Präsidentschaftswahl in der Republik Moldau 2024

Die Präsidentschaftswahl in der Republik Moldau 2024 fand am 20. Oktober statt. Am selben Tag wurde auch das Referendum über die Mitgliedschaft Moldaus in der Europäischen Union durchgeführt. Ein eventuell notwendiger zweiter Wahlgang der Präsidentschaftswahl findet zwei Wochen später statt. Die amtierende Präsidentin Maia Sandu kandidierte erneut.[1]

Präsidentschaftswahl 2024
Staat Moldau Republik Moldau
Datum 20. Oktober
Präsident vor der Wahl
Maia Sandu
2020 2028

Hintergrund

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Die letzte Präsidentschaftswahl in der Republik Moldau am 1. November 2020 hatte Maia Sandu, die Kandidatin der liberal-konservativen Partei der Aktion und Solidarität (PAS) gewonnen. Nach ihrer Wahl machte die neu gewählte Präsidentin, entsprechend ihrer Ankündigungen vor der Wahl den Kampf gegen die im Land grassierende Korruption zu einem Hauptthema ihrer Politik.[2] Zum andern verfolgte Sandu einen konsequent pro-europäischen Kurs, mit dem erklärten Ziel, die Republik Moldau näher an die Europäische Union heranzuführen. Eine wesentliche politische Wendung wurde durch den russischen Überfall auf die Ukraine, das Nachbarland der Republik Moldau, herbeigeführt. Eine Woche nach Beginn der russischen Invasion stellte die Republik Moldau am 3. März 2022 offiziell einen Aufnahmeantrag in die Europäische Union.[3]

Letzteres stieß jedoch nicht in allen politischen Lagern auf Zustimmung. Traditionell ist das moldauische politische Spektrum in ein pro-euopäisches und ein pro-russisches Lager gespalten. Die pro-russischen politischen Kräfte argumentieren vor allem mit Befürchtungen, dass eine Aufnahme Moldaus in die Europäische Union letztlich zu einem Anschluss an Rumänien und zu einer Unterdrückung der zahlreichen nicht-rumänischen Minderheiten in der Republik Moldau führen würde. Außerdem präsentieren sich die pro-russischen Politiker als Verteidiger traditioneller Werte (Familie, Vaterland etc.) und agitieren beispielsweise gegen LGBT-Rechte, Liberalismus u. ä.

Krisenherde Transnistrien und Gagausien

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Republik Moldau mit Transnistrien und Gagausien:
Transnistrien
Gagausien

Ein Dauerproblem Moldaus ist der Transnistrien-Konflikt. Seit 1992 existiert auf dem Staatsgebiet der Republik Moldau auf der östlichen Seite des Flusses Dnister die selbst proklamierte „Republik Transnistrien“ mit einer zahlenmäßig starken russischsprachigen Bevölkerung, ein von Russland unterstütztes, aber von keinem Staat der Welt diplomatisch anerkanntes de-facto-Regime, das durch etwa 1500 Mann dort stationierte russische Truppen gestützt wird. Auf dem Gebiet Transnistriens existiert bei Cobasna das umfangreichste Waffenlager Osteuropas noch aus sowjetischer Zeit.[4] Nach einem international nicht anerkannten Referendum erklärte sich Transnistrien 2006 für unabhängig. Internationalen Einschätzungen zufolge hat sich Transnistrien zu einem Zentrum der Korruption, der organisierten Kriminalität, des illegalen Waffenhandels, des Menschenhandels und der Geldwäsche entwickelt.[5][6] Ein weiteres Krisengebiet ist die autonome Region Gagausien im Süden Moldaus. Die in der Region die Bevölkerungsmehrheit bildenden Gagausen sind eine turksprachige Minderheit. Die politische Führungssschicht Gagausiens pflegt traditionell enge Kontakte zu Russland. Die seit 2023 amtierende Gouverneurin Evghenia Guțul ist als ausgesprochen russlandfreundlich bekannt und pflegt persönliche Kontakte zum russischen Präsidenten Wladimir Putin.

Versuche der Einflussnahme von russischer Seite auf die Wahl

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2023 beschuldigte Präsidentin Sandu Moskau, ihre Regierung systematisch destabilisieren zu wollen. Russland plane mit militärisch ausgebildeten Saboteuren gewalttätige Aktionen sowie Angriffe auf staatliche Institutionen und Geiselnahmen.[7] Im Vorfeld der Präsidentschaftswahl mehrten sich die Anzeichen, dass Russland die Wahl in seinem Sinne beeinflussen wollte. Am Flughafen Chișinău wurden in den Monaten vor der Wahl bei Gepäckkontrollen zahlreiche Personen identifiziert, die mit größeren Geldsummen von einem Kurzbesuch in Russland zurückkehrten – zum Teil über Verbindungsflüge via Jerewan oder Istanbul. Die Geldsummen beliefen sich auf einige Tausend Euro, was per se nicht illegal war. Jedoch erschien das Muster verdächtig, so dass die moldauischen Behörden das Geld vorläufig konfiszierten. Insgesamt wurden 1,2 Millionen Euro beschlagnahmt, die bemerkenswerterweise anschließend von niemandem zurückgefordert wurden. Es wurde vermutet, dass die Gelder zur Unterstützung der Interessen von Ilan Șor, einem im russischen Exil lebenden moldauisch-israelischen Geschäftsmann und Oligarchen bestimmt waren. Șor war 2017 wegen Unterschlagung von 700 Millionen US-Dollar aus Moldaus Bankensystem in Abwesenheit zu 15 Jahren Haft verurteilt worden. Die von ihm gegründete Partei, die Șor-Partei, wurde 2023 von moldauischen Verfassungsgericht verboten. Das Verbot wurde im März 2024 allerdings vom Obersten Gericht Moldaus wieder aufgehoben.[8]

Nachdem sich ergeben hatte, dass die Geldtransfers via direkte „Kuriere“ nicht mehr durchführbar waren, seien die Gelder über die russische Promswjasbank (PSB) nach Moldau geflossen. Nach Angaben des leitenden moldauischen Polizeichefs hatten bis Anfang Oktober 2024 insgesamt 130.000 Personen – etwa 10 % der Wahlberechtigten – Zahlungen über die PSB erhalten. Alleine im September 2024 seien 15 Millionen US$ transferiert worden. Șor rief die Wähler in unverblümter Weise dazu auf, „jemanden zu wählen, mit dem er zusammenarbeiten könne“. Er versprach moldauischen Rentnern im Falle eines günstigen Wahlausgangs monatliche Zahlungen von 5000 moldauischen Leu (etwa 200 €). Die leitende Anti-Korrruptionsbeauftragte der Republik Moldau, Veronica Dragalin, die früher als Staatsanwältin in Los Angeles gearbeitet hatte,[9] äußerte in einem Interview, dass sie kein Beispiel kenne, „wo sonst ein so unverschämter und offener Versuch zur Manipulation einer Wahl stattgefunden“ habe.[8]

Meinungsumfragen

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Insgesamt wurden elf Kandidaten zur Wahl zugelassen. Nach Meinungsumfragen lag die amtierende Präsidentin Sandu durchgehend deutlich in Führung. Ihr kam dabei die Zersplitterung der Opposition zugute. Es wird damit gerechnet, dass es zu einer Stichwahl zwischen Sandu und dem zweitplatzierten Bewerber kommen wird.[10]

Wahlergebnis

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Kandidaten Parteien Stimmen %
Maia Sandu Partidul Acțiune și Solidaritate
Alexandr Stoianoglo Partidul Socialiștilor din Republica Moldova
Renato Usatîi Partidul Nostru
Irina Vlah unabhängig
Victoria Furtună unabhängig
Vasile Tarlev Partidul pentru Viitorul Moldovei
Ion Chicu Partidul Dezvoltării și Consolidării Moldovei
Octavian Țîcu Blocul electoral “Împreună”
Andrei Năstase unabhängig
Natalia Morari unabhängig
Tudor Ulianovschi unabhängig
Gesamt 100
Quelle: Comisia Electorală Centrală a Republicii Moldova
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Einzelnachweise

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  1. Zwischen europäischer Annäherung und russischer Bedrohung, Die Zeit, 19. Oktober 2024
  2. Moldau stimmt für EU-Kurs. In: Zeit Online. 12. Juli 2021, abgerufen am 20. Oktober 2024.
  3. Republik Moldau: EU-Referendum und Präsidentschaftswahl am 20. Oktober. EURACTIV.com / Reuters, 17. Mai 2024, abgerufen am 20. Oktober 2024.
  4. Simion Ciochina/Robert Schwartz: Explosive inheritance. In: Deutsche Welle. 12. Januar 2015, abgerufen am 20. Oktober 2024 (englisch).
  5. Transnistria profile. In: BBC News. 15. Oktober 2024, abgerufen am 20. Oktober 2024 (englisch).
  6. Global Organized Crime Index: Moldova. (pdf) Global Initiative against transnational organized crime, 2021, abgerufen am 20. Oktober 2024 (englisch).
  7. Moldova's pro-EU President Sandu accuses Russia of coup plot. In: BBC News. 13. Februar 2023, abgerufen am 20. Oktober 2024 (englisch).
  8. a b Sarah Rainsford: Russian cash-for-votes flows into Moldova as nation heads to polls. In: BBC News. 19. Oktober 2024, abgerufen am 20. Oktober 2024 (englisch).
  9. Sunniva Rose: Meet the former Los Angeles prosecutor leading Moldova's returning reformists. In: thenationalnews.com. 7. Juni 2023, abgerufen am 20. Oktober 2024 (englisch).
  10. Brigitta Triebel: Die Republik Moldau vor der Präsidentschaftswahl und dem EU-Referendum. Konrad-Adenauer-Stiftung, 16. Oktober 2024, abgerufen am 20. Oktober 2024.