Schloss Neudeck (Uebigau-Wahrenbrück)
Schloss Neudeck ist ein denkmalgeschütztes Schloss[1] im Ortsteil Neudeck in der Kleinstadt Uebigau-Wahrenbrück im südbrandenburgischen Landkreis Elbe-Elster.
Das aus dem 16. Jahrhundert stammende Schloss mit den dazugehörigen Parkanlagen und dem Wirtschaftshof befindet sich nur wenige hundert Meter rechtsseitig des heutigen Flusslaufs der Schwarzen Elster und wird durch einen Altarm des Flusses von der restlichen Ortslage von Neudeck getrennt.
Nach dem Zweiten Weltkrieg befand sich auf dem Gelände und in den dazugehörigen historischen Gebäuden jahrzehntelang eine 1999 geschlossene Polizeischule. In der Folgezeit scheiterten sämtliche Nachnutzungspläne durch einen privaten Investor und einen ihm später folgenden Förderverein. Ein Großteil der Anlage befand sich 2016 in einem sanierungsbedürftigen Zustand.
Schloss Neudeck sollte am 1. Juli 2017 versteigert werden.
Geschichte
BearbeitenNeudeck unter dem Adelsgeschlecht von Brandenstein
BearbeitenEine erste urkundliche Erwähnung eines Rittersitzes in Neudeck gab es im Jahre 1474.[2]
Der noch heute bestehende zweigeschossige Hauptflügel des Schlosses wurde schließlich im Jahre 1521 durch Lupold von Brandenstein errichtet, welcher die Herrschaft Neudeck seit 1504 besaß. Das Geschlecht derer von Brandenstein saß im Mittelalter in vielen Orten Thüringens und so wurden sie auch im Elbe-Elster-Gebiet zu einer der wohlhabendsten Familien der Umgebung, was ihre Steuerregister belegten. 1545 wurde Moritz Christoph von Brandenstein vom Kurfürsten mit den Dörfern Neudeck, Bahnsdorf und Wiederau beliehen. 1548 folgte auch Friedrichsluga. Nach dem Tod seines Sohnes Sigmund von Brandenstein 1579 wurde diese Herrschaft allerdings zwischen dessen Söhnen in die Herrschaften Neudeck und Wiederau aufgeteilt.[3][4]
Von den Schleinitzen bis zum Rasierklingenfabrikanten Otto Roth
BearbeitenBis 1615 blieb das Schloss im Besitz des Adelsgeschlechts von Brandenstein und das während des Dreißigjährigen Krieges schwer beschädigte Schloss kam schließlich in den Besitz des alten meißnischen Adelsgeschlechts von Schleinitz, das zu jener Zeit an der Schwarzen Elster auch die Herrschaftssitze Saathain und Mückenberg innehatte. Der Bau wurde nach Osten hin erweitert und mit einem runden Eckturm versehen. Mitte des 17. Jahrhunderts wurde an der Nordfassade dann schließlich ein markanter großer polygonaler Treppenturm angefügt.
In der Wiederauer Dorfkirche, wohin Neudeck kirchlich eingemeindet war, ließen die Schleinitze sich 1675 eine auf einer gewundenen Ecksäule ruhende und mit einer Rundscheibenverglasung versehene prächtige Patronatsloge errichten, die bis in die Gegenwart erhalten ist.[5] Während Saathain und Mückenberg noch bis 1716 im Besitz der Adelsfamilie blieben, wurde die Herrschaft Neudeck bereits 1687 an Johann Patow aus Mallenchen verkauft. Unter seinem Erben, dem 1733 in den Adelsstand erhobenen Johann Friedrich von Patow,[6] erhielt der bis dahin mittelalterliche Bau ab 1711 durch Umbauarbeiten seine barocken Formen.[7]
1763 kam das Schloss in den Besitz von Hartmann von Landwuest; 1771 ging sie dann in den Besitz des Majors Gottlob August von Trebra und 1819 an den Kammerherrn von Schlosses Napoleonshöhe und ehemaligen Bürgermeister von Magdeburg Heinrich von Blumenthal. Nach seinem Tod 1830 auf Schloss Neudeck kam dieses schließlich in bürgerliche Hände. Im Jahre 1842 wurde es an Christian Karl Sahland verkauft.
Nachdem Anfang des 20. Jahrhunderts Schloss Neudeck vom Major Viktor Lettre erstanden wurde, folgte in den Jahren 1904 bis 1905 eine umfassende Erneuerung des Schlosses. Der Reserveoffizier hatte dann 1912 an den Wahlen zum Deutschen Reichstag teilgenommen, für den Wahlkreis Schweinitz-Wittenberg, erzielte aber kein Mandat.[8] Zeitgleich lebten in Neudeck Dorf und Gutsbezirk 120 Einwohner.[9] Im Güter-Adressbuch der Provinz Sachsen von 1922 wurde die Witwe Frau Major Margarete Lettre, geborene Meyer, erwähnt, als Besitzerin von 384 ha inklusive Vorwerk Bahnsdorf, Verwalter des Gutes Paul Hellmuth.[10] Letzter Besitzer vor dem Ende des Zweiten Weltkrieges wurde schließlich der Berliner Rasierklingenfabrikant Otto Roth (ROTH & LINDER[11]).[12]
Entwicklung seit dem Zweiten Weltkrieg und heutige Situation
BearbeitenNach dem Zweiten Weltkrieg beherbergte das Neudecker Schloss eine Polizeischule, die auch nach der Wende zunächst bis 1999 weiterbestand. 2002 verkaufte es das Land Brandenburg an einen privaten Investor. Nachdem verschiedene Nachnutzungspläne dieses Investors sämtlich scheiterten, verfielen die ungenutzten Gebäude zusehends.[12][13] Ein 2010 gegründeter Förderverein „Schloss Neudeck“ e.V. erreichte schließlich die Rücknahme dieser gescheiterten Privatisierung und schloss mit dem Land einen Überlassungsvertrag mit einer Laufzeit von 30 Jahren. Ziel war es Schloss, Gutshof und Parkanlage denkmalgerecht zu sanieren, um es so wieder nutzbar zu machen und kostendeckend zu bewirtschaften.[13]
Im August 2015 entschied das Land Brandenburg allerdings, dass die Liegenschaft entbehrlich sei und dem Schloss Neudeck deshalb keine finanziellen Mittel mehr zukommen zu lassen. Um dem fortschreitenden Verfall entgegenzuwirken, sind aber derzeit mindestens etwa 200.000 Euro Zuschuss jährlich für Sanierungsmaßnahmen notwendig. Vor diesem Hintergrund und dass man einige Bereiche, laut Empfehlung des Landkreises Elbe-Elster, auf Grund des schlechten baulichen Zustandes für den Besucherverkehr sperren sollte und öffentliche Veranstaltungen nicht mehr möglich sein sollten, sah auch der Förderverein „Schloss Neudeck“ keine Perspektive mehr, das Objekt sinnvoll weiterzubetreiben und -zuentwickeln. Was dazu führte, dass er sich letztlich auflöste.[13][14]
Architektur
BearbeitenDas Neudecker Schloss, welches in vergangener Zeit von einem Wassergraben umgeben war, besteht aus einem zweigeschossigen Hauptflügel, dessen östlicher Giebel mit spätgotischen Kielbogenmaßwerk und dünnen Filialen abschließt. Östlich schließt sich dem Hauptflügel ein runder Eckturm an. Auf der Nordseite des Gebäudes befindet sich ein polygonaler Treppenturm mit Laterne, Schweifhaube und Wetterfahne.[15][2] Die südliche Fassade wird von einem vierachsigen Mittelrisaliten geprägt. Davor erstreckt sich in Richtung des Gartens eine großzügige Terrassenanlage mit Freitreppe.[15]
Dem Schloss schließt sich eine nach Süden und Osten hin öffnende Parkanlage an. War in den Plänen der 1711 erfolgenden Umbauten des Schlosses noch keine Parkanlage enthalten, taucht in den Urkunden im Jahre 1766 erstmals der Lustgärtner Johann Christoph Gallart auf. Ein zum Schloss gehöriger und bis etwa 1900 in seinen Grundformen erhaltener barocker Park wurde dann vermutlich unter dem Besitzer Gottlob August von Trebra angelegt.[2]
Als Viktor von Lettre von 1904 bis 1905[16] umfangreiche Umbau- und Erneuerungsarbeiten am Schloss vornehmen ließ, wurde auch der dazugehörige Park umgestaltet und erweitert. Nach den Plänen des renommierten Architekten Paul Schultze-Naumburg (1869–1949), der auch für die Arbeiten am Schloss verantwortlich zeichnete, wurde eine umfangreiche auf den Mittelrisaliten des Schlosses ausgerichtete Gartenanlage angelegt. Die Anlage ist symmetrisch gegliedert, angelehnt an den vormaligen Barockgarten wurden barocke Elementen aufgenommen. Der innere Gartenteil ist von einer mit einem schmiedeeisernen Tor und Eckpavillons versehenen Mauer vom äußeren Landschaftspark getrennt.[15][2]
Der einstige Wirtschaftshof des Schlosses ist nordöstlich des Hauptgebäudes zu finden. Ein Großteil der in der Gegenwart erhaltenen Gebäude mit Pferdestall, Schlachthaus und Molkerei entstand von 1904 bis 1905, wiederum nach Plänen des Architekten Schultze-Naumburg.[15]
Literatur (Auswahl)
Bearbeiten- Sybille Gramlich, Irmelin Küttner: Die Stadt Herzberg/Elster und die Ämter Falkenberg/Uebigau, Herzberg, Schlieben und Schönewalde. Beiträge von Alexander Niemann, Nicola Riedel-Bröcker. In: Denkmaltopographie Bundesrepublik Deutschland. Denkmale in Brandenburg, Teil: Band 7, Landkreis Elbe-Elster, Teil 1, Wernersche Verlagsanstalt, Worms am Rhein 1998, S. 59–62. ISBN 978-3-88462-152-3.
- Handbuch der Deutschen Kunstdenkmäler – Brandenburg. 2. Auflage, Hrsg. Georg Dehio Nachf./Dehio-Vereinigung e.V., Deutscher Kunstverlag, München, Berlin 2012. ISBN 978-3-422-03123-4.
- Silke Kreibich: Herrenhaus Neudeck, In: Schlösser und Gärten der Mark, H. 128, Hrsg. Deutsche Gesellschaft, Sibylle Badstübner-Gröger (Freundeskreis Schlösser und Gärten der Mark), Berlin 2013.
Weblinks
Bearbeiten- Schloss Neudecke, Stadt Uebigau-Wahrenbrück
Anmerkungen und Einzelnachweise
Bearbeiten- ↑ Datenbank des Brandenburgischen Landesamtes für Denkmalpflege und Archäologisches Landesmuseum ( des vom 9. Dezember 2017 im Internet Archive) Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis. , abgerufen am 10. Oktober 2016.
- ↑ a b c d Sybille Gramlich/ Irmelin Küttner: Landkreis Elbe-Elster Teil 1: Die Stadt Herzberg/Elster und die Ämter Falkenberg/Uebigau, Herzberg, Schlieben und Schönewalde, S. 56–62, ISBN 978-3-88462-152-3
- ↑ Wiederau - zur Auseinandersetzung zwischen Gemeinde und Gut. In: Die Schwarze Elster. Nr. 399, 1930.
- ↑ Franz: Geschichtliche Nachrichten über Wiederau. In: Die Schwarze Elster. Nr. 214, 1914.
- ↑ Sybille Gramlich/ Irmelin Küttner: Landkreis Elbe-Elster Teil 1: Die Stadt Herzberg/Elster und die Ämter Falkenberg/Uebigau, Herzberg, Schlieben und Schönewalde, S. 230–233, ISBN 978-3-88462-152-3.
- ↑ Gothaisches genealogisches Taschenbuch der freiherrlichen Häuser auf das Jahr 1857. In: "Der Gotha", erschienen bis 1942. Siebenter Jahrgang Auflage. Freiherrliche Häuser nach alphabetischer Ordnung. Justus Perthes, Gotha 24. September 1856, S. 538–540 (Online).
- ↑ „Amt Falkenberg/ Uebigau mit seinen Gemeinden“. 1. Auflage. Stadtbuchverlag W+I GmbH und Co.KG Zeuthen, 1996, S. 12 (Broschüre).
- ↑ Die Reichstagswahlen von 1912. In: Kaiserliches Statistisches Amt (Hrsg.): Öffentliche Bekanntmachungen. Statistik des Deutschen Reichs. Band 250, Statistik. Puttkammer & Mühlbrecht Buchhandlung für Staats-und Rechtswissenschaft, Berlin 1913, S. 89 (Online).
- ↑ Leuchs Adressbuch für Industrie, Handel und Gewerbe. 1913. 10. Provinz Sachsen und Anhalt, Kreis Schweinitz (Jessen, Bez. Halle – Neudeck). C. Leuchs & Co., Nürnberg 1913, S. 741a (Online).
- ↑ Oskar Köhler, Gustav Wesche, H. Krahmer: Niekammer’s Landwirtschaftliche Güter-Adreßbücher, Band V, Provinz Sachsen. 1922. Verzeichnis sämtlicher Rittergüter und Güter von ungefähr 20 ha herab mit Angabe der Gutseigenschaft, des Grundsteuerertrages, der Gesamtfläche und des Flächeninhalts der einzelnen Kulturen. In: Mit Unterstützung der Landwirtschaftskammer zu Halle a. S. (Hrsg.): Verzeichnis der für die Landwirtschaft wichtigen Behörden und Körperschaften. 3. Auflage. V der Reihe von Paul Niekammer, Kreis Schweinitz. Reichenbach’sche Verlagsbuchhandlung, Leipzig 1922, S. 210–211 (Online).
- ↑ Beschreibung einer Rotbart-Rasierklinge, Museen Nord, Hrsg. Museumsverband Schleswig-Holstein und Hamburg e. V. 1. November 2024.
- ↑ a b Sylvia Kunze: Welche Zukunft gibt es für das Schloss in Neudeck? in Lausitzer Rundschau, 29. März 2006.
- ↑ a b c Der Ortsteil Neudeck, Stadt Uebigau-Wahrenbrück, abgerufen am 28. Oktober 2016.
- ↑ Sylvia Kunze: „Förderverein Schloss Neudeck wirft nun doch das Handtuch“ in Lausitzer Rundschau, 19. März 2016.
- ↑ a b c d Georg Dehio: Handbuch der Deutschen Kunstdenkmäler – Brandenburg. 2. Auflage. 2012, ISBN 978-3-422-03123-4, S. 732–733.
- ↑ Klaus Piontzik: Paul Schultze-Naumburg und die Saalecker Werkstätten. Architekt, Maler, Autor. 1. Online-Ressource Auflage. Band 9, Bauwerke. Books on Demand, Norderstedt 2022, ISBN 978-3-7562-0244-7, S. 44 (Online).
Koordinaten: 51° 37′ 59″ N, 13° 16′ 59,7″ O