Pulsnitzer Lebkuchenfabrik
Koordinaten: 51° 11′ 9,1″ N, 14° 0′ 39,6″ O
Pulsnitzer Lebkuchenfabrik GmbH | |
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Rechtsform | GmbH |
Gründung | 1884 |
Sitz | Pulsnitz |
Leitung | Ines Frenzel |
Mitarbeiterzahl | 50 |
Website | www.pulsnitzer-lebkuchen.de |
Die Pulsnitzer Lebkuchenfabrik GmbH ist ein Hersteller von Pulsnitzer Pfefferkuchen und Varianten von Lebkuchen. Durch den typischen Charakter einer Fabrik zählt das Unternehmen damit nicht zu den Pfefferküchlereien der Stadt. Allerdings basieren auch hier die hergestellten Produkte, wie auch bei den acht kleineren Handwerksbetrieben (Pfefferküchlereien) in Pulsnitz, aus einem Lagerteig der in Holzfässern über mehrere Wochen reifen muss, bevor er verarbeitet wird.
Geschichte
BearbeitenVor 1945
BearbeitenDie Lebkuchenfabrik wurde 1884 von Wilhelmine und Karl Abel in Dresden gegründet. In der Backröhre eines Küchenofen wurden die ersten Pfefferkuchen hergestellt. Karl Abel starb im Jahre 1890 und Wilhelmine Abel stellte Hermann Richter als Gehilfen ein um das Geschäft fortzuführen. Im Jahre 1892 heirateten Wilhelmine Abel und Hermann Richter, außerdem kaufte man ein Grundstück in Pulsnitz in der Königsbrücker Straße 3 und richtete dort eine Pfefferküchlerei ein. Am 27. Mai 1894 wurde Erich Richter geboren. Im Jahre 1907 verunglückte sein Vater tödlich. Erich Richter half seiner Mutter in der Pfefferküchlerei bis zum Ausbruch des Ersten Weltkrieges und erlernte den Beruf eines Konditors.
Am 1. Juli 1919 übernahm Erich Richter die Pfefferküchlerei und da die Rohstoffe zur Pfefferkuchenherstellung noch gesperrt waren, plante und baute er einen zweiten größeren Herd in die Backstube ein. Er hatte den Plan, die bisher manuell hergestellten Pfefferkuchen, maschinell und in größeren Stückzahlen zu fertigen und stellte dazu acht Gehilfen ein. Ein Erweiterungsbau war 1921 fertiggestellt und vergrößerte die Firma. Die Fabrikate wurden nun schon per Waggonladung versendet. Die Inflation brachte der Firma große wirtschaftliche Verluste ein. Erst 1926 konnte die Firma wieder an seine ehemaligen Erfolge anknüpfen und regelmäßig die Jahrmärkte der Region bedienen. Die Pfefferkuchen wurden unter dem Namen "Eri" (Erich Richter) im heimischen Geschäft und auf Märkten der Region angeboten, aber auch in das Ausland geliefert. Bereits damals gab es das Firmenlogo, welches eine "Tänzerin mit Herz" zeigt. Zusätzlich trug die Tänzerin noch den Schriftzug "Eri", welcher für den Firmeninhaber Erich Richter stand. 1933 erfolgte die Inbetriebnahme einer Drehbackmaschine. Damit konnte der Umsatz in vier Jahren um 600 Prozent gesteigert werden. Der Weihnachtsumsatz betrug dabei im Jahre 1936 ca. 78.000 Reichsmark. Im Jahre 1937 erfolgte der Umzug auf ein größeres Grundstück in Pulsnitz, Feldstraße 272c, später Feldstraße 15.
Auch hier setzte Erich Richter seine Pläne weiter um. Er kombinierte mehrere neu beschaffte Maschinen zu einer Backofenanlage, die eine Länge von 58 Meter hatte. Im Jahre 1940 kam noch eine Glasiermaschine hinzu und die Anlage wuchs auf 78 Meter. Eine Knetemaschine vervollständigte die Anlage 1942. Nun war es möglich bis zu 40 Zentner Pfefferkuchen, praktisch am laufenden Band, in neun Stunden Arbeitszeit zu produzieren. Alles industriell hergestellt, ohne von Hand berührt zu werden. Erich Richter meldete in dieser Zeit einige Patente an. Im Jahre 1942 betrug der Umsatz der Firma ca. 300.000 Reichsmark bei einem Personalstand von 25 Arbeitern.
Zum Ende des Zweiten Weltkrieges musste die Produktion fast eingestellt werden. Die meisten Arbeiter wurden zur Wehrmacht eingezogen und die Zuckerzuteilungen stark gekürzt. Erich Richter erkrankte und ein Nervenleiden konnte erst 1957 völlig geheilt werden.[1]
Nach 1945
BearbeitenBis zum Jahre 1952 hatte Erich Richter drei Maschinen erfunden und gebaut um die Produktion weiter zu steigern. Im Jahre 1952 betrug die Produktion von Pfefferkuchen in mehreren Sorten und Verpackungen 200 Tonnen. 1958 waren 150 Arbeiter angestellt. Ab 1959 wurde die Firma ein halbstaatlicher Betrieb, welcher nun auch Kekse herstellte. Erich Richter entwickelte erneut mehrere Maschinen und meldete diese beim Patentamt an.[2] Zum Beispiel waren das eine Maschine zur Herstellung von Keksschachteln, eine Gattersäge zum Aufschneiden gebackener Kuchen und eine weitere Maschine zum Aufschneiden von Spitzkuchen und Alpenbrot. Diese Maschinen trugen zur Steigerung der Produktion bei. Im Jahre 1952 wurden 200 Tonnen Gebäck und 1968 bereits 928 Tonnen Gebäck hergestellt.[3]
In den folgenden Jahren wurden weitere Maschinen angeschafft, die Produktpalette erweitert und die Firma weiterhin als Kommanditgesellschaft geführt. Ab 1972 wurde auch die Firma Eri – Erich Richter vollständig verstaatlicht und in den VEB Dauerbackwaren Dresden integriert. Im Jahre 1974 verstarb Erich Richter und das bisher geführte Logo wurde geringfügig abgeändert.
Nach 1989
BearbeitenDie Produktion von Pfefferkuchen und anderen Produkten lief auch während der Wende und nach der Wiedervereinigung weiter. Es wurde die Pulsnitzer Lebkuchenfabrik GmbH gegründet, welche unter der Geschäftsleitung von Herbert Cosmus stand und von der damaligen Treuhandanstalt als sanierungswürdig eingeschätzt wurde. Es wurden im September 1991 täglich ca. vier Tonnen Weihnachtsgebäck in sieben Sorten produziert. Es fehlte damals ein finanzkräftiger Investor, eine zweite Produktionslinie sowie ausreichend Lagerfläche.[4] Anfang 1992 wurde die Pulsnitzer Lebkuchenfabrik GmbH von der Treuhandanstalt zum Verkauf angeboten.[5] Im gleichen Jahr übernahm dann Dieter Frenzel mit seiner Frau Inge und Tochter Ines die Lebkuchenfabrik und führte diese nun als Familienbetrieb weiter.
Eine im Jahre 2008 angemeldete Insolvenz konnte bereits 2009 mit der erfolgreichen Sanierung des Unternehmens abgewendet werden. Die Produktion wurde in der gesamten Zeit uneingeschränkt fortgeführt.
2016 übernahm Ines Frenzel die Leitung.
Das Unternehmen ist mit einer durchschnittlichen Jahresproduktion von etwa 1.000 Tonnen das einzige Unternehmen dieser Größenordnung neben acht weiteren handwerklich betriebenen Unternehmen in Pulsnitz. Die Produkte der Firma werden in Deutschland angeboten und auch in verschiedene Staaten Europas und nach Amerika exportiert.[6][7]
Produkte
BearbeitenZu den Haupterzeugnissen zählen
- „Gefüllte Schokoladenspitzen“
- „Honigkuchen“
- „Sächsische Soßen-Pfefferkuchen“
- „Pflastersteine“
- „Alpenbrot“ (ähnlich Magenbrot)
- „Schokoladenpfefferkuchen“
- Spruchherzen und Figuren
- Elisenlebkuchen
- Gewürzkuchen
Weblinks
Bearbeiten- Pulsnitzer Lebkuchenfabrik abgerufen am 30. Juli 2024.
- Homepage vom Pulsnitzer Pfefferkuchenmarkt abgerufen am 30. Juli 2024.
- Delikat wie zu DDR-Zeiten Sächsische Zeitung abgerufen am 30. Juli 2024.
Literatur
Bearbeiten- Torkild Hinrichsen: Im Knusperhaus-Lebkuchen aus Europa, Husum Druck- und Verlagsgesellschaft mbH u. Co. KG, Husum, 2008, ISBN 978-3-89876-420-9.
- Torkild Hinrichsen: Das Kuchenherz-Lebkuchen aus Deutschland, Husum Druck- und Verlagsgesellschaft mbH u. Co. KG, Husum, 2009, ISBN 978-3-89876-463-6.
- Reiner Graff/numiscontrol: Pfefferkuchen-Geschichten – Eine Serie der Sächsischen Zeitung – Wenn die Hexe aus dem Pfefferkuchenhaus schaut, Sächsische Zeitung vom 29. Dezember 2015
- Reiner Graff/numiscontrol: Pfefferkuchen-Geschichten – Eine Serie der Sächsischen Zeitung, Gebackenes Gold, Sächsische Zeitung vom 4. Januar 2016
- Constantin Hoffmann: Weihnachten in der DDR. Frank Schöbel, Lauschaer Glasschmuck und Pulsnitzer Pfefferkuchen, Mitteldeutscher Verlag, 2016, ISBN 978-3-95462-611-3.
Einzelnachweise
Bearbeiten- ↑ Übersicht zur Firmengeschichte zum Tag der offenen Tür öffentlich ausgestellt im Jahre 2015 in Pulsnitz
- ↑ Patentschrift 25918 (1. Oktober 1963) und 37271 (15. März 1965) vom Amt für Erfindungs- und Patentwesen der DDR
- ↑ Artikel in Neue Zeit Das Dresdner Leitmotiv vom 4. November 1962, Die Laterne konnte zu Hause bleiben vom 6. Februar 1963 und Erfüllt vom 6. Oktober 1964
- ↑ Artikel in Neue Zeit Die Pfefferküchler warten auf treue Hände vom 10. September 1991
- ↑ Artikel in Neue Zeit Mehr Aufträge für privatisierte Betriebe vom 25. Januar 1992
- ↑ Übersicht zur Firmengeschichte zum Tag der offenen Tür öffentlich ausgestellt im Jahre 2015 in Pulsnitz
- ↑ Interview von numiscontrol mit Ines Frenzel vom 7. November 2015 in Pulsnitz