Reason Foundation

amerikanische Non-Profit-Organisation

Die Reason Foundation ist eine libertäre, marktliberale Denkfabrik mit Sitz in Santa Monica, Kalifornien.[1] Die Stiftung ist Partner des Atlas Network[2] und gibt die Zeitschrift Reason heraus.[1]

Geschichte

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Die Reason Foundation wurde 1978 von Robert W. Poole gegründet.[1] Aktueller Präsident (2016) ist David Nott.[3]

1995 wurde die Denkfabrik mit einem Jahresetat von 2,2 Mio. USD (1991) als ein „vergleichsweise kleines Think Tank im libertären Spektrum“ beschrieben, das aber stetig wachse. Der Jahresetat bestand 1991 zu 30 % aus Erlösen der Zeitschrift Reason, zu 30 % aus Stiftungsgeldern und zu 40 % aus Spenden von Einzelpersonen und Unternehmen.[1] Das Budget wuchs im Jahre 1999 auf ca. 5 Mio. USD an. Zu den Spendern gehörten eine Reihe großer Konzerne (Bank of America, Chevron, Coca-Cola, Daimler Chrysler, Eli Lilly, ExxonMobil, Ford, General Motors, Microsoft, Pfizer, Phillip Morris, Playboy, P&G, Shell und Union Carbide). 2008 betrug der Jahresetat ca. 7,1 Mio. USD, wobei die Denkfabrik zunehmend verschwiegener bezüglich der Herkunft ihrer Gelder wurde.[4] Insbesondere erhält die Denkfabrik auch hohe Summen von der Charles Koch Foundation des Milliardärs Charles G. Koch, welcher eine Reihe weiterer Denkfabriken mit ähnlicher politischer Ausrichtung finanziert.[5] Im Jahre 2012 erhielt Reason 2 Mio. USD von der Sarah Scaife Foundation und 1,5 Mio. USD von der Charles Koch Foundation.[6]

2014 belegte die Reason Foundation im Global Go To Think Tank Index Report des Think Tanks and Civil Societies Program der University of Pennsylvania Platz 41 (von 60) unter den „Top Think Tanks der Vereinigten Staaten“.[7]

Beiträge und Aktivitäten

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Die Reason Foundation verbreitet ihre Ideen nach dem Vorbild der Heritage Foundation. Die Beiträge der Foundation eint eine Vorstellung von individueller Freiheit und freien Märkten.[1]

In bekannten Beiträgen der Reason Foundation wurde für die Privatisierung öffentlicher Daseinsvorsorge wie Post, Feuerwehr und Flugsicherheit geworben.[1] Die Foundation sagte zu diesem Thema mehrfach vor Regierungsgremien aus und es wird angenommen, dass die Beiträge der Foundation die Entscheidungen über Privatisierungen mit beeinflusst haben.[8] Poole veröffentlichte 1980 das Buch Cutting Back City Hall, das für Privatisierung in allen Belangen des öffentlichen Sektors warb. Das Buch gilt als die theoretische Grundlage der Privatisierungspolitik von Margaret Thatcher.[9]

Während der juristischen Auseinandersetzungen um den Affordable Care Act veröffentlichte Reason ein Video, welches das Argument popularisierte, die Versicherungspflicht (individual mandate) des Affordable Care Act sei äquivalent zu einer Verpflichtung zum Kauf bestimmter Sorten Obst und Gemüse und daher nicht mit der US-Verfassung vereinbar. Dabei wurden Szenen des Rechtswissenschaftlers Erwin Chemerinsky gezeigt, der für die Legalität der Versicherungspflicht argumentierte, jedoch wurde das Video so geschnitten, dass die Argumente von Chemerinsky besonders unvorteilhaft erschienen. Laut dem Produzenten des Videos sollte Chemerinsky so zum „Leinwandbösewicht“ aufgebaut werden. Die Argumentationslinie der Foundation wurde später auch im Verfahren selbst aufgegriffen.[6]

Zum Thema der globalen Erwärmung veröffentlichte Reason Beiträge, die die globale Erwärmung als real und menschengemacht anerkennen. Staatliche Maßnahmen zur Bekämpfung von Treibhausgasemissionen werden aber nicht unterstützt.[5]

Zeitschrift

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Die Reason Foundation ist Herausgeber der Zeitschrift Reason mit dem Wahlspruch „free minds and free markets“.[1] Die Zeitschrift hatte 2011 eine Auflage von etwa 50.000 pro Monat.[10] Der Webauftritt des Magazins erreicht 2,5 Mio. Unique Visitors pro Monat. Aktuelle Herausgeberin (2016) ist Katherine Mangu-Ward.[3] Das Magazin wurde 1968 durch Lanny Friedlander gegründet und nachträglich durch die Reason Foundation erworben.[8] Das Themenspektrum umfasst Politik bis Kultur und wird laut eigener Aussage in einer „provokativen Mischung aus Nachrichten, Analysen und Kommentaren“ dargeboten.[11]

Robert W. Poole zufolge soll das Magazin Personen mit konservativer Haltung in ökonomischen Fragen, aber einer liberalen, toleranten Haltung in kulturellen Fragen ansprechen; ein Personenkreis, der besonders unter Hochschulabsolventen zu finden sei.[8]

Reason wurde von der Chicago Tribune jeweils in den Jahren 2003 und 2004 zu einem der 50 besten Magazine gekürt.[12][13]

Das Magazin kritisiert oftmals eine behauptete „Cancel Culture“ bei als progressiv geltenden Medien. Allerdings wurde Reason 2020 in The Daily Beast vorgeworfen, sich von einer Autorin getrennt zu haben, weil sie zu kritische Beiträge über Donald Trumps erste Präsidentschaft geschrieben habe. Kritiker sehen darin nicht nur selbst eine Praktik des „Cancelns“, sondern auch eine Beeinflussung durch konservative und pro-republikanische Spender der Reason Foundation. Das Magazin dementierte jedoch, von den Spendengeldern beeinflusst gewesen zu sein.[14]

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Literatur

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Einzelnachweise

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  1. a b c d e f g Winand Gellner: Ideenagenturen für Politik und Öffentlichkeit. VS Verlag für Sozialwissenschaften, Wiesbaden 1995, ISBN 978-3-531-12721-7, S. 138–139, doi:10.1007/978-3-322-95636-1.
  2. Julia Smith, Sheryl Thompson, Kelley Lee: The atlas network: a “strategic ally” of the tobacco industry. In: The International Journal of Health Planning and Management. Band 32, Nr. 4, 2017, ISSN 0749-6753, S. 433–448, doi:10.1002/hpm.2351, PMID 27125556, PMC 5716244 (freier Volltext).
  3. a b Reason's new editor on politics, intern life and leading the magazine into its next 50 years. In: Poynter. 17. Juni 2016, abgerufen am 4. Mai 2021 (amerikanisches Englisch).
  4. Anthony Van Fossen, Kristy Chambers: Tax Havens. Univ. of Queensland Press, 2012, ISBN 978-1-921902-23-9 (google.com [abgerufen am 19. September 2022]).
  5. a b Yes, the Kochs fund groups out of self-interest. 9. März 2011, abgerufen am 4. Mai 2021 (englisch).
  6. a b James B. Stewart: How Broccoli Landed on Supreme Court Menu. In: The New York Times. 14. Juni 2012, ISSN 0362-4331 (nytimes.com [abgerufen am 3. Mai 2021]).
  7. James G. McGann: 2014 Global Go To Think Tank Index Report. Hrsg.: TTCSP Global Go To Think Tank Index Reports. Band 8 (upenn.edu).
  8. a b c John Gabree: 20 Years on Battle Lines for Reason. In: Los Angeles Times. 5. Mai 1988, abgerufen am 4. Mai 2021 (amerikanisches Englisch).
  9. John Blundell: Margaret Thatcher: A Portrait of the Iron Lady. Algora Publishing, 2008, ISBN 978-0-87586-632-1, S. 100 f. (google.com [abgerufen am 7. Mai 2021]).
  10. Margalit Fox: Lanny Friedlander, Founder of Reason Magazine, Dies at 63. In: The New York Times. 7. Mai 2011, ISSN 0362-4331 (nytimes.com [abgerufen am 4. Mai 2021]).
  11. reason.com: About Reason, Stand: 9. April 2007
  12. 50 best magazines. Abgerufen am 7. Mai 2021.
  13. Chicago Tribune | The 50 Best Magazines. Abgerufen am 7. Mai 2021.
  14. Andrew Kirell: Anti-‘Cancel Culture’ Reason Magazine Accused of Canceling Columnist for Being Too Anti-Trump. In: The Daily Beast. 2. Dezember 2020 (thedailybeast.com [abgerufen am 10. Mai 2021]).