Satz von Lusin-Denjoy
Der Satz von Lusin-Denjoy ist einer der klassischen Sätze des mathematischen Teilgebiets der Analysis. Er geht auf zwei im Jahre 1912 in ein und derselben Fachzeitschrift nebeneinander veröffentlichte Arbeiten zurück, die von den beiden Mathematikern Nikolai Nikolajewitsch Lusin und Arnaud Denjoy eingereicht wurden. Der Satz behandelt und klärt die wichtige Frage des Konvergenzverhaltens der reellen trigonometrischen Reihen.[1][2]
Formulierung des Lusin-Denjoy'schen Satzes
BearbeitenEr lässt sich folgendermaßen formulieren:[3]
- Im Körper der reellen Zahlen sei eine Lebesgue-messbare Punktmenge von positivem Lebesgue-Maß gegeben.
- Weiter sei
- eine trigonometrische Reihe auf mit aus reellen Zahlen bestehenden Koeffizientenfolgen und .
- Dann gilt:
- Notwendig und hinreichend für die absolute Konvergenz der Reihe ist, dass die beiden zugehörigen Koeffizientenreihen
- und
- beide absolut konvergieren.
Anmerkung zum Beweis
BearbeitenBeim Beweis des Satzes von Lusin-Denjoy liegt, wie der italienische Mathematiker Francesco Giacomo Tricomi in seinen Vorlesungen über Orthogonalreihen hervorhebt, die eigentliche Schwierigkeit und der wesentliche Beweisschritt in dem Nachweis, dass – unter den genannten Voraussetzungen! – aus der absoluten Konvergenz der gegebenen trigonometrischen Reihe notwendigerweise schon die absolute Konvergenz der beiden zugehörigen Koeffizientenreihen und folgt. Bei diesem Beweisschritt ist gemäß Tricomi ein Hilfssatz aus der reellen Maßtheorie bedeutsam, der im Wesentlichen folgendes besagt:[3]
- Ist eine Lebesgue-messbare reelle Punktmenge von positivem Lebesgue-Maß und ist auf dieser eine Lebesgue-messbare reelle Funktion gegeben, so gibt es zu jeder vorgegebenen positiven reellen Zahl eine Lebesgue-messbare reelle Punktmenge , die einerseits ein Lebesgue-Maß hat und für die andererseits die Einschränkung eine beschränkte Funktion ist.
Unmittelbare Folgerungen
BearbeitenMit dem Satz von Lusin-Denjoy gewinnt man unmittelbar die folgenden beiden Korollare:
- (I) Wenn unter den genannten Voraussetzungen die trigonometrische Reihe auch nur auf irgend einem Intervall von positiver Länge absolut konvergent ist, so ist auch schon auf ganz absolut konvergent.[4]
- (II) Wenn eine trigonometrische Reihe auf einer beliebigen Punktmenge absolut konvergiert, so konvergiert auch schon absolut und gleichmäßig auf jedem darin gelegenen Intervall positiver Länge.[5]
Verwandter Satz
BearbeitenEng verbunden mit dem Lusin-Denjoy'schen Satz ist der Satz von Cantor-Lebesgue, der nach den beiden Mathematikern Georg Cantor und Henri Lebesgue benannt ist. Dieser Satz greift die verwandte Frage auf, inwieweit das Konvergenzverhalten einer trigonometrischen Reihe das Konvergenzverhalten der zugehörigen Koeffizientenfolgen beeinflusst. Er besagt nämlich:[6][7]
- Sind die allgemeinen Voraussetzungen des Satzes von Lusin-Denjoy erfüllt und sind hier für die Partialsummen von durchweg Nullfolgen, so sind die beiden Koeffizientenfolgen und ebenfalls Nullfolgen. Dies ist insbesondere der Fall, wenn die auf konvergieren.
Literatur
Bearbeiten- A. Denjoy: Sur l'absolue convergence des séries trigonométriques. In: Comptes Rendus Mathématique. Académie des Sciences. Paris. Band 155, 1912, S. 580–582 (französisch, bnf.fr).
- N. Lusin: Sur l'absolue convergence des séries trigonométriques. In: Comptes Rendus Mathématique. Académie des Sciences. Paris. Band 155, 1912, S. 135–136 (französisch).
- Francesco Giacomo Tricomi: Vorlesungen über Orthogonalreihen. Übersetzt und zum Druck bearbeitet von Prof. Dr. Friedrich Kasch, München (= Die Grundlehren der mathematischen Wissenschaften in Einzeldarstellungen mit besonderer Berücksichtigung der Anwendungsgebiete. Band 76). 2., korrigierte Auflage. Springer Verlag, Berlin, Heidelberg, New York 1970 (MR0261250).
- Antoni Zygmund: Trigonometric Series. Volumes I and II. Reprinting of the 1968 Version of the Second Edition. 2. Auflage. Cambridge University Press, Cambridge, London, New York, Melbourne 1977, ISBN 0-521-07477-0 (englisch, MR0617944).