Schloss und Schlosspark Saffig
Das Schloss und der Schlosspark Saffig in Saffig im Landkreis Mayen-Koblenz gehen auf das Grafengeschlecht Von der Leyen zurück. Heute befindet sich die denkmalgeschützte Gesamtanlage im Besitz der Barmherzigen Brüder Saffig (BBT-Gruppe). Inmitten des Schlossparks befinden sich das im Volksmund als „Schlösschen“ bezeichnete Schloss, das „Kutscherhaus“ und ein Grottenpavillon am Schlossweiher. Das weitläufige Gelände grenzt an die von Balthasar Neumann errichtete Barockkirche St. Cäcilia und die Einrichtung der Barmherzigen Brüder Saffig. Im Schloss befindet sich ein Gästehaus mit Übernachtungs- und Tagungsmöglichkeiten, ein Café und ein Museum.[1]
Geschichte
BearbeitenBereits die Kelten und Römer nutzten die Quelle im Saffiger Schlosspark zur Frischwasserversorgung und Kulthandlungen. So können im direkten Umfeld gleich mehrere Siedlungen und Grabstätten aus dem 1. Jahrhundert v. Chr. nachgewiesen werden. Im Schlosspark lassen sich an einer ca. 15 Meter hohen Basaltwand römische und frühmittelalterliche Abbauspuren nachweisen.[2]
Durch Grabfunde und Siedlungsspuren der 2. Hälfte des 6. Jahrhunderts n. Chr. kann davon ausgegangen werden, dass spätestens zu dieser Zeit eine Siedlung gegründet wurde, deren Name erstmals 1258 als „Saffge“ überliefert ist. Vermutlich bildeten ein oder zwei Gehöfte den Anfang des späteren Schlossareals.[3]
Ein urkundlich als „veste Haus“ genanntes Wohngebäude scheint im Mittelalter der Sitz der jeweiligen Herren von Saffig gewesen zu sein. Der mit einem Treppengiebel versehene, mindestens zweigeschossige Bau grenzte unmittelbar an die Hauptstraße.[4]
1481 erhielten die Grafen von der Leyen den Ort als Lehen. Mit ihnen begann eine weitreichende bauliche Veränderung des zuvor eher schlichten und bäuerlich geprägten Ortes hin zu einer gräflichen Residenz. Neben der Dorfkirche und dem „vesten Haus“ entstanden weitere steinerne und repräsentative Wohngebäude, die im Laufe der Jahrhunderte zu einer Gesamtanlage mit angrenzenden Park ausgebaut wurden.[5]
Um das Jahr 1720 wurde mit dem Bau der beiden noch bestehenden Schlossgebäude begonnen. Während das Kutscherhaus im Laufe der folgenden Jahrhunderte nur geringfügige Veränderungen erfuhr, wurde das ehemalige Schloss stark umgestaltet. Der heutzutage noch vorhandene Teil, im Volksmund bekannt als „Schlösschen“, dürfte den Nordflügel des Hauptgebäudes dargestellt haben. Insbesondere der umgebende Schlosspark findet mit seiner üppigen Ausstattung häufig in der Literatur des 18. Jahrhunderts Erwähnung. Die unmittelbar neben dem Schlosspark befindliche Barockkirche von Balthasar Neumann aus dem Jahr 1742, zeugt von der Bedeutung der Herrschaft Saffig für die Grafen von der Leyen in dieser Zeit.[6]
Mit dem Einmarsch der französischen Revolutionsarmee im Oktober 1793 wurde aus dem einstigen Herrschaftssitz ein Lazarett für verwundete Soldaten. 300 Betten wurden im Schloss Saffig aufgestellt. Durch einen Brand stürzten Teile des Schlosses in sich zusammen. Die letzte Gräfin der Herrschaft Saffig, Marianne von der Leyen, hielt in ihrem Tagebuch aus dem Jahr 1793 fest: „Saffig war verloren, das liebliche Schloss, mit herrlichem Park und Garten. Seine schönsten Obstbäume und Alleen wurden zusammengehauen, die Statuen zertrümmert, die kostbare Wasserleitung ihrer Bleiröhren wegen zerrissen.“[7]
Die Veräußerung des Schlossareals in private Hand führte um 1810 zu einer umfassenden Umgestaltung des gesamten Geländes. Der neue Eigentümer Hugo Burret ließ das „in Schutt und Asche liegende Schloss“ bis auf einen Flügel abreißen und in der heutigen Erscheinungsform umbauen. Das Parkgelände wurde dem Stil des 19. Jahrhunderts angepasst.[8]
Die Familie Burret veräußerte ab dem Jahr 1923 Teile des Schlossparks an die Barmherzigen Brüder, im Jahr 1928 ging der gesamte Komplex mit den Schlossgebäuden in den Besitz der Ordensgemeinschaft über. Dieser nutzen den Gebäudekomplex zunächst als Sanatorium für ältere Brüder.
Im 2. Weltkrieg übernimmt die Wehrmacht das benachbarte Brüderkrankenhaus und richtet ein Reservelazarett ein. Das Schlösschen wird zum Offiziersheim, das Kutscherhaus zum Schwesternwohnheim umfunktioniert.[9]
In den Nachkriegsjahren dienen die Gebäude zunächst als Unterkunft für Vertriebene. In den 1960er bis 1980er Jahren fallen aufgrund umfangreicher Baumaßnahmen für einen neuen Kirchenanbau, verkehrsbedingte Veränderungen der Hauptstraße, dem Bau des Peter-Friedhofen-Platzes und dem Zeitgeist jener Epoche weitere prägende Elemente des Parks sowie bauhistorische Besonderheiten zum Opfer. Dennoch hat sich der Schlosspark seinen Ursprungscharakter in weiten Teilen erhalten können.[10]
Eine erste Rückbesinnung auf die Besonderheiten des gesamten Geländes erfolgte Anfang der 2000er Jahre. Im Jahr 2024 konnte eine umfassende Sanierung der Gebäude abgeschlossen werden.[11]
Heutige Nutzung
BearbeitenSchloss Saffig beherbergt ein Gästehaus mit Café und Veranstaltungsräumen, das als Inklusionsbetrieb durch die Einrichtung der Barmherzigen Brüder Saffig geführt wird. Das Gästehaus beschäftigt eine Mitarbeiterquote von 50 Prozent schwerbehinderter Personen und betont seine Verpflichtungen zur Vielfalt.[12]
Im Kellergewölbe befindet sich ein kleines Museum zur Geschichte des Ortes Saffig und des Schlossareals.
Das Parkgelände ist für Besucher frei zugänglich.
Literatur
Bearbeiten- Bernhard von Schoenebeck: Mahlerische Reise am Nieder-Rhein: Merkwürdigkeiten der Natur und Kunst. Band, Nr. 3. Wiegel & Schneider, Nürnberg 1784.
- Johann Bernoulli: Sammlung kurzer Reisebeschreibungen und anderer zur Erweiterung der Länder und Menschenkenntnis dienender Nachrichten. 1785.
- Joseph Gregor Lang: Reise auf dem Rhein von Mainz nach Andernach. Hrsg.: Bayrische Staatsbibliothek. München 1789.
- Anton Friedrich Büsching: Erdbeschreibung. Theil, Nr. 9, 1792.
- Marianne von der Leyen: Journal meiner Unglücksfälle. Edition Europa, Walsheim 1793.
- Wilhelm Körte: Briefe zwischen Gleim, Heinse und von Müller. In: Gleims literarischen Nachlasse. Band, Nr. 1. Zürich 1806.
- Karl Lohmeyer: Johannes Seiz, Kurtrierischer Hofarchitekt, Bautätigkeit eines rheinischen Kurstaates in der Barockzeit. Carl Winters, Heidelberg 1914.
- Karl Lohmeyer, Karl Koetschau: Das rheinisch-fränkische Barock. Die Briefe Balthasar Neumanns. Gebr. Hoefer Verlagsanstalt, Saarbrücken 1921.
- Ludwig Eid: Marianne von der Leyen, Leben - Staat - Wirken. Westpfälzische Verlagsdruckerei, St. Ingbert 1937.
- Heinrich Neu, Josef Busley: Die Kunstdenkmäler des Kreises Mayen. In: Halbband. Band 1. Düsseldorf 1941.
- Joachim Holz: Die Pfarrkirche in Saffig - ein Werk Balthasar Neumanns. In: Archiv für mittelrheinische Kirchengeschichte. Band, Nr. 15. Speyer 1963.
- Wolfgang Krämer: Beiträge zur Geschichte des mediatisierten Hauses von der Leyen und zu Hohengeroldseck im 16. Jahrhundert. Selbstverlag, Gauting 1964.
- Helmut Schommer: Familienbuch Saffig. Eigenverlag, Köln 1991.
- Martin Roggatz, Andreas Britz: Saffig in der Pellenz. Hrsg.: Rheinische Kunststätten. Heft, Nr. 125. Rheinischer Verein für Denkmalpflege, Köln 1993.
- Barmherzige Brüder Saffig: Mit Gottvertrauen und Menschenliebe, Chronik der Barmherzigen Brüder Saffig. Eigenverlag, Koblenz 2013.
- Hans Rith: Kleiner Kirchenführer durch die Barockkirche Saffig. Selbstverlag, 2013.
- Pascal Nachtsheim: Das schönste und menschlichste Plätzchen - Der Schlosspark der Barmherzigen Brüder Saffig. In: Schriftenreihe der Barmherzigen Brüder Saffig. Band, Nr. 1, 2022, ISBN 978-3-9812282-2-9, S. 9.
- Dr. Klaus Schäfer: Im Boden verborgen - Archäologische Funde zur Saffiger Besiedlungsgeschichte im Umfeld des Schlossparks der Barmherzigen Brüder. Band, Nr. 2, 2022, ISBN 978-3-9812282-3-6.
- Pascal Nachtsheim: Vestes Haus an der Kirch - Das verschwundene Burghaus von Saffig. In: Heimatjahrbuch des Landkreises MYK 2024. 2024, ISSN 0944-1247, S. 168 f.
Weblinks
BearbeitenEinzelnachweise
Bearbeiten- ↑ Website des Gästehauses im Schlosspark. Abgerufen am 25. April 2024.
- ↑ Dr. Klaus Schäfer: Im Boden verborgen - Archäologische Funde zur Saffiger Besiedlungsgeschichte im Umfeld des Schlossparks der Barmherzigen Brüder. Band, Nr. 2, 2022, ISBN 978-3-9812282-3-6, S. 6 f.
- ↑ Dr. Klaus Schäfer: Im Boden verborgen - Archäologische Funde zur Saffiger Besiedlungsgeschichte im Umfeld des Schlossparks der Barmherzigen Brüder. Band, Nr. 2, 2022, ISBN 978-3-9812282-3-6, S. 49 f.
- ↑ Pascal Nachtsheim: Vestes Haus an der Kirch - Das verschwundene Burghaus von Saffig. In: Heimatjahrbuch des Landkreises MYK 2024. 2024, ISSN 0944-1247, S. 168 f.
- ↑ Pascal Nachtsheim: Das schönste und menschlichste Plätzchen - Der Schlosspark der Barmherzigen Brüder Saffig. In: Schriftenreihe der Barmherzigen Brüder Saffig. Band, Nr. 1, 2022, ISBN 978-3-9812282-2-9, S. 9.
- ↑ Pascal Nachtsheim: Das schönste und menschlichste Plätzchen - Der Schlosspark der Barmherzigen Brüder Saffig. In: Schriftenreihe der Barmherzigen Brüder Saffig. Band, Nr. 1, 2022, ISBN 978-3-9812282-2-9, S. 12 ff.
- ↑ Marianne von der Leyen: Journal meiner Unglücksfälle. Edition Europa, Walsheim 1793.
- ↑ H. Neu, J. Busley: Die Kunstdenkmäler des Kreises Mayen. Halbband, Nr. 1. Düsseldorf 1941.
- ↑ Barmherzige Brüder Saffig: Mit Gottvertrauen und Menschenliebe, Chronik der Barmherzigen Brüder Saffig. Eigenverlag, Koblenz 2013.
- ↑ Pascal Nachtsheim: Das schönste und menschlichste Plätzchen - Der Schlosspark der Barmherzigen Brüder Saffig. In: Schriftenreihe der Barmherzigen Brüder Saffig. Band, Nr. 1, 2022, ISBN 978-3-9812282-2-9, S. 23.
- ↑ Pascal Nachtsheim: Vestes Haus an der Kirch - Das verschwundene Burghaus von Saffig. In: Heimatjahrbuch des Landkreises MYK 2024. 2024, ISSN 0944-1247, S. 168 f.
- ↑ Rhein-Zeitung: Menschen mit und ohne Beeinträchtigungen arbeiten zusammen: Gästehaus im Schlosspark Saffig eröffnet. 22. Dezember 2023, abgerufen am 24. April 2024.
Koordinaten: 50° 22′ 41,2″ N, 7° 25′ 1,1″ O