Prachthäher

Art der Gattung Garrulus

Der Prachthäher (Garrulus lidthi, japanisch 瑠璃橿鳥 Rurikakesu) ist ein Singvogel aus der Familie der Rabenvögel (Corvidae), der auf einigen der japanischen Amami-Inseln verbreitet ist. Er wird als gefährdet eingestuft und steht unter Schutz.

Prachthäher

Prachthäher (Garrulus lidthi) im Ueno-Zoo in Tokio

Systematik
Ordnung: Sperlingsvögel (Passeriformes)
Unterordnung: Singvögel (Passeri)
Familie: Rabenvögel (Corvidae)
Unterfamilie: Corvinae
Gattung: Garrulus
Art: Prachthäher
Wissenschaftlicher Name
Garrulus lidthi
Bonaparte, 1850

Merkmale

Bearbeiten

Das Gefieder ist an Kopf, Flügeln und Steuerfedern dunkelblau und rostrot am Rumpf. Der Schnabel ist an der Spitze weißlich bis elfenbeinfarben und graubläulich an der Basis. Stirn und Zügel sind bläulich schwarz. Die Spitzen der Flügel und Steuerfedern sind weiß gefärbt, und auch am Hals finden sich weiße Sprenkel.[1][2] Die Kopf-Rumpf-Länge des Prachthähers beträgt bei adulten Tieren durchschnittlich 38 Zentimeter. Die Steuerfedern sind bei Weibchen bis zu 18,1 und bei Männchen bis 16,5 Zentimeter lang.[3][4]

Lebensweise

Bearbeiten

Der Prachthäher ist tagaktiv.[3] Er lebt vorzugsweise in dichten subtropischen, immergrünen Wäldern und Nadelwäldern, kommt aber auch an Waldrändern, auf Landwirtschaftsflächen oder in Gärten vor.[5] Er gibt wie andere Rabenvögel laute, kreischende Rufe von sich und fliegt auch in kleinen Schwärmen.[1] Seine Nahrung besteht vorzugsweise aus Eicheln und anderen Nussfrüchten von Bäumen wie der Blauen Japanischen Eiche Quercus glauca[6][7], des Pasania-Baums[8] bzw. Shii-Baums[9] Castanopsis cuspidata (die Scheinkastanie Castanopsis cuspidata) und des Itajii-Baums Castanopsis sieboldii (Scheinkastanie Castanopsis sieboldii)[10].[11][5] Wenn diese Nahrungsquelle erschöpft ist, sucht der Prachthäher oft Landwirtschaftsflächen auf. Zu seiner Nahrung zählen neben Früchten und Samen beispielsweise Süßkartoffeln, Wirbellose wie Insekten und Spinnen, aber auch Reptilien wie die Habuschlange. Das Vorhandensein von Baumfrüchten in ausreichender Menge ist für den Bruterfolg der Art entscheidend.[5] Der Prachthäher nistet in Baumhöhlen.[12] Die Brutzeit geht von Ende Januar bis Mai.[5] Die Gelege umfassen durchschnittlich vier Eier.[3]

Verbreitungsgebiet

Bearbeiten
 
Verbreitungsgebiet des Prachthähers auf den Amami-Inseln (grün) und auf Tokunoshima (rot), wo er vermutlich ausgestorben ist.

Der Prachthäher ist auf den japanischen Amami-Inseln endemisch. Dort kommt er auf der Hauptinsel Amami-Ōshima sowie auf Kakeroma-jima, Ukeshima, Yoroshima und Edateku-jima vor. Auf Tokunoshima ist die Art vermutlich ausgestorben.[5]

Gefährdung und Schutz

Bearbeiten

Die International Union for Conservation of Nature (IUCN, „Weltnaturschutzunion“) stuft die Art als gefährdet ein und den Populationstrend als abnehmend.[5] Auf der nationalen Roten Liste gefährdeter Arten Japans von 2020 wird die Art dagegen nicht aufgeführt, steht jedoch unter gesetzlichem Schutz.[5] Die Inseln Amami-Ōshima, Tokunoshima, Iriomote und der nördliche Teil der Insel Okinawa stehen seit 2021 auf der Liste des UNESCO-Weltnaturerbes.[13] Ein Schutzgebiet wurde um den Yuwan-dake auf Amami-Ōshima ausgewiesen.[5] Es ist Teil des seit 2017 bestehenden Amamiguntō-Nationalparks.[14] Neben der Bekämpfung von invasiven Arten werden dort auch Nistkästen aufgestellt. Der Prachthäher ist zudem seit dem 3. März 1921 in der Präfektur Tokio als Naturdenkmal ausgewiesen. Dort gibt es ein Zuchtprogramm im Ueno-Zoo.[12]

Der Bestand der Art wurde in den 1970er Jahren auf etwa 5800 Tiere geschätzt, hat jedoch vermutlich seitdem abgenommen. Eine Bedrohung stellen Krähen, Schlangen und Säugetiere wie der eingeführte Goldstaubmungo dar, die Eier und Jungvögel fressen.[5] Der Goldstaubmungo wurde 1979 auf Amami-Ōshima eingeführt, um die dort verbreiteten Habuschlangen und eingeschleppten Hausratten zu bekämpfen.[15] Die Bedrohung durch ihn für den Prachthäher ist durch seine Bekämpfung zurückgegangen, dagegen nahm jedoch möglicherweise durch einen Anstieg an Müll die Anzahl von Dschungelkrähen auf Amami-Ōshima eine Zeit lang zu.[5]

Prachthäher und Mensch

Bearbeiten

Der Prachthäher ist seit 1965 der Präfekturvogel von Kagoshima und damit ein Symbol der Präfektur.[16]

Systematik

Bearbeiten

Der Prachthäher (Garrulus lidthi) ist eine Art der Rabenvögel aus der Gattung Garrulus. Er wurde 1850 von dem italienischen Zoologen Charles L. J. L. Bonaparte wissenschaftlich erstbeschrieben. Die Art benannte er zu Ehren des niederländischen Zoologen Theodoor Gerard van Lidth de Jeude.[17] Schwesterarten sind der Eichelhäher (Garrulus glandarius) und der Strichelhäher (Garrulus lanceolatus). Ersterer findet sich mit ausgeprägten geographischen Variationen von Nordafrika über Europa bis nach Ostasien, wo er auch in Japan vorkommt. Der Strichelhäher ist dagegen nur im Himalaya verbreitet, ist jedoch näher mit dem Prachthäher verwandt. Ihr gemeinsamer Vorfahr hatte vermutlich ein deutlich größeres Verbreitungsgebiet als die beiden Arten heute. Darauf deuten auch fossile Funde des Prachthähers auf der Insel Okinawa aus dem späten Pleistozän hin.[18][19][20]

Bearbeiten
Commons: Prachthäher (Garrulus lidthi) – Sammlung von Bildern

Einzelnachweise

Bearbeiten
  1. a b Prachthäher (Garrulus lidthi) auf eBird.org, abgerufen am 27. Dezember 2023.
  2. Amami Jay Garrulus lidthi. BirdLife International, abgerufen am 29. Dezember 2023 (englisch).
  3. a b c Prachthäher (Garrulus lidthi) bei Avibase; abgerufen am 27. Dezember 2023.
  4. Joseph A. Tobias et al.: AVONET: morphological, ecological and geographical data for all birds. In: Ecology Letters. Band 25, Nr. 3, März 2022, S. 571–707, doi:10.1111/ele.13898 (englisch).
  5. a b c d e f g h i j Prachthäher (Garrulus lidthi) – VU in der Roten Liste gefährdeter Arten der IUCN. Eingestellt von: BirdLife International, 2016. Abgerufen am 27. Dezember 2023. (englisch)
  6. Quercus glauca – Blaue Japanische Eiche. In: ebben.nl. Baumschule Ebben, abgerufen am 29. Januar 2024 (deutsch, niederländisch).
  7. Quercus glauca Thunb. In: de.hortipedia.com. Hortipedia, abgerufen am 29. Januar 2024.
  8. Lentinula edodes. Synonym: Shii-Take, Agaricus edodes, Pasaniapilz, Shaingugu, Huagu. In: mrca-science.org. MRCA Mushroom Research Center Austria GmbH, abgerufen am 29. Januar 2024: „Der Shiitake wächst saprobiotisch in der Natur auf Laubhölzern. Er ist besonders häufig auf dem Pasania-Baum (= Scheinkastanie, Castanopsis cuspidata) und anderen asiatischen Eichen- und Buchensorten zu finden.“
  9. Hermann Sahm et al. (Hrsg.): Industrielle Mikrobiologie. 2013. Auflage. Springer, Berlin/Heidelberg 2014, ISBN 3-8274-3039-9, 3.2.4 Shiitake, S. 63, doi:10.1007/978-3-8274-3040-3 (eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche [abgerufen am 29. Januar 2024] E-Book-ISBN 978-3-8274-3040-3).
  10. Castanopsis sieboldii. In: tokyonaturalist.com. Tokyo Naturalist, abgerufen am 29. Januar 2024 (englisch, japanisch, English Common Name: Itajii Chinkapin).
  11. Tomohiro Nakamura: 堅果成熟過程におけるルリカケス Garrulus lidthi の堅果利用 (Acorn Foraging Behavior of Lidth’s Jays Garrulus lidthi during the Ripening Process of Acorns). In: Japanese Journal of Ornithology. Band 69, Nr. 2, 2020, ISSN 1881-9710, S. 197–207, doi:10.3838/jjo.69.197 (japanisch).
  12. a b ルリカケス („Prachthäher“). In: 国指定文化財等データベース („Datenbank für national ausgewiesene Kulturgüter“). Bunka-chō, abgerufen am 27. Dezember 2023 (japanisch).
  13. Amami-Oshima Island, Tokunoshima Island, Northern part of Okinawa Island, and Iriomote Island. UNESCO World Heritage Centre, abgerufen am 1. Januar 2024 (englisch).
  14. Karte des Amamiguntō-Nationalparks. (PDF; 2,1 MB) Umweltministerium, abgerufen am 30. Dezember 2023 (englisch).
  15. Conservation of precious ecosystem in Amami-Oshima. (PDF; 6,32 MB) Umweltministerium, 2019, S. 5, abgerufen am 30. Dezember 2023 (englisch).
  16. 鹿児島県のシンボル („Symbole der Präfektur Kagoshima“). Zenkoku Chijikai, abgerufen am 27. Dezember 2023 (japanisch).
  17. Charles L. J. L. Bonaparte: Conspectus generum avium. 1850, S. 376, doi:10.5962/bhl.title.70841 (Latein).
  18. Nomination of Amami-Oshima Island, Tokunoshima Island, Northern Part of Okinawa Island, and Iriomote Island for inscription on the World Heritage List. (PDF; 132 MB) Januar 2019, S. 95, abgerufen am 1. Januar 2024.
  19. H. Matsuoka und Y. Hasegawa: Birds around the Minatogawa Man: the Late Pleistocene avian fossil assemblage of the Minatogawa Fissure, southern part of Okinawa Island, Central Ryukyu Islands, Japan. In: Bulletin of the Gunma Museum of Natural History. Band 22, 2018 (researchgate.net [abgerufen am 1. Januar 2024]).
  20. Garrulus lidthi. In: fossilworks.org. Abgerufen am 1. Januar 2024 (englisch).