Pierre Courcelle

französischer Philosophiehistoriker

Pierre Courcelle (* 16. März 1912 in Orléans; † 25. Juni 1980 in Paris) war ein französischer Historiker der antiken Philosophie und Spezialist der Patristik, insbesondere des Augustinus.

Pierre Courcelle, geboren als Sohn des Kaufmanns Paul Courcelle und seiner Frau Madeleine Giroux, war Professor an der Sorbonne (1944–1952) und seit 1952 am Collège de France als Nachfolger von Alfred Ernout. Zu seinen Forschungsschwerpunkten zählten Augustinus und Boethius. 1937 heiratete er in Liège die Kunsthistorikerin Jeanne Ladmirant. Mit ihr hatte er acht Kinder: Jérôme, Jean-Pierre, Marie, Etienne, Vincent, Anne, Benoit und Pascal. Am 9. November 1972 wurde ihm die Ehrendoktorwürde der Universität Salzburg verliehen. 1965 wurde er Mitglied der Académie des Inscriptions et Belles-Lettres[1] sowie korrespondierendes Mitglied der British Academy.[2] Seit 1968 war er gewähltes Mitglied der American Philosophical Society.[3] Außerdem war er Mitglied der Académie royale des Sciences, des Lettres et des Beaux-Arts de Belgique und der Kungliga Vitterhets Historie och Antikvitets Akademien in Stockholm.

Er war Mitglied der Ehrenlegion (Offizier) und Träger des Ordre des Palmes Académiques (Komtur).

Recherches sur les Confessions de Saint Augustin

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Pierre Courcelles Hauptwerk Recherches sur les Confessions de Saint Augustin trug zu einem Paradigmenwechsel in der Augustinusforschung bei. Cornelius Petrus Mayer nannte es bereits 1969 ein „epochales Werk“.[4] „Courcelles Werk zeichnet eine bis dato unübliche Kritik gegenüber den Quellen aus. So hat er die Texte Augustins auf intellektuelle und emotionale Strömungen hin untersucht, die Augustins Leben und damit Werk beeinflusst haben. Courcelle war der erste, der den Einfluss des platonischen Denkens auf den jungen Augustin in extenso untersucht hat. Die größte Errungenschaft war jedoch der Hinweis auf die Durchdringung der christlichen Intellektuellen um Ambrosius in Mailand durch den Neuplatonismus. Diese These begründet die Forschungsgeschichte der folgenden Jahrzehnte. Die Besonderheit im Werk Pierre Courcelles ist, dass er Augustinus weiterhin als Christ verstanden hat, andererseits darauf beharrt, dass das Christentum Augustins ein platonisches war. Diesen Punkt stellt Courcelle im Gegensatz zu den Forschungsbeiträgen vor ihm in den historischen Zusammenhang, durch den er aufzeigt, dass die Christen um Ambrosius in Mailand um 380 von platonischen Gedanken geprägt waren.“[5] Trotz zunehmender Kritik an den Thesen Courcelles „in der jüngeren Vergangenheit … ist festzuhalten, dass Pierre Courcelles Untersuchung als ein Meilenstein anzusehen ist, der die Augustinforschung deutlich voran gebracht hat.“[6]

Veröffentlichungen (Auswahl)

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  • Le site du monastère de Cassiodore. In: Mélanges d’archéologie et d’histoire. Band 55, 1938, S. 259–307.
  • Les lettres grecques en occident de Macrobe à Cassiodore. E. de Boccard, Paris 1943 (= Bibliothèque des écoles françaises d’Athènes et de Rome. Band 159).
  • Paulin de Nole et saint Jerôme. In: Revue des Etudes Latines. Band 25, 1947, S. 250–280.
  • Histoire littéraire des grandes invasions germaniques. Paris 1948.
  • Recherches sur les Confessions de Saint Augustin. Paris 1950.
  • L’Entretien de Pascal et Sacy. Ses sources et ses énigmes. Paris 1960.
  • Les confessions de Saint Augustin dans la tradition littéraire. Antécédents et postérité. Paris 1963.
  • La consolation de philosophie dans la tradition littéraire. Antécédents et postérité de Boèce. Paris 1967.
  • Recherches sur Saint Ambroise. Paris 1973.
  • Connais-toi toi-même. Paris 1974.
  • Gefängnis (der Seele). In: RAC. 9, 1976, S. 294–318.

Literatur

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  • Georges Folliet: Pierre Courcelle 1912–1980. In: Revue des études augustiniennes. Band 26, 1980, S. 204–206.
  • Jean Doignon: L’œuvre de Pierre Courcelle. In: Orpheus NS. 2, 1981, S. 1–5.
  • Who’s who in Europe.
  • Qui est qui en France.

Einzelnachweise

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  1. Mitglieder seit 1663: Courcelle, Pierre, Paul, Marie, Georges. Académie des Inscriptions et Belles-Lettres, abgerufen am 4. Januar 2021 (französisch, mit Kurzbiografie).
  2. Deceased Fellows. British Academy, abgerufen am 17. Mai 2020.
  3. Member History: Pierre Courcelle. American Philosophical Society, abgerufen am 29. Juni 2018.
  4. Die Zeichen in der geistigen Entwicklung und in der Theologie des jungen Augustinus. Würzburg 1969. S. 33. Auch der Philosophieprofessor Frederick Van Fleteren spricht von einem „epoch-making work“ (Art. Porphyry, in: Augustine Through the Ages. An Encyclopaedia. Grand Rapids 1999. S. 663)
  5. Zitiert nach Peter Seele, Philosophie der Epochenschwelle. Augustin zwischen Antike und Mittelalter. Berlin 2008. S. 12f.
  6. Peter Seele, Philosophie der Epochenschwelle. Augustin zwischen Antike und Mittelalter. Berlin 2008. S. 13. Zur Bedeutung Courcelles vgl. auch Ulrich Volp: „Eine neue Phase der Augustinforschung begann mit … der stärkeren Zuwendung zu philologischen Einzelstudien. Allen voran ist dabei Pierre Courcelle zu nennen, dessen Detailergebnisse die Forschung bis heute mitbestimmen und die zeigen konnten, dass die Auffassung einer scharfen Disjunktion von Christentum oder Neuplatonismus bei Augustinus unangemessen ist.“ (Arbeitsbuch Theologiegeschichte Bd. 1. Stuttgart 2012. S. 146)