Sciara del Fuoco

Bergflanke auf der Vulkaninsel Stromboli

Mit Sciara del Fuoco wird die Nordwestflanke des Vulkans Stromboli auf der gleichnamigen Insel im südlichen Tyrrhenischen Meer bezeichnet. In ihr sammelt sich der größte Teil des pyroklastischen Materials, das bei den Strombolianischen Eruptionen entsteht und dann ins Meer rollt.[1]

Sciara del Fuoco (2014)

Etymologie

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Das aus dem Sizilianischen stammende Wort sciara ist eine der Überlagerung des arabischen سيارا (ša῾ra) (dt. fruchtloses, ödes Land) mit einer Derivation des lateinischen flagrare (dt. brennen).[2] Im Deutschen wird sie als „Feuerrutsche“ bezeichnet.[3]

Geologie

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Der subaerische Bereich der bis zu 38° steilen und 700 m hohen Vulkanflanke reicht vom Kraterbereich bis zum Meeresspiegel.[1] Sie setzt sich unter der Wasseroberfläche fort und erreicht eine Tiefe von 750±50 m, womit die Flanke eine Gesamtlänge von 1450±50 m aufweist.[4] Die hufeisenförmige Sciara ist an ihrer breitesten Stelle etwa 3 km breit.[5]

Neben pyroklastischem Material fließt bei Effusiven Ausbrüchen auch der Großteil der Lava über die Sciara del Fuoco ab. Durch die ständigen Auswürfe des vulkanischen Materials und durch Erosion, die sich insbesondere an den steileren Stellen und am Küstenstreifen bemerkbar macht, wird die Flanke kontinuierlich neu geformt.[6]

Geologisch gesehen ist die Sciara del Fuoco eine Senke, die teilweise mit vulkanischen Material aufgefüllt ist.[7] Eine zweite Senke liegt an der südöstlichen Flanke des Vulkans und trägt den Namen Rina Grande (sizilianisch für „großer Sand“).[8]

Entstehung

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Der nordwestliche Bereich der Sciara del Fuoco mit der deutlich erkennbaren Abbruchkante, bekannt als Filo del Fuoco. Im Vordergrund die Reste eines erstarrten Lavastroms

Die Sciara del Fuoco entstand vor etwa 5000 Jahren, nachdem die nordwestliche Flanke des Vulkankegels kollabierte.[1] Er war der letzte von vier verheerenden Einstürzen der Nordwestflanke, die sich in den letzten 13.000 Jahren am Stromboli ereigneten. Der erste und größte Einsturz hatte ein Volumen von 2,23±0,87 km³, während der Einsturz der zur Bildung der Sciara del Fuoco führte, ein Volumen von 0,73±0,22 km³ hatte. Auslöser waren jeweils mehrere gleichzeitig auftretende Faktoren, die sich auf die Stabilität des Hanges auswirkten und zum Teil durch die Aktivität des Vulkans selbst bedingt waren, wie der Auswurf vulkanischen Materials, der Anstieg des Meeresspiegels nach der letzten Kaltzeit und die Erosion. Eine Rolle spielten aber auch Magmainfiltrationen und der geomorphologische Aufbau des Stromboli selbst.[9]

Von der Sciara del Fuoco lösen sich in unregelmäßigen Abständen auch Trümmerlawinen unterschiedlicher Größe. Eine solche Trümmerlawine war Ende Dezember 2002 Auslöser eines Tsunamis. Letzterer verursachte erhebliche Schäden im nördlichen Teil der Insel, als die mehr als 10 m hohe Welle 130 m weit in das Landesinnere vordrang. Da sich das Ereignis im Winter ereignete, befanden sich nur wenige Personen auf der Insel, so dass niemand zu Schaden kam. Die Wellen waren noch an den Küsten Siziliens, Kampaniens und Kalabriens auszumachen.[10]

Vulkanologen haben berechnet, dass eine kollabierende Sciara mit einem Volumen von 1 km³ eine Tsunamiwelle mit einer Höhe von 50 m in unmittelbarer Nähe der Abbruchstelle und von 20 bis 30 m Höhe auf der übrigen Insel verursachen würde. Katastrophale Folgen wären auch an der kalabrischen und sizilianischen Küste zu erwarten, auf die stellenweise eine bis zu 8 m hohe Welle zurollen würde. Von solchen Einstürzen oder Teilenstürzen der Sciara gehen daher die größten Gefahren des Stromboli aus.[11] Vor allem der unter dem Meeresspiegel liegende Bereich des Hanges gilt aufgrund der Menge des aufliegenden Materials und seiner Neigung von 45° als äußerst instabil.

Ob der Sciara-Einsturz vor etwa 5000 Jahren Auswirkungen auf die Bevölkerung der Liparischen Inseln während der Jungsteinzeit hatte, ist aufgrund der lückenhaften Datenlage nicht gesichert. Da aus den vorliegenden Daten hervorgeht, dass es zu dem Zeitpunkt des Kollaps zu einem signifikanten demographischen Knick auf den Inseln kam, ist ein Zusammenhang durchaus in Erwägung zu ziehen.[12]

Literatur

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  • Alessandro Tibaldi: Multiple sector collapses at Stromboli volcano, Italy: How they work. In: Bulletin of Volcanology. Nr. 63 (2001), S. 112–125, doi:10.1007/s004450100129.
  • Lawrence H. Tanner, Sonia Calvari: Unusual sedimentary deposits on the SE side of Stromboli volcano, Italy: products of a tsunami caused by the ca. 5000 years BP Sciara del Fuoco collapse? In: Journal of Volcanology and Geothermal Research. Band 137 (2004), S. 329–340, doi:10.1016/j.jvolgeores.2004.07.003.
  • Francesco L. Chiocci, Claudia Romagnoli, Paolo Tommasi, Alessandro Bosman: The Stromboli 2002 tsunamigenic submarine slide: Characteristics and possibile failure mechanisms. In: Journal of Geophysical Research. Band 113 (2008), doi:10.1029/2007JB005172.
  • M. Marsella, P. Baldi, M. Coltelli, M. Fabris: The morphological evolution of the Sciara del Fuoco since 1868: reconstructing the effusive activity at Stromboli volcano. In: Bulletin of Volcanology. Nr. 74 (2012) S. 231–248, doi:10.1007/s00445-011-0516-6.
  • L. Francalanci, F. Lucchi, J. Keller, G. De Astis, C. A. Tranne: Eruptive, volcano-tectonic and magmatic history of the Stromboli volcano (north-eastern Aeolian archipelago). In: F. Lucchi, et a.: The Aeolian Islands Volcanoes. Geological Society of London, London 2013, S. 397–471, doi:10.1144/m37.13.
  • Marco Manni: Contributo storiografico alla datazione della Sciara del Fuoco dello Stromboli. (=Quaderni di Geofisco) Nr. 130 (2015). Herausgegeben vom Istituto Nazionale di Geofisica e Vulcanologia, Rom 2014 (PDF).
  • Federico Di Traglia et al.: Subaerial-submarine morphological changes at Stromboli volcano (Italy) induced by the 2019–2020 eruptive activity. In: Geomorphology. Band 400 (2022), doi:10.1016/j.geomorph.2021.108093.
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Commons: Sciara del Fuoco – Sammlung von Bildern und Videos
  • Sciara del Fuoco. In: Enciclopedia on line. Istituto della Enciclopedia Italiana, Rom.

Einzelnachweise

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  1. a b c M. Marsella, P. Baldi, M. Coltelli, M. Fabris: The morphological evolution of the Sciara del Fuoco since 1868: reconstructing the effusive activity at Stromboli volcano. S. 231.
  2. sciara. In: treccani.it. Abgerufen am 27. Oktober 2023 (italienisch).
  3. Stromboli In: Brockhaus Enzyklopädie in zwanzig Bänden. 17. Auflage. Achtzehnter Band STAM–TRIE, F.A. Brockhaus, Wiesbaden 1973, S. 236.
  4. Alessandro Tibaldi: Multiple sector collapses at Stromboli volcano, Italy: How they work. S. 121.
  5. Lawrence H. Tanner, Sonia Calvari: Unusual sedimentary deposits on the SE side of Stromboli volcano, Italy: products of a tsunami caused by the ca. 5000 years BP Sciara del Fuoco collapse? S. 331.
  6. M. Marsella, P. Baldi, M. Coltelli, M. Fabris: The morphological evolution of the Sciara del Fuoco since 1868: reconstructing the effusive activity at Stromboli volcano. S. 232.
  7. Francesco L. Chiocci, Claudia Romagnoli, Paolo Tommasi, Alessandro Bosman: The Stromboli 2002 tsunamigenic submarine slide: Characteristics and possibile failure mechanisms. S. 2.
  8. Federico Di Traglia et al.: Subaerial-submarine morphological changes at Stromboli volcano (Italy) induced by the 2019–2020 eruptive activity. S. 2.
  9. Alessandro Tibaldi: Multiple sector collapses at Stromboli volcano, Italy: How they work. S. 112–113.
  10. Francesco L. Chiocci, Claudia Romagnoli, Paolo Tommasi, Alessandro Bosman: The Stromboli 2002 tsunamigenic submarine slide: Characteristics and possibile failure mechanisms. S. 2–3.
  11. Marco Manni: Contributo storiografico alla datazione della Sciara del Fuoco dello Stromboli. S. 8.
  12. Marco Manni: Contributo storiografico alla datazione della Sciara del Fuoco dello Stromboli. S. 15.

Koordinaten: 38° 47′ 56″ N, 15° 12′ 25,6″ O