Roscoelith

Mineral aus der Glimmergruppe, Kalium-Vanadium-Alumosilikat mit zusätzlichen Hydroxidionen

Roscoelith (IMA-Symbol Rcl[2]) ist ein eher selten vorkommendes Mineral aus der Mineralklasse der „Silikate und Germanate“ mit der chemischen Zusammensetzung KV3+2[(OH)2|AlSi3O10][4] und damit chemisch gesehen ein Kalium-Vanadium-Alumosilikat mit zusätzlichen Hydroxidionen.

Roscoelith
Roscoelith (grünlichbraun) und Gold aus Kalifornien, USA
Allgemeines und Klassifikation
IMA-Nummer

1998 s.p.[1]

IMA-Symbol

Rcl[2]

Andere Namen

Vanadinglimmer[3]

Chemische Formel
  • KV3+2(Si3Al)O10(OH)2[1]
  • KV3+2[(OH)2|AlSi3O10][4]
Mineralklasse
(und ggf. Abteilung)
Silikate und Germanate – Schichtsilikate (Phyllosilikate)
System-Nummer nach
Strunz (8. Aufl.)
Lapis-Systematik
(nach Strunz und Weiß)
Strunz (9. Aufl.)
Dana

VIII/E.05a
VIII/H.10-090[5]

9.EC.15
71.02.02a.04
Kristallographische Daten
Kristallsystem monoklin
Kristallklasse; Symbol monoklin-prismatisch; 2/m
Raumgruppe C2/m (Nr. 12)Vorlage:Raumgruppe/12[4]
Gitterparameter a = 5,26 Å; b = 9,09 Å; c = 10,25 Å
β = 101,0°[4]
Formeleinheiten Z = 2[4]
Physikalische Eigenschaften
Mohshärte 2,5[5] („weich“[6])
Dichte (g/cm3) gemessen: 2,92 bis 2,94; berechnet: 2,89[6]
Spaltbarkeit vollkommen nach {001}[6]
Farbe dunkelbraun, braungrün, gelblichweiß[5]
Strichfarbe grünlichweiß[5]
Transparenz durchsichtig bis durchscheinend[6]
Glanz Perlglanz[6]
Radioaktivität kaum wahrnehmbar[7]
Kristalloptik
Brechungsindizes nα = 1,590 bis 1,610[8]
nβ = 1,630 bis 1,685[8]
nγ = 1,640 bis 1,704[8]
Doppelbrechung δ = 0,050 bis 0,094[8]
Optischer Charakter zweiachsig negativ
Achsenwinkel 2V = 24,5° bis 39,5° (gemessen)[8]
Pleochroismus sichtbar: X = grünbraun; Y = Z = olivgrün[8]

Roscoelith kristallisiert im monoklinen Kristallsystem und findet sich meist in Form von winzigen, schuppigen oder rosetten- bis fächerförmigen Mineral-Aggregaten sowie faserigen und verfilzten Matten mit einem permuttähnlichen Glanz auf den Oberflächen. Das Mineral ist durchsichtig bis durchscheinend und von dunkelbrauner bis braungrüner oder auch gelblichweißer Farbe. Seine Strichfarbe ist dagegen immer grünlichweiß.

Etymologie und Geschichte

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Entdeckt wurde Roscoelith erstmals in einer Goldmine am Westhang der Sierra Nevada nahe Granite Creek im El Dorado County des US-Bundesstaates Kalifornien. Die Erstbeschreibung erfolgte 1876 durch James Blake, der das Mineral nach dem britischen Chemiker Henry Enfield Roscoe benannte, um dessen Verdienste zur erstmaligen Darstellung metallischen Vanadiums zu ehren, dass ein Bestandteil des Minerals ist.[9] Der zweite Teil des Namens geht auf das altgriechische Wort λίθος [lithos] für „Stein“ zurück.

Als genaue Typlokalität gilt inzwischen die ehemalige Stuckslager-Mine (auch Stuckslacker-Mine oder Sam-Simms-Mine) etwa 2,9 km oder 1,8 Meilen westsüdwestlich von Coloma im El Dorado County (Kalifornien). Die Mine beutete eine Gold-Vanadium-Lagerstätte aus. Das Nebengestein besteht aus Schiefer und sogenanntem „Grünstein“ (oft als Synonym für Diabas im Gebrauch).[10]

Das Typmaterial des Minerals wird im Muséum national d’histoire naturelle (Abkürzungen: MHN-Paris; Museum, Paris) unter der Katalog-Nummer 132.198 aufbewahrt.[11][12]

Roscoelith war bereits lange vor der Gründung der International Mineralogical Association (IMA) bekannt und als eigenständige Mineralart anerkannt. Damit hätte Roscoelith theoretisch den Status eines grandfathered Mineral. In der 1998 erfolgten Publikation Nomenclature of the micas durch den „Glimmer-Unterausschuss“ (engl.: Mica Subcommitte) der IMA/CNMNC wurden die Mitglieder der Glimmergruppe, zu denen auch Roscoelith gehört, in Bezug Zusammensetzung und Benennung teilweise neu definiert.[3] Roscoelith wurde hier als „Ungewöhnlicher Kaliumglimmer“ in die Gruppe der echten Glimmer mit dioktaedrischer Struktur eingeordnet. Da dies automatisch eine nachträgliche Ankerkennung für den Roscoelith bedeutete, wird das Mineral seitdem in der „Liste der Minerale und Mineralnamen“ der IMA unter der Summenanerkennung „IMA 1998 s.p.“ (special procedure) geführt.[1]

Klassifikation

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Bereits in der veralteten 8. Auflage der Mineralsystematik nach Strunz gehörte der Roscoelith zur Mineralklasse der „Silikate und Germanate“ und dort zur Abteilung der „Schichtsilikate (Phyllosilikate)“, wo er zusammen mit Aluminoseladonit, Glaukonit, Muskovit, Paragonit und Seladonit die „Muskovit-Reihe“ mit der System-Nr. VIII/E.05a bildete.

Im zuletzt 2018 überarbeiteten und aktualisierten Lapis-Mineralienverzeichnis nach Stefan Weiß, das sich aus Rücksicht auf private Sammler und institutionelle Sammlungen noch nach dieser alten Form der Systematik von Karl Hugo Strunz richtet, erhielt das Mineral die System- und Mineral-Nr. VIII/H.10-090. In der „Lapis-Systematik“ entspricht dies ebenfalls der Abteilung „Schichtsilikate“, wo Roscoelith zusammen mit Aluminoseladonit, Boromuskovit, Chromphyllit, Chromseladonit, Ferroaluminoseladonit, Ferroseladonit, Ganterit, Muskovit, Nanpingit, Paragonit, Seladonit und Tobelith die „Seladonit-Muskovit-Reihe (Phengite)“ mit der System-Nr. VIII/H.10 innerhalb der Glimmergruppe bildet.[5]

Auch die von der International Mineralogical Association (IMA) zuletzt 2009 aktualisierte[13] 9. Auflage der Strunz’schen Mineralsystematik ordnet den Roscoelith in die Abteilung der „Schichtsilikate“ ein. Diese ist allerdings weiter unterteilt nach der Struktur der Schichten, so dass das Mineral entsprechend seinem Aufbau in der Unterabteilung „Schichtsilikate (Phyllosilikate) mit Glimmertafeln, zusammengesetzt aus tetraedrischen und oktaedrischen Netzen“ zu finden ist, wo es zusammen mit Aluminoseladonit, Boromuskovit, Chernykhit, Chromseladonit, Chromphyllit, Ferriseladonit (hypothetisch), Ferro-Aluminoseladonit, Ferroseladonit, Ganterit, Glaukonit, Montdorit, Muskovit, Nanpingit, Paragonit, Phengit, Seladonit, Tainiolith, Tobelith und Voloshinit die „Muskovitgruppe“ mit der System-Nr. 9.EC.15 bildet.

Die vorwiegend im englischen Sprachraum gebräuchliche Systematik der Minerale nach Dana ordnet den Roscoelith ebenfalls in die Klasse der „Silikate und Germanate“ und dort in die Abteilung der „Schichtsilikatminerale“ ein. Hier ist er zusammen mit Aluminoseladonit, Boromuskovit, Chernykhit, Chromphyllit, Chromseladonit, Ferroaluminoseladonit, Ferroseladonit, Glaukonit, Montdorit, Muskovit, Nanpingit, Paragonit, Seladonit, Shirokshinit und Tobelith in der „Glimmergruppe (Muskovit-Untergruppe)“ mit der System-Nr. 71.02.02a innerhalb der Unterabteilung „Schichtsilikate: Schichten von sechsgliedrigen Ringen mit 2:1-Lagen“ zu finden.

Kristallstruktur

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Roscoelith kristallisiert in der monoklinen Raumgruppe C2/m (Raumgruppen-Nr. 12)Vorlage:Raumgruppe/12 mit den Gitterparametern a = 5,26 Å; b = 9,09 Å; c = 10,25 Å und β = 101,0° sowie zwei Formeleinheiten pro Elementarzelle.[4]

Bildung und Fundorte

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Roscoelith bildet sich hydrothermal in epithermalen Gold-Silber-Tellur-Lagerstätten aus den oxidierten Anteilen von sedimentären Uran- und Vanadium-Erzen. Als Begleitminerale können unter anderem verschiedene Carbonate, Carnotit, Corvusit, Fluorit, Gold, Hewettit, Pyrit, Quarz und Tyuyamunit auftreten.

Als eher seltene Mineralbildung kann Roscoelith an verschiedenen Fundorten zum Teil reichlich vorhanden sein, insgesamt ist er aber wenig verbreitet. Weltweit sind bisher rund 260 Vorkommen dokumentiert (Stand 2023).[14]

In Deutschland konnte das Mineral unter anderem in der Grube Clara bei Oberwolfach in Baden-Württemberg, in mehreren Gruben und Gängen bei Bad Lauterberg im Harz in Niedersachsen, auf der Abrahamhalde von „Schacht 139“ bei Lauta (Marienberg) im sächsischen Erzgebirgskreis und bei Schmiedefeld im thüringischen Landkreis Saalfeld-Rudolstadt gefunden werden.

In der Schweiz fand sich Roscoelith in Mineralproben von Prospektionsbohrungen der Nagra nahe Kaisten und in einem ehemaligen Steinbruch bei Mumpf im Kanton Aargau sowie in Proben aus einer Prospektionsbohrung bei Törbel im Kanton Wallis.

Weitere Fundorte liegen unter anderem in Australien, China, Tschechien, auf der Fidschi-Insel Viti Levu, in Finnland, Frankreich, Gabun, Italien, Japan, Kanada, Kasachstan, Kirgisistan, auf Madagaskar, Papua-Neuguinea, in Peru, Polen, Russland, Sambia, der Slowakei, Spanien, Südafrika, im Vereinigten Königreich (England, Nordirland, Schottland) und den Vereinigten Staaten von Amerika (Alabama, Arizona, Arkansas, Colorado, Idaho, Kalifornien, Montana, Nevada, New Mexico, North Carolina, Oregon, Utah).[15]

Siehe auch

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Literatur

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  • J. Blake: On roscoelite, a vanadium mica. In: American Journal of Science and Arts. Band 112, 1876, S. 31–32 (englisch, rruff.info [PDF; 191 kB; abgerufen am 2. Juni 2023]).
  • Jun Ito: Synthesis of vanadium silicates: Haradaite, goldmanite and roscoelite. In: Mineralogical Journal. Band 4, 1965, S. 299–316 (englisch, rruff.info [PDF; 2,0 MB; abgerufen am 2. Juni 2023]).
  • Milan Rieder, Giancarlo Cavazzini, Yurii S. D’Yakonov, Viktor A. Frank-Kamenetskii, Glauco Gottardt, Stephen Guggenheim, Pavel V. Koval, Georg Müller, Ana M. R. Neiva, Edward W. Radoslovich, Jean-Louis Robert, Francesco P. Sassi, Hiroshi Takeda, Zdeněk Weiss, David R. Wones: Nomenclature of the micas. In: The Canadian Mineralogist. Band 36, 1998, S. 905–912 (englisch, rruff.info [PDF; 588 kB; abgerufen am 2. Juni 2023]).
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Commons: Roscoelite – Sammlung von Bildern

Einzelnachweise

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  1. a b c Malcolm Back, Cristian Biagioni, William D. Birch, Michel Blondieau, Hans-Peter Boja und andere: The New IMA List of Minerals – A Work in Progress – Updated: July 2024. (PDF; 3,6 MB) In: cnmnc.units.it. IMA/CNMNC, Marco Pasero, Juli 2024, abgerufen am 13. August 2024 (englisch).
  2. a b Laurence N. Warr: IMA–CNMNC approved mineral symbols. In: Mineralogical Magazine. Band 85, 2021, S. 291–320, doi:10.1180/mgm.2021.43 (englisch, cambridge.org [PDF; 351 kB; abgerufen am 2. Juni 2023]).
  3. a b Milan Rieder, Giancarlo Cavazzini, Yurii S. D’Yakonov, Viktor A. Frank-Kamenetskii, Glauco Gottardt, Stephen Guggenheim, Pavel V. Koval, Georg Müller, Ana M. R. Neiva, Edward W. Radoslovich, Jean-Louis Robert, Francesco P. Sassi, Hiroshi Takeda, Zdeněk Weiss, David R. Wones: Nomenclature of the micas. In: The Canadian Mineralogist. Band 36, 1998, S. 905–912 (englisch, rruff.info [PDF; 588 kB; abgerufen am 2. Juni 2023]).
  4. a b c d e Hugo Strunz, Ernest H. Nickel: Strunz Mineralogical Tables. Chemical-structural Mineral Classification System. 9. Auflage. E. Schweizerbart’sche Verlagsbuchhandlung (Nägele u. Obermiller), Stuttgart 2001, ISBN 3-510-65188-X, S. 665 (englisch).
  5. a b c d e Stefan Weiß: Das große Lapis Mineralienverzeichnis. Alle Mineralien von A – Z und ihre Eigenschaften. Stand 03/2018. 7., vollkommen neu bearbeitete und ergänzte Auflage. Weise, München 2018, ISBN 978-3-921656-83-9.
  6. a b c d e Roscoelite. In: John W. Anthony, Richard A. Bideaux, Kenneth W. Bladh, Monte C. Nichols (Hrsg.): Handbook of Mineralogy, Mineralogical Society of America. 2001 (englisch, handbookofmineralogy.org [PDF; 76 kB; abgerufen am 2. Juni 2023]).
  7. David Barthelmy: Roscoelite Mineral Data. In: webmineral.com. Abgerufen am 2. Juni 2023 (englisch).
  8. a b c d e f Roscoelite. In: mindat.org. Hudson Institute of Mineralogy, abgerufen am 2. Juni 2023 (englisch).
  9. J. Blake: On roscoelite, a vanadium mica. In: American Journal of Science and Arts. Band 112, 1876, S. 31–32 (englisch, rruff.info [PDF; 191 kB; abgerufen am 2. Juni 2023]).
  10. Typlokalität „Stuckslager-Mine“ beim Mineralienatlas (deutsch) und bei Mindat (englisch), abgerufen am 2. Juni 2023.
  11. Catalogue of Type Mineral Specimens – R. (PDF 169 kB) Commission on Museums (IMA), 10. Februar 2021, abgerufen am 2. Juni 2023.
  12. Catalogue of Type Mineral Specimens – Depositories. (PDF; 311 kB) Commission on Museums (IMA), 18. Dezember 2010, abgerufen am 2. Juni 2023.
  13. Ernest H. Nickel, Monte C. Nichols: IMA/CNMNC List of Minerals 2009. (PDF; 1,9 MB) In: cnmnc.units.it. IMA/CNMNC, Januar 2009, archiviert vom Original am 29. Juli 2024; abgerufen am 30. Juli 2024 (englisch).
  14. Localities for Roscoelite. In: mindat.org. Hudson Institute of Mineralogy, abgerufen am 2. Juni 2023 (englisch).
  15. Fundortliste für Roscoelith beim Mineralienatlas (deutsch) und bei Mindat (englisch), abgerufen am 2. Juni 2023.