Richtlinie über Restrukturierung und Insolvenz

EU-Richtlinie über Restrukturierung und Insolvenz

Die EU-Richtlinie über Restrukturierung und Insolvenz vereinheitlicht die Sanierung von Unternehmen, bevor sie zahlungsunfähig werden. Es wird ein Rahmen festgelegt, der beim Restrukturieren eines Unternehmens eingehalten werden muss, Kern ist ein Restrukturierungsplan. Damit soll die unnötige Liquidation bestandsfähiger Unternehmen verhindert werden.

Flagge der Europäischen Union

Richtlinie (EU) 2019/1023

Titel: Richtlinie (EU) 2019/1023 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 20. Juni 2019 über präventive Restrukturierungsrahmen, über Entschuldung und über Tätigkeitsverbote sowie über Maßnahmen zur Steigerung der Effizienz von Restrukturierungs-, Insolvenz- und Entschuldungsverfahren und zur Änderung der Richtlinie (EU) 2017/1132
Kurztitel: Richtlinie über Restrukturierung und Insolvenz
Bezeichnung:
(nicht amtlich)
Restrukturierungsrichtlinie
Geltungsbereich: EWR
Rechtsmaterie: Insolvenzrecht
Grundlage: AEUV, insbesondere Artikel 53 und 114
Verfahrensübersicht: Europäische Kommission
Europäisches Parlament
IPEX Wiki
Inkrafttreten: 16. Juli 2019
In nationales Recht
umzusetzen bis:
17. Juli 2021, außer Regelungen zur Elektronischen Kommunikation mit Justiz- und Verwaltungsbehörden zur Geltendmachung von Forderungen, Einreichung von Restrukturierungs- oder Tilgungsplänen, Mitteilung an Gläubiger, Einlegung von Beanstandungen und Rechtsbehelfen
17. Juli 2024[veraltet] Regelungen zur Elektronischen Kommunikation mit Justiz- und Verwaltungsbehörden zur Geltendmachung von Forderungen, Einreichung von Restrukturierungs- oder Tilgungsplänen, Mitteilung an Gläubiger
17. Juli 2026 Regelungen zur Elektronischen Kommunikation mit Justiz- und Verwaltungsbehörden zur Einlegung von Beanstandungen und Rechtsbehelfen
Verlängerung jeweils um bis zu ein Jahr möglich.
Fundstelle: ABl. L 172, 26. Juni 2019, S. 18–55
Volltext Konsolidierte Fassung (nicht amtlich)
Grundfassung
Regelung muss in nationales Recht umgesetzt worden sein.
Hinweis zur geltenden Fassung von Rechtsakten der Europäischen Union

Wesentliche Inhalte

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Den Kern des Restrukturierungsverfahrens bildet der Restrukturierungs­plan, der im Grundsatz dem Insolvenzplan ähnelt, der jedoch nicht die Eröffnung eines Insolvenzverfahrens voraussetzt, sondern gerade auf die Vermeidung der Insolvenz gerichtet sein muss.

Weitere Kernelemente der Restrukturierungsrichtlinie sind

  • Verfahren zur Vorbereitung des Restrukturierungsplans einschließlich Aussetzung von Einzelvollstreckungsmaßnahmen (Moratorium),
  • Schaffung eines Zugangs zu Frühwarnsystemen für Unternehmen, die Umstände erkennen lassen, die zu einer wahrscheinlichen Insolvenz führen,
  • Neuausrichtung der Geschäftsleiterpflichten im Stadium wahrscheinlicher Insolvenz,
  • Möglichkeit der Entschuldung insolventer Unternehmer mit einer Höchstfrist von drei Jahren,
  • Regelungen zur Professionalisierung der mit Restrukturierungs- und Insolvenzverfahren befassten Justiz- und Verwaltungsbehörden und
  • Regelungen zum Berufsrecht der in Insolvenz-, Restrukturierungs- und Entschuldungsverfahren bestellten Verwalter.

Deutschland

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In Deutschland wurde die Richtlinie 2021 durch das Gesetz über de Stabilisierungs- und Restrukturierungsrahmen für Unternehmen im Insolvenzrecht umgesetzt. Vorgeschaltet ist eine „Frühwarnung“.

Ähnlich dem englischen Scheme of Arrangement wird eine finanzwirtschaftliche Restrukturierung auch gegen den Willen einzelner ablehnender Beteiligter, sogenannter Akkordstörer, ohne gerichtliche Beteiligung ermöglicht ebenso wie tiefere Eingriffe in Rechte einzelner Gläubiger oder Geschäftspartner, z. B. im Rahmen von Erfüllungswahlrechten oder außerordentlichen Kündigungsrechten. Operative Sanierungsmaßnahmen müssen im Zweifelsfall weiterhin im Rahmen eines Insolvenzverfahrens (in Eigenverwaltung) umgesetzt werden.[1][2][3][4][5][6]

Österreich

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In Österreich kann eine Restrukturierung erfolgen, wenn die Eigenmittelquote 8 % unterschreitet und die fiktive Schuldtilgungsdauer 15 Jahre übersteigt. Sie ist im Restrukturierungs- und Insolvenz-Richtlinie-Umsetzungsgesetz (RIRUG) geregelt. Verwandt ist das Schuldenregulierungsverfahren, der Privatkonkurs.[7][8]

Die Schweiz hatte als Mitglied des Europäischen Wirtschaftsraums bereits 2014 ihr Bundesgesetz über Schuldbetreibung und Konkurs reformiert, um Sanierungsverfahren zu erleichtern. Eine Sanierung ist sowohl selbstständig mittels sogenanntem Workout möglich, wie auch mittels gerichtlichem Nachlasssverfahren. Rechtshandlungen, die während einer Nachlassstundung stattgefunden haben, sind demnach nicht anfechtbar (Art. 285 Abs. 3 SchKG). Ähnlich wie in den USA beim prepackaged bankruptcy-Verfahren nach Chapter 11 kann ein Prepack geschnürt werden, eine Sanierungslösung ähnlich einem fertigen Nachlassvertrag, abgestimmt mit den Schuldnern und dem künftigen Sachwalter.

Fünf Jahre nach der Reform waren die Meinungen über die Reform gemischt; eine Konkurseröffnung und Betriebsschließung nach Nachlassstundung findet häufig dennoch statt.[9][10][11][12]

Literatur

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  • Christopher Seagon, Rainer Riggert (Hrsg.): Der Brüsseler Sanierungsrahmen (= NZI-Beilage. Nr. 1). 2019 (beck.de).
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Einzelnachweise

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  1. EU-Richtlinienentwurf über präventive Restrukturierungsrahmen. In: VID. Abgerufen am 10. Juli 2019 (deutsch).
  2. Referentenentwurf des SanInsFoG, veröffentlicht vom BMJ. 19. September 2020, abgerufen am 7. August 2023.
  3. Philipp Wolters: Restrukturierung und Sanierung von Unternehmen – Chancen in der Krise. Abgerufen am 20. April 2021.
  4. Deutscher Bundestag - Ausschuss für Recht und Verbraucherschutz. Abgerufen am 21. Dezember 2024.
  5. Redaktion: CDU-Politiker verklagt Bundesrepublik auf mehr Geld. In: Apollo News. 15. Dezember 2024, abgerufen am 21. Dezember 2024.
  6. StaRUG - Gesetz über den Stabilisierungs- und Restrukturierungsrahmen für Unternehmen. Abgerufen am 21. Dezember 2024.
  7. Regierungsvorlage. Abgerufen am 21. Dezember 2024.
  8. Restrukturierungs- und Insolvenz-Richtlinie-Umsetzungsgesetz – RIRUG | Parlament Österreich. Abgerufen am 21. Dezember 2024.
  9. Bundesamt für Justiz: Schuldbetreibung und Konkurs (Sanierungsverfahren). Abgerufen am 21. Dezember 2024.
  10. Fedlex. Abgerufen am 21. Dezember 2024.
  11. Müller, Lind: FÜNF JAHRE NEUES SANIERUNGSRECHT: ERFAHRUNGEN, BEFUNDE UND ENTWICKLUNGEN Die Schweiz auf dem Weg zum «Swiss Chapter 11»? September 2019, abgerufen am 21. Dezember 2024.
  12. SchKG, Ausnahme bei Anfechtung. Abgerufen am 21. Dezember 2024.