Qassam-Brigaden

Kampfeinheiten der Hamas

Die Izzaddin al-Qassam-Brigaden[1] (Katā'ib asch-Schahīd ʿIzz ad-Dīn al-Qassām / كتائب الشهيد عز الدين القسام / Katāʾib aš-Šahīd ʿIzz ad-Dīn al-Qassām / ‚Brigaden des Märtyrers Izz ad-Din al-Qassam‘), kurz Qassam-Brigaden, sind eine 1991 gegründete militärische Unterorganisation der palästinensisch-islamistischen Terrororganisation Hamas. Die Europäische Union stuft die Organisation, wie die Hamas selbst, als Terrororganisation ein.[2][3] Ihre Mitglieder waren während der 1990er-Jahre und insbesondere während der Zweiten Intifada für zahlreiche Selbstmordanschläge in Israel verantwortlich. Im Oktober 2023 töteten Mitglieder der Qassam-Brigaden und anderer palästinensische Terroristen in der Grenzregion zum damals von der Hamas beherrschten palästinensischen Autonomiegebiet Gazastreifen beim Terrorangriff auf Israel am 7. Oktober 2023 1139 Menschen – darunter 695 israelische Zivilisten und 71 Ausländer.[4] Mehr als 5400 Menschen wurden bei dem Terrorangriff verletzt und 239 bei den Geiselnahmen während des Terrorangriffs von der Hamas in Geiselhaft genommen.[5]

Einheit der Essedin-al-Qassam-Brigaden
Mögliche Ziele der Qassam-Brigaden, die sich aus den Reichweiten von abgeschossenen Raketen aus dem Gazastreifen ergeben

Geschichte

Bearbeiten

Gründung und Name

Bearbeiten

Die Gründung der Qassam-Brigaden erfolgte 1991.[6] Sie ist benannt nach Izz ad-Din al-Qassam (1882–1935), dem palästinensischen Geistlichen und Anführer des bewaffneten Widerstandskampfes gegen die französische Mandatsregierung des Völkerbundes in Syrien und im Libanon, die britische Mandatsregierung in Palästina und gegen die zionistische Bewegung in dieser Region. Im November des Jahres 1935 wurde Al-Qassam bei einer bewaffneten Auseinandersetzung mit den Briten getötet und gilt seitdem als palästinensischer Nationalheld. Die Qassam-Brigaden lehnen das Existenzrecht Israels kompromisslos ab.

1991 unter der Führung von Yahya Ayyasch (der 1996 von Israel getötet wurde) gegründet, ist das primäre Ziel der Gruppe, eine militärische Organisation aufzubauen, die die Ziele der Hamas unterstützt. Sie sind in Zellen strukturiert, was eine rasche Regeneration nach israelischen Angriffen erlaubt. Im Gegensatz zu den analog aufgebauten al-Aqsa-Brigaden der Fatah unterstehen sie jedoch einer zentralen Führung. Der führende Hamas-Politiker Ahmed al-Dschabari, der Nachfolger von Mohammed Deif, galt als der Oberbefehlshaber der Qassam-Brigaden.[7]

Von 1994 bis 2000 verübten die Brigaden mehrere terroristische Anschläge gegen israelische Soldaten und Zivilisten und gefährdeten damit den Friedensprozess. Zu Beginn der Zweiten Intifada wurde die Gruppe zum zentralen Ziel Israels. Die Stärke der Brigaden und ihre Fähigkeit, komplexe und tödliche Anschläge zu verüben, überraschten viele Beobachter. Die Qassam-Brigaden unterhielten mehrere Zellen im Westjordanland, wovon die meisten 2004 von den israelischen Streitkräften zerstört wurden. Im Gazastreifen hingegen zeigte die Hamas stets eine starke Präsenz: Dort konnte die Hamas im Juni 2007 – gestützt auf die Hamas-Miliz, die Qassam-Brigaden und die sogenannte Exekutiv-Einheit – die konkurrierende Fatah nach blutigen Kämpfen innerhalb nur weniger Tage ausschalten.

2003 versuchte die Organisation, im Gazastreifen in den Besitz einer Drohne zu kommen. Israel präparierte diese jedoch mit Sprengstoff, und sie detonierte während des Zusammenbaus am 16. Februar 2003, wobei drei ranghohe Führer getötet wurden.[8]

Im Juni 2006 waren die Qassam-Brigaden an der Gefangennahme des israelischen Soldaten Gilad Schalit beteiligt, die einen militärischen Konflikt, die Operation Sommerregen, mit Israel auslöste.

Ihre Mitglieder nehmen regelmäßig an Demonstrationen teil, vorwiegend jedoch maskiert, sodass ihre Identität meist unbekannt bleibt. Ihr Eingreifen in die Tätigkeit der Fatah-Sicherheitsdienste im Gazastreifen, das von der neuen Hamas-Regierung im April 2006 veranlasst wurde, sollte zur Beruhigung der Lage beitragen, hat jedoch die Gefahr eines Bürgerkrieges erhöht.

Am 9. Juli 2014 feuerten sie drei M75-Raketen ab. Diese schlugen in der Nähe von Dimona ein. Ziel war das dortige Kernforschungszentrum Negev.[9]

Literatur

Bearbeiten
  • Joseph Croitoru: Hamas – Auf dem Weg zum palästinensischen Gottesstaat, C.H. Beck, München 2010 [2007].

Siehe auch

Bearbeiten

Einzelnachweise

Bearbeiten
  1. Peter Wichmann: HAMAS. In: Website der Konrad Adenauer Stiftung. Abgerufen am 30. September 2024 (mit Lesetips eines Politikwissenschaftlers zum Thema).
  2. Durchführungsverordnung (EU) 2019/1337 des Rates vom 8. August 2019 zur Durchführung des Artikels 2 Absatz 3 der Verordnung (EG) Nr. 2580/2001 über spezifische, gegen bestimmte Personen und Organisationen gerichtete restriktive Maßnahmen zur Bekämpfung des Terrorismus und zur Aufhebung der Durchführungsverordnung (EU) 2019/24, abgerufen am 30. November 2019
  3. Beschluss (GASP) 2019/1341 des Rates vom 8. August 2019 zur Aktualisierung der Liste der Personen, Vereinigungen und Körperschaften, auf die die Artikel 2, 3 und 4 des Gemeinsamen Standpunkts 2001/931/GASP über die Anwendung besonderer Maßnahmen zur Bekämpfung des Terrorismus Anwendung finden, und zur Aufhebung des Beschlusses (GASP) 2019/25, abgerufen am 30. November 2019
  4. Israel social security data reveals true picture of Oct 7 deaths In: France 24, 15. Dezember 2023 (englisch). 
  5. Hamas-Angriff auf Supernova-Festival: Vermisste Deutsche Shani Louk ist tot. In: Die Zeit. 30. Oktober 2023, abgerufen am 30. Oktober 2023.
  6. Joseph Croitoru: Hamas − Auf dem Weg zum palästinensischen Gottesstaat, C.H. Beck, München 2010 [2007], S. 112.
  7. Führende Politiker der Hamas und Israels@1@2Vorlage:Toter Link/www.heute.de (Seite nicht mehr abrufbar, festgestellt im April 2019. Suche in Webarchiven)  Info: Der Link wurde automatisch als defekt markiert. Bitte prüfe den Link gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.. In: Heute.de vom 4. Januar 2009
  8. Zaki Chehab: Inside Hamas. The Untold Story of Militants, Martyrs and Spies.
  9. Israel: Raketen schlagen bei Atomanlage von Dimona ein. In: Spiegel Online. 9. Juli 2014, abgerufen am 9. Juni 2018.