Der Ru-Brennofen (chinesisch 窑窯 / 汝窑, Pinyin Rǔ yáo, englisch Ru kiln) war ein berühmter Porzellan- bzw. Keramikbrennofen – ein sogenannter „staatlicher Brennofen“ (guanyao)[1] – in der Zeit der Nördlichen Song-Dynastie(960–1126). Er war einer der sogenannten Fünf berühmten Brennöfen der Song-Dynastie.

Wärmeschale in Form einer Blume mit hellbläulich-grüner Glasur, Nationales Palastmuseum
Schale aus der Percival David Collection im British Museum

Eine Brennofenstätte befand sich im heutigen Ruzhou in der chinesischen Provinz Henan. Zu Anfang der Yuanyou-Ära[2] der Zeit der (Nördlichen) Song-Dynastie wurde er als Nachfolger des Ding-Brennofens bestimmt, um Keramik für den Kaiserhof zu brennen, worüber unter anderem die Pinselnotizen Laoxue an biji[3] des berühmten Dichters Lu You Auskunft geben.[4]

Der Rohling hat die graue Farbe von Räucherstäbchenasche, seine Glasurfarbe ist fast eigrün.[5] Die Brennzeit war kurz, aber die Qualität sehr fein.[6]

In den südlichen und nordöstlichen Gemeinden von Ruzhou wurde auch eine andere Art von grünem Porzellan (qingci) gefunden, seine Glasurfarbe ist im Vergleich zum Longquan-Brennofen relativ kräftig mit etwas lauchzwiebelgrün darin; der Rohling (taigu) hat eine etwas blasse graue Farbe.[7] Es gibt zwei Arten: Verzierungen mit Abdrücken (yinhua) und solche mit Schnitzereien (kehua); an Bildmotiven gibt es Blumen und Pflanzen, Wellen, Fische, Vögel, die Glasurfarbe und dekorativen Muster ähneln etwas denen des Yaozhou-Brennofens.[8] Der Brennofen war hauptsächlich auf das Brennen von Keramik für den zivilen Bedarf spezialisiert, die Brennzeit war lang, es wurde in großen Mengen produziert.[8]

Im Verlauf der Invasion der Jin (Jurchen) wurde die Produktion in allen nördlichen Brennöfen eingestellt.

Qingliangsi

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Narzissenbecken mit hellbläulich-grüner Glasur, Nationales Palastmuseum

Eine Ru-Brennofen-Stätte wurde 1986 von Wang Liuxian nahe dem Dorf Qingliangsi der Großgemeinde Daying in Baofeng, Provinz Henan, entdeckt. Sie wurde vom Shanghai-Museum unter Leitung von Wang Qingzhen untersucht.

Die Stätte des „staatlichen Brennofens“ von Qingliangsi (清凉寺汝官窑遗址, Qīngliáng sì rǔ guānyáo yízhǐ) steht seit 2001 auf der Liste der Denkmäler der Volksrepublik China (5-77).

Sammlungen

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Ru-Schale, Porzellansammlung Kunstsammlungen Dresden

Die Anzahl der erhaltenen Keramiken des Ru-Brennofens wird auf unter hundert Stück geschätzt. Während 2012 Regina Kahl in einem Bericht für Sotheby’s noch über 79 vollständig erhaltenen Ru-Keramiken berichtete, geht sie in einer überarbeiteten Liste von 2017 von 87 Stücken aus.[9][10]

Ein Forschungsprojekt hat 2021 zu der Entdeckung einer Schale aus Ru-Keramik in der Porzellansammlung der Staatlichen Kunstsammlungen Dresden geführt, welche das einzige Objekt in einer deutschen Sammlung ist. Das flache Pinselwaschgefäß verfügt über eine Craquelé-Glasur und schimmert grün-bläulich.[11]

Die vier größten Sammlungen von Ru-Keramiken sind laut Krahls Liste für Sotheby’s von 2017:

Kunstmarkt

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1992 wurde ein xiaopan (kleiner Teller) von 8 cm Durchmesser bei Sotheby’s in New York für 1,54 Mio. Dollar versteigert, später in Hongkong ein sanxizun (Opfergefäß) für über 50 Mio. Hongkong-Dollar.[12]

Sammlungen

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Einzelne Objekte

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Ru-Keramik, Song-Dynastie
  • Ruyao fenqing youxi 汝窑粉青釉洗
  • Ruyao lianhuashi wenwan 汝窑莲花式温碗
  • Ruyao pan 汝窑盘
  • Ruyao sanxizun 汝窑三牺尊
  • (auch Ruyao sanyangzun 汝窑三羊尊 genannt)
  • Ruyao sanzuxi 汝窑三足洗
  • Ruyao sanzuzun 汝窑三足樽
  • Ruyao tianlan gualing ping 汝窑天蓝瓜陵瓶
  • Ruyao tianqing wuwen tuoyuan shuixianpen 汝窑天青无纹椭圆水仙盆
  • Ruyao xi 汝窑洗
  • Ruyao xiaopan 汝窑小盘

Literatur

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  • Wang Qingzheng, Fan Dongqing & Zhou Lili: Ruyao de faxian (Die Entdeckung des Ru-Brennofens), Shanghai 1987; engl. Übersetzung: Hong Kong 1991
  • Zhao Qingyun et al.: Ruyao de xin faxian (Neue Entdeckung des Ru-Brennofens), Beijing 1991
  • Ye Zhemin und Ye Peilan: Ruyao juzhen, Beijing 2001
  • Zhao Qingyun: Song dai Ru yao. (Der Ru-Brennofen der Song-Zeit). Zhengzhou: Henan meishu chubanshe 2003
  • Sun Xinmin: Ruzhou Zhanggongxiang yao de faxian yu renwei (Entdeckung und Erörterung des Zhanggongxiang-Brennofens von Ruzhou), Wenwu Nr. 7, 2007, S. 83–9
  • Lin Baiting (Hrsg.): Da guan: Bei Song Ruyao tezhan (Grand View: Special Exhibition of Ju Ware from the Northern Sung Dynasty), Ausstellungskatalog, Nationales Palastmuseum, Taipei, 2006

Nachschlagewerke

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Siehe auch

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Qingliangsi

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Fußnoten

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  1. Auch mit „offizieller Brennofen“ oder „Beamtenofen“ übersetzt.
  2. 元祐 Yuányòu (1086–1094) des Song-Kaisers Zhezhong
  3. 老学庵笔记
  4. Archivierte Kopie (Memento vom 7. August 2007 im Internet Archive), Archivierte Kopie (Memento vom 22. November 2008 im Internet Archive) (Eine neuere Ausgabe dieses Werkes ist 1979 im Verlag Zhonghua shuju in Peking erschienen.)
  5. http://www.ccm.gov.cn/show.php?aid=42569&cid=127@1@2Vorlage:Toter Link/www.ccm.gov.cn (Seite nicht mehr abrufbar, festgestellt im Mai 2019. Suche in Webarchiven)  Info: Der Link wurde automatisch als defekt markiert. Bitte prüfe den Link gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.
  6. Cihai, S. 1413.
  7. http://www.ccm.gov.cn/show.php?aid=42569&cid=127@1@2Vorlage:Toter Link/www.ccm.gov.cn (Seite nicht mehr abrufbar, festgestellt im Mai 2019. Suche in Webarchiven)  Info: Der Link wurde automatisch als defekt markiert. Bitte prüfe den Link gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.
  8. a b Cihai, S. 1413.
  9. Regina Krahl: an outstanding ru guanyo lobed brush washer northern song dynasty. In: Sotheby’s. 2012, abgerufen am 21. April 2023 (englisch).
  10. Regina Krahl: A highly important and extremely rare ru guanyao brush washer northern song dynasty. In: Sotheby’s. 2017, abgerufen am 21. April 2023 (englisch).
  11. Seltene Ru-Keramik aus China in der Porzellansammlung der Staatlichen Kunstsammlungen Dresden (SKD) entdeckt. 10. Februar 2021, abgerufen am 21. April 2023.
  12. http://www.wenwuchina.com/episteme/list6/detail34/29711.html; zh.wikipedia, Artikel 汝窯 (Autoren, abgerufen am 26. April 2009)

Koordinaten: 33° 55′ 37,9″ N, 112° 51′ 23,2″ O