Satz von Łoś

mathematischer Satz

Der Satz von Łoś, benannt nach dem polnischen Mathematiker Jerzy Łoś, ist ein Satz aus der Modelltheorie aus dem Jahre 1955[1], der einen alternativen Zugang zum Kompaktheitssatz ermöglicht. Die Existenz von Modellen gewisser mathematischer Strukturen wird auf die Existenz von Ultrafiltern zurückgeführt.

Begriffsbildungen

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Boolesche Ausdehnung

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Es sei   eine vorgegebene Signatur, das heißt eine Menge von nicht-logischen Symbolen, wie zum Beispiel   zur Beschreibungen von Ringen oder Körpern. Weiter sei   eine nicht-leere Familie von  -Strukturen und   deren kartesisches Produkt, das wir im Folgenden abkürzend mit   bezeichnen wollen.

Sei weiter   eine Formel der Sprache   der Prädikatenlogik erster Stufe, deren freie Variable unter den   zu finden sind. Für jedes Tupel   ist dann   eine Aussage, die auf   zutreffen kann oder nicht, das heißt, für die   oder nicht.   liest man als   ist Modell von  . Durch diese nicht ganz saubere aber übliche Schreibweise   soll angedeutet werden, dass die Elemente   an die Stelle der freien Variablen mit dem gleichen Index treten und damit eine Aussage im Modell   bilden.

Wir betrachten zu   nun ein Tupel   und interessieren uns für die Menge aller Indizes, für die   ein Modell von   ist. Wir definieren daher

 

und nennen diese Menge die Boolesche Ausdehnung von  .

Reduzierte Produkte

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Zusätzlich zur oben beschriebenen Situation betrachten wir nun einen Filter   auf der Indexmenge   und definieren

 

für  . Diese Menge ist nichts anderes als die Boolesche Ausdehnung   der Formel   angewandt auf das Zweiertupel  .

Die Eigenschaften eines Filters zeigen, dass dadurch eine Äquivalenzrelation auf dem kartesischen Produkt der   definiert ist. Die Faktormenge nach dieser Äquivalenzrelation heißt das reduzierte Produkt zum Filter   und wird mit   bezeichnet[2].

Durch die folgenden Festlegungen, deren Wohldefiniertheit zu zeigen ist, wird das reduzierte Produkt ebenfalls zu einer  -Struktur:

  •   für jedes Konstantensymbol  .
  •   für jedes n-stellige Funktionssymbol  .
  •   genau dann, wenn   für jedes n-stellige Relationssymbol  .

Ist speziell   ein Ultrafilter, das heißt maximal unter allen Filtern auf  , so nennt man   das Ultraprodukt der   zum Ultrafilter  .

Formulierung des Satzes

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Der Satz von Łoś stellt ein Kriterium für die Gültigkeit von Formeln in Ultraprodukten bereit[3][4]:

Es sei   eine nicht-leere Familie von  -Strukturen und   ein Ultrafilter auf  . Dann gilt

  genau dann, wenn  

für alle Formeln   aus   und alle Tupel  .

Anwendungen

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An zwei Beispielen sollen typische Anwendungen des Satzes von Łoś vorgestellt werden.

Kompaktheitssatz

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Zum Kompaktheitssatz ist zu zeigen, dass eine Menge   von Sätzen aus   bereits dann ein Modell hat, wenn für jede endliche Teilmenge von   ein Modell gefunden werden kann. Um den Satz von Łoś in Anwendung zu bringen, betrachtet man als Indexmenge   die Menge alle endlichen Teilmengen von   und zu jedem   ein nach Voraussetzung existierendes Modell   von  . Die Obermengen der endlichen Durchschnitte der Mengen   bilden einen Filter, der in einem Ultrafilter   enthalten ist. Aus dem Satz von Łoś folgt nun leicht, dass   ein Modell für   ist.[5]

Dieser Beweis hat gegenüber Gödels Beweis den Vorteil, dass auf die Verwendung des syntaktischen Ableitbarkeitsbegriffs (siehe Prädikatenlogik erster Stufe) und den Vollständigkeitssatz verzichtet werden kann. Dieses Vorgehen wird im unten angegebenen Lehrbuch von Philipp Rothmaler konsequent ausgeführt.

Ringtheorie

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  • Es sei   ein Satz der Sprache   mit  , der in allen Ringen der Charakteristik 0 gelte. Dann gilt der Satz bereits in Ringen hinreichend hoher Charakteristik.[6]

Nimmt man im Sinne eines Widerspruchsbeweises an, dass es Ringe  ,  , beliebig hoher Charakteristik   gibt, für die der Satz   nicht gilt, ohne Einschränkung  , so betrachte man einen Ultrafilter   auf  , der den Fréchet-Filter umfasst. Sätze der Form   sind wegen der aufsteigenden Charakteristiken in fast allen   falsch und nach dem Satz von Łoś daher auch im Ultraprodukt  , das heißt letzteres ist ein Ring der Charakteristik 0. Nach Voraussetzung gilt daher   im Ultraprodukt und mit einer erneuten Anwendung des Satzes von Łoś ist die Menge aller Indizes, für die der Satz in   richtig ist, im Ultrafilter enthalten, das heißt, er muss entgegen der Annahme von einigen, sogar von unendlich vielen, der   erfüllt werden. Dieser Widerspruch beendet den Beweis.

Einzelnachweise

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  1. J. Łoś: Quelques remarques, théorèmes et problèmes sur les classes définissables d'algèbres, Mathematical interpretation of formal systems, Herausgeber L.E.J. Brower et al., Amsterdam 1955, Seiten 98–113
  2. Philipp Rothmaler: Einführung in die Modelltheorie, Spektrum Akademischer Verlag 1995, ISBN 978-3-86025-461-5, Kapitel 4.1
  3. Thomas Jech: Set Theory, Springer-Verlag (2003), ISBN 3-540-44085-2, Theorem 12.3
  4. Philipp Rothmaler: Einführung in die Modelltheorie, Spektrum Akademischer Verlag 1995, ISBN 978-3-86025-461-5, Satz 4.2.1
  5. Philipp Rothmaler: Einführung in die Modelltheorie, Spektrum Akademischer Verlag 1995, ISBN 978-3-86025-461-5, Satz 4.3.2
  6. Louis H. Rowen: Ring Theory I, Academic Press Inc. (1988), ISBN 0-12-599841-4