ein Beispiel ist die Reaktion von Acetaldehyd und Ammoniak:

 
Synthese von 2-Picolin

Ca. 8000 t wurden weltweit im Jahr 1989 hergestellt.[10]

3-Methylpyridin wird technisch durch Reaktion von Acrolein mit Ammoniak hergestellt:[10]

 

Ein effizienterer Weg geht aus von Acrolein, Propionaldehyd und Ammoniak:

 

Ca. 9.000 t wurden weltweit im Jahr 1989 hergestellt.[12]

Eigenschaften

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Die Picoline sind farblose Flüssigkeiten mit einem pyridinartigen Geruch. Sie sind mit Wasser, Ethanol und Diethylether mischbar.[1] Das 4-Picolin, das die höchste Symmetrie aufweist, besitzt den höchsten Schmelzpunkt.

Da im 2- und 4-Picolin die Methylgruppen in direkter Konjugation zum elektronenziehenden Stickstoffatom angeordnet sind, lassen sich die Methylgruppen in diesen beiden Isomeren relativ leicht durch starke Basen wie Lithiumdiisopropylamid oder Butyllithium deprotonieren und dann weiter derivatisieren.[13]

Verwendung

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Picoline werden als Zwischenprodukte zur Herstellung von anderen chemischen Verbindungen verwendet. So kann aus 2-Picolin das 2-Vinylpyridin und die Agrochemikalie Nitrapyrin hergestellt werden.[10] 3-Picolin dient zum Beispiel als Ausgangsstoff für die Synthese von Chlorpyrifos und Niacin[10], 4-Picolin für die Herstellung des Anti-Tuberkulose-Wirkstoffs Isoniazid.[10]

Durch Oxidation, z. B. mittels Kaliumpermanganat (KMnO4)[10][14], entsteht aus 2-Picolin die Picolinsäure, aus 3-Picolin die Nicotinsäure und aus 4-Picolin die Isonicotinsäure.

 
Oxidation von 2-Picolin zu Picolinsäure
 
Oxidation von 3-Picolin zu Nicotinsäure

Siehe auch

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Commons: Picoline – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

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  1. a b c Eintrag zu Methylpyridine. In: Römpp Online. Georg Thieme Verlag, abgerufen am 25. November 2014.
  2. a b c Eintrag zu 2-Methylpyridin in der GESTIS-Stoffdatenbank des IFA, abgerufen am 29. Januar 2024. (JavaScript erforderlich)
  3. a b c Eintrag zu 3-Methylpyridin in der GESTIS-Stoffdatenbank des IFA, abgerufen am 29. Januar 2024. (JavaScript erforderlich)
  4. a b c Eintrag zu 4-Methylpyridin in der GESTIS-Stoffdatenbank des IFA, abgerufen am 29. Januar 2024. (JavaScript erforderlich)
  5. CRC Handbook of Tables for Organic Compound Identification, Third Edition, 1984, ISBN 0-8493-0303-6.
  6. T. Anderson: On the constitution and properties of Picoline, a new organic base from Coal Tar. In: Edinburgh New Phil. J., XLI, 1846. S. 146–156 und 291–300 (eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche).
  7. 2-METHYL-PYRIDINE (englisch). In: Dr. Duke's Phytochemical and Ethnobotanical Database, Hrsg. U.S. Department of Agriculture, abgerufen am 18. August 2024.
  8. 3-METHYL-PYRIDINE (englisch). In: Dr. Duke's Phytochemical and Ethnobotanical Database, Hrsg. U.S. Department of Agriculture, abgerufen am 18. August 2024.
  9. a b 4-METHYL-PYRIDINE (englisch). In: Dr. Duke's Phytochemical and Ethnobotanical Database, Hrsg. U.S. Department of Agriculture, abgerufen am 18. August 2024.
  10. a b c d e f g Shinkichi Shimizu, Nanao Watanabe, Toshiaki Kataoka, Takayuki Shoji, Nobuyuki Abe, Sinji Morishita, Hisao Ichimura: Pyridine and Pyridine Derivatives. In: Ullmann's Encyclopedia of Industrial Chemistry, 2002. doi:10.1002/14356007.a22_399.
  11. A. Behr: Angewandte homogene Katalyse, Wiley-VCH, Weinheim 2008, ISBN 3-527-31666-3, S. 722.
  12. Eric F. V. Scriven, Ramiah Murugan: Pyridine and Pyridine Derivatives. In: Kirk-Othmer Encyclopedia of Chemical Technology, 2005; XLI. doi:10.1002/0471238961.1625180919031809.a01.pub2.
  13. M. Sainsbury, M. Berry, J. D. Hepworth, C. Drayton, E. W. Abel, D Phillips, J. D. Woollins, A. G. Davies: Heterocyclic Chemistry, 1. Auflage, Royal Society of Chemistry, 2009, ISBN 0-85404-652-6, S. 30.
  14. Harold Hart (Autor), Leslie E. Craine (Autor), David J. Hart (Autor), Christopher M. Hadad (Autor); Nicole Kindler (Übersetzer): Organische Chemie, 3. Auflage, Wiley-VCH, Weinheim 2007, ISBN 978-3-527-31801-8, S. 494.