Siegfried Großmann (Physiker)

deutscher Physiker

Siegfried Großmann (* 28. Februar 1930 in Quednau bei Königsberg (Preußen)) ist ein deutscher theoretischer Physiker.

Siegfried Großmann vor dem Gebäude Renthof 6 des Fachbereichs Physik der Uni. Marburg, 2017

Werdegang

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Nach dem Abitur 1948 in Berlin studierte Siegfried Großmann 1951 an der Pädagogischen Hochschule Berlin, die er mit dem Abschluss als Lehrer verließ. Anschließend studierte er ab 1952 an der Freien Universität Berlin Physik, Mathematik und Chemie, während er gleichzeitig als Schulamtsanwärter für Grund-, Haupt- und Realschulen und nach dem Staatsexamen 1956 als Referendar und Assessor an einem Gymnasium tätig war.

1959 wurde er wissenschaftlicher Assistent an der FU Berlin bei Günther Ludwig, bei dem er 1960 mit einer Arbeit über die unelastische Streuung von Wasserstoffmolekülen promoviert wurde.[1] Schon zwei Jahre später habilitierte er sich an der Freien Universität Berlin mit der Arbeit Quantenmechanische Transportgleichungen: Mastergleichung und Boltzmann-Landau-Gleichung. Ab 1963 war Großmann als Konservator an der Technischen Universität München tätig. 1964 erhielt er eine außerordentliche Professur an der Philipps-Universität Marburg, wohin zuvor schon Ludwig von der FU Berlin her gewechselt war. 1968 trat Großmann hier eine ordentliche Professur für theoretische Physik an.

Großmann war unter anderem Doktorvater von Peter Richter und Detlef Lohse. Im Jahr 1992 habilitierte sich bei ihm Bruno Eckhardt, der 1996 seinen Lehrstuhl übernahm und dem 2002 der Leibniz-Preis verliehen wurde.

Er hatte verschiedene berufliche Auslandsaufenthalte. Weiterhin war er unter anderem in Stuttgart, Ulm, Heidelberg, Göttingen, Erlangen und Dresden tätig. Großmann wurde 1998 emeritiert. Von 1999 bis 2005 war er Mitglied des Dreiergremiums Ombudsman für die Wissenschaft der Deutschen Forschungsgemeinschaft.

Großmann ist verheiratet und hat drei Kinder.[2]

Forschungsgebiete und Interessen

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Großmann gilt als Mitbegründer der Chaostheorie. Er lieferte Beiträge zur Beschreibung eines Lasers mit Hilfe der nichtlinearen Dynamik. Außerdem publizierte er 1977 mit Stefan Thomae erstmals einen Zahlenwert für die Feigenbaum-Konstante. Seine Arbeiten über die Turbulenz liefern Beiträge zum Verständnis des Übergangs von laminarer zu turbulenter Strömung.

Weiterhin lieferte er Arbeiten auf dem Gebiet der statistischen Physik, insbesondere realer Gase und Fluide, Nichtgleichgewichts-Statistik, Strukturbildungsprozesse fern vom Gleichgewicht, Transportprozesse, stochastischen Prozesse und der mathematischen Physik, insbesondere in Verbindung mit der Funktionalanalysis.

Als vielzitierter Wissenschaftler hat Großmann 2021 laut Scopus einen h-Index von 48 und liegt damit etwa gleichauf mit seinem früheren Mentee Bruno Eckhardt.[3]

Mitgliedschaften

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Großmann war und ist Mitglied zahlreicher Kommissionen und Beiräte:

Auszeichnungen

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1995 erhielt Großmann für herausragende Leistungen auf dem Gebiet der theoretischen Physik die Max-Planck-Medaille verliehen.[4]

Für seine Beiträge zur Chaostheorie und für sein großes wissenschaftliches Ansehen erhielt Großmann 1996 vom damaligen hessischen Ministerpräsidenten Hans Eichel das Große Verdienstkreuz des Verdienstordens der Bundesrepublik Deutschland.[5]

Im Juni 2006 erhielt Großmann die Ehrendoktorwürde an der Universität Duisburg-Essen für seine Leistungen insbesondere in der Theorie der Turbulenz und in der nichtlinearen Dynamik (Chaosforschung).[6] Im Dezember 2011 erhielt er die Ehrendoktorwürde der Universität Maribor.[7] Seit 2010 ist er Träger der DPG-Ehrennadel und seit 2017 Ehrenmitglied der Deutschen Physikalischen Gesellschaft.[8]

Er ist Träger des Karl-Küpfmüller-Ringes (1997).

Seit 1991 ist Großmann ordentliches Mitglied der Europäischen Akademie der Wissenschaften und Künste. Er ist seit 1994 gewähltes Mitglied der Deutschen Akademie der Naturforscher Leopoldina. Ebenfalls 1994 wurde er ordentliches Mitglied der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften.

Veröffentlichungen

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Großmann verfasste über 200 Veröffentlichungen in verschiedenen Bereichen der Physik.[9]

Außerdem ist er Autor zweier Lehrbücher über die mathematischen Grundlagen der klassischen theoretischen Physik und der Quantenmechanik:

Einige Aufsätze und Buchbeiträge:

  • Was heißt und zu welchem Ende studiert man Chaos?, in Werner Martienssen, Dieter Röß (Herausgeber) Physik im 21. Jahrhundert: Essays zum Stand der Physik, Springer Verlag 2011
  • Chaos – Unordnung und Ordnung nichtlinearer Systeme, Physikalische Blätter, Band 39, 1983, S. 139–145, doi:10.1002/phbl.19830390602
  • Selbstähnlichkeit – Das Strukturgesetz im und vor dem Chaos, Physikalische Blätter, Band 45, 1989, S. 172–180, doi:10.1002/phbl.19890450606
  • mit Günter Ahlers, Detlef Lohse Hochpräzision im Kochtopf – Neues zur turbulenten Wärmekonvenktion, Physik Journal, Band 1, 2001, Nr. 2, S. 31, Online
  • Wie entsteht eigentlich Turbulenz?, Physikalische Blätter, Band 51, 1995, 641–646, doi:10.1002/phbl.19950510720
  • Turbulenz- verstehen wir endlich dieses nichtlineare Phänomen?, Physikalische Blätter 1990, S. 2–7, doi:10.1002/phbl.19900460109
  • mit D. Lohse, A. Reeh Developed turbulence, from full simulations to full mode reductions, Physical Review Letters, Band 77, 1996, S. 5369–5372,
  • The onset of shear flow turbulence, Reviews of Modern Physics, Band 72, 2000, S. 603–618
  • mit Günter Ahlers, D. Lohse Large scale dynamics in turbulent Rayleigh-Benard convection, Reviews of Modern Physics, Band 81, 2009, S. 503–537, arxiv:0811.0471
  • mit Bruno Eckhardt, D. Lohse Hundert Jahre Grenzschichtphysik, Physik Journal, Band 3, Oktober 2004, S. 31 (Würdigung von Ludwig Prandtl)
  • mit Stefan Thomae Invariant distributions and stationary correlation functions of one dimensional discrete processes, Zeitschrift für Naturforschung, Band 32a, 1977, S. 1353–1363 (Feigenbaum-Szenario), Online
  • mit Hans Effinger Static structure function of turbulent flow from the Navier Stokes Equations, Zeitschrift für Physik B, Band 66, 1987, S. 289–304
  • mit Sascha Hilgenfeldt, D. Lohse Sonolumineszenz: Der Lichterzeugungsmechanisumus, Physikalische Blätter, Band 56, Nr. 2, 2000, S. 43–46, doi:10.1002/phbl.20000560211

Großmann ist Herausgeber und Kurator verschiedener physikalischen und naturwissenschaftlichen Zeitschriften:

  • Internetportal Welt der Physik, (Vorsitzender und Mitglied des Welt-der-Physik-Kuratoriums), (seit 2004)
  • Zeitschrift für Naturforschung A, (seit 2003)
  • Physikalische Blätter, dann Physik Journal 1994–2004,
  • The European Physical Journal B 1999–2003,
  • Zeitschrift für Physik B 1993–1999
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Einzelnachweise

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  1. Siegfried Großmann im Mathematics Genealogy Project (englisch) Vorlage:MathGenealogyProject/Wartung/id verwendet
  2. Lebenslauf, FB Physik der Universität Marburg
  3. Großmann, Siegfried. In: Scopus preview – Scopus – Author details. Elsevier B.V., abgerufen am 7. Mai 2021 (englisch).
  4. Träger der Max-Planck-Medaille auf dpg-physik.de (Memento vom 28. Juni 2006 im Internet Archive) (PDF; 35 kB)
  5. Ehrenpromotionen (Memento vom 4. März 2017 im Internet Archive)
  6. Mitteilung über die Verleihung des Ehrendoktors auf physik.uni-marburg.de (Memento vom 10. Juni 2007 im Internet Archive)
  7. „Immenses wissenschaftliches Lebenswerk“ – Ehrendoktorwürde der Universität Maribor für Marburger Physikprofessor Siegfried Großmann Nachrichtenseite des Fachbereichs Physik der Philipps-Universität Marburg
  8. Gabriele Neumann: Deutsche Physikalische Gesellschaft zeichnet Marburger Physiker aus. Philipps-Universität Marburg, Pressemitteilung vom 31. März 2017 beim Informationsdienst Wissenschaft (idw-online.de), abgerufen am 31. März 2017.
  9. Publikationsliste auf physik.uni-marburg.de