Schraffur in der Kunst

zeichnerische Technik

Die Schraffur in der Kunst ist eine zeichnerische Technik, die meist aus parallelen Linien besteht. Die Schraffur (von italienisch sgraffiare, „kratzen“, englisch hatching, französisch hachure) dient vor allem dazu, verschiedene Tonwerte (Grauwerte) zu erzeugen. Darüber hinaus können Körperrundungen, Licht- und Schatteneffekte und Strukturen dargestellt werden oder es werden unterschiedliche Bereiche oder Flächen hervorgehoben.[1] Künstler wenden die Technik in der künstlerischen Zeichnung, der technischen Zeichnung, Druckgrafik, Illustration, bei Skizzen, Comics und in modernen Medien an.

Verschiedene Schraffurarten. Albrecht Dürer: Hieronymus im Gehäus, 1514, Ausschnitt.

Beschreibung

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Im engeren Sinn besteht eine Schraffur aus parallelen Linien, die gerade oder gekrümmt, durchgehend oder unterbrochen sein können. Im weiteren Sinn bezeichnet eine Schraffur ein Geflecht aus Linien, die frei geformt sein können.[2] Dunklere Tonwerte lassen sich erzeugen durch:

  • geringeren Abstand zwischen den Linien bzw. durch mehr Linien,
  • breitere Linien,
  • weniger Unterbrechungen der Linien,
  • mit größerem Druck ausgeführte Linien und
  • durch mehr Überschneidungen der Linien.[3]

Schraffurarten

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  • Parallelschraffur: Die Parallelschraffur (auch einfache Schraffur, klassische Schraffur, lineare Schraffur; englisch: hatching) ist die wichtigste Grundtechnik. Sie besteht aus parallel verlaufenden Strichlagen.[4] Je nach Richtung gibt es Senkrecht-, Schräg- oder Waagrechtschraffur.[5] Die Parallelschraffur ist auch geeignet, um Regen oder Bewegungseffekte (Speedlines) darzustellen.[6]
  • Kreuzschraffur: Bei der Kreuzschraffur (englisch: cross hatching) werden über die erste Lage paralleler Linien zwei oder mehrere Lagen von parallelen Linien in verschiedenen Richtungen übereinandergelegt.[7] Mit dieser Technik lassen sich besonders dunkle Tonwerte erzielen.
  • Formstrich oder Formschraffur: Bei dem Formstrich oder der Formschraffur (auch Formlinie, formgebende Linie, Konturschraffur; englisch: contour hatching) folgen die Linien der meist gerundeten Oberfläche oder Kontur des Gegenstandes. Damit wird die plastische Form verdeutlicht, beispielsweise ob es sich bei einem Kreis um eine flache Scheibe oder eine Kugel handelt. Außerdem wird die Hell-Dunkel-Wirkung verstärkt.[8] Zusätzlich ist die Formschraffur geeignet für Haare oder Falten, sowohl bei Kleidern als auch in Gesichtern.[9]
  • Kreisschraffur: Bei der Kreisschraffur (englisch: squiggl hatching) wird die Fläche mit lockeren, kleinen Kreisen, Kringeln oder Schnörkeln gestaltet. Es entsteht eine lebendige Textur.
  • Kritzelschraffur: Bei der Kritzelschraffur (auch wilde Schraffur, Gekritzel; englisch: scribble hatching) wird die Oberfläche mit Kritzellinien gefüllt, die sich mehr oder weniger überlappen. Es entsteht eine lebendige, interessante, organische Textur.[10]
  • Patch-Schraffur: Die Patch-Schraffur (auch Fleckenschraffur; englisch: patch hatching) besteht aus kleinen Flächen mit Parallelschraffur, die jeweils eine andere Strichrichtung besitzen. Der Vorteil dieser Technik ist, dass keine langen geraden Linien gezogen werden müssen.[11]
  • Schummern oder flache Schraffur: Auch das Schummern oder die flache Schraffur gehört zu den Schraffurarten, obwohl kaum oder keine Linien sichtbar sind. Der Stift wird mit einem schräg gehaltenen Stift in geraden parallelen oder kreisförmigen Bewegungen geführt. Es entsteht eine annähernd gleichmäßig graue Fläche und die Papierstruktur bleibt sichtbar. Sie eignet sich für größere Flächen.[12]
  • Punktschraffur: Die Punktschraffur (auch Punktierung, Tüpfeln; englisch: dot shading) besteht aus Punkten. Sie eignet sich zum Zeichnen mit Tinte, da feine Abstufungen mit Punkten leichter gelingen als mit Linien.[13] Da Linien fehlen, handelt es sich eigentlich nicht um eine richtige Schraffur.[14]

Geschichte

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Einer der ersten, die die Schraffur beim Kupferstich verwendeten, war der um 1450 lebende Kupferstecher Meister E. S. (um 1420 – um 1468). Später nutzten die meisten Künstler die verschiedenen Schraffurarten in ihren Drucken, Skizzen oder Zeichnungen. Dazu gehören Albrecht Dürer (1471–1528), Rembrandt van Rijn (1606–1669) oder Paul Klee (1879–1940) – um nur einige wenige zu nennen.

Beispiele in der Kunst

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Literatur

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  • Walter Foster (Hrsg.): Die Kunst des Zeichnens. Reihe: Die große Zeichenschule: praxisnah & gut erklärt. 19. Auflage. Frechverlag, Stuttgart 2013, ISBN 978-3-7724-6062-3.
  • Thomas Bickelhaupt: Grafik. Theorie – Praxis – Geschichte. Themenheft, Klasse 10–13. Thema Kunst. Ernst Klett Verlag, Stuttgart/Leipzig 2015, ISBN 978-3-12-205129-7.
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Einzelnachweise

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  1. Ludger Alscher u. a. (Hrsg.): Lexikon der Kunst. 1. Auflage. Band 4. Stichwort: Schraffur. VEB E. A. Seemann, Buch- und Kunstverlag, Leipzig 1977, S. 387.
  2. Die Kunst des Zeichnens. In: Walter Foster (Hrsg.): Die große Zeichenschule: praxisnah & gut erklärt. 19. Auflage. Frechverlag, Stuttgart 2013, ISBN 978-3-7724-6062-3, S. 11.
  3. Die Kunst des Zeichnens. In: Walter Foster (Hrsg.): Die große Zeichenschule: praxisnah & gut erklärt. 19. Auflage. Frechverlag, Stuttgart 2013, ISBN 978-3-7724-6062-3, S. 19.
  4. Die Kunst des Zeichnens. In: Walter Foster (Hrsg.): Die große Zeichenschule: praxisnah & gut erklärt. 19. Auflage. Frechverlag, Stuttgart 2013, ISBN 978-3-7724-6062-3, S. 10.
  5. Rolf Agde u. a.: Das große Lexikon der Graphik: Künstler, Techniken, Hinweise für Sammler. Stichwort: Schraffur. Georg Westermann Verlag GmbH, Braunschweig 1984, ISBN 3-14-509079-8, S. 490.
  6. Hatching and Cross Hatching. What is hatching? In: ArtCrumbs and the GlobalComix Team: Creator Tips and Tricks #12. 5. April 2022, abgerufen am 3. Februar 2025 (englisch).
  7. August Lamm: Kreuzschraffur mit Feder, Stift und Tusche. Eine altmeisterliche Technik neu entdeckt. 1. Auflage. Boesner GmbH holding, Witten 2013, ISBN 978-3-928003-46-9.
  8. Timo: Schraffieren lernen: Alle Techniken und Tricks auf einen Blick. In: Zeichnen lernen: Motive und Techniken für große und kleine Künstler. 19. Juli 2022, abgerufen am 2. Februar 2025.
  9. Hatching and Cross Hatching. What is hatching? In: ArtCrumbs and the GlobalComix Team: Creator Tips and Tricks #12. 5. April 2022, abgerufen am 3. Februar 2025 (englisch).
  10. Die Kunst des Zeichnens. In: Walter Foster (Hrsg.): Die große Zeichenschule: praxisnah & gut erklärt. 19. Auflage. Frechverlag, Stuttgart 2013, ISBN 978-3-7724-6062-3, S. 19.
  11. John Muir Laws: Hatching and Crosshatching Technique. In: Nature stewardship through science, education, and art. 2017, abgerufen am 7. Februar 2025 (englisch).
  12. Die Kunst des Zeichnens. In: Walter Foster (Hrsg.): Die große Zeichenschule: praxisnah & gut erklärt. 19. Auflage. Frechverlag, Stuttgart 2013, ISBN 978-3-7724-6062-3, S. 19.
  13. Livia Ochmann: Schraffieren lernen. 4 einfache Schraffurtechniken. In: Grundlagen Malen & Zeichnen. 2025, abgerufen am 3. Februar 2025.
  14. Denise: Pinselpower: Schraffuren und Strukturen einfach erklärt. 2020, abgerufen am 6. Februar 2025.