Das Pyr autómaton ist eine antike Brandwaffe.

Es handelt sich um eine Paste, die aus einer Kombination von Petroleum (Naphtha) mit Schwefel, Holzpech und ungelöschtem Kalk hergestellt wurde und sich durch einen Tropfen Wasser angeblich selbst entzündete. In tönerne Gefäße gefüllt, ließen sich diese antiken Vorläufer der Granaten mit Hilfe von Katapulten hinter jede Festungsmauer schießen. Es ist im Gebrauch einer anderen antiken Brandwaffe ähnlich, die bereits zu ihrer Entwicklungszeit sehr bekannt wurde und über die viele der antiken Historiker berichteten, dem Griechischen Feuer.[1]

Überlieferung

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Das Pyr autómaton wird in zahlreichen schriftlichen Quellen erwähnt, neben antiken Quellen (wie Titus Livius, Plinius der Ältere) wird es auch in verschiedenen mittelalterlichen Feuerwerkbüchern und Kriegsbüchern beschrieben. Eine der ältesten schriftlichen Erwähnungen findet sich in bruchstückhaften Abschriften des Kestoi des Bischofs Sextus Iulius Africanus (160/170–nach 240), es enthält ein Rezept und beschreibt seine Verwendung in der Magie und bei Zauberkünsten. Im Zuge zahlreicher Abschriften wurde der Inhalt des Kestoi jedoch im Laufe der Jahrhunderte substantiell verändert.[2] Nach Siegfried von Romocki beschreibt eines der überlieferten Rezepte aus einer Abschrift aus dem 7. Jahrhundert eine Zusammensetzung aus Rohschwefel, Salpeter, und kerdonischem Pyrit, die zu gleichem Teilen, unter Zugabe von Asphalt und Sykomorensaft, in einem Mörser zu einer auswalzbaren Masse vermischt werden, dem abschließend noch etwas ungelöschter Kalk zugegeben wird.[3][4] Weitere Rezepte wie eine anonyme arabische Alexandergeschichte aus der Zeit um 1225 sieht gebrannten Kalk, Schwefel und Salpeter vor. Ein chinesisches Rezept von 1161 sieht lediglich gebrannten Kalk und Schwefel vor. Ein Rezept im Feuerwerkbuch der Universitätsbibliothek Freiburg im Breisgau (Handschrift Ms. 362) von 1432 empfiehlt einen Teil gebrannten Kalk, ein Pfund Schwefel und fünf Unzen Kalksalpeter und weitere Rezepte sehen die Zugabe von Schwarzpulver vor.[2]

Experimentelle Überprüfung

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Ferdinand Nibler[5] prüfte zahlreiche antike Rezepturen experimentell, hauptsächlich mit den Stoff­kombinationen

  1. Branntkalk und Schwefel,
  2. dasselbe mit Zusatz von Ölen oder Fetten
  3. sowie mit Zusatz von (Mauer-)Salpeter

auf ihre potentielle Tauglichkeit.[6]

Allen Mischungen gemeinsam ist die chemische Reaktion des Branntkalklöschens, die dabei freiwerdende Wärmeenergie von 1,79 kWs/cm³ sollte Schwefel bis zu der für eine Selbstentzündung notwendigen Zündtemperatur von 260 °C erhitzen und damit das Feuer punktuell auslösen, bevor die Schmelzenthalpie beim Schmelzen des Schwefels (ab 115,21 °C) die Mischung wieder abkühlt. Nibler schloss alle Mischungen mit Salpeter aus, da nasser Salpeter nicht als Oxidationsmittel tauge. Als Ergebnis seiner Experimente schreibt er, dass es bei größeren Mengen (ab etwa 1 Kilogramm) der Stoffe und ohne innige Vermischung zum Entflammen des Schwefels kam, wodurch nur dann Sekundärfeuer mit brennbaren Stoffen erreicht werden konnten. Bei der innigen Vermischung der Substanzen wurde die Abschirmung von Luftsauerstoff als hemmendes Faktum diagnostiziert, was die Entflammung behinderte.

Das im Holzpech enthaltene Pinen hat einen Flammpunkt von 32 °C,[7] aber eine Zündtemperatur von 255 °C.[8] Petroleum hat einen Flammpunkt von 55 bis ca. 74 °C und eine Zündtemperatur von 210 °C.[9]

Literatur

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  • Gerhard W. Kramer: Das Pyr Autómaton – die selbstentzündlichen Feuer des Mittelalters. In: Waffen- und Kostümkunde – Zeitschrift der Gesellschaft für Historische Waffen- und Kostümkunde. Nr. 1, 2002, ISSN 0042-9945, S. 49–61.
  • Karl-Heinz Schlote (Hrsg.): Chronologie der Naturwissenschaften: Der Weg der Mathematik und der Naturwissenschaften von den Anfängen in das 21. Jahrhundert. Deutsch, Frankfurt am Main 2002, ISBN 3-8171-1610-1, S. 56.
  • Ferdinand Nibler: Experimente zum chemischen Anzünder mittelalterlicher Kriegsfeuer auf Kalziumoxidbasis; Z. Technikgeschichte, Band 74, 2007, Seite 69ff, PDF-Datei, abgerufen bei ruhr-uni-bochum.de im Februar 2016,
  • Francis C. R. Thee: Heumeneutische Untersuchungen zur Theologie. In: Julius Africanus and the early Christian view of magic / by Francis C. R. Thee. Mohr, Tübingen 1984, ISBN 3-16-144552-X, S. 19.
  • Gerhard W. Kramer, Klaus Leibnitz: The firework book. Gunpowder in Medieval Germany. (German, circa 1400. Translation of MS 362 dated 1432 in the Library of the University of Freiburg/Br., Germany) = Das Feuerwerkbuch. The Arms & Armour Society, London 2001, (The journal of the Arms & Armour Society Jubilee Nr. 17, 2001, 03, 1, ISSN 0004-2439), S. 55, 62.
  • Robert James Forbes: Studies in ancient technology. 3. Auflage. Band 1. Brill, Leiden 1993, ISBN 90-04-00621-4, S. 106.
  • J. R. Partington: A history of Greek Fire and Gunpowder, Johns Hopkins University Press 1960, 1999 (mit neuer Einleitung von Bert S. Hall), S. 5ff (Automatic Fire)
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Einzelnachweise

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  1. Beschreibung des Pyr automaton in Robert James Forbes: More studies in early petroleum history, 1860–1880. Hyperion Press, Westport 1976, ISBN 978-0-88355-291-9, S. 87.
  2. a b Gerhard W. Kramer: Das Pyr Autómaton – die selbstentzündlichen Feuer des Mittelalters. In: Waffen- und Kostümkunde – Zeitschrift der Gesellschaft für Historische Waffen- und Kostümkunde. Nr. 1, 2002, ISSN 0042-9945, S. 49–61.
  3. Siegfried von Ramocki: Geschichte der Explosivstoffe. Geschichte der Sprengstoffchemie, der Sprengstofftechnik und dem Torpedowesens bis zum Beginn der neuesten Zeit. Band 1. Oppenheim, Berlin 1895, S. 9 ff.
  4. Partington, siehe Literatur, S. 8, gibt ein fast identisches Rezept aus den byzantinischen Zusätzen zu Julius Africanus, nur wird dort als Alternative Pyrit und Keraunios Lithos (Donner-Stein) genannt, was von Ferdinand Hoefer als keraunischer Pyrit (Antimonsulfid) interpretiert wurde (Partington S. 9), nach Partington aber auch die Pyritform Markasit sein kann. Die Zubereitung sollte bei Mittagssonne erfolgen (damit nicht morgendliche oder abendliche Feuchte das Gemisch entzündet).
  5. nachgewiesen bei: Rezension zu Günther Bugge: Schieß- und Sprengstoffe (PDF; 192 kB), bei www.ruhr-uni-bochum.de, abgerufen am 11. Februar 2016.
  6. Ferdinand Nibler: Experimente zum chemischen Anzünder mittelalterlicher Kriegsfeuer auf Kalziumoxidbasis; Z. Technikgeschichte, Band 74, 2007, Seite 69ff, PDF-Datei, abgerufen bei ruhr-uni-bochum.de im Februar 2016
  7. Eintrag zu alpha-Pinen in der GESTIS-Stoffdatenbank des IFA, abgerufen am 24. Januar 2008. (JavaScript erforderlich)
  8. Merck Sicherheitsdatenblatt, PDF-Datei
  9. Eintrag zu Kerosin mit Flammpunkt > 55 °C in der GESTIS-Stoffdatenbank des IFA, abgerufen am 17. März 2013. (JavaScript erforderlich)