Kroatische Republik Herceg-Bosna

De-facto-Regime in Bosnien-Herzegowina 1993-96
(Weitergeleitet von Republik Herceg-Bosna)

Die Kroatische Republik Herceg-Bosna (kroatisch Hrvatska Republika Herceg-Bosna, kurz HR HB) war der politisch-geographische Zusammenschluss mehrheitlich von Kroaten in Bosnien-Herzegowina besiedelter Gebiete zu einem De-facto-Staat während des Bosnienkrieges. Die HR HB beanspruchte den Status eines autonomen Teilstaates innerhalb der Republik Bosnien und Herzegowina[2] vermutlich mit Überlegungen einer späteren Angliederung an die Republik Kroatien. Die erklärte Hauptstadt war Mostar[3] und der Regierungssitz lag in Grude.

Nach der Präsentation des – später abgelehnten – Owen-Stoltenberg-Planes wurde die HR HB am 28. August 1993 von Mate Boban ausgerufen und beanspruchte Gebiete der westlichen Herzegowina, Zentralbosniens und der nordbosnischen Posavina.[4] Vorausgegangen waren die Gründungen der Kroatischen Gemeinschaft Bosnische Posavina (Hrvatska zajednica Bosanska Posavina, kurz HZ BP) und der Kroatischen Gemeinschaft Herceg-Bosna (Hrvatska zajednica Herceg-Bosna, kurz HZ HB) am 12. bzw. 18. November 1991 als „politische, kulturelle und wirtschaftliche Verwaltungseinheit der Kroaten in Bosnien und Herzegowina“.[5]

Das Gebiet der HR HB war Schauplatz eines Krieges mit Massakern an der Zivilbevölkerung, „ethnischen Säuberungen“ und massiven Plünderungen. Vom Internationalen Strafgerichtshof für das ehemalige Jugoslawien wurden Mitglieder des Militärs sowie der Politik wegen Kriegsverbrechen angeklagt und verurteilt.

Heute gehört der Großteil des ehemaligen Territoriums der HR HB zur Föderation Bosnien und Herzegowina (Federacija Bosna i Hercegovina), die neben der Republika Srpska eine der beiden Entitäten des Staates Bosnien und Herzegowina bildet.

Namensgebung

Bearbeiten

Der Begriff Herceg-Bosna hebt, im Gegensatz zu dem Begriff Bosna i Hercegovina, die Herzegowina, in der die Kroaten stärker vertreten sind, gegenüber Bosnien hervor. So steht der Begriff Herceg-Bosna vor allem für die kroatischen Gebiete Bosnien und Herzegowinas und lässt allein durch die Namensstellung die Herzegowina nicht mehr als untrennbares Anhängsel Bosniens erscheinen.

 
Titel der Schrift von Ferdo Šišić (1908)

Populär wurde der Begriff Herceg-Bosna durch Ferdo Šišić, den führenden kroatischen Historiker des 20. Jahrhunderts, und seine Schrift aus dem Jahr 1908: Herceg-Bosna prigodom aneksije: Geografsko-etnografsko-historička i državopravna razmatranja (Herceg-Bosna während der Annexion: Geografisch-ethnografisch-historische und staatsrechtliche Betrachtungen). Šišić trat darin, nach der Annexion Bosnien-Herzegowinas durch Österreich-Ungarn, für eine Vereinigung aller kroatischen Länder innerhalb Österreich-Ungarns ein, eine Angliederung Bosnien und Herzegowinas an Kroatien eingeschlossen (Trialismus). So zitierte er u. a. aus einer Broschüre des Autors Fabricius (Pseudonym) in deutscher Sprache:

„Die glücklichste Lösung wäre die Angliederung an Kroatien, sowohl vom dynastischen Standpunkte, wie auch vom Standpunkte der Stellung Österreich-Ungarns als Großmacht! Sollte Bosnien in Kroatien einverleibt werden, so müsste unbedingt eine Neugruppierung der Staatskörper durchgeführt werden.“[6]

Der Begriff wurde jedoch davor schon verwendet.[7] In der Folgezeit wurde er sowohl von gemäßigten kroatischen Politikern als auch von radikalen wie Mladen Lorković[8] (späterer Außenminister des „Unabhängigen Staates Kroatien“) verwendet.

Beim Zerfall Jugoslawiens zu Beginn der 1990er-Jahre wurde der Begriff von der Kroatischen Demokratischen Union in Bosnien und Herzegowina (HDZ BiH) in abgewandelter Bedeutung wieder aufgenommen, um ihr damaliges politisches Ziel, die Vereinigung der kroatischen Gebiete Bosnien-Herzegowinas mit Kroatien, auszudrücken.

Geschichte

Bearbeiten

Entstehung kroatischer Verwaltungseinheiten

Bearbeiten
 
Vereinfachte Darstellung der ethnischen Mehrheitsverhältnisse in Bosnien-Herzegowina, 1991

Während des Zerfalls Jugoslawiens und des Kroatienkriegs erfolgten Ende September 1991 auch erste serbische Angriffe auf kroatische Dörfer in der Herzegowina und Bezirke mit mehrheitlich kroatischer Bevölkerung organisierten sich selbst, da die bosnisch-herzegowinische Regierung keine Verteidigung sicherstellen konnte.[9] Bereits seit dem Sommer 1991 war Bosnien die Basis für Angriffe auf das Territorium Kroatiens durch die Jugoslawische Volksarmee und serbisch-montenegrinische Freischärler, die Anfang Oktober 1991 auch das mehrheitlich von Kroaten bewohnte Dorf Ravno in der ostherzegowinischen Gemeinde Trebinje in Brand setzten.[10] Wie zuvor in Kroatien riefen Serben auch in Bosnien und Herzegowina bis Ende 1991 einige „serbische autonome Gebiete“ (Srpska autonomna oblast, SAO) in Bosnien und Herzegowina aus; so die SAO Bosanska Krajina im April 1991 und die SAO Hercegovina, SAO Severoistočna Bosna und SAO Romanija im September 1991 sowie die SAO Romanija im November 1991.

Unter Mate Boban als Vertreter der Kroaten in Bosnien und Herzegowina wurde am 12. November 1991 in Bosanski Brod die Kroatische Gemeinschaft Bosnische Posavina (Hrvatska zajednica Bosanska Posavina) ausgerufen. Dabei wurde er von Franjo Tuđman unterstützt, dem ersten Präsidenten der im Juni 1991 gegründeten Republik Kroatien. Zu diesem Zeitpunkt war Bosnien und Herzegowina als Sozialistische Republik Bosnien und Herzegowina noch eine Teilrepublik im Staatsverband Jugoslawien. Die Kroatische Gemeinschaft Bosnische Posavina umfasste die Gemeinden Bosanski Brod, Bosanski Šamac, Brčko, Derventa, Doboj (teilweise), Gradačac, Modriča, Odžak und Orašje.

Wenige Tage später am 18. November 1991 wurde in Grude unter der Führung von Boban und Dario Kordić die Kroatische Gemeinschaft Herceg-Bosna (Hrvatska zajednica Herceg-Bosna) zu einer eigenständigen politischen, kulturellen und wirtschaftlichen Einheit innerhalb von Bosnien und Herzegowina ausgerufen. Sie umfasste Gemeinden in der westlichen Herzegowina und in Zentralbosnien, nämlich Bugojno, Busovača, Čapljina, Čitluk, Fojnica, Gornji Vakuf, Grude, Jablanica, Jajce, Kakanj, Kiseljak, Konjic, Kotor Varoš, Kreševo, Kupres, Livno, Ljubuški, Mostar, Neum, Novi Travnik, Posušje, Prozor, Skender Vakuf (teilweise), Stolac, Široki Brijeg, Tomislavgrad, Travnik, Trebinje-Ravno (teilweise), Vareš und Vitez.

Überlegungen einer späteren Angliederung an Kroatien

Bearbeiten

Am 27. Dezember 1991 fand in Zagreb eine Sitzung des kroatischen Präsidenten Franjo Tuđman mit der Delegation der HDZ BiH statt, die gleichzeitig die zweite ordentliche Tagung des Präsidiums der HZ HB war. In dieser Sitzung sagte Tuđman:
„Mit der Perspektive der Souveränität von Bosnien und Herzegowina gibt es keinerlei Aussicht. Auch wenn sie erhalten werden könnte, meine Herren, Bosnien und Herzegowina im Speziellen, was würde das bedeuten? Die Errichtung von Grenzen … wollen wir Grenzen errichten zwischen Kroatien und der Herzegowina, damit der Kroate aus der Herzegowina nicht mehr in sein Kroatien gehen kann oder dieser Kroate dorthin gehen kann?“[11]

Der Präsident der HZ HB Mate Boban äußerte:
„Die Kroatische Gemeinschaft Herceg-Bosna und die Kroatische Gemeinschaft Posavina werden ein unabhängiges kroatisches Gebiet erklären und dem kroatischen Staat beitreten, aber zu der Zeit und in dem Moment, da die kroatische Führung entscheidet, dass dieser Moment und diese Zeit gekommen ist.“[12]

Ignac Koštroman fasste die Sitzung als Sekretär der HZ HB unter anderem wie folgt zusammen:
„Ergebnisse: […] 2. Die Kroatische Gemeinschaft Herceg-Bosna bestätigt einmal mehr den Willen des gesamten kroatischen Volkes von Herceg-Bosna, der am 18. November 1991 in Grude zum Ausdruck gebracht wurde, durch den historischen Beschluss über die Gründung der Kroatischen Gemeinschaft Herceg-Bosna, welche die Rechtsgrundlage für den Eintritt dieses Gebiets in die Republik Kroatien darstellt. 3. Die Kroatische Gemeinschaft Herceg-Bosna erteilt Herrn Dr. Franjo Tuđman, als Präsident der Republik Kroatien und Präsident der Kroatischen Demokratischen Union, die volle Legitimität, um die Interessen der Kroatischen Gemeinschaft Herceg-Bosna gegenüber internationalen Akteuren zu vertreten, wie bei den zwischenparteilichen und -staatlichen Verhandlungen über die Festlegung der endgültigen Grenzen der Republik Kroatien. Die Kroatische Gemeinschaft Herceg-Bosna gibt der Kroatischen Demokratischen Gemeinschaft Bosnische Posavina die Empfehlung, diese Entscheidung für ihre Gemeinschaft zu übernehmen.“[13]

Erklärte Teilautonomie und Ausrufung der Republik

Bearbeiten

Am 3. März 1992 erklärte Bosnien und Herzegowina nach einem Referendum die Neugründung als unabhängige Republik Bosnien und Herzegowina unter dem Staatsoberhaupt Alija Izetbegović. Die internationale Anerkennung erfolgte überwiegend im April 1992.

Am 8. April 1992 erfolgte die Gründung des Kroatischen Verteidigungsrates (Hrvatsko vijeće obrane, HVO). Im gleichen Monat begann der Bosnienkrieg. Der HVO war bis 1995 die Armee der Kroaten in Bosnien-Herzegowina. Die Kroatische Gemeinschaft Herceg-Bosna erklärte am 3. Juli 1992 „ihr“ Gebiet zum autonomen Territorium. Allerdings beeilten sich ihr Präsident Mate Boban und der kroatische Präsident Franjo Tuđman festzustellen, dass an der Souveränität eines unabhängigen Bosnien-Herzegowinas festgehalten werde und der HVO der bosnischen Regierung in Sarajevo untergeordnet bleibe. Faktisch übte die HZ HB ab Kriegsausbruch im April 1992 die Exekutive in den von ihr beanspruchten Territorien aus, soweit sie unter Kontrolle des HVO standen.[14]

Auf Drängen der HDZ mit dem kroatischen Präsidenten Franjo Tuđman an der Spitze erklärte Stjepan Kljuić am 2. Oktober 1992 seinen Rücktritt als Vorsitzender der HDZ BiH, da er sich nach Ansicht der HDZ zu stark für den Erhalt Bosnien und Herzegowinas einsetzte.[15][16]

Die Kroatische Gemeinschaft Bosnische Posavina (Hrvatska zajednica Bosanska Posavina) in Nordbosnien erklärte am 24. Oktober 1992 während einer Sitzung in Posušje formell die Vereinigung mit der Kroatischen Gemeinschaft Herceg-Bosna (Hrvatska zajednica Herceg-Bosna). De facto war das Gebiet der Bosnischen Posavina bereits weitgehend von serbischen Truppen besetzt.

Am 28. August 1993 wurde schließlich die Kroatische Republik Herceg-Bosna unter Mate Boban als Präsidenten proklamiert.[4]

Auflösung und Integration

Bearbeiten
 
Gebiete unter der Kontrolle des Kroatischen Verteidigungsrates (HVO) und der kroatischen Armee (gelb) zum Ende des Bosnienkriegs am 20. Oktober 1995.

Gemäß einer Vereinbarung zwischen Franjo Tuđman und Alija Izetbegović am 30. August 1996 unter Leitung des US-Sondergesandten John Kornblum sollten die HR HB und alle anderen Institutionen des bosnischen Staates, die nicht der neuen Verfassung entsprachen, am 31. August 1996 offiziell aufgelöst werden. Aber auch nach Ende des Krieges und der Unterzeichnung des Dayton-Abkommens 1995 blieben die Strukturen der HR HB noch mehrere Jahre erhalten. So wurden z. B. noch 1997 von den Polizeibehörden Personalausweise mit 10-jähriger Gültigkeit ausgestellt, welche neben Bosna i Hercegovina auch die Bezeichnung Hrvatska Republika Herceg-Bosna und einen Stempel mit dem Wappen derselben trugen.

Erst der politische Wechsel in Kroatien im Jahr 2000 hin zu einer pro-bosnischen Regierung schwächte jene Kräfte, die noch immer für einen eigenen kroatischen Staat in Bosnien und Herzegowina, die sogenannte „dritte Entität“, eingetreten waren.

Territorium

Bearbeiten
 
Die im Verlauf des Bosnienkriegs vom HVO kontrollierten Gebiete (rot) unterlagen kriegsbedingt ständigen Veränderungen.

Die HR HB beanspruchte als Territorium im Wesentlichen die, gemäß der letzten Volkszählung im Jahr 1991, mehrheitlich von Kroaten bewohnten Gebiete der Herzegowina, Zentralbosniens und der nordbosnischen Posavina.

Bei Errichtung umfasste die HR HB die folgenden 30 Gemeindebezirke: Jajce, Kreševo, Busovača, Vitez, Novi Travnik, Travnik, Kiseljak, Fojnica, Skender Vakuf-Dobretići, Kakanj, Vareš, Kotor Varoš, Tomislavgrad, Livno, Kupres, Bugojno, Gornji Vakuf, Prozor, Konjic, Jablanica, Posušje, Mostar, Široki Brijeg, Grude, Ljubuški, Čitluk, Čapljina, Neum, Stolac und Trebinje-Ravno.[17] Der Beschluss über die Errichtung der Kroatischen Gemeinschaft Herceg-Bosna vom 18. November 1991 wurde von den Vertretern dieser Gemeindebezirke, mit Ausnahme von Skender Vakuf-Dobretići, Kakanj, Vareš, Kotor Varoš, Prozor und Trebinje-Ravno, unterschrieben.[18]

Das Territorium der HR HB sollte die Gebiete der Kroatischen Gemeinschaften Bosnische Posavina und Herceg-Bosna umfassen. Zusammen etwa 26 % des Staatsterritoriums von Bosnien und Herzegowina mit 1.009.499 Einwohnern, davon 514.228 bzw. 50,94 % Kroaten, 291.232 bzw. 28,85 % Bosniaken, 141.805 bzw. 14,05 % Serben, 44.043 bzw. 4,36 % Jugoslawen und 18.191 bzw. 1,80 % Andere (laut Volkszählung von 1991).[19]

Kriegsbedingt unterlag das Territorium der HR HB Veränderungen und umfasste tatsächlich immer nur die Gebiete Bosnien-Herzegowinas, die jeweils unter der militärischen Kontrolle des Kroatischen Verteidigungsrates (HVO), der Armee der Kroaten in Bosnien-Herzegowina, standen.

 
Kfz-Kennzeichen aus Mostar mit dem Wappen der Kroatischen Republik Herceg-Bosna

Führung

Bearbeiten

Die politische Führung der Republik Herceg-Bosna begründete die Proklamation der Republik Herceg-Bosna als eine durch den Krieg notwendig gewordene Selbstorganisation der kroatischen Bevölkerung in Bosnien und Herzegowina.

Die Entscheidungsträger der Republik Herceg-Bosna akzeptierten als einzige übergeordnete politische Instanz die kroatische Regierung in Zagreb unter dem damaligen kroatischen Staatspräsidenten Franjo Tuđman, während sie die bosnische Regierung als eine von Bosniaken dominierte Institution ablehnten.

Militär

Bearbeiten

Am 8. April 1992 begann mit der Gründung des Kroatischen Verteidigungsrates (Hrvatsko vijeće obrane, HVO) der Aufbau einer eigenen Armee, die eine Gesamtstärke von bis zu 50.000 Soldaten erreichte. Der Aufbau dieser Armee wurde mit der „Passivität“ der Bosniaken begründet, welche den Serben zu wenig Widerstand entgegensetzen würden. Historiker gehen jedoch davon aus, dass der HVO ein Element der „großkroatischen“ Politik des damaligen kroatischen Staatspräsidenten Franjo Tuđman und ein Instrument für den Anschluss der mehrheitlich von Kroaten besiedelten Gebiete an Kroatien war.[20][21][22][23]

Angehörige des HVO verübten Kriegsverbrechen und ethnische Säuberungen an der bosniakischen und serbischen Zivilbevölkerung.[24] Der HVO betrieb mehrere Internierungslager für Bosniaken, deren Insassen gefoltert und geschlagen wurden. Dabei wurden auch bosniakische Frauen misshandelt und vergewaltigt.[20]

Gegen Ende des Krieges wurde die militärische Allianz zwischen dem HVO und der von Bosniaken dominierten Armee von Bosnien-Herzegowina (Armija Republike Bosne i Hercegovine, ARBiH) erneuert und führte gemeinsam mit der Armee Kroatiens im Kampf gegen die Serben in der Republik Serbische Krajina während der Operation Oluja im Sommer 1995 zum militärischen Erfolg und zur Unterzeichnung des Dayton-Abkommens am 21. November 1995.

Nach Kriegsende wurden der HVO und die ARBiH auf Druck der Vereinigten Staaten im Januar 1997 zu einer gemeinsamen Armee der Föderation Bosnien und Herzegowina (Vojska Federacije Bosne i Hercegovine, VFBiH) vereinigt, aber erst die neue sozialdemokratische Regierung Kroatiens unter Ministerpräsident Ivica Račan stellte die finanzielle Unterstützung für den HVO im September 2000 ein.

Die Flagge und das Wappen der HR HB werden noch heute von den Kroaten in Bosnien-Herzegowina sowie von offiziellen Stellen in den mehrheitlich von Kroaten bewohnten Kantonen West-Herzegowina und Herceg-Bosna (Kanton 10) verwendet.

Beschreibung

Bearbeiten
 
Wappen der HR HB; heute Wappen der Kroaten in Bosnien und Herzegowina

Das Wappen der HR HB ist der historische kroatische Wappenschild, in fünf Reihen von Rot und Silber je fünffach geschacht. Der Wappenschild hat die Form eines sogenannten deutschen Renaissance-Rundschilds und ist in Gold gerahmt. In den oberen Teil des Rahmens ist Kroatische Flechtwerk eingelassen.

Geschichte

Bearbeiten
 
Im Vordergrund eine Uniform der kroatischen Polizei um das Jahr 1990. Als Mützenabzeichen das Wappen im Strahlenkranz.

Das Wappen der HR HB ging aus dem Mützenabzeichen der kroatischen Polizei hervor. Unmittelbar vor dem Zerfall Jugoslawiens im Juni 1990 legte die Sozialistische Republik Kroatien die Bezeichnung Sozialistisch ab und verwendete dementsprechend auch den Roten Stern als Staatssymbol nicht mehr. Die staatliche Polizei, die als jugoslawische Volksmiliz (Narodna milicija) bis dahin als Mützenabzeichen einen Roten Stern in einem Strahlenkranz getragen hatte, ersetzte den Roten Stern durch den beschriebenen kroatischen Wappenschild. Als Provisorium diente so dieses Mützenabzeichen, der Wappenschild umgeben vom Strahlenkranz, von Herbst 1990 bis Anfang 1991 als Mützenabzeichen der Polizei.[25][26] Auch Angehörige der kroatischen Nationalgarde verwendeten dieses Mützenabzeichen. Ab 1991 verwendete sowohl die kroatische Polizei als auch die Nationalgarde ein geändertes Mützenabzeichen. Bei Beginn des Bosnienkrieges im Jahr 1992 verwendete der Kroatische Verteidigungsrat das Mützenabzeichen der kroatischen Polizei aus dem Jahr 1990, dabei jedoch nur den Wappenschild ohne den Strahlenkranz.

 
Flagge der HR HB; heute Flagge der Kroaten in Bosnien-Herzegowina

Die Flagge der HR HB war eine Abwandlung der Flagge Kroatiens und besteht aus drei gleich breiten waagerechten Streifen, in den kroatischen Farben rot-weiß-blau. Im Zentrum des mittleren weißen Streifens befand sich das Wappen der Kroatischen Republik Herceg-Bosna. Die Höhe der Flagge stand zur Breite im Verhältnis 1:2.

Kriegsverbrechen

Bearbeiten

Mehrere Verantwortliche der Republik Herceg-Bosna wurden vor dem Internationalen Strafgerichtshof für das ehemalige Jugoslawien angeklagt.

Zlatko Aleksovski, der ab 1993 die Position des Kommandanten des Gefängnisses bei Kaonik innehatte, wurde am 7. Mai 1999 wegen Kriegsverbrechen zu 2,5 Jahren Haft verurteilt. Die Berufungskammer erhöhte die Haftdauer am 22. September 2000 auf 7 Jahre.[27]

Dario Kordić, von 1991 bis 1995 Vorsitzender der HDZ BiH und späterer Vizepräsident der Kroatische Republik Herceg-Bosna, wurde am 26. Februar 2001 wegen Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit zu 25 Jahren Haft verurteilt. Im gleichen Verfahren wurde der ehemalige HVO-Kommandant der Vitez Brigade Mario Čerkez wegen Verbrechen gegen die Menschlichkeit zu 15 Jahren verurteilt. Am 17. Dezember 2004 setzte die Berufungskammer seine Haftstrafe auf 6 Jahre herunter.[28]

Miroslav Bralo Mitglied der „Joker“, dem Anti-Terror-Zug des 4. Militärpolizei-Bataillon des Kroatischen Verteidigungsrates (HVO), wurde am 7. Dezember 2005 wegen Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit zu 20 Jahren Haft verurteilt. Am 2. April 2007 bestätigte die Berufungskammer das Urteil der ersten Instanz.[29]

Der Regierungschef der ehemaligen Republik Herceg-Bosna, Jadranko Prlić, dessen Verteidigungsminister Bruno Stojić, die beiden Ex-Generäle Slobodan Praljak und Milivoj Petković sowie der frühere Kommandeur der bosnisch-kroatischen Militärpolizei, Valentin Ćorić und Ex-Offizier Berislav Pušić mussten sich vor dem Kriegsverbrechertribunal wegen Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit während des bosnisch-kroatischen Konflikts 1993/94 verantworten. Die Anklageschrift warf ihnen insbesondere „gemeinsames kriminelles Vorgehen“ zur Vertreibung von Bosniaken vor. Im Mai 2013 verurteilte das Tribunal in erster Instanz Prlić zu 25, Stojić, Praljak und Petković zu je 20, Ćorić zu 16 und Pušić zu 10 Jahren Haft.[30] Im November 2017 wurden alle Urteile bestätigt, Praljak beging noch im Gerichtssaal Suizid.[31]

Siehe auch

Bearbeiten

Literatur

Bearbeiten
  • Herceg Bosna. In: Hrvatska enciklopedija. Leksikografski zavod Miroslav Krleža, 2020, abgerufen am 22. Juli 2020 (kroatisch).
  • Mate Arlović: Hrvatska zajednica Herceg-Bosna i (pre)ustroj Bosne i Hercegovine. Novi informator, Zagreb 2017.
  • Saša Mrduljaš: Hrvatska politika unutar Bosne i Hercegovine u kontekstu deklarativnoga i realnoga prostornog opsega Hrvatske zajednice/republike Herceg-Bosne (1991.–1994.). In: Društvena istraživanja : časopis za opća društvena pitanja. Band 18, Nr. 4–5 (102–103), 2009 (srce.hr).
  • Kristóf Gosztonyi: Non-existent states with strange institutions. In: Jan Koehler, Christoph Zürcher (Hrsg.): Potentials of Disorder : Explaining Conflict and Stability in the Caucasus and in the Former Yugoslavia (= New approaches to conflict analysis). Manchester University Press, Manchester 2003, ISBN 0-7190-6241-1, S. 46 ff.
  • Ciril Ribičiča: Geneza jedne zablude : Ustavnopravna analiza nastanka i djelovanja Hrvatske zajednice Herceg-Bosne. Jesenski i Turk-Sejtarija-Založba Bogataj, Zagreb/Sarajevo/Idrija 2000.
  • Karlo Rotim: Obrana Herceg-Bosne. 3 Bde. Široki Brijeg 1998.
Bearbeiten
Commons: Republik Herceg-Bosna – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

Bearbeiten
  1. Saša Mrduljaš: Hrvatska politika unutar Bosne i Hercegovine u kontekstu deklarativnoga i realnoga prostornog opsega Hrvatske zajednice/republike Herceg-Bosne (1991.–1994.). In: Društvena istraživanja : časopis za opća društvena pitanja. Band 18, Nr. 4–5 (102–103), 2009, S. 833 (srce.hr).
  2. Gründung der Kroatischen Republik Herceg-Bosna (Memento vom 15. August 2018 im Internet Archive)
  3. Die Ethnisierung der politischen Institutionen im Bürgerkrieg (1992–1995), Digitale Bibliothek der Friedrich-Ebert-Stiftung
  4. a b http://www.worldstatesmen.org/Bosnia.html
  5. Mate Bobans in einem Brief an Franjo Tuđman über die Kroatischen Gemeinschaft Herceg-Bosna (Memento vom 15. August 2018 im Internet Archive)
  6. Ferdo Šišić: Herceg-Bosna prigodom aneksije: Geografsko-etnografsko-historička i državopravna razmatranja, S. 41 f.
  7. Ivan Zovko: Hrvatstvo u narodnoj predaji i običajima po Herceg-Bosni (Das Kroatische in der völkischen Tradition und den Sitten von Herceg-Bosna). Hrvatske Dioničke Tiskare, Mostar 1899.
  8. Mladen Lorković: Narod i zemlja Hrvata (Volk und Land der Kroaten). Matica hrvatska, Zagreb 1939.
  9. Andrijana Preuss: Friedensaufbau durch internationale Polizeieinsätze in ethnonationalen Konflikten Bosnien-Herzegowinas am Beispiel der WEU-Polizei in Mostar. Lit Verlag, 2004, ISBN 3-8258-8087-7, S. 48 (unter Verweis auf Čuvalo (1997) und Petritsch (2001)).
  10. Ante Nazor: Die großserbische Aggression auf Kroatien in den 1990ern. Zagreb 2011, S. 129.
  11. Predrag Lucić (Hrsg.): Stenogrami o podjeli Bosne [Stenogramme über die Teilung Bosniens]. Kultura & Rasvjeta/Civitas, Split/Sarajevo 2005, S. 85: „Sa perspektivom suverenosti Bosne i Hercegovine nema nekakvih izgleda. Čak kada bi se mogla održati, gospodo, Bosna i hercegovina kao posebna, što to znači? Uspostava granice… hoćemo li uspostaviti granice između Hrvatske i Hercegovine da Hrvat iz Hercegovine ne može ići u svoju Hrvatsku ili ovaj Hrvat tamo?“
  12. Predrag Lucić (Hrsg.): Stenogrami o podjeli Bosne [Stenogramme über die Teilung Bosniens]. Kultura & Rasvjeta/Civitas, Split/Sarajevo 2005, S. 80: „Hrvatska zajednica Herceg Bosna i Hrvatska zajednica Posavina bi se proglasile nezavisnim hrvatskim prostorom i priključile državi Hrvatskoj, ali u onom vremenu i u onom trenutku kada hrvatsko vrhovništvo odluči da je taj trenutak i to vrijeme nastupilo.“
  13. Predrag Lucić (Hrsg.): Stenogrami o podjeli Bosne [Stenogramme über die Teilung Bosniens]. Kultura & Rasvjeta/Civitas, Split/Sarajevo 2005, S. 81 f. „zaključci: […] 2. Hrvatska zajednica Herceg-Bosna još jednom potvrđuje volju cjelokupnog hrvatskog naroda Herceg-Bosne izražene 18. studenog 1991. godine u Grudama, donoseći povijesnu odluku o uspostavi Hrvatske zajednice Herceg-Bosna, koja predstavlja pravnu podlogu za ulazak ovih teritorija u Republiku Hrvatsku. 3. Hrvatska zajednica Herceg-Bosna daje puni legitimitet gospodinu dr. Franji Tuđmanu, kao predsjedniku Republike Hrvatske i predsjedniku Hrvatske demokratske zajednice da zastupa interese Hrvatske zajednice Herceg-Bosna kod međunarodnih čimbenika, kao i kod međustranačkih i međurepubličkih dogovaranja o utvrđivanju konačnih granica Republike Hrvatske. Hrvatska zajednica Herceg-Bosna daje preporuku Hrvatskoj demokratskoj zajednici Bosanska Posavina da donese ovakvu istu odluku za svoju zajednicu.“
  14. Friedrich Jäger: Das Internationale Tribunal über Kriegsverbrechen im Ehemaligen Jugoslawien. LIT Verlag, Münster 2005, S. 84 f. Online in der Google-Buchsuche
  15. Gesellschaft für bedrohte Völker
  16. Tjednik vom 16. Mai 1997 (Memento vom 5. Juni 2011 im Internet Archive)
  17. § 2 des Beschlusses über die Errichtung der Kroatischen Gemeinschaft Herceg-Bosna vom 18. November 1991
  18. Anlage des Beschlusses über die Errichtung der Kroatischen Gemeinschaft Herceg-Bosna vom 18. November 1991 mit den Unterschriften der jeweiligen Gemeindevertreter.
  19. Saša Mrduljaš: Hrvatska politika unutar Bosne i Hercegovine u kontekstu deklarativnoga i realnoga prostornog opsega Hrvatske zajednice/republike Herceg-Bosne (1991.–1994.). In: Društvena istraživanja : časopis za opća društvena pitanja. Band 18, Nr. 4–5 (102–103), 2009, S. 833 f. (srce.hr).
  20. a b Norman M. Naimark: Flammender Hass: ethnische Säuberung im 20. Jahrhundert. C.H.Beck, München 2004, S. 214 ff.
  21. Peter Imbusch: Friedens- und Konfliktforschung: Eine Einführung. Hrsg.: Peter Imbusch,Ralf Zoll. 5. Auflage. VS Verlag für Sozialwissenschaften, Wiesbaden 2010, S. 237.
  22. Marie-Janine Calic: Krieg und Frieden in Bosnien-Hercegovina. Suhrkamp, 1995, S. 65.
  23. Sabrina P. Ramet: Central and Southeast European Politics Since 1989. Cambridge University Press, 2010, S. 263 f.
  24. Paul Mojzes: Balkan Genocides: Holocaust and Ethnic Cleansing in the Twentieth Century. Rowman & Littlefield Publishers, Plymouth 2011, S. 168.
  25. Abbildung dieses Mützenabzeichens mit der Bezeichnung M90b in Dr. Nigel Thomas, Krunoslav Mikulan: The Yugoslav Wars (1) : Slovenia & Croatia 1991–95. Osprey Publishing Ltd., New York 2006, ISBN 1-84176-963-0, Croatian forces, 1991, S. 22 (amerikanisches Englisch).
  26. Mario Jareb: Hrvatski simboli. Hrsg.: Hrvatski institut za povijest. ALFA d.d., Zagreb 2010, ISBN 978-953-297-230-6, S. 371 (kroatisch).
  27. Case information sheet: Zlatko Aleksovski. (PDF; 213 kB) Abgerufen am 23. November 2012.
  28. Case information sheet: Kordić & Čerkez. (PDF; 249 kB) Abgerufen am 23. November 2012.
  29. Case information sheet: Miroslav Bralo. (PDF; 239 kB) Abgerufen am 23. November 2012.
  30. 25 Jahre Haft für Prlic wegen Kriegsverbrechen, Schweizer Radio und Fernsehen, 29. Mai 2013
  31. Gift-Tod in Den Haag – Verurteilter Slobodan Praljak gestorben. Die Welt vom 29. November 2017