Seneca – Oder: Über die Geburt von Erdbeben

Film von Robert Schwentke (2023)

Seneca – Oder: Über die Geburt von Erdbeben (Originaltitel: Seneca) ist ein Filmdrama von Robert Schwentke, das im Februar 2023 im Rahmen der Internationalen Filmfestspiele in Berlin seine Premiere feierte und im März 2023 in die deutschen Kinos kam. Der US-amerikanische Schauspieler John Malkovich ist in dem Film in der Titelrolle als der römische Philosoph Seneca zu sehen, der an seinen eigenen philosophischen Grundsätzen scheitert, als sein ehemaliger Schüler Nero ihn aus Überdruss zum Suizid zwingt.

Film
Titel Seneca – Oder: Über die Geburt von Erdbeben
Originaltitel Seneca
Produktionsland Deutschland, Marokko
Originalsprache Englisch
Erscheinungsjahr 2023
Länge 112 Minuten
Altersfreigabe
Produktions­unternehmen Filmgalerie 451
Stab
Regie Robert Schwentke
Drehbuch Robert Schwentke,
Matthew Wilder
Produktion Karim Debbagh,
Frieder Schlaich,
Irene von Alberti
Musik Martin Todsharow
Kamera Benoît Debie
Schnitt Michał Czarnecki
Besetzung
Synchronisation

Handlung

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Rom im Jahre 65 n. Chr. Der Philosoph Seneca ist seit seiner Kindheit Mentor und enger Berater von Kaiser Nero, übte viele Jahre großen Einfluss auf ihn aus und war maßgeblich an seinem Aufstieg zu einem der wohlhabendsten und einflussreichsten Männer Roms beteiligt.

Trotzdem wird Nero, der mit 16 Jahren Kaiser wurde, sich seitdem jedoch zu einem selbstgefälligen Tyrannen entwickelt hat, Senecas überdrüssig und beschuldigt ihn fälschlicherweise der Komplizenschaft bei einem Attentat auf sich. Während der opulenten Feierlichkeiten in seinem Haus lässt ihm Nero per Boten sein Todesurteil zukommen. Bis zum Morgen solle er sich selbst töten, befiehlt ihm der Despot. Überrascht von der Nachricht muss sich Seneca in dieser Nacht die Frage stellen, was er denn wirklich war, Opportunist, Heuchler oder Kollaborateur. Auch weiß er nicht, ob er dem Tod ohne Angst ins Gesicht sehen kann.[2][3][4]

Produktion

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Regie, Drehbuch und Besetzung

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Regie führte Robert Schwentke, der gemeinsam mit Matthew Wilder auch das Drehbuch schrieb. Dieses basiert auf historischen Quellen und Originaltexten von Seneca, nachdem Schwentke die Beziehung zwischen ihm und Nero mehrere Jahre untersucht hatte. Einige Szenen sind von den Annalen des Tacitus inspiriert, andere von Cassius Dio und Sueton.[4] Was ihn an Seneca faszinierte war, dass er so sehr den Eliten entspricht, die bis heute nicht in der Lage sind, erstarkte Barbaren in dieser Welt zu bekämpfen, die reaktionär, antidemokratisch und chauvinistisch auftreten und demokratische Strukturen ignorieren. Den Gefahren gegenüber, die von einem überall auf der Welt neuentstandenen Nationalismus ausgehen, sei eine impotente, wohlmeinende, belesene, distanzierte, selbstsüchtige Elite blind, so Schwentke.[4]

 
John Malkovich, hier bei der Premiere im Februar 2023 bei der Berlinale, spielt Seneca

Der Film ist als eine groteske Komödie über die letzten Tage des antiken Philosophen Lucius Annaeus Seneca und die Anfänge von Kaiser Neros despotischem Regime im Alten Rom gedacht.[5] Gleichzeitig sollte der Film auch eine Parabel über die Gefahren werden, die aus ausufernder Macht und totalitären Systemen resultieren, so der Regisseur. „Ich will damit meine Untersuchung der Formen des Opportunismus in totalitären Systemen fortsetzen, die ich mit Der Hauptmann begonnen habe. Der Ton meines Streifens ist übertrieben und tragikomisch“, erklärte er. So kombinierten sie die größte Verzweiflung mit kindischem Verhalten und Blutdurst mit der Komödie. Dies habe er schon in Der Hauptmann angewendet, und das sei auch eine perfekte Kombination für seinen Hauptdarsteller, so Schwentke.[6] Ein bisschen verhalte es sich bei Seneca wie bei Tschechows Platonov, der in suizidaler Absicht von einer Klippe springt und in einer Pfütze landet.[4] Seneca war an seinen eigenen philosophischen Grundsätzen gescheitert, als sein ehemaliger Schüler Nero ihn aus Überdruss zum Suizid zwingt.[7]

John Malkovich spielt in der Titelrolle Seneca. Der US-amerikanische Schauspieler war bereits in Schwentkes R.E.D. – Älter, Härter, Besser in einer Hauptrolle zu sehen. In weiteren Rollen sind der deutsche Schauspieler Louis Hofmann als Lucilius, die Britin Geraldine Chaplin als Cecilia, die Briten Julian Sands und Andrew Koji als Rufus und Felix, der Deutsche Alexander Fehling als Decimus und der britische Nachwuchsschauspieler Tom Xander zu sehen.[2] Letzterer spielt Kaiser Nero.[3] Samuel Finzi, ein bulgarischer Schauspieler, der seit Jahrzehnten in Deutschland lebt und arbeitet, spielt Statius.[7]

Filmförderung und Dreharbeiten

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Der Film, den Filmgalerie 451 gemeinsam mit Gretchenfilm, Kasbah Films, ZDF/ARTE und dropkick pictures produzierte[8], erhielt eine Produktionsförderung von der Beauftragten der Bundesregierung für Kultur und Medien in Höhe von 550.000 Euro, vom Deutschen Filmförderfonds in Höhe von rund 275.000 Euro, von der Film- und Medienstiftung NRW in Höhe von 200.000 Euro, vom Medienboard Berlin-Brandenburg ebenfalls von 200.000 Euro und von der Medien- und Filmgesellschaft Baden-Württemberg in Höhe von 210.000 Euro.[9][10] Von der Beauftragten der Bundesregierung für Kultur und Medien wurde zudem eine Verleihförderung in Höhe von 50.000 Euro gewährt.[11] Ebenso erhielt der Film von der Filmförderungsanstalt eine Verleihförderung in Höhe von 26.150 Euro.[12]

Die Dreharbeiten wurden Ende September 2021 in Marokko begonnen.[7][13][5] Hauptdarsteller Malkovich stand schon mehrere Male in dem Land im Nordwesten Afrikas vor der Kamera.[14] Gedreht wurde in Essaouira und in der für ihre besondere Lehmarchitektur bekannten Stadt Ouarzazate in Südmarokko. Dort entstanden bereits Produktionen wie Orson WellesOthello, David Leans Lawrence von Arabien, Martin Scorseses Die letzte Versuchung Christi, Pier Paolo Pasolinis Edipo Re, Alejandro González Iñárritus Babel und Ridley Scotts Filme Gladiator und Königreich der Himmel.[4][15] Um das Rom von 65 n. Chr. nachzubilden, verwendete die Produktion vorhandene Kulissen in den Studios der Stadt.[7] Nach einer Location-Tour in Marokko schrieb Schwentke auch das Drehbuch und passte dieses an die vorhandenen Sets an.[4] Als Kameramann fungierte der Belgier Benoît Debie.

Filmmusik und Veröffentlichung

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Die Filmmusik komponierte wie bei Schwentkes Filmen Der Hauptmann und Snake Eyes: G.I. Joe Origins Martin Todsharow.[16]

Ein erster Trailer wurde Mitte Dezember 2022 vorgestellt.[2] Die Premiere des Films war am 20. Februar 2023 im Rahmen der Internationalen Filmfestspiele in Berlin.[17] Der Kinostart in Deutschland erfolgte am 23. März 2023. Der Weltvertrieb liegt bei Picture Tree International.[8]

Rezeption

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Kritiken

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Dieter Oßwald, Filmkorrespondent der Gilde deutscher Filmkunsttheater, schreibt, mit wenigen Pinselstrichen würden in dem Film die Eckpfeiler der Geschichte des berühmten Philosophen Seneca skizziert und gezeigt, wie er zum Tyrannenflüsterer bei Nero wird und bei dem Despoten in Ungnade fällt. Robert Schwentke verspreche „Buñuels Dinnerparty, die niemals endet!“ und halte ein Füllhorn verrückter Ideen bereit, wobei auch Komik kaum zu kurz komme. Der Film könne als Vieles betrachtet werden, als verquastes Kunst-Kammerspiel oder vergnügliches Philosophie-Seminar über Macht, Korruption und Klimawandel. Ebenso sei es bei der Beurteilung des John Malkovich, ob es sich um eine schauspielerische Meisterleistung oder eine derart übertriebene Selbstbeweihräucherung handelt, dass es zur unfreiwilligen Parodie seiner Gockelhaftigkeit gerät.[18]

Gaby Sikorski erklärt in ihrer Kritik bei Filmstarts, in Seneca gehe es gleich um ein ganzes Bündel von Themen, deren Bedeutung über Jahrtausende erhalten geblieben ist, beginnend bei Macht und Machtmissbrauch, weiter über Opportunismus und gutem und miesen Marketing sowie der korrekte Umgang mit Despoten. Sie resümiert, Seneca sei kein Monumental- oder Kostümfilm, sondern ein antiker Stoff im zeitlos künstlerischen Gewand mit aktuellen Anspielungen über das Versagen der Vernunft angesichts der grausamen Realität. So sei der Film auch eine Parabel über Macht und Machtmissbrauch und trotz des zeitlichen Rücksprungs um 2000 Jahre zur thematischen Weiterführung von Der Hauptmann geworden, in dem sich Schwentke ebenfalls schon intensiv mit Machtgier und Opportunismus beschäftigt hat.[19]

Auszeichnungen

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Seneca wurde Mitte Januar 2023 in die Vorauswahl für den Deutschen Filmpreis aufgenommen.[20]

Synchronisation

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Die deutsche Synchronisation entstand nach einem Dialogbuch von Klaus Terhoeven und der Dialogregie von Roland Hüve im Auftrag der logoSynchron GmbH, Köln.[21]

Rolle Darsteller Synchronsprecher
Seneca John Malkovich Joachim Tennstedt
Agrippina Mary-Louise Parker Kordula Leiße
Atreus Samuel Finzi Samuel Finzi
Balbina Samia Chancri Samia Chancri
Cecilia Annika Meier Annika Meier
Decimus Alexander Fehling Alexander Fehling
Fabius Wolfram Koch Wolfram Koch
Felix Andrew Koji Heiko Obermöller
Lucia Geraldine Chaplin Therese Dürrenberger
Nero Tom Xander Lars Walther
Paulina Lilith Stangenberg Lilith Stangenberg
Piso Blerim Destani Blerim Destani
Poppea Nadia Benzakour Demet Fey
Rufus Julian Sands Jochen Langner
Sergeant Waldemar Kobus Waldemar Kobus
Lucilius Louis Hofmann Louis Hofmann
Erzähler (Jefferson Mays) Achim Buch
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Commons: Seneca – Oder: Über die Geburt von Erdbeben – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

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  1. Freigabebescheinigung für Seneca – Oder: Über die Geburt von Erdbeben. Freiwillige Selbstkontrolle der Filmwirtschaft (PDF; Prüf­nummer: 238674).Vorlage:FSK/Wartung/typ nicht gesetzt und Par. 1 länger als 4 Zeichen
  2. a b c Maike Karr: „Seneca“: „Dark“-Star und Makovich in neuem Film von Robert Schwentke. In: film.at, 16. Dezember 2022.
  3. a b Seneca. In: filmstarts.de. Abgerufen am 20. Dezember 2022.
  4. a b c d e f Presskit: John Malkovich is Seneca. In: berlinale.de. Abgerufen am 8. Februar 2023. (PDF; 2 MB)
  5. a b Drehstart für „Seneca – Oder: Über die Geburt von Erdbeben“. Die erste Klappe beim Dreh des MFG-geförderten Films von Robert Schwentke in Marokko ist gefallen. In: mfg.de, 1. Oktober 2021.
  6. Ralf Augsburg: John Malkovich wird philosophisch: Robert Schwentke führt Regie bei „Seneca“. In: spielfilm.de, 27. März 2019.
  7. a b c d Kamal Debbagh: John Malkovich en tournage dans le désert marocain. In: lobservateur.info, 21. Oktober 2021 (französisch).
  8. a b „Seneca“ von Robert Schwentke. In: filmstiftung.de. Abgerufen am 8. Februar 2023.
  9. Die Film- und Medienstiftung NRW fördert 28 Projekte mit rund 6,9 Mio. Euro. In: filmstiftung.de, 20. April 2021.
  10. Drehstart für „Seneca – Oder: Über die Geburt von Erdbeben“. In: mfg.de, 1. Oktober 2021.
  11. Förderergebnisse Verleihförderung – Jurysitzung am 16. November 2022 (4/2022). In: bundesregierung.de. Abgerufen am 16. Januar 2023. (PDF)
  12. Verleih- und Vertriebsförderung 2023. In: ffa.de. Abgerufen am 26. April 2023. (PDF)
  13. Robert Schwentke feiert Drehstart von „Seneca“ in Marokko. In: Blickpunkt:Film, 27. September 2021.
  14. Morocco's movie 'Mecca' seeks return to glory days. In: moroccoworldnews.com, 27. März 2014.
  15. Marokkos Tor zur Wüste. In: fvw.de, 3. September 2022.
  16. Martin Todsharow Scoring Robert Schwentke’s 'Seneca – On the Creation of Earthquakes'. In: filmmusicreporter.com, 21. Dezember 2022.
  17. Seneca / Seneca – On the Creation of Earthquakes. In: berlinale.de. Abgerufen am 7. Februar 2023.
  18. Dieter Oßwald: Seneca. In: programmkino.de. Abgerufen am 21. März 2023.
  19. Gaby Sikorski: Seneca. In: filmstarts.de. Abgerufen am 21. März 2023.
  20. Vorauswahl 2023. In: deutscher-filmpreis.de. Abgerufen am 16. Januar 2023.
  21. Seneca – Oder: Über die Geburt von Erdbeben. In: Deutsche Synchronkartei. Abgerufen am 7. August 2024.