Polykleitos von Larisa

antiker griechischer Geschichtsschreiber

Polykleitos von Larisa war ein antiker griechischer Geschichtsschreiber. Er lebte wohl in frühhellenistischer Zeit und schrieb eine heute verlorene Geschichte über die Taten Alexanders des Großen.

Nur wenig ist über den Alexanderhistoriker Polykleitos bekannt, der anscheinend aus Larisa in Thessalien und wahrscheinlich aus einer vornehmen Familie stammte. In der Forschung wird oft angenommen, dass er am Alexanderzug selbst teilnahm, aber es ist unklar, mit welchem Polykleitos er identifiziert werden kann. Es wurde erwogen, dass er mit einem gleichnamigen Flottenkommandeur unter Ptolemaios I. gleichgesetzt werden kann, der im Jahr 315 v. Chr. gegen Zypern eingesetzt war.[1] Ebenso wurde aber teils angenommen, dass er der Vater der Olympias war, der Mutter des Antigonos III. Doson.[2] Insofern mag er als erfahrener Erwachsener oder aber als sehr junger Mann am Alexanderzug teilgenommen haben. In der biographischen Übersicht in Brill’s New Jacoby wird er hingegen als der mögliche Großvater des Polykleitos betrachtet, der der Vater der erwähnten Olympias war.[3] Er muss jedenfalls von Polykritos von Mende unterschieden werden, mit dem er teils verwechselt wurde.[4]

Polykleitos schrieb Historien, die bis in die Zeit Alexanders reichten, wobei der Beginn der Schilderung unbekannt ist. Ansonsten ist nur sehr wenig über das Werk bekannt, das mindestens acht Bücher umfasste. Den wenigen Fragmenten zufolge war es zumindest teilweise recht stark ausgeschmückt, wie etwa ein bei Athenaios überliefertes Fragment zeigt:

„Polykleitos aus Larisa sagt im achten Buch seiner Historien, dass Alexander in einem goldenen Bett schlief, dass Flötenspielerinnen und Flötenspieler ihn immer in seinem Lager begleiteten, wobei Alexander bis zur Dämmerung trank.“[5]

Allerdings scheint sich Polykleitos nie explizit über den Charakter Alexanders geäußert zu haben;[6] ihm eine positive oder (aufgrund der Episode in Fragment 1) negative Haltung gegenüber Alexander zu unterstellen, ist wenig belastbar.[7] Andererseits wurden die Schilderungen bei Polykleitos aber auch als Beleg für eine kritische Sichtweise Alexanders gesehen, wobei der Vorwurf sei, dass sich der König mehr und mehr dem orientalischen Luxus hingegeben habe, ähnlich wie es Ephippos von Olynth berichtete.[8]

Polykleitos schilderte auch anekdotenhaft einige Episoden aus der persischen Geschichte[9] und Geschehnisse im fernen Indien.[10] Er berichtete wohl aus erster Hand[11] über die Stadt Susa.[12] Eventuell sollte man die Historien eher als Memoiren des Polykleitos statt als vollwertige Alexandergeschichte betrachten.[13] Sein Werk scheint jedenfalls nicht unbeliebt gewesen zu sein, denn neben Athenaios wurde er wohl bereits von Kleitarchos[14] und später von Strabon,[15] Plutarch, Diodor und Aelian benutzt. Den bei Strabon überlieferten Fragmenten zufolge interessierte sich Polykleitos sehr für Geographie und Naturgeschichte.

Textausgaben

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Literatur

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Anmerkungen

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  1. Lionel Pearson: The lost histories of Alexander the Great. New York 1960, S. 71. Ein gewisser Polykleitos fungierte im Sommer 315 v. Chr. erfolgreich als Flottenkommandant des Ptolemaios, siehe Diodor 19, 62, vgl. zu ihm auch: Thomas Lenschau: Polykleitos 3. In: Paulys Realencyclopädie der classischen Altertumswissenschaft (RE). Band XXI,2, Stuttgart 1952, Sp. 1699.
  2. Helmut Berve: Das Alexanderreich auf prosopographischer Grundlage. Band 2. München 1926, S. 324, Nr. 651; vgl. auch Lionel Pearson: The lost histories of Alexander the Great. New York 1960, S. 71.
  3. Nicholas V. Sekunda: Polykleitos of Larisa (128). Biographical Essay. In: Brill’s New Jacoby. Part II. Brill, Leiden 2013.
  4. Vgl. Lionel Pearson: The lost histories of Alexander the Great. New York 1960, S. 71f.
  5. Athenaios, Deipnosophistai 12, 55 = Polykleitos, Fragment 1.
  6. Vgl. Lionel Pearson: The lost histories of Alexander the Great. New York 1960, S. 77.
  7. Vgl. Nicholas V. Sekunda: Polykleitos of Larisa (128). Biographical Essay. In: Brill’s New Jacoby. Part II. Brill, Leiden 2013 und ebd., Commentary zu Fragment 1: „I believe, therefore, that it would be unsafe to read a tone of disapproval into this short fragment, which is taken out of its wider context. It could be merely a description of what Polykleitos had witnessed.“ Dagegen betrachtete Lionel Pearson den Alexanderhistoriker Polykleitos eher als Schmeichler Alexanders und nicht als ernsthaften Historiker (The lost histories of Alexander the Great. New York 1960, S. 71).
  8. Vgl. Historiography, Greek. In: Waldemar Heckel, Johannes Heinrichs, Sabine Müller u. a. (Hrsg.): Lexicon of Argead Makedonia. Berlin 2020, S. 262–267, hier S. 265.
  9. Vgl. Polykleitos, Fragment 3a, 3b und 4.
  10. Vgl. Polykleitos, Fragment 9 und 10.
  11. Lionel Pearson: The lost histories of Alexander the Great. New York 1960, S. 72.
  12. Strabon, Geographika 15, 3 = Polykleitos, Fragment 2.
  13. Vgl. Nicholas V. Sekunda: Polykleitos of Larisa (128). In: Brill’s New Jacoby. Part II. Brill, Leiden 2013, Commentary zu Fragment 1a.
  14. Zu Kleitarchos und Polykleitos siehe Luisa Prandi: Fortuna è realtà dell’ opera di Clitarco. Niemeyer, Stuttgart 1996, S. 77–79 und dieselbe: Commentary zu Fragment 12. In: Kleitarchos of Alexandria (137). In: Jacoby Online. Brill’s New Jacoby. Part II, herausgegeben von Ian Worthington. Brill, Leiden 2016 (DOI:10.1163/1873-5363 bnj a137).
  15. Vgl. Lionel Pearson: The lost histories of Alexander the Great. New York 1960, S. 72–77; Eckart Olshausen: Strabon von Amaseia. Hildesheim 2022, S. 131f. und S. 187 (online).