SBB Ae 3/6 III

Elektrolokomotive der Schweizerischen Bundesbahnen

Die SBB Ae 3/6III mit dem Spitznamen mittlere Sécheron ist eine Normalspur-Einrahmen-Universallokomotive mit Einzelachsantrieb für Wechselstrom von 15'000 Volt 1623 Hertz. Sie wurde in den Jahren 1925 und 1926 für die damals im Flachland[1] neu elektrifizierten Bahnstrecken der Schweizerischen Bundesbahnen (SBB) bestellt und in brauner Farbgebung in Betrieb genommen. Die Ae 3/6 III sind weitgehend baugleiche Nachbauten der zuvor gebauten Ae 3/5. Die meisten der insgesamt 11 abgelieferten Maschinen waren bis in die 1970er Jahre, zuletzt in grüner Farbgebung, im Einsatz.

SBB Ae 3/6 III
SBB Ae 3/6 III
SBB Ae 3/6 III
SBB Ae 3/6 III
Nummerierung: 10261–10271
Anzahl: 11
Hersteller: SLM Winterthur
SAAS Genf
Baujahr(e): 1925 und 1926
Ausmusterung: 1970–1980
Achsformel: 2'Co1'
Spurweite: 1.435 mm
Länge über Puffer: 13'760 mm
Höhe: 3780 mm
Dienstmasse: 89 t
Höchstgeschwindigkeit: 90 km/h
Stundenleistung: 1'365 kW (1'800 PS) bei 63 km/h
Dauerleistung: 1'200 kW (1'560 PS) bei 68 km/h
Anfahrzugkraft: 137 kN
Treibraddurchmesser: 1'610 mm
Laufraddurchmesser: 950 mm
Anzahl der Fahrmotoren: 6 (3 Zwillingsmotoren)
Antrieb: Westinghouse-Federantrieb

Vorgeschichte

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Zu Beginn der Elektrifikation der SBB im Jahre 1920 wurden Lokomotiven ausgeschrieben, von welchen verlangt wurde, dass sie drei Triebachsen, eine Leistung von etwa 2000 PS und eine Höchstgeschwindigkeit von 90 km/h haben. Drei Schweizer Elektrofirmen antworteten darauf mit je einem eigenen Entwurf, deren mechanischer Teil stets von der Schweizerischen Lokomotiv- und Maschinenfabrik (SLM) stammte: Brown, Boveri & Cie (BBC) mit der Ae 3/6I, die Maschinenfabrik Oerlikon (MFO) mit der Ae 3/6II und die Société Anonyme des Ateliers de Sécheron (SAAS) mit der Ae 3/5.

Obwohl die Ae 3/5 von 1922 bis 1925 in vier Baulosen gebaut wurde, besass sie einen sehr schlechten Kurvenlauf, was man auf die sehr geringe Länge der Lokomotive zurückzuführte. Um Abhilfe zu schaffen, wurde zwei Wochen nach der letzten Ae 3/5 eine versuchsweise verlängerte Variante abgeliefert, die auf einer Seite – wie die Maschinen von BBC und MFO – ein Laufdrehgestell besitzt und die Bezeichnung Ae 3/6III erhielt. Anstelle einer Nachbestellung weiterer Ae 3/5 wurden noch weitere zehn Ae 3/6III beschafft.

Konstruktion

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Ae 3/6III 10262, nach 1957

Infolge der miserablen Laufeigenschaften der zuvor hergestellten Lokomotive Ae 3/5 mit der Achsfolge 1’Co1’[2] wurde nach mehreren Baulosen die Produktion dieser Lokomotive gestoppt und ein weiteres Baulos sinngemäss den Ae 3/6 I und Ae 3/6 II mit der Achsfolge 2’Co1’ in Auftrag gegeben. Die Lok entspricht weitgehend den zuvor gelieferten Schnellzugloks Ae 3/5. Der mechanische Teil stammt von der Schweizerische Lokomotiv- und Maschinenfabrik (SLM) in Winterthur, die elektrische Ausrüstung von SAAS.

Die Einrahmen-Ae 3/6III gilt zusammen mit den ab 1921 gebauten Drehgestelllokomotiven Be 4/7, alle mit dem Westinghouse-Federantrieb, als Vorbild der ab 1926 an die Berner Alpenbahn-Gesellschaft Bern–Lötschberg–Simplon (BLS) abgelieferten Drehgestelllokomotiven Be 6/8, den späteren Ae 6/8, die damals während mehreren Jahren als stärkste Elektrolokomotive der Welt galt.

Mechanische Konstruktion

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Die Kraftübertragung erfolgt analog zur Ae 3/5 über einen Westinghouse-Federantrieb. Von der Vorgängerlok abweichend besitzt die Ae 3/6III nur eine Bisselachse an einem Lokende, an der anderen Seite befindet sich ein Laufdrehgestell. Von dieser verlängerten Konstruktion erhoffte man sich eine bessere Führung in den Gleisen, was sich aber nicht erfüllte. Die beim Westinghouse-Antrieb nötige genaue Zentrierung zwischen den Antriebsachsen und den Hohlwellen des Antriebs zur Minimierung der Beanspruchung der Antriebsfedern erforderten eine steife Federung, die zu den schlechten Laufeigenschaften der Maschinen führten. Um den Kurvenlauf weicher zu machen, wurden die Laufachszentrierungen verbessert und alle Gelenke der Bisselgestelle mit grösserem Spiel versehen. Eine durchschlagende Verbesserung des Kurvenlaufs brachte die Änderung nicht. Dank der im Gleisbau und -unterhalt erzielten Fortschritte wurden die nicht korrigierbaren lauftechnischen Mängel der Ae 3/6III mit der Zeit weniger spürbar.[2]

Elektrische Konstruktion

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Auch elektrisch entspricht die Baureihe den Ae 3/5; sie besitzt einen Ölhauptschalter, der Transformator ist mittig in der Lok angeordnet. Die Spannung der Fahrmotoren wird über elektropneumatische Einzelschalter (Hüpfer) gesteuert.

Die Maschinen waren weder mit Vielfachsteuerung noch mit elektrischer Bremse ausgerüstet.

Betriebseinsatz

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Ausrangierung

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Als erste Lokomotive wurde die 10261 im November 1968 nach einem Unfall ausrangiert. Zwischen 1970 und 1972 wurde je eine weitere Lokomotive ausrangiert, 1976 folgten gleich drei, sowie je eine 1977 und 1979. Die letzte Maschine wurde 1980 ausrangiert.

Die Lokomotive 10264 ist als betriebsfähiges historisches Fahrzeug in brauner Farbgebung im Depot Lausanne erhalten geblieben und gehört der Stiftung Historisches Erbe der SBB (SBB Historic).

Diese Loks leisteten – zusammen mit den „kleinen Sécherons“ – in den 1960er und 1970er Jahren vor allem Regionalzugdienste in der Westschweiz. Sie waren in dieser Zeit dem Depot Bern zugeteilt.

Siehe auch

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Literatur

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  • Claude Jeanmaire-dit-Quartier: Die elektrischen und Diesel-Triebfahrzeuge schweizerischer Eisenbahnen. Fünfter Teil: Die Lokomotiven der Schweizerischen Bundesbahnen (SBB). Archiv Nr. 36, Verlag Eisenbahn, Villigen AG 1979, ISBN 3-85649-036-1
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Einzelnachweise

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  1. Wo liegt das Flachland?, eine Radiosendung des Schweizer Radio und Fernsehen (SRF) vom Sonntag, 4. März 2012, 9:15 Uhr, abgerufen am 12. Dezember 2019
  2. a b Hans Schneeberger: Die elektrischen und Dieseltriebfahrzeuge der SBB. Band I: Baujahre 1904–1955. Minirex AG, Luzern, 1995. ISBN 3-907014-07-3, S. 96–104.