Protowörter (auch Quasiwörter, engl. auch sensori-motor morphemes, phonetically consistent forms, abgekürzt PCF) sind wortähnliche Eigenschöpfungen der Kindersprache, phonetisch konsistente, aber idiosynkratische Vokalisierungen, die nicht aus einem Wort der Zielsprache (Erwachsenensprache) abzuleiten sind, aber im Unterschied zu Lallwörtern der einfachsten Art außer ihrer konsistenten Lautform auch bereits eine konstante, in gleichartigen Situationen gleichartig wiederkehrende Bedeutung besitzen.

Sie sind gebunden an bestimmte Kontexte, und ihre Bedeutung besteht in dem referentiellen Bezug auf den jeweiligen Kontext. Beispiele: ein Schnapplaut wie /ha/ mit Bezug auf gereichte Nahrung, oder ein langgezogenes /m/, das sich onomatopoetisch auf ein vorbeifahrendes Auto bezieht.

Protowörter werden normalerweise ab dem neunten Monat gebildet.

Dümig[1] kritisiert, dass Protowörter in gängigen Ansätzen als phonetische Ganzheiten angesehen werden, die man nicht linguistisch analysieren könne. Im Gegensatz dazu geht er von einer Kontinuität im Spracherwerb aus, so dass Protowörter von Beginn an eindeutig phonologische Repräsentationen darstellen. Analog zu Wortneubildungen bei Jargon-Aphasie, einer Unterart der Wernicke-Aphasie, zeigen sich überprüfbare Regularitäten. So werden z. B. vornehmlich nicht-komplexe Silben produziert, meist mit Plosiven im Onset und Vokal (wie z. B. /da.da/). Nach Maßgabe solcher Erkenntnisse kann man die Produktion solcher zufälligen, nicht-komplexen Silben auf einen eigenen kognitiven Mechanismus zurückführen, den Hugh W. Buckingham[2] als Random Generator bezeichnet hat. Dieser wäre demnach im sehr frühen Spracherwerb aktiv, wenn noch keine Zielwörter im mentalen Lexikon eingespeichert sind oder nach Hirnschädigung, wenn der Zugang zum aktiven Wortschatz blockiert ist.

Literatur

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  • Sascha Dümig: Dreidimensionale Phonologie und der Erwerb von Protowörtern. Dissertation. https://publikationen.ub.uni-frankfurt.de/frontdoor/index/index/docId/47167
  • Erika Hoff-Ginsberg: Landmarks in Children's Language Development. In: Gerhard Blanken u. a. (Hrsg.): Linguistic Disorders and Pathologies: An International Handbook. (= Handbücher zur Sprach- und Kommunikationswissenschaft. 8). Niemeyer, Tübingen 1993, ISBN 3-11-011324-4, S. 558–573, S. 559.
  • Christina Kauschke: Der Erwerb des frühkindlichen Lexikons. Eine empirische Studie zur Entwicklung des Wortschatzes im Deutschen. (= Tübinger Beiträge zur Linguistik, Serie A: Language Development. 27). Narr, Tübingen 2000, ISBN 3-8233-4724-1, S. 10f.
  • Thorsten Piske: Artikulatorische Muster im frühen Laut- und Lexikonerwerb. Narr, Tübingen 2001, ISBN 3-8233-4725-X, S. 28.
  • Claudia Schlesiger: Sprachtherapeutische Frühintervention für Late Talkers. Schulz Kirchner Verlag, Idstein 2009, ISBN 978-3-8248-0752-9, S. 31f.
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Einzelnachweise

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  1. Sascha Dümig: Dreidimensionale Phonologie und der Erwerb von Protowörtern. (uni-frankfurt.de [abgerufen am 28. August 2020]).
  2. Hugh W. Buckingham: Abstruse neologisms, retrieval deficits and the random generator. In: Journal of Neurolinguistics. Band 5, Nr. 2-3, Januar 1990, ISSN 0911-6044, S. 215–235, doi:10.1016/0911-6044(90)90012-N.