Safaripark Gänserndorf

Ehemaliger Tierpark in Österreich

Der Safaripark Gänserndorf war ein öffentlich zugänglicher Wildtierpark in Gänserndorf in Niederösterreich. Die Hauptattraktion des Parks bestand aus einem großen Gelände, auf dem viele Arten von Wildtieren, darunter beispielsweise Löwen, Giraffen, Zebras, Kamele und Affen, frei gehalten wurden. Die Besucher konnten dieses Gelände auf einer vorgegebenen Route mit dem eigenen PKW oder mit einem vor Ort angebotenen Besucherbus befahren und die freilaufenden Tiere, die meist neugierig auf die Besucher zukamen und zwischen den Fahrzeugen herumliefen, beobachten, in manchen Abschnitten auch durch das offene Fahrzeugfenster füttern und streicheln. Das Aussteigen innerhalb des Wildtierparks war nicht gestattet. Neben dem eigentlichen Wildtierpark wurden noch viele weitere Attraktionen geboten, beispielsweise ein Streichelzoo, die Acapulco-Show mit dem "Todesspringer", eine Delfinshow und Aufführungen mit verschiedenen anderen dressierten Tieren.

Im Safaripark Gänserndorf (vom Besucherbus aus fotografiert)
Im Safaripark Gänserndorf
Die Acapulco Show im Safaripark Gänserndorf (1985)
Delfin Show im Safaripark Gänserndorf (1988)

Geschichte

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Errichtet wurde der Tierpark im Jahr 1972. Er stieß sofort auf großes Publikumsinteresse. Bereits im April wurde das Gelände durch die ersten Tiere bezogen. 33 Löwen bekamen ein neues Heim. Insgesamt wurden bereits zur Eröffnung 300 verschiedene Tiere angesiedelt.[1] Eröffnet wurde der damals größte Safaripark Europas von Verteidigungsminister Lütgendorf am 8. Juni 1972.[2]

Ein erster Rückschlag war bereits im Jahr 1973 die dreimonatige Schließung wegen der Maul- und Klauenseuche in Niederösterreich. Am 1. November 1979 führte ein Großbrand zu 20 Millionen Schilling (ca. 1,45 Millionen Euro) Schaden. 37 Tiere verendeten dabei.[3]

Im Jahr 1984 wurde eine Schmalspurbahn um 2 Millionen Schilling durch den Tierpark gebaut, die von zwei Eisenbahnfreunde-Vereinen betrieben und instand gehalten wurde. Konflikte mit Bewohnern einer nahen Siedlung und Unstimmigkeiten zwischen der Parkverwaltung und einem der Vereine führten wieder zur Schließung der Waldbahn.[4] Die laufenden hohen Kosten für die Tierhaltung führten trotz bestehender Subventionen zu 17 Millionen Schilling Schulden. Auch ein Solidaritätskonzert in der Kurhalle Oberlaa, an dem unter anderem Hansi Dujmic, Herwig Seeböck und Gary Lux teilnahmen, konnte den Tierpark nicht vor dem Ausgleich im Jänner 1986 bewahren.[5]

Besucherrückgänge als Folge des Verbots von Schulwandertagen wegen der Katastrophe von Tschernobyl und Fehlinvestitionen der Bahn führten zum Konkurs. 1987 übernahm der ehemalige Geschäftsführer den Park und führte ihn weiter. Durch den Wegfall des Eisernen Vorhanges im Jahr 1989 konnten die Besucherzahlen wieder gesteigert werden.

Im Jahr 2000 wurde das Unternehmen, das seit seinem Bestehen von der öffentlichen Hand keinerlei Subventionen erhalten hat, in eine Aktiengesellschaft umgewandelt.[6]

Noch 2003 war der Safaripark die einzige Auffangstation in Europa (Home of the Grey) für illegal gehaltene Elefanten, beispielsweise in Zirkussen oder bei anderen Schaustellern.[7] Anfang 2004 musste der Tierpark neuerlich Konkurs anmelden und wurde geschlossen.[8] Zu diesem Zeitpunkt lebten im Tierpark 850 Tiere, die von 64 Mitarbeitern gepflegt wurden.[9]

Bis zum Jahr 2007 wurden vom Verein Vier Pfoten der Großteil der Löwen nach Südafrika in den Wildkatzenpark Lionsrock verbracht. Nur bei zwei weiblichen Löwen war dies aus gesundheitlichen Gründen erst später möglich. Als eine Löwin starb, konnte die zweite Löwin im Jahr 2009 auch nach Südafrika verschickt werden.[10] Im Jahr 2013 ist das Gehege in Lionsrock etwa 50 Hektar mit 33 Gehegen groß.[11]

Nur für die Schimpansen, die früher als Versuchstiere des Arzneimittelherstellers Immuno AG dienten, gab es langzeitige Betreuungsverträge, die auch zur Finanzierung beitragen sollten. Dabei handelte es sich um ein Forschungsprojekt, bei dem die Affen, die ihr Dasein bei Immuno einzeln fristeten, hier wieder sozialisiert werden und zusammenleben sollten. Nach der Übernahme der Firma Immuno durch die Firma Baxter wurden die Verträge bis 2015 verlängert. Im Zuge des Konkurses wurde jedoch auch dieses Forschungsprojekt komplett gestoppt.[12]

Affenhaus

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Durch den Konkurs war auch die Zukunft des Affenhauses für die Versuchsaffen des Pharmaunternehmens Baxter ungewiss. Zunächst wurde im Jahr 2007 vom Gesundheitsministerium die weitere Pflege der damals über 50 Tiere übernommen.[13]

Ende 2009 zeichnete sich eine nachhaltige Lösung ab. Zwischen dem Ministerium, der Firma Baxter, dem Land Niederösterreich und dem Gut Aiderbichl wurde ein Vertrag abgeschlossen. Nach diesem werden bis zu zehn Freigehege am derzeitigen Standort in Gänserndorf neu errichtet. Das Gut Aiderbichl übernimmt die Versorgung in einem neu errichteten Gehege am gleichen Standort in Gänserndorf.[14] Auch von der Gemeinde Gänserndorf wurde der Pachtvertrag auf 99 Jahre verlängert.[15]

Im Jahr 2011 wurde von Michael Aufhauser, dem Betreiber des Gutes Aiderbichl, ein Freigehege geschaffen. Es entstand damit ein Schutzzentrum neben zwei anderen in Florida und den Niederlanden.[16]

Wiedereröffnungsversuch

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Nachdem der Safaripark 2004 geschlossen worden war, wollte Josef Zoher, ein Tierarzt aus Deutsch Wagram, ihn im Sommer 2009 wiedereröffnen. Das Konzept wurde verändert, sodass der Safaripark nicht mehr durch die bisherige Autosafari, sondern nur noch auf Spazierwegen zu besichtigen gewesen wäre. Wegen fehlender Investoren verzögerte sich das Projekt, bis auch die Pacht des Geländes verloren ging, da Zoher nicht der Bedingung der Gemeinde nachkommen konnte, den Safaripark binnen zwei Jahren wiederzueröffnen.

Seit 2011 befindet sich der Erlebnispark Gänserndorf, der von den Brüdern Werner und Christian Angerer betrieben wird, auf einem Teil des Geländes. Der Bereich, der von Gut Aiderbichl betrieben wird, ist mitsamt der Schimpansenanlagen nicht öffentlich zugänglich.

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Commons: Safaripark Gänserndorf – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

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  1. Löwenhaus im Gänserndorfer Wald fertig. In: Arbeiter-Zeitung. Wien 1. April 1972, S. 6.
  2. Safari vor den Toren Wiens. In: Arbeiter-Zeitung. Wien 9. Juni 1972, S. 5.
  3. Katastrophen in Österreich im 20. Jahrhundert (Memento des Originals vom 9. Mai 2010 im Internet Archive)  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/www3.futureware.at abgerufen am 12. Februar 2010.
  4. Waldbahn Nasswald – Geschichte des Vereins, abgerufen am 31. Jänner 2009 (Memento des Originals vom 14. September 2007 im Internet Archive)  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/www.waldbahn.org
  5. Nun endgültiges Aus für Safaripark Gänserndorf. In: Arbeiter-Zeitung. Wien 4. Jänner 1986, S. 9.
  6. BESTANDSANALYSE GEMEINDE GÄNSERNDORF@1@2Vorlage:Toter Link/www.iemar.tuwien.ac.at (Seite nicht mehr abrufbar, festgestellt im Mai 2019. Suche in Webarchiven)  Info: Der Link wurde automatisch als defekt markiert. Bitte prüfe den Link gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis. Strukturanalyse Schwerpunkt Safaripark Stärken-Schwächen-Analyse aus dem Jahr 1999, abgerufen am 6. Februar 2009.
  7. Polizeiskandal: Trotz Einziehung und großem Polizeieinsatz – Elefantin Seila muss vorerst im Zirkus bleiben (Memento des Originals vom 11. Oktober 2007 im Internet Archive)  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/www.animal-public.de vom 23. Juni 2003, abgerufen am 6. Februar 2009.
  8. Safaripark Gänserndorf: Vor dem Ende auf Die Presse vom 9. Juli 2004, abgerufen am 15. September 2008.
  9. Safaripark-Konkurs: Tiere in Gefahr auf Die Presse vom 14. Jänner 2004, abgerufen am 15. September 2008.
  10. Die letzte Löwin aus dem Safaripark Gänserndorf bekommt eine bessere Zukunft in Südafrika@1@2Vorlage:Toter Link/www.vierpfoten.at (Seite nicht mehr abrufbar, festgestellt im Mai 2019. Suche in Webarchiven)  Info: Der Link wurde automatisch als defekt markiert. Bitte prüfe den Link gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis. auf Vier Pfoten vom 17. Juni 2009, abgerufen am 21. Juni 2009.
  11. Lionsrock – Es begann mit zehn Löwen aus Gänserndorf vom 18. April 2013, abgerufen am 6. Dezember 2014.
  12. Aus für Schimpansen-Resozialisierung? Die Presse vom 1. April 2007, abgerufen am 6. Februar 2009.
  13. Die Affen dürfen bleiben ORF Niederösterreich vom 7. Juli 2007, abgerufen am 22. Dezember 2009.
  14. Gänserndorf: Happy End für Baxter-Laboraffen auf ORF Niederösterreich vom 21. Dezember 2009, abgerufen am 22. Dezember 2009.
  15. Zukunft der Baxter-Affen ist gesichert auf ORF Niederösterreich vom 17. November 2009, abgerufen am 22. Dezember 2009.
  16. Gänserndorfer Laboraffen genießen Leben im Freien (Memento des Originals vom 6. Januar 2014 im Internet Archive)  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/www.meinbundeslandheute.at vom 6. September 2011, abgerufen am 18. Februar 2013.

Koordinaten: 48° 18′ 13″ N, 16° 42′ 49″ O