Ritter Waltmann von Sättelstätt
Die Sage vom tapferen Ritter Waltmann von Sättelstätt ist eine bereits im 14. Jahrhundert vom Eisenacher Chronisten Johannes Rothe in seiner Thüringer Landeschronik niedergeschriebene Heldengeschichte.
Die Sage in der Version nach Bechstein
BearbeitenNach der schriftlichen Überlieferung Rothes gab der Sagensammler Ludwig Bechstein im Inhalt getreu der Vorlage eine sprachlich modernisierte Sage in seinem 1835 erschienenen Sammelband Der Sagenschatz und die Sagenkreise des Thüringer Landes wieder, welche dort in der folgenden Version steht:
„83. Waltmann von Sättelstätt
Zu den Zeiten des Landgrafen Ludwig des Frommen
und seiner Gemahlin, der heiligen Elisabeth, wohnte außen
vor dem Dorfe Sättelstätt am Bergrücken des Hörseelberges
in einer Steinkemenate ein Ritter, des Namens
Waltmann von Sättelstätt, der gehörte zum Ingesinde des
Landgrafen-Hofes auf Schloß Wartburg. Derselbe war
ein guter Wappner und ein strenger Ritter, und hohen
Muthes; der zog im Gefolge des Landgrafen, seines Herrn
auf einen Hof- und Fürstentag gen Merseburg, und führte
mit sich eine wohlgeschmückte Jungfrau, die trug auf der
Hand einen Sperber, und führte einen fertigen, guten
Steuber (Jagdhund, Stöbär = Spürhund),
und der Herr Waltmann von Sättelstätt war des Er-
bietens, mit jedem Ritter dreimal zu rennen und einen
Stoß zu halten. Welcher ihn vom Rosse stieße, der solle
alle sein Stechzeug, seinen Harnisch, die Jungfrau, den
Steuber und den Sperber haben, stieße er ihn aber
nicht herab, so solle er der Jungfrau ein goldenes Ring-
lein verehren. Solches Erbieten nahmen der Herren viele
an, und wollten mit Herrn Waltmann die Stöße halten,
und er wählte sich stets einen aus, mit dem er zuerst
rannte. Aber keiner vermochte den stattlichen Kämpen aus
dem Sattel zu heben, auch der tapferste und beste nicht,
und er zog fröhlich wieder mit seiner Jungfrau, seinem
Steuber und Sperber vom Hoftag zu Merseburg in die
Heimath zurück und auf die Wartburg, und die Jungfrau
trug die Siegesdanke, die Herr Waltmann erkämpft, an
allen zehn Fingern, und theilte sie aus unter die Frauen
und Jungfrauen, ihre Freundinnen am Hofe der Land-
gräfin Elisabeth, und alle waren sehr fröhlich und dank-
ten dem frommen Ritter seiner großen und herrlichen
Mannlichkeit.“
Die Sage in der Version nach Quensel
BearbeitenIn der romantischen Version Bechsteins wurde die selbstlos dienende Rolle des tapferen und tugendhaften Ritters in der Vordergrund gestellt. Der Thüringer Schriftsteller Paul Quensel erweiterte in seiner Nacherzählung die Geschichte und stellte nun die Paarbeziehung Ritter – Jungfrau in das Zentrum der Handlung. Bei dieser Version hat sich der junge, ungestüme Ritter zu einer Wette hinreißen lassen und eine Jungfrau als Pfand angeboten, solle er im nächsten Turnier besiegt werden. In Ermangelung einer geeigneten Jungfrau fällt seine Wahl schließlich auf eine noch ledige hübsche Müllerstochter, die sich in fester Zuversicht und Liebe dem Ritter und Lehnsherren ausliefert, komme was da wolle. Erst am Schluss des Abenteuers entbrennt auch Waldmanns Herz für die in reiner Liebe zu ihm stehenden Frau und beide geloben sich an den Ufern der Saale ewige Treue.[1]
Geschichtlicher Hintergrund
BearbeitenDer Sättelstädter Pfarrer und Ortschronist Dr. Kosack hat sich ausführlich mit der Erforschung dieser historischen Sage beschäftigt. Demnach hat es tatsächlich ein im Ort Sättelstädt ansässiges Rittergeschlecht mit dem Beinamen Waldmann gegeben. Die Kemenate als Wohnsitz der Ritter soll sich am Sperlingsberg befunden haben, eine Örtlichkeit, welche erst beim Bau der Reichsautobahn in den 1930er Jahren abgetragen wurde. Der Name Waldmann war hierbei eine Dienstbezeichnung, eine Art Forstaufseher des Landgrafen. Der reale Ritter Hermann war demnach der Waldmann von Sättelstätt er findet sich als landgräflicher Lehnsherr in einer Urkunde vom 13. August 1313 genannt, somit jedoch bereits hundert Jahre später als zu Lebzeiten der Heiligen Elisabeth; es ist jedoch sehr wahrscheinlich, dass es auch schon früher Träger dieses Namens in Sättelstädt gegeben hat.[2]
Literatur
Bearbeiten- Sylvia Weigelt (Hrsg.): Johannes Rothe – Thüringische Landeschronik und Eisenacher Chronik In: Deutsche Texte des Mittelalters. Band LXXXVII. ISBN 978-3-05-004406-4. S. 59–60
- Paul Quensel: Thüringer Sagen. Jena 1926.
- Heinrich Weigel: Der Sagenkreis der Hörselberge. quartus-Verlag 2001, S. 148–150, ISBN 3-931505-93-6
- Artur Heuse: Ritter Waltmann von Sättelstätt der große Stecher und Hofier – Dichtung oder Wahrheit? In: EP Report 2 – Heimatblätter des Eisenacher Landes, Marburg 1992, ISBN 3-924269-94-7. S. 96f
- Gustav Freytag: In den Schranken des Turniers. In: Bilder aus der deutschen Vergangenheit (4. Auflage 1863)
Einzelnachweise
Bearbeiten- ↑ Heinrich Weigel Der Sagenkreis der Hörselberge. quartus-Verlag 2001, S. 219–223, ISBN 3-931505-93-6
- ↑ Artur Heuse Ritter Waltmann von Sättelstätt der große Stecher und Hofier - Dichtung oder Wahrheit ? EP Report 2 - Heimatblätter des Eisenacher Landes, Marburg 1992, ISBN 3-924269-94-7. S. 96f
Weblinks
Bearbeiten- Waltmann von Sättelstätt – nochmals gekürzte und sprachlich modernisierte Variante.