Sesquilinearform

Verallgemeinerung einer Bilinearform
(Weitergeleitet von Sesquilinearität)

Als Sesquilinearform (lat. sesqui = anderthalb) bezeichnet man in der linearen Algebra eine Funktion, die zwei Vektoren einen Skalarwert zuordnet, und die linear in einem, semilinear im anderen ihrer beiden Argumente ist. Ein klassisches Beispiel ist die durch

definierte Abbildung , das komplexe Standardskalarprodukt. Hierbei bezeichnet der Querstrich die komplexe Konjugation.

Die beiden Argumente können verschiedenen Vektorräumen entstammen, denen jedoch ein gemeinsamer Skalarkörper zugrunde liegen muss; eine Sesquilinearform ist eine Abbildung ; sie ist eine Linearform bezüglich des einen und eine Semilinearform bezüglich des anderen Argumentes. Für die Reihenfolge von linearem und semilinearem Argument gibt es unterschiedliche Konventionen; in der Physik ist es üblich, das semilineare Argument zuerst zu nennen.

Über den reellen Zahlen stimmt das Konzept der Sesquilinearform mit dem der Bilinearform überein.

Definition

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Es seien   Vektorräume über den komplexen Zahlen.

Eine Abbildung

 

heißt Sesquilinearform, wenn   semilinear im ersten und linear im zweiten Argument ist, das heißt

  •  
  •  

und

  •  
  •  

Dabei sind  ,   und  .

Manchmal wird stattdessen auch Linearität im ersten und Semilinearität im zweiten Argument gefordert; dieser Unterschied ist jedoch rein formaler Natur.

Diese Definition lässt sich auch auf Vektorräume über anderen Körpern oder Moduln über einem Ring verallgemeinern, sobald auf dem Grundkörper bzw. -ring ein ausgezeichneter Automorphismus oder zumindest Endomorphismus

 

gegeben ist. Ein Kandidat für derartige Endomorphismen ist der Frobeniushomomorphismus in positiver Charakteristik.

Die konstante Nullabbildung ist eine Sesquilinearform, wir schreiben  . Punktweise Summen und skalare Vielfache von Sesquilinearformen sind wieder Sesquilinearformen. Die Menge der Sesquilinearformen bildet also einen  -Vektorraum.

Hermitesche Sesquilinearform

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Eine Sesquilinearform   heißt hermitesch, falls

 

gilt. Diese Definition ist analog zur Definition der symmetrischen Bilinearform. Das Adjektiv „hermitesch“ leitet sich von dem Mathematiker Charles Hermite ab.

Beispiele

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Ein inneres Produkt über einem komplexen Vektorraum ist eine Sesquilinearform mit hermitescher Symmetrie, also sogar eine hermitesche Form, siehe auch Kreinraum.

Polarisierung

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Eine wichtige Rolle spielt die sogenannte Polarisierungsformel

 

die zeigt, dass die Form bereits durch ihre Werte auf der Diagonalen, d. h. auf Paaren der Form   eindeutig bestimmt ist.

Die Polarisierungsformel gilt nur für Sesquilinearformen, nicht aber für allgemeine Bilinearformen.

Spezialfall

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Eine unmittelbare Konsequenz aus der Polarisierungsformel ist die Tatsache, dass die Form   bereits dann verschwindet, wenn   für alle  .

Oder anders ausgedrückt: Falls   für alle  , dann  , also  .

Gegenbeispiel

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Für allgemeine Bilinearformen gilt diese Aussage nicht, folglich kann es auch keine Polarisierungsformel geben. Dies erkennt man an folgendem Beispiel. Sei   und setze

 .

  ist offenbar bilinear und es gilt   für alle  . Andererseits ist  .

Folgerung

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Sei   ein Hilbertraum und   ein beschränkter linearer Operator. Dann ist   eine beschränkte Sesquilinearform. Die Beschränktheit bedeutet, dass   (hier  ). Umgekehrt folgt aus dem Darstellungssatz von Fréchet-Riesz, dass jede beschränkte Sesquilinearform einen beschränkten Operator   bestimmt, so dass   für alle  .

Insbesondere verschwindet   genau dann, wenn   verschwindet. Dies kann man auch wie folgt leicht direkt sehen: falls   so folgt   für alle  , also  . Die Umkehrung folgt sofort aus der Definition von  .

Mit der Polarisierungsidentität folgt also, dass ein Operator genau dann Null ist, wenn   für alle  . Diese Aussage gilt jedoch nur über dem Grundkörper der komplexen Zahlen  , über den reellen Zahlen ist zusätzlich die Bedingung notwendig, dass T selbstadjungiert ist.[1]

Sesquilinearformen auf Moduln

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Das Konzept der Sesquilinearform lässt sich auf beliebige Moduln verallgemeinern, wobei an die Stelle der komplexen Konjugation ein beliebiger Antiautomorphismus auf dem zugrundeliegenden nicht notwendigerweise kommutativen Ring tritt. Seien   Moduln über demselben Ring   und   ein Antiautomorphismus auf  . Eine Abbildung   heißt genau dann  -Sesquilinearform, wenn für beliebige  ,   und   die folgenden Bedingungen gelten:

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  •  [2]

Literatur

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Einzelnachweise

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  1. D. Werner: Funktionalanalysis 5., erweiterte Auflage. Springer, 2004, ISBN 3-540-21381-3, Korollar V.5.8, S. 236.
  2. Nicolas Bourbaki: Algèbre (= Éléments de mathématique). Springer, Berlin 2007, ISBN 3-540-35338-0, Kap. 9, S. 10.