Quantitative Stilistik

Teilbereich der Linguistik

Die Quantitative Stilistik (auch: Stilometrie, Stilstatistik; engl. Stylo-Statistics) ist eine Disziplin, an der sowohl die Quantitative Linguistik als auch die Quantitative Literaturwissenschaft ihren Anteil haben.

Sie untersucht den Stil literarischer und anderer Texte mit den Mitteln der Statistik. Ziel ist es dabei immer, Stileigenschaften so objektiv wie möglich zu erarbeiten. Vor allem geht es darum, Eigenschaften von Texten numerisch zu erfassen, da es oft nicht genügt, lediglich festzustellen, ob ein stilistisches Merkmal vorhanden ist oder nicht. Stattdessen muss bestimmt werden, in welchem Ausmaß eine oder mehrere stilistische Eigenschaften einen Text prägen. Jede Stileigenschaft, die zählbar ist, kann dabei berücksichtigt werden, je nach Forschungsinteresse. Dazu gehören, um nur einige beispielhaft zu nennen: die Wortfrequenzen, die Satzlänge, die Verwendung der Wortarten, die Wortlänge, der Wortschatz-Reichtum, die Wortwiederholung (Type-Token-Relation), der Aktionsquotient und viele andere mehr.

Linguistik oder Literaturwissenschaft

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Ob eine Untersuchung zur Quantitativen Stilistik nun eher der Linguistik oder der Literaturwissenschaft zuzurechnen ist, hängt lediglich von der Fragestellung und dem Gegenstand ab: Geht es um ein literarisches Werk oder um eine Untersuchung anderer Textklassen? Gilt die Untersuchung eher ästhetisch-literaturwissenschaftlichen Fragen oder dient sie eher allgemein linguistischen Zielen? Die Forschungsstrategie kann dann sogar übereinstimmen, etwa, wenn es darum geht, einen anonymen Autor näher zu bestimmen oder einen denkbaren Verfasser auszuschließen, eine Aufgabenstellung, die bei unbekannten literarischen Autoren[1] ebenso wie bei anonymen Verfassern z. B. von Drohbriefen eine Rolle spielt. Auch die Frage danach, ob ein Autor/ Verfasser sich eher eines verbalen oder nominalen Stils bedient und warum, kann in beiden Wissenschaften von Interesse sein.

Möglichkeiten der Quantitativen Stilistik

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Abgesehen von der Frage nach unbekannten Autoren oder der Untersuchung einzelner Stilmerkmale kann sich die Quantitative Stilistik mit der Analyse einzelner Texte oder Textgruppen befassen. So analysieren Altmann & Altmann (2008) Goethes Ballade Erlkönig hinsichtlich quantitativer Eigenschaften des Rhythmus, der Lautstrukturen, des Wortschatzes, der Bedeutungen und einiger grammatischer Eigenschaften und kommen so zu einem umfangreichen, aber keineswegs vollständigen statistischen Bild des Textes. Im Zentrum steht die Frage, welchen Gesetzmäßigkeiten die Eigenschaften des Textes unterliegen.[2] Ein anderes Ziel verfolgt Overbeck (2011)[3], die am Beispiel ausgewählter Texte mit quantitativen und qualitativen Mitteln versucht, einen spezifischen Stil italienischer Opernlibretti nachzuweisen.[4]

Literatur

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  • Norbert Bolz: Gewinnung und Auswertung quantitativer Merkmale in der statistischen Stilforschung. In: Bernd Spillner (Hrsg.): Methoden der Stilanalyse. Narr, Tübingen 1984, ISBN 3-87808-255-X, S. 193–222. Enthält ein Plädoyer und eine Anleitung für „Quantitative Stilanalysen“.
  • Stilistische Identität und Literatur. In: David Crystal: Die Cambridge Enzyklopädie der Sprache. Campus, Frankfurt/ New York 1993, ISBN 3-593-34824-1, S. 66ff.
  • Alexander Mehler: Eigenschaften der textuellen Einheiten und Systeme. In: Reinhard Köhler, Gabriel Altmann, Gabriel, Rajmund G. Piotrowski (Hrsg.): Quantitative Linguistik – Quantitative Linguistics. Ein internationales Handbuch. de Gruyter, Berlin / New York 2005, ISBN 3-11-015578-8, S. 325–348. (Quantitative Stilistik: S. 325–348, bes. 339–340)
  • Ursula Pieper: Möglichkeiten und Grenzen einer quantitativen Stilistik. In: Wolfgang Kühlwein, Albert Raasch (Hrsg.): Stil: Komponenten – Wirkungen. Band I. Narr, Tübingen 1982, ISBN 3-87808-911-2, S. 100–105.
  • Statistische und mathematische Methoden der Stilanalyse. In: Bernd Spillner: Linguistik und Literaturwissenschaft. Stilforschung, Rhetorik, Textlinguistik. Kohlhammer, Stuttgart u. a. 1974, ISBN 3-17-001734-9, S. 82ff.
  • Ioan-Iovitz Popescu, Mihaiela Lupea, Doina Tatar, Gabriel Altmann: Quantitative Analysis of Poetic Texts. de Gruyter/Mouton, Berlin/Boston 2015, ISBN 978-3-11-033605-4.
  • Juhan Tuldava: Stylistics, author identification. In: Reinhard Köhler, Gabriel Altmann, Gabriel, Rajmund G. Piotrowski (Hrsg.): Quantitative Linguistik – Quantitative Linguistics. Ein internationales Handbuch. de Gruyter, Berlin / New York 2005, ISBN 3-11-015578-8, S. 368–387.
  • Stephen Ullmann: Neue Ansätze in der Stilistik. In: Stephen Ullmann: Sprache und Stil. Aufsätze zur Semantik und Stilistik. Niemeyer, Tübingen 1972, S. 111–148. (bes.: S. 133ff.: Die statistische Betrachtungsweise.)
  • Andrei V. Zenkov: A Method of Text Attribution Based on the Statistics of Numerals. Journal of Quantitative Linguistics. 2018, Band 25, Nr. 3, S. 256–270. DOI: 10.1080/09296174.2017.1371915.

Einzelnachweise

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  1. Dieter Wickmann: Unbekannte Verfasserschaft – statistisch gesehen. In: Joachim-Hermann Scharf, Wilhelm Kämmerer (Hrsg.): Leopoldina-Symposion Naturwissenschaftliche Linguistik. Deutsche Akademie der Naturforscher Leopoldina Halle 1981, S. 227–281.
  2. Vivien Altmann, Gabriel Altmann: Anleitung zu quantitativen Textanalysen. Methoden und Anwendungen. RAM-Verlag, Lüdenscheid 2008, ISBN 978-3-9802659-5-9, S. 75f.
  3. Archivierte Kopie (Memento des Originals vom 1. Februar 2010 im Internet Archive)  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/www.uni-goettingen.de
  4. Anja Overbeck: Italienisch im Opernlibretto. Quantitative und qualitative Studien zu Lexik, Syntax und Stil. De Gruyter, Berlin/Boston 2011, ISBN 978-3-11-025832-5. (= Habilitationsschrift, Göttingen 2010.)

Siehe auch

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Funktionalstilistik
Quantitative Textanalyse
Verslänge