Plasmin
Plasmin ist ein Enzym aus der Gruppe der Peptidasen, das viele Proteine im Blutplasma spalten und abbauen kann. Diese Eigenschaft wird besonders am Fibrin in Blutgerinnseln wirksam. Der dabei ablaufende Prozess wird Fibrinolyse (Fibrinspaltung) genannt.
Plasmin | ||
---|---|---|
Eigenschaften des menschlichen Proteins | ||
Masse/Länge Primärstruktur | 791 = 561+230 Aminosäuren | |
Präkursor | Plasminogen (791 AA) | |
Bezeichner | ||
Gen-Name | PLG | |
Externe IDs | ||
Enzymklassifikation | ||
EC, Kategorie | 3.4.21.7, Peptidase | |
MEROPS | S01.233 | |
Reaktionsart | proteolytische Spaltung | |
Substrat | hauptsächlich Fibrin | |
Produkte | lösliche Fibrinbestandteile | |
Vorkommen | ||
Homologie-Familie | PLG | |
Übergeordnetes Taxon | Euteleostomi | |
Orthologe | ||
Mensch | Hausmaus | |
Entrez | 5340 | 18815 |
Ensembl | ENSG00000122194 | ENSMUSG00000059481 |
UniProt | P00747 | P20918 |
Refseq (mRNA) | NM_000301 | NM_008877 |
Refseq (Protein) | NP_000292 | NP_032903 |
Genlocus | Chr 6: 160.7 – 160.75 Mb | Chr 17: 12.38 – 12.42 Mb |
PubMed-Suche | 5340 | 18815
|
Plasmin ist eine Serinproteinase, die aus dem Vorläufer Plasminogen gebildet wird.
Geschichte
BearbeitenKenneth M. Moser (* 1929) berichtete 1951 davon, dass Plasmin bei akuter tiefsitzender Thrombophlebitis angewendet werden kann. Er nutzte die lokale Applikation. 1955 verabreichte William Smyth Tillett es zum ersten Mal intravenös.[1]
Auch in den Jahren 1956 und 1957 therapierte Eugene E. Cliffton Thrombophlebitis erfolgreich mit Plasmin.[1]
1967 fand A. L. Dechter die analgetische Wirkung des Stoffes bei wiederholter intravenöser Gabe. Und A. P. Fletcher nutzte es zur Behandlung von tuberkulöser Meningitis.[1]
Plasminogen
BearbeitenPlasmin wird in einer Vorstufe als Plasminogen von der Leber synthetisiert und in die Blutbahn ausgeschüttet und ist als solches auch messbar. Plasminogen hat eine biologische Halbwertszeit von 2,2 Tagen. Freies, aktives Plasmin ist im normalen Blut nicht oder nur in geringster Menge nachweisbar.
Plasminogen wird aus Citratblut bestimmt. Der Normalwert im Blut liegt bei:
- Plasminogen-Aktivität 85–110 %
- Plasminogen-Konzentration 0,2 g/l
Menschliches Plasminogen ist auch der erste Marker gewesen, der durch seine spezifische Bindung verlässlich zwischen pathologisch gefaltetem Prionprotein (PrPSc) und der normalen zellulären Form des Proteins (PrPC) unterscheiden kann.
Funktion
BearbeitenDie Hauptaufgabe des Plasmins ist die Fibrinspaltung. Man kann Plasmin als die Fibrin-Schere im Gerinnungssystem bezeichnen. Das Thrombin wäre dann das Gegenteil, nämlich der Webstuhl der Fibringerinnung.
Auch die lösliche Vorstufe des Fibrins, das Fibrinogen, wird durch Plasmin in Fibrinogenspaltprodukte zerteilt. Die Fibrin(ogen)-Spaltprodukte hemmen ihrerseits die Fibrinvernetzung.
Die Spezifität des Plasmins gegenüber Fibrin resultiert aus der Tatsache, dass sich Plasminogen während der Gerinnung an Fibrinfäden heftet und erst dort aktiviert wird.
Serinproteasen wie das Plasmin entfalten irreversible Wirkungen. Dies steht im Gegensatz zu den meisten anderen Enzymen, die biochemische Reaktionen in beide Richtungen katalysieren.
Als Serin-Protease besitzt auch Plasmin in seiner Aminosäuresequenz die sogenannte katalytische Triade
- Serin 195,
- Histidin 57 und
- Asparaginsäure 102
Plasmin wirkt autokatalytisch d. h., es wandelt weitere Moleküle von Plasminogen in aktives Plasmin um: Das Proenzym ist also Substrat des aktivierten Enzyms.
t-PA (Plasminogenaktivatoren) u-PA ↓ Plasminogen → Plasmin ↓ Fibrin → Fibrinspaltprodukte
Neben seiner fibrinolytischen Aktivität kann Plasmin verschiedene andere Proteine spalten:
- Es aktiviert Kollagenasen,
- Es aktiviert einige Mediatoren des Komplementsystems
- Es verdünnt die Wand des Graafschen Follikels am Beginn der Ovulation
- Es löst Fibrin, Fibronektin, Thrombospondin, Laminin und den Von-Willebrand-Faktor (vWF) auf.
Plasmin ist außerdem ein sehr wirksamer Aktivator von Monozyten.[2]
Bei der Rückbildung der weiblichen Brust nach dem Abstillen spielt das Plasminogen-/Plasmin-System eine wichtige Rolle.[3]
Generell gerät Plasmin und Plasminogen in gewissen Mengen aus dem Blut in die Milch, was auch in Kuh-, Schaf und Ziegenmilch vor allem für die Produktion von Käse eine Bedeutung hat, da durch die proteolytische Aktivität von Plasmin bestimmte Spaltprodukte mit einem spezifischen Aroma entstehen.
Die Wirksamkeit von oralem Plasmin als tumorhemmender Stoff ist unbewiesen und unwahrscheinlich, da Plasmin durch die Verdauung zerstört wird.
Aktivierung
BearbeitenPlasminogen wird durch folgende Stoffe aktiviert:
- Gewebsplasminogenaktivator (= tissue plasminogen activator) tPA,
- Urokinase Plasminogen activator (uPA)
- Streptokinase
- Fibrin (Faktor Ia)
- GerinnungsFaktor XII (Hageman factor).
Inaktivierung
BearbeitenEs wird durch folgende Stoffe inaktiviert:
- natürlich
- Alpha 2-antiplasmin, ein Serinproteasehemmer
- Alpha-2-Makroglobulin
- medikamentös
ε-Aminocapronsäure, para-Aminomethylbenzoesäure und Tranexamsäure zählen zu den ε-Aminocarbonsäuren. Dies sind synthetische Stoffe, die dem Lysin ähneln. Sie blockieren den Lysinbindungsplatz am Plasmin, der für die Enzymwirkung des Plasmins essentiell ist.
Mangel an Plasmin kann zu Thrombosen führen, da dann die Gerinnselauflösung nicht richtig funktioniert. Arsen blockiert die Produktion von Plasmin und entfaltet darüber einen Teil seiner chronischen Toxizität an den Gefäßen.
Varianten
BearbeitenEine verkürzte Variante des Plasmins (Ocriplasmin) wird in der Augenheilkunde verwendet.
Literatur
Bearbeiten- David M. Waisman (Herausgeber): Plasminogen: Structure, Activation, and Regulation. Springer US, 2003, ISBN 0-306-47699-1
Weblinks
Bearbeiten- Basis für neuen diagnostischen Test von Prionerkrankungen ( vom 17. Januar 2006 im Internet Archive) – Plasminogen als Prionenmarker
- Abbildung der Struktur ( vom 24. Juli 2007 im Internet Archive)
- Abbildung der Interaktion von Antiplasmin 2 mit Plasmin
Einzelnachweise
Bearbeiten- ↑ a b c Wolf-Dieter Müller-Jahncke, Christoph Friedrich, Ulrich Meyer: Arzneimittelgeschichte. 2., überarbeitete und erweiterte Auflage. Wissenschaftliche Verlagsgesellschaft mbH, Stuttgart 2005, ISBN 978-3-8047-2113-5, S. 117.
- ↑ Forschungsprojekte Universität Ulm ( vom 8. Mai 2005 im Internet Archive).
- ↑ Mammary Involution, Plasminogen/Plasmin System ( vom 15. Januar 2006 im Internet Archive).