Retatrutid (LY-3437943) ist ein experimenteller Arzneistoff aus der Gruppe der Inkretinmimetika. Er wird zur Behandlung eines Typ-2-Diabetes (T2DM, „Zuckerkrankheit“) und zum Einsatz bei der Gewichtsreduktion übergewichtiger Patienten entwickelt.

Strukturformel
Strukturformel von Retatrutid
Strukturformel im Dreibuchstabencode
Allgemeines
Freiname Retatrutid (vorgeschlagener INN[1])
Andere Namen

LY-3437943

Summenformel C221H342N46O68
Externe Identifikatoren/Datenbanken
CAS-Nummer 2381089-83-2
Wikidata Q120468350
Arzneistoffangaben
Wirkstoffklasse

Inkretinmimetikum

Wirkmechanismus

GLP-1-, Glucagon- und GIP-Rezeptoragonist

Eigenschaften
Molare Masse 4731,33 g·mol−1
Sicherheitshinweise
GHS-Gefahrstoffkennzeichnung
keine Einstufung verfügbar[2]
Soweit möglich und gebräuchlich, werden SI-Einheiten verwendet.
Wenn nicht anders vermerkt, gelten die angegebenen Daten bei Standardbedingungen (0 °C, 1000 hPa).

Chemisch handelt es sich um ein aus 39 Aminosäuren bestehendes modifiziertes Peptid.

Chemisch-physikalische Eigenschaften

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Retatrutid ist ein aus 39 Aminosäuren bestehendes, modifiziertes Peptid und ähnelt in seinem Aufbau dem Tirzepatid. Er basiert auf dem Grundgerüst des glucoseabhängigen insulinotropen Peptids (GIP). Das C-terminale Ende ist amidiert. An den Positionen 2 und 20 ist statt einer codierten Aminosäure die Aminoisobuttersäure (Aib) enthalten. In Position 13 befindet sich ein in α-Stellung methyliertes Leucin (αMeL), das die Aktivität am Glucagon- und am GIP-Rezeptor verbessert. Die Position-17-Aminosäure wurde durch Lysin ersetzt, an das über einen Linker eine langkettige Dicarbonsäure verknüpft ist, die dem Wirkstoff eine erhöhte Plasmaproteinbindung und dadurch eine längere Halbwertszeit verleiht.[3]

Wirkungsmechanismus

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Retatrutid ist ein Triple-Agonist, der agonistisch sowohl an den Rezeptoren für Glucagon-like Peptid 1 (GLP1), für Glucagon als auch für das glucoseabhängige insulinotrope Peptid (GIP) bindet. Diese Rezeptoren vermitteln die Wirkung der drei an Sättigung und Energiestoffwechsel beteiligten Hormone GLP-1, Glucagon und GIP.[3] Retatrutid ahmt die Wirkung dieser Hormone nach.

Forschung

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Retatrutid wird von Lilly zur Behandlung eines Typ-2-Diabetes und zum Einsatz im Management der Gewichtsreduktion bei adipösen Patienten entwickelt.[4] 2023 wurden Studienergebnisse aus zwei Phase-2-Studien veröffentlicht.[5][6]

Literatur

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Einzelnachweise

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  1. INN Proposed List 128, World Health Organisation (WHO), 19. Januar 2023.
  2. Dieser Stoff wurde in Bezug auf seine Gefährlichkeit entweder noch nicht eingestuft oder eine verlässliche und zitierfähige Quelle hierzu wurde noch nicht gefunden.
  3. a b Tamer Coşkun, Shweta Urva, William C. Roell, Hongchang Qu, Corina Loghin, Julie S. Moyers, Libbey O’Farrell, Daniel A. Briere, Kyle W. Sloop, Melissa K. Thomas, Valentina Pirro, David B. Wainscott, Francis S. Willard, M. R. Abernathy, LaRonda L. Morford, Yu Du, Charles Benson, Ruth E. Gimeno, Axel Haupt, Zvonko Miličević: LY3437943, a novel triple glucagon, GIP, and GLP-1 receptor agonist for glycemic control and weight loss: From discovery to clinical proof of concept. In: Cell Metabolism. 2022, Band 34, Nummer 9, S. 1234–1247.e9. doi:10.1016/j.cmet.2022.07.013.
  4. Retatrutid-Studie: Neues Arzneimittel bei Typ-2-Diabetes? – Gelbe Liste. In: gelbe-liste.de. 13. September 2023, abgerufen am 21. November 2023.
  5. Ania M. Jastreboff, Lee M. Kaplan, Juan P. Frías, Qiwei Wu, Yu Du, Sirel Gurbuz, Tamer Coskun, Axel Haupt, Zvonko Miličević, Mark L. Hartman: Triple–Hormone-Receptor Agonist Retatrutide for Obesity — A Phase 2 Trial. In: The New England Journal of Medicine. 2023, Band 389, Nummer 6, S. 514–526. doi:10.1056/NEJMoa2301972.
  6. Julio Rosenstock, Juan P. Frías, Ania M. Jastreboff, Yu Du, Jitong Lou, Sirel Gurbuz, Melissa K. Thomas, Mark L. Hartman, Axel Haupt, Zvonko Miličević, Tamer Coskun: Retatrutide, a GIP, GLP-1 and glucagon receptor agonist, for people with type 2 diabetes: a randomised, double-blind, placebo and active-controlled, parallel-group, phase 2 trial conducted in the USA. In: The Lancet. 2023, Band 402, Nummer 10401, S. 529–544. doi:10.1016/S0140-6736(23)01053-X.