Sterilisation

Verfahren, durch die Materialien und Gegenstände von Mikroorganismen befreit werden
(Weitergeleitet von Plasmasterilisation)

Mit Sterilisation, Sterilisierung und Entkeimung bezeichnet man Verfahren aus dem Bereich der Hygiene, bei dem Materialien und Gegenstände von lebenden Mikroorganismen einschließlich ihrer Ruhestadien (z. B. Sporen), sowie Viren befreit werden. Nach der entsprechenden Behandlung bezeichnet man die sterilisierten Materialien und Gegenstände als „steril“.

Apparat zur Sterilisierung der Operationsinstrumente im Verwaltungsgebäude der Schweiz. Kranken- und Hilfsanstalt, 1914–1918
Groß-Sterilisationsanlage (1956)

Bei der Sterilisation von Materialien (z. B. Lebensmittel, Pharmazeutika, Lösungen), medizinischen Instrumenten, Implantaten, Gegenständen, Verpackungen, Geräten (z. B. Endoskope) und Gefäßen (z. B. zur Kultur von Mikroorganismen) werden (im Idealfall) alle enthaltenen oder anhaftenden Mikroorganismen einschließlich deren Dauerformen (beispielsweise Sporen) abgetötet sowie Viren, Prionen (infektiöse Proteine), Plasmide und andere DNA-Fragmente zerstört.

In der Praxis gelingt eine vollständige Sterilisation nicht mit 100-prozentiger Sicherheit. Es wird deshalb eine Reduktion der Anzahl an vermehrungsfähigen Mikroorganismen um einen je nach Anwendungsbereich bestimmten Faktor (in Zehnerpotenzen) gefordert oder eine bestimmte Wahrscheinlichkeit der vollständigen Sterilisation. Zum Beispiel wird gefordert, dass der Restgehalt an vermehrungsfähigen Mikroorganismen in einer Einheit des Sterilisierguts höchstens 10−6 beträgt, das heißt: In einer Million gleichbehandelten Einheiten des Sterilisierguts darf nur ein vermehrungsfähiger Mikroorganismus enthalten sein.

Die Sterilisation erfolgt durch physikalische (thermisch, Bestrahlung) oder chemische Verfahren.

Seit Anfang der 1880er Jahre wurden Dampfsterilisatoren und andere Sterilisationsapparate in den Laboratorien von Robert Koch, Louis Pasteur und ihren Schülern benutzt. 1882 ließ Friedrich Trendelenburg in der Chirurgischen Universitätsklinik Bonn einen Dampfsterilisator einbauen. Die Sterilisation von chirurgischen Instrumenten durch Abkochen, trockene Hitze und Abflammen wurde um 1883 durch Octave Roche Simon Terrillon eingeführt. Die allgemeinen Einführung der Dampfsterilisation in die Chirurgie erfolgte 1886 durch Ernst von Bergmann und Curt Schimmelbusch.[1]

Abgrenzung des Begriffs

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Die ebenfalls an Stelle von „steril“ verwendete Bezeichnung „keimfrei“ (siehe auch Asepsis) ist weniger präzise ausgedrückt, da es sich bei der Sterilisation nicht nur um die Entfernung oder Abtötung von bestimmten Entwicklungsstadien der Mikroorganismen, nämlich Keimen, handelt, sondern um die Entfernung oder Abtötung sämtlicher Mikroorganismen in jedem Entwicklungsstadium. Die Bezeichnung „keimfrei“ basiert auf dem ungenaueren Begriff „Keim“ für Mikroorganismen, der die Sporen jedoch nicht mit berücksichtigt.

Als Pasteurisierung bezeichnet man dagegen eine Teilentkeimung, bei der nur die vegetativen Formen von Mikroorganismen abgetötet werden.[2]

In der technischen Abgrenzung zur Desinfektion wird bei der Sterilisation in der Regel eine um eine Zehnerpotenz höhere Wahrscheinlichkeit der vollständigen Sterilisation gefordert.

Sterilisationsmethoden

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Thermische Sterilisation

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Für die Sterilisation durch Erhitzen ist die Absterbe-Kinetik von Mikroorganismen von Bedeutung. Das Absterben in einer Mikroorganismen-Population ähnelt dem Zerfall radioaktiver Elemente insofern, als die Anzahl der Überlebenden bei sich nicht vermehrenden Mikroorganismen exponentiell mit der Zeit abnimmt (so wie die Anzahl der noch nicht zerfallenen Atome eines radioaktiven Elements). In jeder Zeitspanne ist der relative Anteil der abgestorbenen Individuen einer Population gleich.

Dezimalreduktionszeit

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Überlebenskurve

Man bezeichnet die Zeit, in der neun Zehntel der Population absterben, die Population also auf ein Zehntel reduziert wird, als Dezimalreduktionszeit D (D-Wert). Diese Zeit ist stark von Art oder Stamm des Mikroorganismus, der Temperatur und weiteren Bedingungen abhängig, vor allem der Wasseraktivität, dem pH-Wert sowie der Ionenstärke. Die Dezimalreduktionszeit wird als   und typischerweise mit der Temperatur als Index bezeichnet. Nimmt man an, dass die Sterbegeschwindigkeit proportional zur Anzahl der Keime ist, dann ist der Restkeimgehalt gegeben durch:

 

mit Anfangskeimzahl  , Keimzahl   und der Sterilisationszeit  .

Typischerweise wird für die Sterilisation gefordert, dass die Anzahl der lebenden Individuen um sechs Zehnerpotenzen (also auf ein Millionstel,  ) vermindert wird, daher muss die Dauer der Sterilisation mindestens das Sechsfache der Dezimalreduktionszeit betragen. Bei einer Desinfektion ist zum Vergleich nur eine Reduktion auf   vorgesehen.

Die konkrete Anzahl der verbleibenden Organismen ist dabei von der Ausgangszahl abhängig, die je nach Aufgabe schwer oder unmöglich zu ermitteln sein kann. Sind anfänglich durchschnittlich etwa 104 Sporen in jeder Probe enthalten, so wird nach einer Erhitzungsdauer von 4 D im Mittel eine Spore überleben. Bei 5 D sind mehr als 90 % der Proben steril, bei 6 D 99 %. Bei einem Ausgangsgehalt von 105 Endosporen ist zum Erreichen derselben Sicherheit eine Erhitzungsdauer von 7 D erforderlich.

Die Dezimalreduktionszeit   unter standardisierten Bedingungen ist zugleich ein Maß für die Resistenz eines Mikroorganismus gegen die Sterilisationsbedingungen. Beispiele für Dezimalreduktionszeiten von Bakterien-Endosporen in Wasser (Wasseraktivität  ), bei 121 °C in Minuten

Bakterien-Art D121 °C / Minuten
Bacillus subtilis 0,4–0,8
Bacillus cereus 0,03–2,3
Bacillus stearothermophilus 2,0–5,0
Bacillus polymyxa ~0,005
Clostridium botulinum 0,1–0,2
Clostridium sporogenes 0,1–1,5
Clostridium thermosaccharolyticum 69–70
Desulfotomaculum nigrificans 2,0–3,0

Die Dezimalreduktionszeiten von Bakterien-Endosporen liegen im trockenen Milieu wesentlich höher. Zum Sterilisieren im trockenen Zustand sind also höhere Temperaturen und längere Einwirkzeiten erforderlich. Siehe unten Erhitzen im trockenen Zustand

Für ein Individuum bedeutet diese Absterbekinetik: Die Wahrscheinlichkeit, dass es beim Erhitzen während der Zeitdauer D abgetötet wird, beträgt immer 90 %, die Wahrscheinlichkeit des Überlebens beträgt 10 %. Die Wahrscheinlichkeit, dass es in der nächsten Zeitspanne D abgetötet wird, ist wieder 90 %, die Wahrscheinlichkeit, dass es in der Zeit 2 D abgetötet wird, beträgt entsprechend 99 %.

Nach mehrmaligem Zeitablauf D nähert sich die Überlebenswahrscheinlichkeit null an. Eine vollständige Sicherheit, dass nach einer bestimmten Erhitzungsdauer alle Mikroorganismen im Sterilisiergut abgetötet sind, kann aber nicht erreicht werden. Ist nach einer Erhitzung nur noch 1 vermehrungsfähiges Individuum vorhanden, so besteht nach weiterem Erhitzen für die Dauer von D für das letzte Individuum immer noch eine Überlebenswahrscheinlichkeit von 10 %.

12D-Konzept

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Bei der Hitzesterilisation von Dosenkonserven wird oft das sogenannte 12D-Konzept angewendet. Dabei nimmt man an, dass je Portion (Dose) vor der Sterilisation nicht mehr als etwa 106 Bakterienendosporen (die hitzeresistentesten Lebensformen) enthalten sind, und dass die Portionen mit einer (maximalen) Wahrscheinlichkeit von 10−6 noch lebende Organismen enthalten sollen. Dann ist also der Gehalt an Endosporen durch das Erhitzen um 12 Zehnerpotenzen zu vermindern. Die bei der Temperatur T erforderliche Erhitzungsdauer tT ist also

 

In der Praxis liegen im Sterilisiergut fast immer Mischpopulationen vor, deren Komponenten verschiedene DT-Werte besitzen. Die Erhitzungsdauer muss also nach dem höchsten DT-Wert der enthaltenen Mikroorganismen ermittelt werden. Relevant sind alle Organismen, die in einer nicht zu vernachlässigenden Konzentration enthalten sind.

Beispiel: In einer Probe sind 106 Mikroorganismen A mit einem DT von 1 Minute sowie 101 Mikroorganismen B mit einem DT von 2 Minuten enthalten. Dann muss die Probe zur Verminderung auf einen Gehalt von jeweils 10−6 im Fall des Mikroorganismus A um zwölf mal eine Minute, also 12 Minuten, und im Fall des Mikroorganismus B um sieben mal zwei Minuten, also 14 Minuten, erhitzt werden. Obwohl der Gehalt an hitzeempfindlicheren Mikroorganismen A (DT = 1) einhunderttausendmal höher ist als der der doppelt hitzeresistenteren (DT = 2), richtet sich die Erhitzungsdauer (F-Wert) dennoch nach dem D-Wert der hitzeresistenteren Mikroorganismen B, da sonst nicht die gewünschte Wahrscheinlichkeit der Sterilität erreicht wird.

Die Absterberate von Mikroorganismen nimmt mit der Temperatur zu, der D-Wert also ab. Die Abhängigkeit des D-Werts von der Temperatur wird durch den z-Wert charakterisiert. Er gibt an, um welchen Betrag die Temperatur erhöht werden muss, um den D-Wert auf ein Zehntel zu vermindern, also um den Abtötungseffekt auf das Zehnfache zu steigern. Dafür gilt folgende Formel:

 

Wie der D-Wert ist auch der z-Wert charakteristisch für verschiedene Mikroorganismen.

Beim Sterilisieren durch Erhitzen ist eine Aufheiz- und eine Abkühlungsphase zu durchlaufen, während derer auch letale Temperaturen erreicht werden, die aber nicht so wirksam sind wie die höhere Temperatur der Haltephase. Diese Phasen tragen aber auch zum Sterilisationseffekt bei. Um für den Gesamteffekt ein einfaches Maß zu haben, wurde der F-Wert eingeführt. Er ist ein Maß für die Summe aller Abtötungseffekte während des gesamten Erhitzungsprozesses einschließlich Aufheiz-, Halte- und Abkühlungsphase, angegeben als Zeitäquivalent für eine Referenztemperatur. Die Abtötungseffekte sind in der Aufheiz- und der Abkühlungsphase wegen der geringeren Temperaturen geringer als in der Haltephase, und zwar abhängig vom z-Wert, der für die jeweiligen Mikroorganismen charakteristisch ist.

In der Praxis wählt man als Referenztemperatur 121,1 °C (entspricht 250 °F) und als z-Wert 10. Der sich daraus ergebende Wert wird als F0-Wert bezeichnet. Er wird in Minuten angegeben. Ein F0-Wert von 8 bedeutet also, dass der gesamte Erhitzungsvorgang auf Mikroorganismen mit dem z-Wert 10 den gleichen Abtötungseffekt hat wie eine Erhitzung von 8 min bei 121,1 °C.[3]

Erhitzen im feuchten Zustand: Dampfsterilisation

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Autoklav

Feuchte Hitze eignet sich besser zur Sterilisation als trockene Hitze. Das Erhitzen im Autoklav wird auch als Dampfsterilisation bezeichnet und ist das Standardverfahren in den meisten Labors und Krankenhäusern (ZSVA)[2]. Es wird auch bei der Haltbarmachung von Lebensmitteln in Konservendosen und Glasverpackungen angewendet. Dabei wird das Sterilisier- oder Füllgut 20 Minuten auf 121 °C bei zwei bar Druck in Wasserdampf erhitzt oder 5 Minuten auf 134 °C bei 3 bar. Zur Zerstörung von Prionen wird 18 Minuten auf 134 °C bei 3 bar erhitzt.[4]

Die Luft im Inneren des Autoklaven wird dabei vollständig durch Wasserdampf ersetzt. Die tatsächliche Dauer eines Sterilisationsvorganges hängt von verschiedenen technischen Ausführungen der Autoklaven ab, wie Größe, Heizleistung, Vakuumpumpen und weiteren technischen Faktoren. Die Autoklaven fallen unter die Druckgeräterichtlinie und Medizinproduktegesetz bzw. Medizinprodukte-Betreiberverordnung und bedürfen daher einer ständigen technischen Überwachung und Sicherheitskontrolle.

Hitzeresistenz
Resistenzstufe Organismus/Krankheitserreger Temperatur (°C) Zeit (min)
I Pathogene Streptokokken, Listerien, Polioviren 61,5 30
II die meisten vegetativen Bakterien, Hefen,
Schimmelpilze, alle Viren außer Hepatitis-B
80 30
III Hepatitis-B-Viren, die meisten Pilzsporen 100 5–30
IV Bacillus-anthracis-Sporen 105 5
V Bacillus-stearothermophilus-Sporen 121 15
VI Prionen 132 60

Erhitzen im trockenen Zustand: Heißluftsterilisation

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Heißluftsterilisator
 
Dampfsterilisator
  • Das Ausglühen von metallischen Gegenständen durch Rotglut, etwa 500 °C, ist gebräuchlich bei mikrobiologischen Laborarbeiten.
  • Das Abflammen (Flambieren) ist ein kurzes Ziehen des Gegenstandes durch eine Flamme.
  • Heißluftsterilisation für Glas, Metalle, Porzellan („backen“), bei
    • 180 °C mindestens 30 min,
    • 170 °C mindestens 60 min,
    • 160 °C mindestens 120 min.

Geräte, die hierfür benutzt werden:

  • Heißluft-Sterilisationsschrank für diskontinuierliche Sterilisation
  • Heißluft-Sterilisationstunnel für kontinuierliche Sterilisation
    • konventionelle Heizung, 240 bis 320 °C
    • eingedüste Heißluft, 300 bis 400 °C
    • Laminar-Flow-Heißluft

Fraktionierte Sterilisation

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Die Fraktionierte Sterilisation wird nach dem irischen Physiker John Tyndall als Tyndallisation oder Tyndalisierung bezeichnet.

Als Methode wird die fraktionierte Sterilisation insbesondere angewendet um Lebensmittel keimfrei zu machen, wobei niedrigere Temperaturen als beim Dampfsterilisieren angewendet werden. Beim Tyndallisieren wird das Material zuerst in strömendem Dampf auf 70 bis maximal 100 °C erwärmt und dann für längere Zeit auf rund 30 °C abgekühlt. Dieser Zyklus wird an drei aufeinander folgenden Tagen wiederholt.[2][5]

Die Methode wird nur bei Sterilisiergut verwendet, in dem hitzeresistente Stadien der darin vorhandenen Mikroorganismen (z. B. Bakterienendosporen) auskeimen können. Bei der Zwischenlagerung sollen die nicht durch das Erhitzen abgetöteten Sporen auskeimen, damit die dabei entstehenden, nicht hitzeresistenten Entwicklungsstadien beim erneuten Erhitzen am nächsten Tag abgetötet werden. Die Prozedur muss wiederholt werden, um die zwischenzeitlich ausgekeimte vegetative Stadien der hitzeresistenten Dauerformen ebenfalls abzutöten.[5]

Chemische Sterilisation

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Chemiclav

Mit dem Ausdruck Chemische Sterilisation (auch Gassterilisation genannt) bezeichnet man eine Sterilisation mit bestimmten chemischen Stoffen, wie Formaldehyd, Ethylenoxid oder Peressigsäure. Hierbei ist zu beachten, dass das aufzubereitende Sterilisiergut sauber und trocken ist und darüber hinaus in speziell gasdurchlässige Folien gepackt wurde. Die chemische Sterilisation wird in der Regel bei thermolabilen Materialien, wie Endoskop-Optiken eingesetzt. Bei thermostabilen Materialien ist eine Dampfsterilisation stets einer chemischen Sterilisation vorzuziehen.

Nassantiseptik

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Die Abtötung der Mikroorganismen erfolgt durch Chemikalien, welche in flüssiger Form auf die zu sterilisierenden Gegenstände aufgebracht werden. Zum Beispiel wird in der Getränketechnik per Kaltentkeimung von Getränken oder der Sterilisation von Behältern mit Wasserstoffperoxid, gelöstem Ozon oder Peressigsäure sterilisiert. Ein kritischer Parameter bei allen nassantiseptischen Verfahren ist die Temperatur der sterilisierenden Lösung. In der Regel kann durch Erhöhung der Temperatur die zur Sterilisation nötige Einwirkzeit drastisch verkürzt werden. Um die Chemikalien vom sterilisierten Objekt zu entfernen, wird typischerweise anschließend mit sterilem Wasser gewaschen.

Trockenantiseptik

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EO – mit Ethylenoxid sterilisiert, Einwegmaterial
 
EO – mit Ethylenoxid sterilisiert, Einwegmaterial

Mit „Trockenantiseptik“ bezeichnet man eine nicht scharf definierte Gruppe von Sterilisationsverfahren. Die Abtötung erfolgt mit Gasen, die auf die trockenen, zu sterilisierenden Gegenstände einwirken. Gassterilisation erfolgt beispielsweise mit Formaldehyd, Ethylenoxid, Ozon oder gasförmigem Wasserstoffperoxid.

Sie kommt vielfach in der kaltantiseptischen Abfüllung von Lebensmitteln, insbesondere Getränken, zur Anwendung: Die zu sterilisierenden Objekte, meist Kunststoffflaschen aus PET oder HDPE, werden vor ihrer Befüllung zunächst mit abtötenden Chemikalien, wie insbesondere Peressigsäureprodukten, ausgewaschen (Nassantiseptik); daraufhin erfolgt eine weitere Abtötung von Mikroorganismen mit Gasen, vorzugsweise mittels gasförmig zugeführtem Wasserstoffperoxid. Die zu sterilisierenden Oberflächen sind, im Gegensatz zur Nassantiseptik, nach der Sterilisation trocken, was einen erheblichen Vorteil darstellt. Apparativer Aufwand und Betriebskosten sind bei Trockenantiseptik in der Regel geringer als bei Nassantiseptik. Jedoch sind die Verfahren technisch schwieriger zu beherrschen und erfordern deutlich mehr Know-how.

Siehe hierzu beispielsweise die Wasserstoffperoxid-Sterilisation, ein trockenantiseptisches Sterilisationsverfahren, das selbst an extrem resistenten Endosporen eine Reduktion der Überlebenden von weit über 106 in Sekundenbruchteilen bewirkt, jedoch im Vakuum.

Physikalische Sterilisation

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Hochdrucksterilisation

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Die Hochdrucksterilisation zielt auf die Zerstörung von Bakterienzellen, bakteriellen Endosporen, Viren und Parasiten, bei hohem Druck und kontrollierter Temperatur, ab. Eine typische Anlage zur Hochdrucksterilisation besteht aus einem Druckbehälter, einem System zum Erzeugen von Druck, einem Fördersystem und einer digitalen Prozesssteuerung zur Überwachung von Druck und Temperatur. Das typische Volumen eines industriellen Druckbehälters liegt meist zwischen 150 bis maximal 525 Litern. In der Hochdrucktechnik kommen Druckzustände von etwa 6.000 bar zum Einsatz. Energiebedarf und Prozesskosten sind bei diesem Verfahren vergleichsweise hoch. Um die Kosten zu senken, wird daran gearbeitet den Prozess so zu optimieren, dass die Kompression schneller erfolgt und die Länge der Behandlung sich verkürzen lässt.[6]

Die Hochdruckbehandlung von Lebensmitteln erfolgt getrennt nach Lebensmittelgruppen und deren charakteristischen Eigenschaften (Wassergehalt, ph-Wert etc.). Die chemische Zusammensetzung der Lebensmittelinhaltsstoffe sowie der enthaltenen Enzyme werden durch das Verfahren verändert. Mit hydrostatischem Hochdruck sterilisierte Lebensmittel werden auch HHP-behandelt genannt.[6]

Strahlensterilisation

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Sterilisation mit Ionisierender Strahlung: entweder mit UV-, Röntgenstrahlung, Gammastrahlung (hauptsächlich radioaktive 60Co-Quellen) oder Elektronenbeschuss (Elektronenstrahlsterilisation; Strahlenergie zwischen 3 und 12 MeV, typische Dosis 25 kGy). Bei der industriellen Auftragssterilisation (z. B. von medizinischen Einwegartikeln) werden Gamma- oder Elektronenbestrahlung in größerem Umfang eingesetzt.

Plasmasterilisation

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Die sterilisierende Wirkung von Plasmen ist wissenschaftlich in einer Vielzahl von Untersuchungen prinzipiell nachgewiesen. Dies gilt für Niederdruckentladungen angeregt durch Hochfrequenz oder Mikrowellen bis hin zu Normaldruckentladungen.

Die sterilisierende Wirkung ist dabei einerseits auf die im Plasma generierte UV-Strahlung andererseits auf die Bildung chemisch aggressiver Stoffe (freie Radikale) sowie den Beschuss der Mikroorganismen mit Ionen zurückzuführen. Trotz der prinzipiellen Eignung sind in der Realität (z. B. Auftragssterilisation, Praxen, Lebensmittelindustrie) Plasma-basierte Sterilisationsverfahren noch wenig verbreitet. In Krankenhäusern hat die Plasmasterilisation die Gassterilisation weitgehend abgelöst.[7]

Entsprechende kommerzielle Systeme, die zur Sterilisation von medizinischen Gerätschaften eingesetzt werden und Plasmageneratoren enthalten, verwenden als Reagenzien dampfförmiges Wasserstoffperoxid oder Peressigsäure, so dass die Sterilisationswirkung in nennenswertem Umfang auf an sich mikrobizide Gase zurückgeführt werden kann. In der Lebensmittelindustrie werden aktuell vermehrt Plasmageräte entwickelt, die in der Lage sind, bei Atmosphärendruck zu sterilisieren, z. B. Verpackungsfolien aus Kunststoff.

Bei der Sterilisation von Oberflächen mittels Plasma ist zu beachten, dass die Oberfläche aktiviert wird und gegebenenfalls nach dem Vorgang veränderte Eigenschaften aufweist. Dies ist besonders im Zusammenhang mit der Biokompatibilität von Implantaten relevant. Ein weiteres Problem ist die Tatsache, dass die freien Radikale auch Polymere wie Klebstoffe zersetzen können. Entsprechende Materialkompatibilitätsuntersuchungen sind daher unabdingbar.

Sterilfiltration

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Bei der Sterilfiltration werden die Mikroorganismen aus dem Sterilisiergut durch Filtration abgeschieden. Als Filter werden meistens Membranen mit einem Porendurchmesser von 0,22 µm verwendet. Allerdings kann es sinnvoll sein, kleinere Porendurchmesser, etwa 0,1 µm, zu verwenden. Dies ist zum Beispiel der Fall, wenn man zur Herstellung naturnaher bakterieller Kulturmedien Standortwasser wie Meerwasser von den natürlich vorkommenden Bakterien befreien möchte, um es für gezielte Wachstumsexperimente mit bestimmten Bakterienkulturen einzusetzen. Denn Bakterien aus natürlichen, nährstoffarmen Habitaten, wie Böden und Gewässer, sind oft mit Durchmessern von unter 0,22 µm wesentlich kleiner als die in nährstoffreicheren Materialien vorkommenden mit Durchmessern von etwa 0,5 µm.

Bei der Filtration können nur kleine Moleküle die Membran passieren, größere Partikel wie Bakterien werden zurückgehalten. Bakterien der Gattung Mycoplasma passieren allerdings die Membran, weil sie wegen Fehlens einer Zellwand verformbar sind. Auch sehr dünne Spirochaeten, also fadenförmige Bakterien, können sozusagen der Länge nach die Poren der Filtermembran passieren. Sterilfiltration wird oftmals zur Sterilisierung hitzeempfindlicher Lösungen, beispielsweise serumhaltiger Gewebekulturlösungen, eingesetzt. Hauptanwendungen sind die Sterilfiltration von wässrigen Lösungen, hitzeempfindlichen Nährlösungen, Vitaminlösungen, Seren, Virusimpfstoffen, Plasmafraktionen und Proteinlösungen. Nach erfolgter Sterilfiltration ist nach europäischem Arzneibuch auf ausreichende Integrität des Filters mit Hilfe des Bubble-Point-Tests zu prüfen.

Siehe auch

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Wiktionary: Entkeimung – Bedeutungserklärungen, Wortherkunft, Synonyme, Übersetzungen
Wiktionary: Sterilisation – Bedeutungserklärungen, Wortherkunft, Synonyme, Übersetzungen

Literatur

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  • H. Sielaff: Technologie der Konservenherstellung. 1. Auflage. Behr’s Verlag, Hamburg 1996, ISBN 3-86022-283-X.
  • G. Hartwig, H. von der Linden, H. P. Skrobisch: Thermische Konservierung in der Lebensmittelindustrie. 2. Auflage. Behr’s Verlag, Hamburg 2014, ISBN 978-3-95468-038-2.

Einzelnachweise

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  1. Paul Diepgen, Heinz Goerke: Aschoff/Diepgen/Goerke: Kurze Übersichtstabelle zur Geschichte der Medizin. 7., neubearbeitete Auflage. Springer, Berlin/Göttingen/Heidelberg 1960, S. 50–51.
  2. a b c Kompaktlexikon der Biologie. Sterilisation Spektrum der Wissenschaft, abgerufen am 5. März 2023
  3. Johannes Krämer, Alexander Prange, Prange, Alexander 1974-: Lebensmittel-Mikrobiologie. 7. Auflage. Verlag Eugen Ulmer, Stuttgart 2017, ISBN 3-8252-4658-2, S. 162.
  4. Ph. Eur. 5. Ausgabe Seite 652.
  5. a b Fraktioniertes Erhitzen Pschyrembel, abgerufen am 5. März 2023
  6. a b Stellungnahme zur Behandlung von Lebensmitteln mit hydrostatischem Hochdruck 12. Dezember 2019 Deutsche Forschungsgemeinschaft, abgerufen am 5. März 2023
  7. Rainer Klischies, Ursula Panther, Vera Singbeil-Grischkat: Hygiene und medizinische Mikrobiologie Lehrbuch für Pflegeberufe; mit 62 Tabellen. Schattauer Verlag, 2008, ISBN 978-3-7945-2542-3, S. 207 (eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche).