Prager Gruppe
Die Prager Kultur (polnisch Kultura praska, ukrainisch Пра́зька культу́ра, tschechisch Kultura s keramikou pražského typu) war eine frühslawische archäologische Kultur des 6. und 7. Jahrhunderts im heutigen Tschechien, in der Ukraine, Polen, in der Slowakei und Deutschland.
Sie erstreckte sich von den Karpaten über das Böhmische Becken bis zur Donau, der Elbe und der unteren Havel. Die Prager Gruppe war Bestandteil der Prag-Kortschak-Kultur.
Sie grenzte im Norden an die verwandte slawische Sukow-Dziedzice-Gruppe, im Osten an die Westbaltische Kultur, im Südosten an die slawische Penkowka-Gruppe und im Westen an das fränkische Reich.
Sie bekam ihren Namen nach dem Fundort Roztoky bei Prag durch den tschechischen Archäologen Ivan Borkovský.[1]
Weitere wichtige Fundplätze waren
- Dessau-Mosigkau
- Bachórz, Woiwodschaft Karpatenvorland, Südostpolen[2]
- Burg Draguš in Březno, Okres Louny, Nordböhmen
- Přítluky, Okres Břeclav, Südmähren
- Brečlav (dt. Lundenburg) nahe der Grenze zu Österreich
- Výčapy-Opatovce bei Nitra, Slowakei
Die Prager Gruppe entstand im 6. Jahrhundert aus der Kortschak-Kultur unter Einfluss der Przeworsk-Kultur.
Wirtschaft
BearbeitenAckerbau (Weizen, Roggen, Hafer) und Viehzucht (Rinder, Schweine, Schafe, Hühner) waren Lebensgrundlage.
Die Keramik war handgeformt und meist unverziert.
Es gab Metallverarbeitung (Eisen), als Materialien wurden auch Holz, Stein, Knochen, Leder u. a. verwendet.
Siedlungen
BearbeitenDie Siedlungen lagen meist an Flüssen oder Seen und waren zum größten Teil unbefestigt. Sie hatten eine Fläche von 0,5 bis 1,5 ha und bestanden aus 8–20 Häusern.
Die Häuser waren recht klein, nahezu quadratisch und oft in die Erde eingetieft.
Bestattungskultur
BearbeitenLeichenbrand wurde in Urnen in Gräberfeldern bestattet, in seltenen Fällen in Hügelgräbern. Es gab wenige Grabbeigaben (Gebrauchsgegenstände, Schmuck).
Folgekulturen
BearbeitenMitte des 7. Jahrhunderts entstanden aus der Prager Kultur die Rüssener Gruppe (westlich der Mulde), die Kultur der Daleminzier (an der mittleren Elbe), die Klučov-Gruppe (in Böhmen), u. a.
Literatur
Bearbeiten- Sebastian Brather: Archäologie der westlichen Slawen. Siedlung, Wirtschaft und Gesellschaft im früh- und hochmittelalterlichen Ostmitteleuropa. Ergänzungsbände zum Reallexikon der Germanischen Altertumskunde. Bd. 30. Berlin ²2008, ISBN 978-3-11-020609-8, online
- Joachim Herrmann: Die Slawen in Deutschland. Geschichte und Kultur der slawischen Stämme westlich von Oder und Neiße vom 6. bis 12. Jahrhundert. Ein Handbuch. Berlin 1985.
- Sebastian Brather: Slawische Keramik. Elbslawen. In: Reallexikon der Germanischen Altertumskunde (RGA). 2. Auflage. Band 29, Walter de Gruyter, Berlin/New York 2005, ISBN 3-11-018360-9, S. 79–88.
Weblinks
BearbeitenAnmerkungen
Bearbeiten- ↑ Ivan Borkovský: Staroslovanská keramika ve Strědni Evropě, Prag 1940
- ↑ Archäologische Befunde (polnisch) ( des vom 15. Juni 2008 im Internet Archive) Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.