Raumplanung in der Schweiz

Raumplanungsrecht, Planungssystem und Planungsinstrumente der Schweiz

Das Raumplanungsrecht, das Planungssystem und die Planungsinstrumente unterscheiden sich in allen Ländern erheblich, obwohl die Aufgaben und Ziele der Raumplanung in vielen Staaten durchaus vergleichbar sind. Dieser Artikel erläutert explizit die Raumplanung in der Schweiz, die stark geprägt ist von dem föderalistischen Staatssystem der Schweiz und den Besonderheiten der direkten Demokratie mit einer Vielfalt an Mitentscheidungsmöglichkeiten der Bevölkerung. Zum Zwecke der Raumplanung gibt es 129 Raumplanungsregionen der Schweiz.

Wozu Raumplanung?

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Seit dem 19. Jahrhundert schreitet der Landschaftswandel in der Schweiz in schnellem Tempo voran. Die Ursachen dieser Umgestaltung des Raums waren das Siedlungswachstum, der Ausbau der Verkehrs- und Energieinfrastruktur, die Gewässerkorrektionen und die Gesamtmeliorationen. Der Mensch nutzt den Boden, das Wasser, die Luft – den ganzen Lebensraum. Er erstellt Gebäude, wohnt, arbeitet, verbringt die Freizeit und bewegt sich in diesem Raum. Unser Lebensstandard ist von Gütern, Produktionen, Dienstleistungen abhängig, die alle auch Lebensraum in Anspruch nehmen. Diese intensiven Nutzungsansprüche führen zu Interessenkonflikten, die umso grösser werden, je knapper der verfügbare Lebensraum ist und je mehr die Notwendigkeit der Schonung von Natur und Landschaft erkannt wird. Mit Hilfe der Raumplanung werden die unterschiedlichen Nutzungsansprüche koordiniert.

Was versteht man unter Raumplanung?

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Raumplanung ist das gezielte Einwirken auf die räumliche Entwicklung der Gesellschaft, der Wirtschaft und der natürlichen, gebauten und sozialen Umwelt in einem bestimmten Gebiet. Als Oberbegriff umfasst die Raumplanung in diesem Sinne alle räumlichen Planungen der öffentlichen Hand auf allen Staatsebenen (Bund, Kantone, Gemeinden) und in allen raumrelevanten Sachgebieten (Verkehr, Umwelt, Wirtschaft, Gesellschaft usw.).

Die Raumplanung hat die Aufgabe, die räumlichen Probleme aufzunehmen, und die Funktionen im Raum aufeinander abzustimmen. Dafür entwickelt sie Grundvorstellungen, die den Lebensraum im Gesamtzusammenhang und unter Respektierung der Entscheidungs- und Handlungsspielräume kommender Generationen betrachten. Darüber hinaus muss die Raumplanung aufzeigen, welche Probleme mit welchen Massnahmen in welcher zeitlichen Reihenfolge angegangen werden. Raumplanung ist schliesslich Bodennutzungsplanung, indem sie die zulässige Nutzung der einzelnen Landflächen bestimmt, und sie übernimmt Koordinationsfunktionen, indem sie die Nutzungsansprüche aufeinander abstimmt, über auftretende Konflikte entscheidet und durch alle räumlich wirkenden Staatstätigkeiten hindurch Grundlage behördlicher Zusammenarbeit ist. Die Raumplanung ist ökologisch ausgerichtet, da sie die räumlichen Probleme in Verantwortung für den Lebensraum angeht.

Umfassende Planungs- und Koordinationspflicht für alle Behörden

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1969 wurde erstmals ein Raumplanungsartikel in die Bundesverfassung aufgenommen. Damit erhielt der Bund die Kompetenz zur Grundsatzgesetzgebung in der Raumplanung. Die Erarbeitung und konkrete Umsetzung in Pläne ist dagegen im Wesentlichen Sache der Kantone, die wiederum einen Teil der Aufgaben an die Gemeinden weiterzudelegieren pflegen. Nebst dieser Grundsatzgesetzgebung fördert und koordiniert der Bund die Raumplanung der Kantone und berücksichtigt auch bei seinen eigenen Aufgaben die «Erfordernisse» der Raumplanung. Die Realität in der schweizerischen Raumplanung ist jedoch nicht so einfach, wie dies der Verfassungsartikel ausdrückt. Tatsächlich werden Bund, Kantone und Gemeinden zur gemeinsamen Sorge für die haushälterische Bodennutzung verpflichtet. Sie tun dies unter anderem, indem sie ihre raumwirksamen Tätigkeiten aufeinander abstimmen und eine «auf die erwünschte Entwicklung des Landes ausgerichtete Raumordnung verwirklichen». Im Einzelnen werden die Aufgaben vom Raumplanungsgesetz wie folgt verteilt:

Die Raumplanungsaufgaben des Bundes

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Auf Ebene des Bundes ist für das Thema Raumplanung das Bundesamt für Raumentwicklung ARE zuständig, das dem Eidgenössischen Departement für Umwelt, Verkehr, Energie und Kommunikation UVEK unterstellt ist. Die Schweizer Stimmbevölkerung stimmte am 3. März 2013 einer Revision des Raumplanungsgesetzes zu.[1]

Grundsatzgesetzgebung

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Der Bund hat sich bei der Gesetzgebung auf den Erlass von Grundsätzen zu beschränken, damit den Kantonen ein Gesetzgebungsspielraum bleibt. Besonders wichtige Bereiche, wie beispielsweise der aus der Bundesverfassung abgeleitete, zentrale Grundsatz der Trennung von Baugebiet und Nichtbaugebiet, darf der Bund hingegen detailliert regeln. Die bundesrechtlichen Grundsätze äussern sich insbesondere zu

  • den Zielvorstellungen und den Planungsgrundsätzen, die bei jeder räumlichen Planung zu berücksichtigen sind;
  • den Planungsinstrumenten sowie den dazugehörigen Verfahrensregeln;
  • jenen Einzelfragen, die für die ganze Funktion der Raumplanung zentral sind, also etwa die Bewilligungspflicht für alle Bauten und Anlagen, die Grösse der Bauzonen, die ausnahmsweise Zulässigkeit des Bauens ausserhalb der Bauzonen und die Sicherstellung der Erschliessung des Baulandes.

Förderung und Koordination der kantonalen Raumplanung

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Die Zusammenarbeit des Bundes mit den Kantonen ist ein zentrales Postulat des kooperativen Föderalismus. Der Bund fördert und koordiniert die Raumplanung der Kantone in erster Linie durch die erwähnte Grundsatzgesetzgebung sowie durch die Genehmigung der kantonalen Richtpläne. Er hat aber auch einen Koordinationsauftrag zwischen seinen eigenen raumwirksamen Aufgaben und jenen der Kantone wahrzunehmen. Wichtige Instrumente dafür sind die vom Bund erarbeiteten Grundlagen sowie die eigentlichen Planungsinstrumente des Bundes, die Konzepte und Sachpläne. Der Bund erstellt Konzepte und Sachpläne in Sachgebieten, für die er weitgehend alleine zuständig ist (Verkehrsinfrastruktur, Militär, Übertragungsleitungen etc.) Ein illustratives Beispiel für die Notwendigkeit eines Sachplans stellt der Bereich des Verkehrs dar: Im Sachplan «Verkehr» werden die Teilrichtpläne Strasse, Schiene/öffentlicher Verkehr und Luftfahrt zusammengefasst. Er stellt die Gesamtsicht in den Vordergrund und sorgt für die notwendige Koordination mit der Raumplanung der Kantone. Der Sachplan ist nicht direkt verbindlich für die Privaten, sondern zeigt auf, nach welchen übergeordneten Zielen, Grundsätzen und Prioritäten der Bundesrat bei der Erfüllung seiner raumwirksamen Aufgaben im Verkehrsbereich handelt und welche Folgerungen sich daraus für die Planung der Verkehrsträger ergeben.

Berücksichtigung der Raumplanung bei der Erfüllung der Bundesaufgaben

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Der Bund ist bei der Erfüllung der ihm übertragenen Aufgaben ebenfalls an die Ziele und Grundsätze der Raumplanung gebunden. Er bleibt also auf allen Stufen seines Handelns – Planung, Gesetzgebung, Verwaltung, Rechtsprechung – selbst dem Raumplanungsgesetz verpflichtet. Die Bindung an die «Erfordernisse» der Raumplanung bedeutet ferner, dass der Bund an das kantonale Recht und die darauf gestützten Planungen gebunden ist. Mit der Genehmigung der kantonalen Richtpläne durch den Bund wird schliesslich gewährleistet, dass die kantonale Raumplanung die Aufgabenerfüllung durch den Bund nicht unzulässig behindert.

Die Raumplanungsaufgaben der Kantone

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Den Kantonen obliegt – nach dem Text der Bundesverfassung – die eigentliche Schaffung der Raumplanung.

Raumplanungs- und Baugesetz

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Die Kantone erlassen eine kantonale Ausführungsgesetzgebung zum Bundesgesetz über die Raumplanung. Das Bundesgesetz regelt nur die Grundsätze und bildet deshalb noch kein alle wichtigen Fragen beantwortendes Regelwerk. Diese kantonalen Raumplanungs- und Baugesetze enthalten auch das kantonale öffentliche Baurecht, ferner häufig das Strassenbaurecht und das Recht der Baulandumlegung. Das kantonale öffentliche Baurecht befasst sich mit den Voraussetzungen des Bauens, der Einordnung und Gestaltung der Bauten sowie den Anforderungen an Konstruktion, Betrieb und Unterhalt bis hin zur Baubewilligung. Hinzu kommen Verfahrensvorschriften. Beim Erlass ihres Raumplanungsrechts sind die Kantone an die Ziele und Grundsätze sowie das Instrumentarium des Bundesgesetzes gebunden. Dies und die damit verbundene Rechtsprechung des Bundesgerichts ermöglichen eine gewisse Rechtsvereinheitlichung. Im Übrigen weichen die Raumplanungs- und Baugesetze der Kantone bezüglich Regelungsumfang und Begrifflichkeit deutlich voneinander ab.

Kantonaler Richtplan

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Das zentrale Planungsinstrument der Kantone ist der Richtplan. Er unterliegt der Genehmigung durch den Bundesrat. Im Richtplan zeigen die Kantone auf, wie in ihrem Gebiet die zahlreichen raumwirksamen Tätigkeiten des Bundes, des Kantons und der Gemeinden aufeinander abgestimmt werden. Gegenstand des Richtplans ist ferner die Frage, zu welchem Zeitpunkt und mit welchen Mitteln die raumwirksamen öffentlichen Aufgaben erfüllt werden sollen. So entsteht ein behördenverbindlicher Plan, der abgestimmt auf den Bund, die Nachbarkantone und das angrenzende Ausland vorzeichnet, wie die kantonale Raumplanung in Richtung auf die erwünschte räumliche Entwicklung fortschreiten soll. Sie können – um nur wenige Beispiele zu nennen – die Netze des öffentlichen Verkehrs, die Naturschutzgebiete von kantonaler Bedeutung, die Standorte für Abfallentsorgungsanlagen und dergleichen mehr betreffen. Der kantonale Richtplan ist nicht Entwurf eines wünschbaren Endzustandes des Kantonsgebietes, sondern Prozessplan für die Koordination und Lenkung der nächsten Etappen einer stets fortschreitenden räumlichen Entwicklung. Eine Kartenabbildung dient der visuellen Verdeutlichung und Lokalisierung des Richtplaninhalts. Im Verlauf des Richtplanungsverfahrens werden Widersprüche und Konflikte sichtbar, die in den vorgegebenen raumplanerischen Verfahren einer Lösung zugeführt werden können. Die Richtpläne werden laufend den Entwicklungen angepasst und mindestens alle zehn Jahre revidiert.

Regionalplanungsverbände

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Grosse Kantone übertragen die überkommunalen Raumplanungsaufgaben häufig öffentlich-rechtlichen Planungsverbänden (Regionalplanungsverbände). Im Kanton Zürich etwa erarbeiten diese regionale Richtpläne, welche die Raumplanung auf der Basis des gesamtkantonalen Richtplanes weiterführen.

Nutzungsplanung der Gemeinden

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Die meisten Schweizer Kantone kennen eine hochentwickelte Gemeindeautonomie. Im Bereich der Raumplanung wird demzufolge häufig folgende Kompetenzabgrenzung vorgenommen: Während der Kanton für die sein ganzes Territorium erfassende behördenverbindliche Richtplanung zuständig ist, überlässt er den Gemeinden die grundeigentümer-verbindliche Nutzungsplanung, also insbesondere die Abgrenzung des Baugebietes vom Nichtbaugebiet (Landwirtschaftszonen, übriges Gemeindegebiet, Schutzzonen)[2] und die Festsetzung von Art und Mass der konkreten baulichen Nutzung in den Bauzonen.[3]

Die Nutzungspläne müssen den Vorgaben des Bundesgesetzes über die Raumplanung entsprechen. Die Festlegungen sind parzellenscharf und detaillierter als bei den kantonalen Richtplänen. Die Bauzonen müssen die Planungsziele und -grundsätze respektieren und dürfen die bundesrechtlich festgelegte Grösse nicht überschreiten. Von entscheidender Bedeutung sind auch die Normen des Umweltrechts. Die Festsetzung einer Bauzone setzt beispielsweise die Einhaltung von bestimmten Lärmgrenzwerten voraus. Untrennbar verbunden mit der Festlegung der Bauzonen ist die Aufgabe, diese später zu erschliessen und baureif zu machen. Die Beschränkung des Bauens auf Bauzonen macht nur dann einen Sinn, wenn die für den Bedarf von fünfzehn Jahren ausgeschiedenen Bauzonen auch in angemessenen Etappen baureif gemacht werden. Eine weitere Gemeindeaufgabe liegt in der Finanzierung der Baulanderschliessung. Meistens werden die Grundeigentümer mit Beiträgen zur Finanzierung der Baulanderschliessung herangezogen. Die kommunale Nutzungsplanung beschränkt sich nicht nur auf die Bauzone, sondern zieht auch das Gebiet ausserhalb der Bauzone mit ein. Dort können Zonen mit besonderen Zwecken festgelegt werden (z. B. Materialabbau, Weilerzonen, Skipisten usw.). Auch die auf eine Landschaftsplanung abgestützte Ausscheidung von Schutzzonen ist unerlässlich.

Da die Entscheidungsspielräume der Gemeinden beachtlich sind, erarbeiten sie für ihr Gebiet als Grundlage für die Nutzungsplanung und zur Koordination mit ihren anderen öffentlichen Aufgaben häufig Leitbilder und kommunale Richtpläne. Die Aufgaben der kantonalen Richtplanung und der kommunalen Nutzungsplanung sind auf mannigfache Art miteinander verflochten. In diesem Sinne kann von einer doppelten Hierarchie gesprochen werden:

  • Auch wenn die Gemeinden für die Nutzungsplanung zuständig sind, haben sie die Pläne der übergeordneten staatlichen Ebene zu respektieren.
  • Das schweizerische Planungsinstrumentarium sieht verschiedene Stufen vor: Der behördenverbindliche Richtplan macht Vorgaben für die grundeigentümerverbindliche Nutzungsplanung (rechtliches Vollzugsinstrument: Bauverbot) und diese wiederum grenzt meistens die Möglichkeiten der noch detaillierteren, häufig sehr konkrete Bauvorhaben regelnden Sondernutzungspläne (auch Gestaltungsplan, Überbauungsordnung, Bebauungsplan genannt) ein.

Die meisten Kantone übertragen die Aufgaben der Baulanderschliessung, der Baulandumlegung und der Erteilung von Baubewilligungen den Gemeinden. Die Bewilligungszuständigkeit für Bauten ausserhalb der Bauzonen wird vom Bundesgesetz über die Raumplanung jedoch einer kantonalen Behörde zugewiesen.

Die Ziele und Grundsätze des Bundesgesetzes über die Raumplanung

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Haushälterische Bodennutzung

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Das Bundesgesetz über die Raumplanung legt für die ganze Schweiz die Ziele und Grundsätze für die Raumplanung fest. Oberziel ist der haushälterische Umgang mit dem nicht vermehrbaren Boden. Die Bedeutung dieses Ziels wird besser verständlich, wenn man berücksichtigt, dass von der vergleichsweise geringen Landesfläche von 42'000 km² bloss etwa 30 Prozent für die intensive Nutzung durch den Menschen geeignet sind. Das Ziel der haushälterischen Bodennutzung umfasst zwei Gesichtspunkte:

  • Angesichts der anhaltenden und raschen Ausdehnung der Siedlungen in den letzten Jahrzehnten muss der Flächenverbrauch eingeschränkt werden. Im Vordergrund stehen die Verdichtung und die Umnutzung im bestehenden Siedlungsgebiet. Bezüglich Verdichtung werden aber neuerdings (2013) auch gewisse Zweifel laut, etwa in der Stadt Zürich: Sie dürfe nicht auf Kosten der Lebensqualität gehen und es sei genügend Grünraum innerhalb des Siedlungsgebietes zu erhalten.[4]
  • Haushälterische Bodennutzung meint aber auch eine optimale räumliche Zuordnung der verschiedenen Bodennutzungen. Eine Konzentration der Bauten in einem gut erschlossenen Siedlungsgebiet gewährleistet die haushälterische Bodennutzung weit besser als die Schaffung verstreuter Kleinsiedlungen mit je einer eigenen Erschliessung.
  • Kritisiert wird das Fehlen einer haushälterischen Bodennutzung. Hierzu Hans Kollhoff, Prof. für Architektur an der ETH: In der Schweiz wird die Landschaftszerstörung heute mit einer fast militanten Haltung vorangetrieben, ...[5]

Abstimmungsgebot

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Das zweite Ziel der schweizerischen Raumplanung liegt in der Abstimmung aller raumwirksamen Tätigkeiten der Bundes-, Kantons- und Gemeindebehörden. Es liegt auf der Hand, dass eine erfolgreiche Koordinationstätigkeit zum haushälterischen Umgang mit dem Boden beiträgt. Fehlende Abstimmung beispielsweise zwischen der Anordnung von Wohngebieten (kommunale Nutzungsplanung) und dem Bau von Verkehrsinfrastrukturbauten (vor allem Planungen des Bundes) kann dazu führen, dass beide nicht zweckmässig genutzt werden können. Fehlende Koordination führt also zur Undurchführbarkeit der Planungen und letztlich zu Fehlinvestitionen.

Ausrichtung auf die anzustrebende räumliche Entwicklung

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Das dritte Ziel verlangt die Ausrichtung der raumwirksamen Tätigkeiten der Behörden auf eine anzustrebende räumliche Entwicklung. Das damit vorausgesetzte raumplanerische Konzept ist auf Bundesebene in den «Grundzügen der Raumordnung Schweiz» und auf kantonaler Ebene in den Richtplänen festgehalten. Ein wichtiges Element der darin zum Ausdruck kommenden Raumordnungspolitik liegt in der Ausrichtung auf die dezentrale Konzentration, also auf ein Netz von kompakten Siedlungsgebieten unterschiedlicher Grösse. Damit ist keine Siedlungsentwicklung bloss in den Grossagglomerationen des schweizerischen Mittellandes gemeint. Die Agglomerationen und regionalen Zentren in den Alpentälern haben ebenfalls ein bedeutendes Wachstumspotential. Bei der Verfolgung dieser Ziele sind die Bedürfnisse der Menschen und der Umwelt gleichermassen in Rechnung zu stellen. Die geforderte vorausschauende Raumplanung ist damit nicht bloss ein Instrument der Wirtschaftsförderung, sondern auch des vorsorglichen Natur- und Umweltschutzes. Sie hat auch Auswirkungen auf den Artenschutz: Gemäss dem Basler Naturschutzbiologen Bruno Baur[6] wird die Artenvielfalt vor allem auch durch Landschaftsüberbauung reduziert. Wichtige Beiträge leistet die Raumplanung auch zur Wohnbaupolitik, zur Förderung der benachteiligten Regionen des Landes, zur Agrarpolitik und zur Landesverteidigung. Welche Bedürfnisse sich im Konfliktfall durchsetzen, kann nicht im Gesetz festgelegt werden. Die Antwort haben die Planungsprozesse, umfassende Interessenabwägungen der Planungsbehörden und schliesslich politische Entscheidungen zu geben.

Planungsgrundsätze als Entscheidhilfen

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Für die Abwägung unter den verschiedenen Raumplanungszielen liefert Artikel 3 des Raumplanungsgesetzes eine Reihe von Planungsgrundsätzen. Das sind Entscheidungskriterien, welche die Interessenabwägung leiten sollen. Die Planungsgrundsätze bilden in sich selbst kein abschliessendes und widerspruchsfreies System, so dass unter ihnen im Einzelfall gewichtet werden muss. Zu den Planungsgrundsätzen gehören beispielsweise die Schonung der Landschaft, unter anderem durch den Schutz des landwirtschaftlichen Kulturlandes. Im Weiteren wird die Gestaltung der Siedlungen nach den Bedürfnissen der Bevölkerung und eine Begrenzung der Siedlungen verlangt. Dieser Grundsatz soll u. a. erreicht werden durch eine zweckmässige Zuordnung der Wohn- und Arbeitsgebiete sowie eine hinreichende Erschliessung durch das öffentliche Verkehrsnetz.

Geschichte

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Erste sehr rudimentäre Ansätze einer Siedlungsplanung stammten in der Schweiz aus den 1920er Jahren. Professor Hans Bernhard entwarf das wohl erste Bundesleitbild dazu, das noch aus heutiger Sicht altmodisch von „Innenkolonisation“ sprach. In den 1930er Jahren konstituierte sich z. B. eine Regionalplanungsgruppe Zürich, und auf kommunaler Ebene entstanden schweizweit erste Zonenpläne, noch weitgehend in Gemeindeselbstverwaltung und ohne übergeordnete gesetzliche Vorgaben. Die Zonierung war entsprechend dem seinerzeit natürlich noch erheblich grösseren Bodenangebot noch ziemlich locker, Zersiedelung noch immer möglich. 1969 stimmte die Bevölkerung schliesslich einem Verfassungsartikel zur Raumordnung als Bundeskompetenz zu, womit die Grundlage für das erste Raumplanungsgesetz des Bundes geschaffen war (in Kraft seit dem 1. Januar 1980). Es war angesichts sehr unterschiedlicher Verhältnisse und Kulturen stark föderalistisch, beliess also Kantonen und Gemeinden recht viel Planungsfreiheit. Das Gesetz beschränkte sich auf Planungsgrundsätze sowie Planungsinstrumente und Verfahrensregeln. Detaillierter ist es bei den Bauten ausserhalb der Bauzonen, wo ein Bauverbot für nicht an den Standort gebundene Bauten gilt. Das Gesetz arbeitet stark vereinfacht mit den folgenden Handlungsgrundsätzen: Das Baugebiet ist vom Nichtbaugebiet getrennt, das Baugebiet ist flächenmässig begrenzt auf den Bedarf von 15 Jahren, das Baugebiet ist zu konzentrieren sowie ausserhalb des Baugebiets gilt ein Bauverbot. Das Gesetz und seine Revisionen vermochten bis heute die starke Siedlungsexpansion und auch die Streuung nur sehr bedingt zu bremsen. Bereits 1984 forderte Rudolf Stüdeli, Direktor der Schweizerischen Vereinigung für Landesplanung VLP-ASPAN, dass sich vermehrte Rücksicht auf das knappe Gut Boden „gebieterisch aufdrängt“.[7]

Im Jahr 2012 wurde von den Vertretern des Bundes, der Kantone, Städte und Gemeinden das in einem mehrjährigen gemeinsamen Prozess aller Staatsebenen entwickelte Raumkonzept Schweiz verabschiedet, in dem sie sich – juristisch unverbindlich – auf grundsätzliche Ziele und Strategien der Raumentwicklung geeinigt haben; es soll im Sinne der angestrebten umfassenden Koordination künftig als gemeinsame Orientierungshilfe für alle raumwirksamen Planungen dienen.

Am 11. März 2012 wurde die Eidgenössische Volksinitiative «Schluss mit uferlosem Bau von Zweitwohnungen!» zur Beschränkung von Zweitwohnungen und sogenannten «kalten Betten» mit 50,6 Prozent Ja von Volk und Ständen angenommen. Die Initiative wurde vom Komitee «Helvetia Nostra» um den Tier- und Landschaftsschützer Franz Weber eingereicht und von verschiedenen Umweltschutzorganisationen unterstützt.

Am 3. März 2013 wurde eine Revision des Raumplanungsgesetz in einer Volksabstimmung (Referendumsabstimmung) als indirekter Gegenvorschlag zur Eidgenössische Volksinitiative «Raum für Mensch und Natur (Landschaftsinitiative)» angenommen. Neu wird explizit die Siedlungsentwicklung nach innen (Art. 1) und eine Mehrwertabschöpfung von mindestens 20 % (Art. 5) festgeschrieben. Ausserdem sollen überdimensionierte Bauzonen reduziert werden (Art. 15).[8]

Die von den Jungen Grünen Schweiz lancierte Eidgenössische Volksinitiative «Zersiedelung stoppen – für eine nachhaltige Siedlungsentwicklung (Zersiedelungsinitiative)» wollte die Bauzonen auf den Stand von 2019 einfrieren. Neueinzonungen hätten durch Rückzonungen an einem anderen Ort kompensiert werden müssen. Die Initiative wurde am 10. Februar 2019 mit 63,7 % Nein-Stimmen abgelehnt.

Im Jahr 2020 reichte der Trägerverein "Ja zu mehr Natur, Landschaft und Baukultur"[9] die Eidgenössische Volksinitiative 'Gegen die Verbauung unserer Landschaft (Landschaftsinitiative)' ein. Unterstützt von verschiedenen Naturschutz- und Baukulturorganisationen versucht diese Initiative, dem Bauen ausserhalb von Bauzonen klare Grenzen zu setzen, indem sie eine Obergrenze einführt für die Anzahl der Gebäude und die Fläche, welche diese ausserhalb von Bauzonen beanspruchen, einführt.

Statistik

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  • Seit 1950 hat sich die Siedlungsfläche in der Schweiz ungefähr verdoppelt. Es wurde also gleich viel Boden verbaut wie in vielen Jahrhunderten zuvor zusammengenommen. Es werden heute pro Sekunde rund 1,5 Quadratmeter Boden verbaut. Alle 43 Minuten wird ein Einfamilienhaus fertiggestellt, alle 14 Minuten eine Wohnung.
  • Gründe für diese Entwicklung sind primär das Bevölkerungswachstum sowie der zunehmende Flächenbedarf pro Person.
  • Ein Drittel aller Ferienwohnungen in der Schweiz steht mehr als 48 Wochen pro Jahr leer, ein weiteres Drittel ist 44 bis 48 Wochen jährlich ungenutzt.
  • 37 Prozent aller Siedlungsflächen in der Schweiz liegen ausserhalb der Bauzonen.[10]

Literatur

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  • E. Bugmann: Skript Landesplanung, HSG 1978/79
  • Bundesamt für Statistik, Publikationen von 1997, 2007 und 2008 (Arealstatistik)
  • Bundesamt für Raumplanung (ARE), 2007 (Gebäude inner- und ausserhalb der Bauzonen)
  • Geoportal Bund geo.admin.ch Karte Bauzonen harmonisiert
  • G. Danielli, R. Sonderegger, C. Gabathuler: Raumplanung in der Schweiz.Rüegger Verlag, Zürich. ISBN 978-3-7253-1011-1.
  • Alain Griffel: Raumplanungs- und Baurecht. Reihe: In a Nutshell. Dike Verlag, Zürich/St. Gallen 2014. ISBN 978-3-03751-962-2.
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Einzelnachweise

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  1. Das Raumplanungsgesetz des Bundes
  2. gr.ch: Bauten ausserhalb der Bauzone. Abgerufen am 4. April 2011.
  3. rzu.ch: Bauzonen in Kleinsiedlungen (PDF). Archiviert vom Original (nicht mehr online verfügbar) am 12. Januar 2014; abgerufen am 4. April 2011.  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/www.rzu.ch
  4. Radio SRF 1, Sendung Rendez-vous vom 19. Dezember 2013
  5. Zitat frz. in einem Referat von CVP-Nationalrätin Riklin
  6. Interview mit Bruno Baur (Memento des Originals vom 12. Januar 2014 im Internet Archive)  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/www.srf.ch. Wissenschaftsmagazin (Memento des Originals vom 12. Januar 2014 im Internet Archive)  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/www.srf.ch vom 11. Januar 2010. Abgerufen am 11. Januar 2014
  7. Artikel in Heimatschutz, Nr. 4 2010
  8. Helmut Stalder: Schöne neue Raumordnung – warum es zu dieser Zersiedelung gekommen ist In: Neue Zürcher Zeitung vom 22. Januar 2019
  9. Bundeskanzlei: Eidgenössische Volksinitiative 'Gegen die Verbauung unserer Landschaft (Landschaftsinitiative)'. Abgerufen am 2. August 2022.
  10. Die Siedlungsflächen ausserhalb der Bauzonen nehmen weiter zu. Bundesamt für Raumentwicklung, 29. November 2019, abgerufen am 10. Dezember 2019.