Produktmodell (Statistik)

mathematische Statistik

Als Produktmodelle bezeichnet man in der mathematischen Statistik eine spezielle Klasse von statistischen Modellen. Viele gängige Modelle wie beispielsweise das Normalverteilungsmodell sind Produktmodelle. Allen Produktmodellen gemeinsam ist, dass sie als Produkt kleinerer statistischer Modelle mit sich selbst entstehen. Damit sind insbesondere die Stichprobenvariablen in Produktmodellen unabhängig identisch verteilt. Daher treten Produktmodelle bei der Modellierung von mehreren, identischen durchgeführten Versuchen auf, deren Ergebnisse sich nicht gegenseitig beeinflussen.

Definition

Bearbeiten

Gegeben sei ein statistisches Modell  , also eine Menge   sowie eine σ-Algebra   auf   sowie eine Familie   von Wahrscheinlichkeitsmaßen auf dem Messraum  . Hierbei ist   eine beliebige Indexmenge.

Dann heißt für   das statistische Modell

 

das zu   gehörige n-fache Produktmodell.[1]

Hierbei bezeichnet

  (n mal)

das n-fache kartesische Produkt,   bezeichnet die n-fache Produkt-σ-Algebra von   mit sich selbst und   ist das n-fache Produktmaß von   mit sich selbst.

Reelle Produktmodelle

Bearbeiten

Gängigster Fall eines Produktmodelles ist, wenn   die Menge der reellen Zahlen   ist, kanonisch versehen mit der borelschen σ-Algebra   und einer beliebigen Familie von Wahrscheinlichkeitsmaßen   auf  . Dann ist das n-fache Produktmodell von der Form

 

da   und   ist. Solche Produktmodelle werden auch reelle Produktmodelle genannt.[2]

Beispiele

Bearbeiten

Normalverteilungsmodell

Bearbeiten

Das Normalverteilungsmodell wird in mehreren unterschiedlichen Fassungen formuliert. Dabei unterscheiden sich lediglich die Familien das Wahrscheinlichkeitsverteilungen, diese sind aber stets auf   definiert. Es existieren die folgenden Fälle:

  • Als Familie von Wahrscheinlichkeitsverteilungen werden alle Normalverteilungen mit fixem Erwartungswert   und beliebiger Varianz   betrachtet. Das Produktmodell ist dann von der Form
 
  • Als Familie von Wahrscheinlichkeitsverteilungen werden alle Normalverteilungen mit beliebigem Erwartungswert   und fixer Varianz   betrachtet. Das Produktmodell ist dann von der Form
 
  • Als Familie von Wahrscheinlichkeitsverteilungen werden alle Normalverteilungen mit beliebigem Erwartungswert   und beliebiger Varianz   betrachtet. Das Produktmodell ist dann von der Form
 

Bernoulli-Modell

Bearbeiten

Das sogenannte Bernoulli-Modell entsteht als Produktmodell aus der Grundmenge  , versehen mit der Potenzmenge als σ-Algebra, also   und als Wahrscheinlichkeitsmaße die Bernoulli-Verteilungen   mit  . Das Produktmodell nimmt somit die Form

 

an. Das Bernoulli-Modell tritt bei der Modellierung einer Folge von gleichartigen Versuchen auf, bei denen jeder Versuch entweder ein Erfolg oder ein Misserfolg sein kann. Typischer Fall hierfür wäre das  -malige Werfen einer Münze.

Eigenschaften

Bearbeiten

Unabhängigkeit und identische Verteilung

Bearbeiten

Eine wichtige Eigenschaft von Produktmodellen ist, dass die Stichprobenvariablen   immer unabhängig identisch verteilt mit Verteilung   sind. Damit vereinfachen sich in Produktmodellen viele Berechnungen, da beispielsweise   für alle   gilt oder auch   für  .

Stabilität

Bearbeiten

Produktmodelle von parametrischen Modellen sind wieder parametrische Modelle zur selben Parametermenge  . Ebenso sind Produktmodelle von Standardmodellen wieder Standardmodelle, denn besitzt   die Wahrscheinlichkeitsdichtefunktion  , so besitzt   die Wahrscheinlichkeitsdichtefunktion  . Ebenso sind Produktmodelle von exponentiellen Modellen wieder exponentielle Modelle.

Einzelnachweise

Bearbeiten
  1. Hans-Otto Georgii: Stochastik. Einführung in die Wahrscheinlichkeitstheorie und Statistik. 4. Auflage. Walter de Gruyter, Berlin 2009, ISBN 978-3-11-021526-7, S. 197, doi:10.1515/9783110215274.
  2. Hans-Otto Georgii: Stochastik. Einführung in die Wahrscheinlichkeitstheorie und Statistik. 4. Auflage. Walter de Gruyter, Berlin 2009, ISBN 978-3-11-021526-7, S. 208, doi:10.1515/9783110215274.