Fiale
Fialen (von italienisch foglia, Blatt oder Nadel in der Pflanzenwelt) oder Pinakel sind schlanke, spitz zulaufende, flankierende Türmchen, die in der gotischen Architektur der Überhöhung von Strebepfeilern dienen.
Gestaltung und Konstruktion
BearbeitenEine Fiale besteht im Normalfall aus drei Teilen: Auf den unteren Fuß folgt als Hauptteil der meist vier- oder achtseitiger Leib, der in der Regel mit Maßwerk-Blenden verziert sowie über jeder Seite mit einem Giebel versehen ist. Darüber erhebt sich der pyramidenförmige Helm oder Riese, der an den Kanten meist mit Krabben besetzt und von einer Kreuzblume bekrönt ist.[1] Der Fuß kann fehlen sowie der Übergang vom Leib zum Riesen durch eine Wimpergzone bereichert sein. Zur Wasserableitung von den Dächern ist manchmal durch den Leib der Fiale hindurch ein schmaler Schlitz gelegt und vor ihn ein Wasserspeier gesetzt.[2]
Helm und Riese sind oft ähnlich gestaltet wie die Bekrönung eines Wimpergs, der manchmal von einem Paar Fialen gerahmt ist.[1]
Fialen sind aus Werksteinen oder Ziegelformsteinen gemauert. Neben der ästhetischen Funktion der Bauzier haben Fialen beim gotischen Strebewerk oder bei Strebepfeilern auch eine zusätzlich wichtige statische Funktion, da sie als Auflast den seitlichen Schub aus den Strebebögen umleiten.
Fialen könne auch als rein verzierende Bekrönungen dienen, etwa von repräsentativen Schildgiebeln, wie beim Rathaus Münster. Manchmal dienen Fialen auch als Träger von Bildsäulen.
Fialen in Werkmeisterbüchern
BearbeitenEine wichtige wissenschaftliche Quelle zum Entwurf gotischer Fialen sind erhaltene mittelalterliche Werkmeisterbücher:
- Matthäus Roritzer: Büchlein der Fialen Gerechtigkeit (1486)[3]
- Hans Schmuttermayer: Fialenbüchlein (1489)[4]
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Äußere Fiale am Strebewerk der Kathedrale von Reims
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Fialenkranz am Chor der Ritterkapelle Hassfurt
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Schmuck-Fialen auf dem Giebel des Rathauses von Münster/Westfalen
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Flankierende Fialen an einem Wimperg (Portal von San Miguel, Sevilla)
Siehe auch
BearbeitenLiteratur
Bearbeiten- Hans Koepf, Günther Binding: Bildwörterbuch der Architektur. Mit englischem, französischem, italienischem und spanischem Fachglossar (= Kröners Taschenausgabe. Bd. 194). 4., überarbeitete Auflage. Kröner, Stuttgart 2005, ISBN 3-520-19404-X (Digitalisat auf moodle.unifr.ch, abgerufen am 4. Januar 2024), S. 182.
- Friedrich Kobler: Fiale. In: Reallexikon zur Deutschen Kunstgeschichte, Bd. VIII, 1980, Sp. 617–665. (Online auf rdklabor.de, abgerufen am 4. Januar 2024)
Weblinks
BearbeitenEinzelnachweise
Bearbeiten- ↑ a b Hans Koepf, Günther Binding: Bildwörterbuch der Architektur. Mit englischem, französischem, italienischem und spanischem Fachglossar (= Kröners Taschenausgabe. Bd. 194). 4., überarbeitete Auflage. Kröner, Stuttgart 2005, ISBN 3-520-19404-X (Digitalisat auf moodle.unifr.ch, abgerufen am 4. Januar 2024), S. 182.
- ↑ Friedrich Kobler: Fiale. In: Reallexikon zur Deutschen Kunstgeschichte, Bd. VIII, 1980, Sp. 617–665. (Online auf rdklabor.de, abgerufen am 4. Januar 2024)
- ↑ Matthäus Roriczer: Puechlein der fialen gerechtikait. 1486. (online bei Bibliotheca Augustana. Ausgabe Trier 1845: online bei Google books bzw. bei MDZ München)
- ↑ August Essenwein: Hans Schmuttermayers Fialenbüchlein. In: Anzeiger für Kunde der deutschen Vorzeit, Nr. 28, 1881, S. 65–78. (Wikisource)