Eine Projektivität oder projektive Kollineation ist in der Geometrie eine besondere Kollineation einer projektiven Ebene oder eines projektiven Raums. Im einfachsten Fall ist eine Projektivität eine Zentralkollineation oder Perspektivität, d. h., es gibt einen Fixpunkt (das Zentrum), und alle Geraden durch sind Fixgeraden. Man definiert:

  • Eine Projektivität (einer projektiven Ebene bzw. eines projektiven Raums) ist eine Kollineation, die sich durch ein Produkt (Hintereinanderausführung) von endlich vielen Perspektivitäten darstellen lässt. Im allgemeinen Fall gibt es außer den Projektivitäten weitere Kollineationen. In einem reellen projektiven Raum allerdings ist jede Kollineation schon eine Projektivität. Eine nützliche Besonderheit der Projektivitäten ist:
  • Die Projektivitäten eines projektiven Raumes über einem Körper sind genau die Kollineationen, die sich im homogenen Modell durch lineare Abbildungen (Matrizen) beschreiben lassen.
Zentralkollineation: Für jeden Punkt sind kollinear

Damit sind die Werkzeuge der linearen Algebra zur Untersuchung von Projektivitäten anwendbar.

Eine Kollineation, die keine Projektivität ist, gibt es z. B. in der projektiven Ebene über den komplexen Zahlen : Die projektive Fortsetzung der Kollineation der komplexen affinen Ebene ist keine Projektivität. Sie lässt sich im homogenen Modell nur durch eine semilineare Abbildung darstellen.

Eine projektive Kollineation sollte nicht verwechselt werden mit einer projektiven Abbildung. Letztere bildet einen projektiven Raum auf einen anderen ab.

Eigenschaften von Zentralkollineationen einer projektiven Ebene

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Zentralkollineation: Homologie
 
Zentralkollineation: Elation

Die hier aufgeführten Eigenschaften von Projektivitäten einer projektiven Ebene lassen sich relativ leicht auf höhere Dimensionen übertragen. Deshalb wird ab hier vorausgesetzt: Der projektive Raum ist eine projektive Ebene.

Damit die Menge der Projektivitäten eine Gruppe bildet, legt man fest:

  • Die Identität ist eine Projektivität.

Wenn im Folgenden von einer Projektivität die Rede ist, setzen wir meistens stillschweigend voraus, dass es sich nicht um die Identität handelt.

  • Eine Zentralkollineation   mit dem Zentrum   besitzt immer eine Achse, d. h., es gibt eine Gerade  , die punktweise fest bleibt. Man sagt:   ist eine  -Perspektivität. Falls   auf   liegt, heißt   Elation, im anderen Fall ( ) Homologie[1].

Beispiele im inhomogenen Modell  : Die projektive Fortsetzung

  1. der Streckung am Nullpunkt   ist eine Homologie mit Zentrum   und Achse  .
  2. der Streckung an der x-Achse   ist eine Homologie mit Zentrum   und x-Achse als Achse.
  3. der Translation   ist eine Elation mit Zentrum   und Achse  .
  4. der Scherung   ist eine Elation mit Zentrum   und der x-Achse als Achse.
  • Für einen festen Punkt   und eine feste Gerade   bildet die Menge   der  -Perspektivitäten eine Gruppe.
  • Ist   eine feste Gerade und ist   die Menge aller  -Perspektivitäten, so gilt:   ist eine Gruppe.

Die letzte Aussage bedeutet: Die Hintereinanderausführung einer  -Perspektivität und einer  -Perspektivität ist wieder eine Perspektivität mit Achse   und einem Zentrum   auf der Gerade  .

Aus dem Dualitätsprinzip für projektive Ebenen folgt:

  • Jede axiale Kollineation (es gibt eine Gerade, die nur Fixpunkte enthält) ist eine Zentralkollineation. Man muss also axiale Kollineationen nicht gesondert behandeln.

Über die Existenz und Eindeutigkeit von Zentralkollineationen macht der folgende Satz eine Aussage:

Satz (Baer)[2] :

  • Gilt in einer projektiven Ebene der Satz von DESARGUES, so gilt: Ist   eine Gerade und sind   drei kollineare Punkte mit  , so gibt es genau eine  -Perspektivität (Zentralkollineation mit Zentrum  , Achse  ), die   auf   abbildet.

(Eine desarguessche Ebene lässt sich mit einem Schiefkörper koordinatisieren.)

Eigenschaften von Projektivitäten in einer projektiven Ebene über einem Körper

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In diesem Fall gilt:

  • Die Menge der Projektivitäten einer projektiven Ebene   über einem Körper   (pappussche Ebene) ist die Menge der Kollineationen, die von regulären  -Matrizen im homogenen Modell induziert werden. Man bezeichnet sie mit   (projektive lineare Gruppe).

Da Vielfache der Einheitsmatrix nur die Identität induzieren, darf man die Matrix einer Projektivität mit solch einem Vielfachen der Einheitsmatrix multiplizieren, ohne dass sich die Wirkung der Projektivität ändert.

  • Eine Matrix   induziert genau dann eine Zentralkollineation, wenn   einen Eigenraum der Dimension   hat.
Sie ist eine Homologie, wenn   einen weiteren Eigenwert hat und die Matrix also diagonalisierbar ist. Sie ist eine Elation, wenn   nicht diagonalisierbar ist.

Eine kennzeichnende Invariante der Projektivitäten ist das Doppelverhältnis:

  • Die Projektivitäten einer pappusschen projektiven Ebene sind diejenigen Kollineationen, die das Doppelverhältnis invariant lassen.
 
Vier projektiv unabhängige Punkte in der projektiven Ebene

Die Rolle von Basispunkten einer projektiven Ebene übernehmen Quadrupel von projektiv unabhängigen Punkten (Punkte in allgemeiner Lage). Vier Punkte   sind dabei projektiv unabhängig, wenn keine drei auf einer Gerade liegen. Es gilt:

  • Vier projektiv unabhängige Punkte   einer pappusschen projektiven Ebene lassen sich in geeigneten homogenen Koordinaten immer beschreiben durch:
 .

Eine für die Untersuchung von Projektivitäten wichtige Aussage ist der Fundamentalsatz:[3]

  • Lässt eine Projektivität einer pappusschen projektiven Ebene vier projektiv unabhängige Punkte fest, so ist sie die Identität.

Eine Folgerung des Hauptsatzes ist:

  • Sind   und   jeweils vier projektiv unabhängige Punkte einer pappusschen projektiven Ebene, so gibt es genau eine Projektivität   mit  .
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Einzelnachweise

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  1. Albrecht Beutelspacher, Ute Rosenbaum: Projektive Geometrie. 2. Auflage. Vieweg, Wiesbaden 2004, ISBN 3-528-17241-X, S. 96
  2. Albrecht Beutelspacher, Ute Rosenbaum: Projektive Geometrie. 2. Auflage. Vieweg, Wiesbaden 2004, ISBN 3-528-17241-X, S. 98
  3. Albrecht Beutelspacher, Ute Rosenbaum: Projektive Geometrie. 2. Auflage. Vieweg, Wiesbaden 2004, ISBN 3-528-17241-X, S. 125

Literatur

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  • Albrecht Beutelspacher, Ute Rosenbaum: Projektive Geometrie. 2. Auflage. Vieweg, Wiesbaden 2004, ISBN 3-528-17241-X, S. 93, 124.
  • Wilhelm Blaschke: Projektive Geometrie. Wolfenbütteler Verlagsanstalt, Wolfenbüttel-Hannover, 1947.
  • Wendelin Degen und Lothar Profke: Grundlagen der affinen und euklidischen Geometrie, Teubner, Stuttgart, 1976, ISBN 3-519-02751-8
  • P. Dembowski, Finite Geometries, Springer-Verlag (1968) ISBN 3-540-61786-8
  • Daniel R. Hughes, Fred C. Piper: Projective Planes. Springer, Berlin u. a. 1973, ISBN 3-540-90044-6.
  • Hanfried Lenz: Vorlesungen über projektive Geometrie. Akademie Verlag, Leipzig 1965, DNB 452996449.
  • Rolf Lingenberg: Grundlagen der Geometrie I, Bibliograph. Institut Hochschultaschenbücher 158/158a, 1969, S. 83
  • Günter Pickert: Projektive Ebenen. 2. Auflage. Springer, Berlin u. a. 1975, ISBN 3-540-07280-2.
  • Hermann Schaal: Lineare Algebra und analytische Geometrie, Band II, Vieweg 1980, ISBN 3-528-13057-1
  • Olaf Tamaschke: Projektive Geometrie I, Bibliogr. Institut, Hochschulskripten 829/829a, 1968, S. 84