Sari Saltuk

halblegendärer türkischer Derwisch, Volksheiliger, Sagengestalt

Sari Saltuk (türkisch Sarı Saltık, osmanisch صارى صالتق Ṣarı̊ Ṣaltı̊q, auch Sari Saltuk Dedebaba genannt, gest. 1297/1298)[1] war ein semilegendärer türkischer Derwisch aus dem 13. Jahrhundert, der von den Aleviten und Bektaschiten auf dem Balkan und in Teilen Anatoliens als Heiliger verehrt wird.

Büste in Kruja, Albanien

Gemäß dem berühmten Reisenden des 17. Jahrhunderts Evliya Çelebi war sein echter Name Mehmet, und er stammt ursprünglich aus Buchara.[2] Gemäß dem marokkanischen Reisenden aus dem 14. Jahrhundert Ibn Battuta war Saltuk ein „ekstatischer Gottgeweihter“, obwohl „von ihm Sachen gesagt wurden, die durch das göttliche Gesetz gestraft wurden“.[3] Er wird von verschiedenen Quellen als Schüler von Mahmud Hayran,[4] von Hadschi Bektasch Veli[5] oder von einem der Nachfolger von Ahmed Rifai betrachtet.[6] In einer Fatwa des Scheichülislam Ebüssuud Effendi aus dem 16. Jahrhundert wird Sari Saltuk als „christlicher Mönch“ betrachtet, der durch seine Askese zu einem Skelett wurde.[7] Der Historiker aus dem 20. Jahrhundert, Frederick Hasluck betrachtete ihn als einen Heiligen eines tatarischen Stammes aus der Krim, der seinen Kult in die Dobrudscha brachte, von wo aus er durch die Bektaschiten verbreitet wurde.[8]

 
Mutmaßliche Grabstätte Sari Saltuks auf einem Berg oberhalb von Kruja in Albanien

Gemäß dem Dede-Korkut-Erzähler aus dem 15. Jahrhundert begleitete Saltuk 1262 eine Gruppe von anatolischen Oghusen in die Dobrudscha, wo sie von dem byzantinischen Kaiser Michael VIII. angesiedelt wurden, um die Nordgrenze des Reiches zu schützen. Die gleiche Quelle ortet ihn nach 1265 auf der Krim, zusammen mit den Oghusen, die durch den Tatarenchan Berke dorthin verlegt wurden, und erwähnt ihn nach 1280, wie er die Nomaden zurück in die Dobrudscha leitet.[9][10] Nach dem Tod von Sari Saltuk kehrten Teile der Oghusen nach Anatolien zurück, während andere verblieben und zu Christen wurden[11] – und damit zu den Vorfahren der türkischen Gagausen.[12] Diese Wanderung hat die Charakteristik eines Volksepos namens destan, und die Historizität wird von einigen Gelehrten angezweifelt.[3]

Erbe in Babadag

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Der Stadt Babadag (tr. Babadağ – „Berg des Vaters“) in der rumänischen Dobrudscha, die mit der Stadt des Baba Saltuq, welche im Jahre 1331/1332 von Ibn Battuta besucht wurde, identifiziert wird,[13] wird nachgesagt, dass sie nach ihm benannt wurde.[14] Die älteste vorhandene Quelle über Sari Saltuk ortet sein Grabmal (türbe) im Bereich dieser zukünftigen Stadt.[15] Dieses Grabmal wurde in den Jahren 1484/1485 vom osmanischen Sultan Bayezid II. während einer Militärkampagne besucht. Nachdem die Nachricht eines wichtigen Sieges ankam, ordnete er hier den Bau eines sozioreligiösen Bildungskomplexes an, um den sich die Stadt entwickelte, darunter ein Mausoleum für Sari Saltuk, das im Jahre 1488 vollendet wurde. Gemäß Evliya Çelebi wurde während des Baus ein Marmorsarkophag gefunden mit einer tatarischen Inschrift, der das Grabmal des Heiligen attestierte. Allerdings wird dieses Ereignis nicht in anderen Quellen erwähnt, die über die Durchreise des Sultans über die Stadt berichten.[16]

Babadag wurde zu einem Pilgerort, im Jahre 1538 von Süleyman dem Prächtigen besucht, und das städtische Zentrum in der Dobrudscha des 16. Jahrhunderts. Die Stadt zerfiel durch die häufigen Kriege, die die Region im 17. Jahrhundert heimsuchten, und wurde schließlich während der Russisch-türkischen Kriege durch die Russen niedergebrannt, gemeinsam mit dem Mausoleum von Saltuk.[17] Eine einkuppelige Türbe wurde 1828 über dem Grabe des Heiligen wiederaufgebaut.[18] Das Mausoleum in Babadag wurde im Jahre 2007 renoviert.[19]

Legende und Nachwirken

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Grabstein für Sari Saltuks in Plava bei Dragash im Kosovo

In verschiedenen Legenden wird Sari Saltuk mit christlichen Heiligen (Sankt Georg, Elijah, Sankt Nikolaus, Sankt Simeon, Sankt Naum oder Sankt Spyridon) identifiziert. Gemäß einer populären Legende wurde der Körper von Sari Saltuk in sieben Särgen aufbewahrt, in abgelegenen Städten in den Ländern der Ungläubigen.[2] Heutzutage finden sich angebliche Gräber auf dem Balkan, so im Dorf Blagaj bei Mostar, beim albanischen Kruja, im kosovarischen Plava bei Dragash und in Kaliakra in Bulgarien, sowie in Westanatolien in İznik.[20]

Literatur

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  • Franz Babinger: Ṣari Ṣaltik Dede. In: M. Th. Houtsma et al. (Hrsg.): First Encyclopaedia of Islam. VII Auflage. E. J. Brill, Leiden 1993, ISBN 90-04-09796-1, S. 171–172 (1913–1936).
  • F. W. Hasluck: Christianity and Islam under the Sultans. II Auflage. Hasluck Press, 2007, ISBN 1-4067-5887-6, XXXII. Sari Saltik, S. 429–439 (Erstausgabe: 1929).
  • Machiel Kiel: Syncretismes Et Heresies Dans L’Orient Seljoukide Et Ottoman. In: Gilles Veinstein (Hrsg.): Collection Turcica. IX Auflage. Peeters Publishers, 2005, ISBN 90-429-1549-8, Ottoman urban development and the cult of a heterodox Sufi Saint: Sarı Saltuk Dede and towns of İsakçe and Babadağ in the northern Dobruja.
  • Hans Joachim Kißling: Sarı Saltık Dede. In: Biographisches Lexikon zur Geschichte Südosteuropas. Bd. 4. München 1981, S. 82 f.
  • H. T. Norris: Islam in the Balkans: Religion and Society Between Europe and the Arab World. University of South Carolina Press, 1993, ISBN 0-87249-977-4.
  • Paul Wittek: Yazijioghlu 'Ali on the Christian Turks of the Dobruja. In: Bulletin of the School of Oriental and African Studies. Band 14, Nr. 3. Cambridge University Press on behalf of School of Oriental and African Studies, 1952, S. 639–668, doi:10.1017/S0041977X00088595, JSTOR:609124.

Einzelnachweise

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  1. Gemäß Yusuf an-Nabhani: Ğami Karamat'l-Awliya, zitiert in Kiel: Ottoman urban development …, S. 286
  2. a b Babinger: Ṣari Ṣaltik Dede, S. 172
  3. a b Norris: Islam in the Balkans, S. 146–147.
  4. Wittek: Yazijioghlu 'Ali on the Christian Turks …, S. 658
  5. Babinger: Sarı Saltuk Baba (Ṣari Ṣaltik Dede), S. 171
  6. Kiel: Ottoman urban development …, S. 287
  7. Wittek: Yazijioghlu 'Ali on the Christian Turks …, S. 660
  8. „Sari Saltik, the Bektashi apostle par excellence of Rumeli, seems to have had a similar history. He appears to have been originally the saint of a Tatar tribe in the Crimea, which emigrated to Baba Dagh in Rumania, carrying its cult with it. Developed by the Bektashi, Sari Saltik loses every trace of his real origin and figures as one of the missionary saints sent by Ahmed Yasevi for the conversion of Europe.“

    Hasluck: Christianity and Islam under the Sultans, S. 340
  9. Wittek: Yazijioghlu 'Ali on the Christian Turks …, S. 648–649, 659
  10. „Yazicioğlu 'Alī, who wrote during the reign of Murad II (1421–1451), says that 'Izz al-Dīn Kaykā'ūs II, who was threatened by his brother, found refuge with his followers at the court of the Byzantine emperor. He fought the latter’s enemies, and as a reward the latter gave them the Dobrudja. The Turkish clans were summoned, and with Ṣarī Ṣaltiq (Sari Saltik) as their leader, they crossed over from Üsküdar and then proceeded to the Dobrudja.“

    Norris: Islam in the Balkans. S. 146–147.
  11. Wittek: Yazijioghlu 'Ali on the Christian Turks …, S. 661–662
  12. Wittek: Yazijioghlu 'Ali on the Christian Turks …, S. 666
  13. Other scholars have suggested Ibn Battuta’s Baba Saltuq should be placed in the steppes of Southern Russia
  14. Kiel: Ottoman urban development …, S. 284
  15. Kiel: Ottoman urban development …, S. 286–287
  16. Kiel: Ottoman urban development …, S. 290–292
  17. Kiel: Ottoman urban development …, S. 294–296
  18. Kiel: Ottoman urban development …, S. 298
  19. Premierul Republicii Turcia a vizitat Babadagul. In: Ziua de Constanţa. ROMPRES, 27. Oktober 2007 (Online).
  20. Sari Saltuk Tomb. ArchNet, archiviert vom Original (nicht mehr online verfügbar) am 10. August 2009; abgerufen am 9. April 2008.  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/archnet.org