Koordinaten: 36° 52′ N, 10° 20′ O

Sidi Bou Saïd
UNESCO-Welterbe


Blick auf Sidi Bou Saïd vom Café des Délices
Vertragsstaat(en): Tunesien Tunesien
Typ: Tourismus
Kriterien: (ii) (iii) (vi)
Referenz-Nr.: [1]

UNESCO-Region: Arabische Staaten
Geschichte der Einschreibung
Einschreibung:   (Sitzung unbekannt)
Karte: Tunesien
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Sidi Bou Saïd

Sidi Bou Saïd (arabisch سيدي بوسعيد, DMG Sīdī Bū Saʿīd) ist ein Künstlerdorf etwa 20 km nordöstlich von Tunis im Norden von Tunesien. Das Dorf liegt am Felsen von Karthago am Golf von Tunis.

Geschichte

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Das Dorf auf einem Felsvorsprung auf 134 m über Meer[1] war früher der Religion geweiht. Hier lebten Marabouts, religiöse Einsiedler. Der Name ist eine Abkürzung des Namens eines Heiligen namens Abou Said ibn Khalef ibn Yahia Ettamini el Beji, der hier gelebt hat. Im Jahr 1207 ließ sich der Mystiker nieder, um den Sufismus zu entwickeln. Nach dem Tod wurde er heiliggesprochen. Der Hügel von Sidi Bou Saïd wird als heiliger Ort verehrt. Im 16. Jahrhundert ließen sich hier wie im ganzen Norden Tunesiens Mauren nieder, deren Architektur das Dorf bis heute prägt.

Im 19. Jahrhundert nahm der Ort den Namen Sidi Bou Saïd an.[1] Gustave Flaubert besuchte den Ort, seinen Roman Salambo (1862) siedelte er entlang dieser Küste an. Später sollten auch andere französische Geistesgrößen, wie Colette, André Gide oder Simone de Beauvoir, hier Halt machen.[2]

 
Albert Marquet: Minaret in Sidi Bou Saïd, 1923, Öl auf Tafel, 22 × 27 cm
 
Agnes Cleve-Jonand: Kustvy fran Sidi Bou Said utanför Tunis, 1923, Öl auf Leinwand, 50 × 76 cm

Der französisch-britische Baron Rodolphe d’Erlanger ließ sich 1912 in dem damaligen Fischerdorf nieder und baute einen Palast. Er sorgte dafür, dass der Ort 1915 unter Denkmalschutz gestellt wurde. Als Maler[3] und Musikliebhaber öffnete er seine Türen für Künstler, indem er Zusammenkünfte und Abende organisierte, wo Kunst, Musik und Literatur sich mischten. Zu den zeitweise in Sidi Bou Saïd lebenden Künstlern gehörten August Macke und Paul Klee[2] während ihrer Tunisreise im Jahr 1914. Albert Marquet malte in Sidi Bou Saïd das intensive Blau des Meeres im Kontrast zu den weiß getünchten Flachbauten.[4] An seinen Aufenthalt im Jahr 1923 erinnert heute eine Gedenktafel.

Nach seinem Tod 1932 vererbte von Erlanger sein Kulturgut dem Protektorat Tunesien. Auch Heinrich Schröder fand hier Licht und Farbe. Die Schwedin Agnes Cleve-Jonand (1876–1951) malte den Ort während eines Aufenthalts 1923. Ein bedeutender einheimischer Künstler in Sidi Bou Saïd war der Maler Hamda Dniden.[5]

Touristische Attraktionen

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Der Touristenort ist vor allem durch seine schönen Farben, seinen Markt (Souk) und das Café des Nattes bekannt, das durch ein Aquarell August Mackes berühmt wurde. Dabei handelt es sich um ein typisch maurisches Café, in dem unter anderem traditionelle Shishas (Wasserpfeife) probiert werden können. Sidi Bou Saïd ist auch ein Treffpunkt für Künstler und des jungen inländischen Bürgertums. Der Ort ist bekannt für seine Architektur mit ihren alten restaurierten Palästen. Der Palast von Erlanger, Ennejma Ezzahra, ist als Centre des musiques arabes et méditerranéennes[2] ein Zentrum der arabischen und Mittelmeermusik geworden. Er ist für die Öffentlichkeit zugänglich, die hier das Museum musikalischer Instrumente, die Architektur und die Gärten sehen kann.

Die Bahnlinie TGM (Tunis–Goulette–Marsa) aus La Marsa, die mit Halt in La Goulette via einen Damm über den See von Tunis verkehrt, verbindet den Ort mit dem Bahnhof Tunis Marine in der Hauptstadt.[2]

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Commons: Sidi Bou Said – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien
Wikivoyage: Sidi Bou Saïd – Reiseführer

Einzelnachweise

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  1. a b Ibrahim Chabbouh, Ameur Oueslati, Viviane Bettaïeb: La Tunisie et la mer – 2290 km de côtes. Photographies de Mohamed-Salah Bettaïeb. Hrsg.: Viviane Bettaïeb. Éditions du Patrimoine Maghreb-Méditerranée (EPMM), Tunis 2022, ISBN 978-9938-9593-6-9, S. 88 f. (zweisprachig, französisch-englisch).
  2. a b c d Florence Dyan (Hrsg.): Tunis : Week-End (= Le Guide Vert). Michelin Cartes et Guides, Paris 2010, ISBN 978-2-06-714962-5, S. 48 f., 71 f.
  3. Baron Rodolphe d' Erlanger. In: Artnet.de. Biografie und Werke im Kunsthandel;
  4. Dominique Hoeltschi: Suzanne Valadon ou les déstinées singulières. In: Aurélie Couvreur, Florence Friedrich, Dominique Hoeltschi (Hrsg.): Au fil des collections – de Tiepolo à Degas. Fondation de l’Hermitage/5 Continents, Lausanne/Milano 2012, ISBN 978-88-7439-574-3, S. 134–157, hier S. 153.
  5. Houcine Tlili: Hamda Dniden, peintre de Sidi Bou Saïd. Nirvana Éditions, El Ghazela 2018, ISBN 978-9938-940-31-2, S. Monografie.