Präsidium der Sozialistischen Föderativen Republik Jugoslawien

Das Präsidium der Sozialistischen Föderativen Republik Jugoslawien (kurz Präsidium der SFRJ) (Serbisch Predsedništvo SFRJ, Председништво СФРЈ; Kroatisch Predsjedništvo SFRJ; Slowenisch: Predsedstvo SFRJ; Mazedonisch Председателство на СФРЈ) war das kollektive Staatsoberhaupt der Sozialistischen Föderativen Republik Jugoslawien nach dem Tod Josip Broz Titos 4. Mai 1980 bis zum Zerfall der Republik am 27. April 1992. Tagungsort und formeller Sitz war der Föderationspalast (heute Palata Srbije) in Belgrad.

Geschichte

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Das Präsidium wurde 1970 gemäß der damaligen Verfassung eingerichtet und 1974 mit der neuen Verfassung neu organisiert. Von 1970 bis 1974 hatte das Präsidium 23 Mitglieder, davon waren jeweils drei aus den sechs Teilrepubliken (Bosnien-Herzegowina, Kroatien, Mazedonien, Montenegro, Serbien und Slowenien), je zwei aus den zwei Autonomen Regionen (Kosovo und Vojvodina) sowie aus dem Präsidenten (Josip Broz Tito).[1]

1974 wurde das Präsidium auf neun Mitglieder verkleinert, jeweils ein Mitglied kam aus den Teilrepubliken und den Autonomen Provinzen sowie, bis 1988, dem Präsidenten des Präsidiums des Bundes der Kommunisten Jugoslawiens ex officio.

1980–1991

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Bis 1980 hatte Tito als Präsident die de facto diktatorische Gewalt über das Präsidium und das Land. Erst nach seinem Tod im Mai 1980 wurde kein neuer Präsident mehr ernannt und das Präsidium begann verfassungsgemäß zu arbeiten. Ein neuer Vorsitzender wurde jährlich gewählt, dafür gab es ein inoffizielles Rotationsprinzip.

Die Zusammensetzung des letzten Präsidiums von 1989 war von den Vorgängen rund um den Zerfall Jugoslawiens geprägt.

  • Janez Drnovšek aus Slowenien und Bogić Bogićević aus Bosnien und Herzegowina wurden durch Direktwahlen in den Republiken in den Rat gewählt.
  • Die Vertreter von Serbien, Montenegro, Bosnien und Herzegowina und der Vojvodina, das heißt das halbe Präsidium, waren Serben.
  • Stipe Šuvar wurde von der neuen kroatischen Regierung unter Franjo Tuđman durch Stjepan Mesić ersetzt.

Das Rotationsprinzip funktionierte bis Mai 1991, als der kroatische Vertreter im Rat, Stjepan Mesić, den Vorsitz übernehmen sollte. Mesić war Mitglied der Regierung von Franjo Tuđman, der offen die Unabhängigkeit Kroatiens forderte, während die Hälfte der Mitglieder des Rates Serben und Anhänger von Slobodan Milošević waren. Durch die serbische Blockade im Präsidium wurde Mesić nicht bestätigt und der Vorsitz blieb bis zum 1. Juli vakant, als Mesić doch noch gewählt wurde.

Im Spätsommer 1991 verließen Mesić und Drnovšek das Präsidium, nachdem ihre Republiken die Unabhängigkeit proklamiert hatten. Es folgten Bogićević und Vasil Tupurkovski aus Mazedonien, so dass der Rat nur noch aus den Vertretern aus Serbien (dessen Provinzen Kosovo und Vojvodina) und Montenegro bestand. Obwohl der Rat damit aufhörte, in seiner ursprünglichen Form zu existieren, wurden noch bis 1992 Sitzungen durchgeführt.

Funktion

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Gemäß der Verfassung der SFRJ hatte das Präsidium folgende Vollmachten:[2]

  • Repräsentation der Föderation innerhalb und außerhalb der Republik
  • Oberkommando über die Jugoslawische Volksarmee im Frieden und im Kriegsfall
  • Schutz der Gleichheit der Jugoslawischen Nationalitäten
  • Schutz der Verfassung
  • Vorschlag des Ministerpräsidenten
  • Vorschlag der Verfassungsrichter
  • Bestellung der Botschafter, Generale und Admirale
  • Bestellung der Mitglieder des Nationalen Sicherheitsrates und anderer Gremien
  • Verleihung von Orden und Ehrenzeichen

Der Vorsitzende des Präsidiums galt als De-facto-Staatsoberhaupt Jugoslawiens.

Zusammensetzung

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Das Präsidium bestand seit 1974 aus acht Mitgliedern, die von den Parlamenten der Teilrepubliken und der Autonomen Provinzen gewählt und dann vom Parlament, der Bundesversammlung, bestätigt wurden.

Das neunte Mitglied, dem Präsidenten des Präsidiums des Bund der Kommunisten Jugoslawiens hatte von Amts wegen einen Sitz im Präsidium, bis im Herbst 1988 eine Verfassungsänderung durchgeführt wurde.[3]

Bei bestimmten Anlässen tagte des Präsidium mit einer erweiterten Zusammensetzung. So nahmen unter anderem der Präsident der Bundesversammlung, der Vorsitzende und der Stellvertretende Vorsitzende des Bundesexekutivrates, der Verteidigungsminister, die inner- und Außenminister, der Vorsitzende des ZK des Bund der Kommunisten Jugoslawiens und die Vorsitzenden der Präsidien der Teilrepubliken und Autonomen Regionen an den Sitzungen teil.

Die erweiterte Zusammensetzung war nicht in der Verfassung vorgesehen, hinzu geladene Personen hatten kein Stimmrecht im Präsidium.

Mitglieder

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Präsidentschaft 1971–1974
Name Zeitraum Representation
Josip Broz Tito 29. Juni 1971 – 15. Mai 1974 Präsident der SFRJ
Ratomir Dugonjić
Augustin Papić
Hamdija Pozderac
29. Juni 1971 – 15. Mai 1974 Vertreter der Sozialistischen Republik Bosnien und Herzegowina
Kiro Gligorov (Nachfolger 1972: Lazar Koliševski)
Krste Crvenkovski
Nikola Minčev
29. Juni 1971 – 15. Mai 1974 Vertreter der Sozialistischen Republik Mazedonien
Marko Bulc
Mitja Ribičič
Sergej Kraigher
29. Juni 1971 – 15. Mai 1974 Vertreter der Sozialistischen Republik Slowenien
Dragi Stamenković
Koča Popović (Nachfolger 1972: Dobrivoje Vidić)
Dragoslav Marković
29. Juni 1971 – 15. Mai 1974 Vertreter der Sozialistischen Republik Serbien
Đuro Kladarin
Miko Tripalo (Nachfolger 1972: Milan Mišković)
Jakov Blažević
29. Juni 1971 – 15. Mai 1974 Vertreter der Sozialistischen Republik Kroatien
Veljko Mićunović
Dobroslav Ćulafić
Vidoje Žarković
29. Juni 1971 – 15. Mai 1974 Vertreter der Sozialistischen Republik Montenegro
Maćaš Kelemen (Nachfolgerin 1973: Ida Sabo)
Ilija Rajačić (Nachfolger 1973: Sreten Kovačević)
29. Juni 1971 – 15. Mai 1974 Vertreter der Sozialistischen Autonomen Provinz Vojvodina
Veli Deva
Ilaz Kurteshi
29. Juni 1971 – 15. Mai 1974 Vertreter der Sozialistischen Autonomen Provinz Kosovo
Präsidentschaft 1974–1979
Name Zeitraum Representation
Josip Broz Tito 15. Mai 1974 – 15. Mai 1979 Präsident
Vidoje Žarković Montenegro
Stevan Doronjski Vojvodina
Fadil Hoxha Kosovo
Lazar Koliševski Mazedonien
Cvijetin Mijatović Bosnien und Herzegowina
Edvard Kardelj1
1979 Sergej Kraigher
Slowenien
Petar Stambolić Serbien
Vladimir Bakarić Kroatien
Präsidentschaft 1979–1984
Josip Broz Tito1
1980 Stevan Doronjski
1980 Lazar Mojsov
1981 Dušan Dragosavac
1982 Mitja Ribičič
1983 Dragoslav Marković
15. Mai 1979 – 4. Mai 1980





Präsident
Bund der Kommunisten Jugoslawiens




Vidoje Žarković Montenegro
Stevan Doronjski1
1981 Radovan Vlajković
Vojvodina
Fadil Hoxha Kosovo
Lazar Koliševski 4. Mai 1980 – 15. Mai 1980 Mazedonien
Cvijetin Mijatović 15. Mai 1980 – 15. Mai 1981 Bosnien und Herzegowina
Sergej Kraigher 15. Mai 1981 – 15. Mai 1982 Slowenien
Petar Stambolić 15. Mai 1982 – 15. Mai 1983 Serbien
Vladimir Bakarić1
1983 Mika Špiljak

15. Mai 1983 – 15. Mai 1984
Kroatien
Präsidentschaft 1984–1989
Veselin Đuranović 15. Mai 1984 – 15. Mai 1985 Montenegro
Radovan Vlajković 15. Mai 1985 – 15. Mai 1986 Vojvodina
Sinan Hasani 15. Mai 1986 – 15. Mai 1987 Kosovo
Lazar Mojsov 15. Mai 1987 – 15. Mai 1988 Mazedonien
Branko Mikulić2
1986 Hamdija Pozderac3
1987 Raif Dizdarević


15. Mai 1988 – 15. Mai 1989
Bosnien und Herzegowina
Stane Dolanc Slowenien
Nikola Ljubičić Serbien
Josip Vrhovec Kroatien
Ali Shukri
1985 Vidoje Žarković
1986 Milanko Renovica
1987 Boško Krunić
1988 Stipe Šuvar (bis November 1988)
Bund der Kommunisten Jugoslawiens
Präsidentschaft 1989–1991
Nenad Bućin7
1991 Branko Kostić

3. Oktober 1991 – 15. Juni 1992
Montenegro
Dragutin Zelenović5
1990 Jugoslav Kostić
Vojvodina
Riza Sapunxhiu6
1991 Sejdo Bajramović
Kosovo
Vasil Tupurkovski Mazedonien
Bogić Bogićević Bosnien und Herzegowina
Janez Drnovšek 15. Mai 1989 – 15. Mai 1990 Slowenien
Borisav Jović 15. Mai 1990 – 15. Mai 1991 Serbien
Stipe Šuvar4
1990 Stipe Mesić

1. Juli 1991 – 3. Oktober 1991
Kroatien
  1. Starb während der Präsidentschaft
  2. Rücktritt als er Vorsitzender des Bundesexekutivrates wurde
  3. Rücktritt wegen des Agrokomerc Skandals
  4. Vom Parlament Kroatiens abberufen
  5. Vom Parlament Serbiens abberufen
  6. Vom Parlament Serbiens abberufen
  7. Vom Parlament Montenegros abberufen

Einzelnachweise

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  1. Slobodan Stankovic: Yugoslavia's New State Presidency. In: RAD Background Report/73. Open Society Archives at Central European University, 9. Mai 1984, archiviert vom Original (nicht mehr online verfügbar) am 17. August 2011; abgerufen am 1. Juli 2009 (englisch).  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/www.osaarchivum.org
  2. Устав Социјалистичке Федеративне Републике Југославије (1974), Predsedništvo Socijalističke Federativne Republike Jugoslavije (Wikisource, serbisch).
  3. Устав Социјалистичке Федеративне Републике Југославије (1974). In: AMANDMAN ХLI. Wikisource, abgerufen am 1. Juli 2009 (serbisch).