Reformuniversität

Universität, die verschiedene wissenschaftliche Disziplinen miteinander verknüpft

Als Reformuniversität wird eine Universität bezeichnet, die versucht, verschiedene wissenschaftliche Disziplinen miteinander zu verknüpfen, beispielsweise die Geistes- mit den Sozialwissenschaften. Die meisten Gründungen fallen in die 1960er und 1970er Jahre. Ein Campus ist oft optischer Ausdruck der Vernetzung.

Geschichte

Bearbeiten

Bereits im späten 17. und 18. Jahrhundert bezeichneten sich neugegründete Universitäten (z. B. in Halle und Göttingen) als Reformuniversitäten, um sich von traditionellen Lehrmodellen abzuheben.

Heutige Beispiele

Bearbeiten
  • Die Universität Bielefeld wurde von dem Soziologen Helmut Schelsky als Reformuniversität gegründet, um interdisziplinäres Arbeiten zu ermöglichen: In der Architektur wird die enge Verknüpfung der einzelnen Fachbereiche dadurch zum Ausdruck gebracht, dass eine zentrale Halle alle Fakultäten auch räumlich miteinander verbindet.
  • Die Universität Konstanz wurde 1966 als Reformuniversität gegründet: Auf die Einrichtung von Instituten wurde verzichtet, an deren Stelle traten Fachbereiche, um die Lehre aus der Forschung zu entwickeln. Statt Fakultäten gibt es drei Sektionen. Um die Fächergrenzen besser überwinden zu können, wurde aus dem angelsächsischen Raum das Konzept der Campus-Universität übernommen, Service-Einrichtungen wie Mensa und Bibliothek wurden zentralisiert. Zu den Reformprojekten gehörte auch die Verlagerung größerer Teile der Lehre von Vorlesungen in begleitende Seminare oder Übungsgruppen und daraus folgend das Konzept studienbegleitender Prüfungen.[1]
  • Die Universität Erfurt ist eine geisteswissenschaftliche Reformuniversität mit kultur- und gesellschaftswissenschaftlichem Profil.[2]
  • Auch die Technische Universität Dortmund bezeichnet sich als Reformuniversität, die im Zuge der Bildungsreform Ende der 1960er Jahre gegründet wurde.
  • Die Humboldt-Universität zu Berlin verwendet inzwischen ebenfalls den Ausdruck Reformuniversität und verweist damit auf ihren Gründungsvater Wilhelm von Humboldt, der versucht habe, Studierenden humanistische Bildung durch die Einheit von Lehre und Forschung zu vermitteln.
  • Die Universität Bremen wurde im Jahr 1971 als Reformuniversität gegründet.[3] Charakteristisch für das "Bremer Modell" waren kleine Gruppen statt Massenveranstaltungen, gleichberechtigte Lehrende und Studierende und fächerübergreifende Seminare.[4] Sie wurde als Campusuniversität konzipiert.[5]
Bearbeiten

Literatur

Bearbeiten
  • Moritz Mälzer: Auf der Suche nach der neuen Universität. Die Entstehung der »Reformuniversitäten« Konstanz und Bielefeld in den 1960er Jahren. Göttingen 2016. ISBN 9783525368527.

Einzelnachweise

Bearbeiten
  1. 50 Jahre – 50 Gründerjahre? Archiviert vom Original (nicht mehr online verfügbar) am 31. Juli 2019; abgerufen am 30. August 2019., auf uni-konstanz.de
  2. Aus gutem Grund: Universität Erfurt, auf uni-erfurt.de, abgerufen am 30. August 2019
  3. Offen seit 1971 – die Geschichte der Universität Bremen - Universität Bremen. Abgerufen am 25. Februar 2024 (deutsch).
  4. Christina Selzer: Uni Bremen wandelte sich von links zu akzeptiert. In: Deutschlandfunk Archiv. 25. November 2011, abgerufen am 25. Februar 2024.
  5. Die Bremische Bürgerschaft beschließt die Errichtung einer Universität / Die Geschichte der Universität Bremen. Abgerufen am 25. Februar 2024.