Signalstationen in Yorkshire
Die spätrömischen Signalstationen in Yorkshire befanden sich im Nordosten der englischen Unitary Authority North Yorkshire – im Küstenabschnitt zwischen dem Fluss Tees und Flamborough Head. Administrativ gehörten sie in römischer Zeit zur Provinz Britannia II.
Sie sollten am Ende des 4. Jahrhunderts, als Teil eines Frühwarnsystems, die Südostküste Englands vor Plünderern und Invasoren sichern, dienten wohl auch als Schiffsanleger, Versorgungsbasen und eventuell als Fluchtburgen für die örtliche Bevölkerung.[1] Die Stationen waren vermutlich auch Bestandteil der Küstenverteidigungsorganisation der sogenannten Sachsenküste (Britannien). Vier sind durch Grabungsbefunde gesichert, eine fünfte ist bislang nur aus ihrer Bauinschrift bekannt.[2] Sie gehören wahrscheinlich zu den letzten Festungsanlagen, die von den Römern in Britannien errichtet wurden.[3] Insgesamt konnten in England und Schottland bislang rund 50 dieser Militäranlagen (aus unterschiedlichen Zeitperioden) lokalisiert werden. Die heute noch erhaltenen Überreste dieser Stationen wurden unter nationalen Schutz gestellt.
Standorte (von Nord nach Süd):
- Hunt Cliff
- Boulby?
- Goldsborough
- Whitby?
- Ravenscar
- Scarborough
- Filey
- Bridlington?
Entwicklung
Bearbeiten-
Hartlpoole, an der Mündung des Tees in die Nordsee (Tees Mouth)
-
Hunt Cliff von Saltburn aus gesehen
-
Die Runswick Bay bei Goldsborough
-
Die Nordseeküste bei Whitby
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The Peak bei Ravenscar
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Castel Cliff bei Scarborough
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Filey Brigg/Carr Naze
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Klippen bei Flamborough Head
Seit Mitte des vierten Jahrhunderts n. Chr. häuften sich die Überfälle angelsächsischer Piraten und Plünderer auf die britischen Provinzen. Die Angeln stammten aus dem Grenzgebiet zwischen Deutschland und Dänemark, die Sachsen aus den Regionen des heutigen Norddeutschland. Der Teil Britanniens, der dem europäischen Kontinent zugewandt ist, ist der tiefer gelegene Teil der Insel und stellte für Eindringlinge kein großes Hindernis dar. Die britische Nordseeküste war damals noch weitgehend unbewacht, und man konnte deswegen auch problemlos von dort oder entlang der schiffbaren Flüsse bis weit ins Landesinnere vordringen. Ihre Beute bestand hauptsächlich aus Getreide, Vieh, Gebrauchs-/Wertgegenständen aller Art und Gefangenen. Auch schottische und irische Stämme fielen um 376 n. Chr., möglicherweise ebenfalls über das Meer, in die britischen Provinzen ein und konnten in der Ostküstenregion nahezu ungestört plündern.[4] Brian Hope-Taylor hat vorgeschlagen, dass diese Stationskette eher gegen die Bedrohung durch die Pikten als gegen die Angelsachsen errichtet wurde, sich ursprünglich noch weiter nach Norden bis zum Firth of Forth erstreckte und dadurch die Patrouillen der Classis Britannica frühzeitig vor Seeräubern warnen konnte. Er postuliert, dass das Barnburgh Cliff im vierten Jahrhundert ebenfalls der Standort einer solchen Signalstation gewesen sein könnte.[5] Allerdings wurden nördlich von Huntcliff nie archäologische oder schriftliche Beweise für derartige Einrichtungen gefunden.[6] Wenn in spätrömischer Zeit nur diese fünf Stationen existiert haben sollten, dann könnten sie auch Teil eines lokalen Sicherungssystems gewesen sein, d. h. sie waren nur zum Schutz der Landgüter und Siedlungen im Vale of Pickering und der Stadt Eburacum (York) gedacht.[7]
Die Bedrohungen des 4. Jahrhunderts deckten die enormen Defizite der römischen Küstenverteidigung auf. Es wurde daher auch in diesem Fall auf ein altbewährtes Alarm- und Meldesystem zurückgegriffen, um Armee, Flotte und die örtliche Bevölkerung vor drohenden Überfällen noch rechtzeitig warnen zu können. Im Norden der britischen Insel waren Signaltürme schon seit dem 1. Jahrhundert für die Sicherung von Gask Ridge, Stanegate und Hadrianswalls eingesetzt worden. Die ersten entstanden zwischen 50 und 117 n. Chr., also noch während der römischen Okkupationszeit. Es handelte sich dabei um einfache Holztürme, die von einem oder zwei Gräben, einem Erdwall und möglicherweise auch einer Palisade geschützt wurden (siehe Gask Ridge). Nach 117 wurden die Türme meist aus Stein gebaut, einige an derselben Stelle wie die früheren Holztürme. In der Spätantike ging man dazu über, größere und wesentlich massivere Steintürme (burgus) zu errichten.
Die Signalstationen in Yorkshire könnten schon während der Herrschaft des Magnus Maximus (383–388 n. Chr.)[8] in Auftrag gegeben worden sein, und sie entstanden vermutlich alle in derselben Zeitperiode. Die von dort stammenden Münz- und Keramikfunde bewiesen, dass sie seit der zweiten Hälfte des vierten Jahrhunderts belegt gewesen sein müssen, d. h. etwa nach 380 n. Chr., in der Spätphase der römischen Besatzungszeit. Die meisten der Fundmünzen stammten wohl aus dem Sold der Stationsbesatzungen.[9] Margaret Faull postuliert eine Reorganisation der römischen Verteidigung um 370, bei der Malton zum Hauptquartier der Verteidigungsorganisation in dieser Region wurde, gleichzeitig wurden Foederaten in East Riding angesiedelt, insbesondere um Sancton, wo zahlreiche Gräber aus dieser Zeit gefunden wurden.[10] Es scheint wahrscheinlich, dass diese Reorganisation mit der Versandung des Kriegshafens von Brough on Humber und dem daraus resultierenden Rückzug oder Auflösung der Küstenschutzflotte zusammenhängt. Faull ist auch der Ansicht, dass etwa zur gleichen Zeit auch die Ansiedlung von Angelsachsen im Vale of Pickering begann. Der wahrscheinlichste historische Kontext für den Bau der Stationen scheint aber die Säuberung der Insel von Invasoren und die Neuorganisation der Provinzverteidigung im Jahr 368 durch den Comes Flavius Theodosius (365–375 n. Chr.) zu sein.[11] Die meisten – größtenteils schon stark verfallenen – Kastelle am Hadrianswall wurden aufgegeben, als Ersatz wurde entlang der NO-Küste eine rund 60 km lange Wach- und Signalturmkette aufgebaut, deren Besatzungen entweder dem Befehlshaber der Nordgrenze oder dem der Sachsenküste unterstellt waren.[12] Diese Befestigungsanlagen gehörten wohl zu den letzten Militärgebäuden, die von der römischen Verwaltung in Britannien errichtet wurden.[13]
Die Signalstationen in Yorkshire hatten eine Nutzungsdauer von rund zwanzig Jahren (heute tendiert man zur Zeitperiode zwischen 370 und 402 n. Chr.)[14], danach wurden sie bis auf die Grundmauern niedergebrannt. Sie scheinen auch nicht im Staatsalmanach Notitia Dignitatum auf.[15] Einige ihrer Bewohner fanden dabei wohl ein gewaltsames Ende, da man in zwei Fällen dafür Beweise vorgefunden hat. Die Signalstationen wurden mindestens bis ins Jahr 396 betrieben, vielleicht hängt ihre Zerstörung auch mit Stilichos Reorganisation der britischen Verteidigung Ende der 390er Jahre zusammen[16]. Die kampfstärksten Einheiten der romano-britischen Feldarmee (comitatenses) wurde schließlich um 407 vom Usurpator Konstantin nach Gallien abgezogen und kehrten nicht mehr zurück. Man vermutet, dass die meisten Grenzsoldaten des Dux Britanniarum am Hadrianswall und die Küstenwächter des Comes der Sachsenküste (alles limitanei) aber weiter auf ihren angestammten Posten ausharrten. Ohne die mobilen Einheiten waren die britischen Provinzen jedoch erneut den Angriffen der Angelsachsen, Pikten und Iren ausgesetzt.[17] Die Datierungen basieren auf Münzen, die in Britannien kurz nach 407 außer Gebrauch kamen[18], aber sie deuten darauf hin, dass die Aufgabe der Stationen erfolgte, als die römische Autorität über die Insel noch bestand – wahrscheinlich hatte sich das Frühwarnsystem in Yorkshire als weitgehend unwirksam erwiesen. Zu Beginn des 5. Jahrhunderts befanden sich Wirtschaft, Verwaltung und Militär des römischen Britannien im unaufhaltsamen Niedergang.[19]
Funktion
BearbeitenIm Laufe der Jahre wurde in Forscherkreisen viel über Sinn und Zweck dieser Kleinfestungen debattiert. Unbestritten ist, dass sie Teil einer Beobachtungs- und Signalkette waren, mit der feindliche Aktivitäten entlang der Küste überwacht und weitergemeldet werden sollten. Sie bildeten, wie an anderen Limites auch, das Bindeglied zwischen Kastellen, Flottenbasen und Städten. Bei Sichtung von verdächtigen Schiffen wurde auf der obersten Plattform des Turms entweder ein Feuer entzündet oder dichter Rauch erzeugt, die übrigen Stationen folgten dem in gleicher Weise. Man konnte damit relativ rasch und einfach alle Militär- und Flottenstützpunkte an der Sachsenküste alarmieren, damit noch rechtzeitig Abwehrmaßnahmen ergriffen werden konnten. Elisabeth Reid ist hingegen der Auffassung, dass die Signalstationen nie Teil des Sachsenküstenlimes waren, sondern dass ihre Errichtung (und der Einsatz landgestützter Streitkräfte) mit der Neuorganisation der Küstenverteidigung im NO nach Aufgabe des Marinestützpunktes in Brough-on-Humber in Zusammenhang steht.[20] Vermutlich näherten sich die Plünderer wahrscheinlich nur nachts der britischen Küste, wenn die Sichtweite nicht mehr als 1–2 km beträgt. Wenn sie dabei Lichter angezündet hätten, was als ziemlich unwahrscheinlich erscheint, hätte man auch den Schein einer Öllampe noch kilometerweit sehen können.[21]
Für die Signalübermittlung verwendete man wohl Fackeln und Feuerkörbe, oder für Blinksignale vielleicht auch polierte Metallplatten aus Kupfer oder Bronze. Allerdings hätte es in Goldsborough dafür einen sehr hohen Turm erfordert, um die Signale ins benachbarte Ravenscar übermitteln bzw. umgekehrt von dort auch welche empfangen zu können. Im Übrigen waren alle hier beschriebenen Turmstellen von ihren benachbarten Stationen aus nicht zu sehen, es existieren daher noch große Wissenslücken über dieses Frühwarnsystem. Es muss in dieser Region noch wesentlich mehr als die bislang fünf bekannten Stützpunkte gegeben haben, die in Boulby, Whitby und Bridlington vermutet werden, aber – wahrscheinlich – durch die starke Küstenerosion in dieser Region längst verloren gegangen sind (in spätrömischer Zeit verlief die Wasserlinie mehrere Kilometer weiter östlich des heutigen Küstenstreifens).[22] Auch der intensive Alaunabbau während der Industriellen Revolution veränderte die Küste in Yorkshire an manchen Stellen dramatisch, was wohl ebenfalls dazu beitrug, dass sämtliche Spuren der noch fehlenden Signalstationen ausgelöscht wurden.
Eine Alternative wäre gewesen, dass man über Signaltürme im Landesinneren mit den dortigen Kastellen – wie z. B. Derventione (Malton) – in Verbindung stand, aber es hätte dann trotzdem noch einige Zeit erfordert, bis die dort stationierte, berittene Numerieinheit[23] aufgesessen und die Küste erreicht, oder versucht hätte, wenigstens diejenigen Plünderer abzufangen, die schon ins Hinterland vorgedrungen waren. Sie wurde im späten vierten Jahrhundert aus Petuaria (Brough on Humber) dorthin verlegt. Brough-on-Humber, war damals der Hafen der nordbritannischen Metropole Eburacum und Standort einer römischen Flottenbasis, der allerdings um 360 versandete. Die dortige Marineeinheit wurde ebenfalls (noch vor 370) für andere Aufgaben nach Malton verlegt.[24] Es ist plausibel, dass die Stationsbesatzungen und die Kavallerieeinheit in Derventione bei der Küstensicherung zusammenarbeiten sollten. Da dieses Kastell jedoch 35 km vom nächstgelegenen Ort an der Küste (Filey) entfernt liegt und man auch die Zeit berücksichtigen muss, um eine Nachricht per Leucht/Rauchsignale oder Kurier dorthin zu übermitteln, ist es unwahrscheinlich, dass die Reiter in der Lage waren in weniger als einem halben Tag die Küstenregion zu erreichen. Wahrscheinlich waren sie nicht dazu gedacht, vorrangig eine feindliche Landung zu unterbinden, stattdessen bestreiften ihre Patrouillen wohl nur das dichter besiedelte Inland. Erst im Alarmfall rückte man in voller Stärke aus, um die Hauptstraßen und größeren Siedlungen im Landesinneren zu schützen. Sicher warnten die Leuchtfeuer nicht nur die im Nahebereich der Stationen lebende Zivilbevölkerung, sondern auch die Angreifer davor, dass sie entdeckt worden waren, was sie dann eventuell dazu gezwungen hat wieder abzudrehen oder ihre ursprünglichen Absichten zu ändern.[25]
Die Stationen alarmierten im Ernstfall, neben den Binnenkastellen, wohl auch die Flottenbasen und Kastelle an der Sachsenküste. Alistair McCluskey glaubt, dass auch die Küstenwächter nur den Rückzug der Plünderer stören, nicht aber deren Landung verhindern sollten. Die relativ gut befestigten Signalstationen wären (da Plünderer auch mehr oder weniger unter Zeitdruck standen), bei entschlossener Verteidigung, für sie nur schwer zu erstürmen gewesen. Weiters hätten ihre Besatzungen, sobald die Eindringlinge auf Raubzug waren, u. a. auch die am Strand zurückgelassenen Boote verbrennen können. Es wäre auch möglich, dass die Stationen als Zuflucht für Provenziale dienten, die in den Siedlungen an der Küste lebten.[26]
Garnison
BearbeitenDie Signalstationen waren mutmaßlich mit lokal angeworbenen Milizionären bemannt (populares/gentiles) worden. Strittig ist, wenn sie unterstanden, dafür in Frage kämen der
- Comes litoris Saxonici per Britanniam (OB der Garnisonen am litus saxonicum) oder alternativ der
- Dux Britanniarum (OB der Garnisonen am Hadrianswall bzw. der Kastelle in Nordbritannien).[27][28]
Einige der in den Stationen ausgegrabenen Artefakte, insbesondere Frauenschmuck, lassen darauf schließen, dass sie dort zusammen mit ihren Familien lebten, für spätantike Festungen nichts ungewöhnliches. Im Brunnen der Huntcliffstation fand man zudem die menschlichen Überreste von Frauen und Kindern.[29] Es wurden jedoch keine eindeutigen Beweise für die militärische oder zivile Präsenz von Angelsachsen gefunden. Die Ausgräber in Goldsborough kamen weiters zu dem Schluss, dass die beiden Männer, deren Überreste dort gefunden wurden, romano-britischer Herkunft waren, repräsentativ für all jene, die auch anderswo in vielen römischen Gräbern auf englischen Boden gefunden wurde.[30] Es ist jedoch fraglich, inwieweit nur aus Knochenresten eindeutige Rückschlüsse auf ihre ethnische Herkunft gezogen werden können. Margaret Faull ist der Ansicht, dass die Garnisonen ausschließlich aus Romano-Briten bestanden und dass insbesondere der hohe Anteil an Frauen, Kindern und Alten unter den Toten von Huntcliff darauf hinweist, dass in der Nähe dieser Signalstationen auch ein Dorf (vicus) existiert haben muss.[31] Aufgrund dieser Beweise ist es also sehr wahrscheinlich, dass diese Kleinfestungen von Milizionären und nicht von regulären Soldaten (milites) oder Seeleuten (classiari) der Classis Britannica besetzt waren, obwohl ihr Einsatz anderswo im Norden von Peter Salway in Frage gestellt wurde.[32] Bislang fand man auch keine Anzeichen dafür, dass Rom dort angelsächsische foederati eingesetzt hat. Es gibt allerdings Hinweise auf die Anwesenheit germanischer Offiziere in Malton (zwischen den 350er und 360er Jahren) und seit dem Beginn des 5. Jahrhunderts von Angelsachsen in der Nähe zweier Signalstationen, möglicherweise auch früher. Sie lebten offensichtlich inmitten der einheimischen Bevölkerung und verwendeten in Britannien produzierte Töpferwaren, was darauf hindeutet, dass sie nicht bekämpft wurden.[33]
Signalstationen
BearbeitenDie spätrömischen Signalstationen in Yorkshire waren wahrscheinlich als weitgehend autonome Kleinkastelle konzipiert worden und lagen an guten Aussichtspunkten auf Landzungen oder Klippen. Alle wurden offensichtlich nach einem vorgegebenen Plan, in Abständen von 15 bis 20 km an der Küste errichtet und – laut der Bauinschrift aus Ravenscar – als „turrem et castrum“ bezeichnet. Sie bestanden aus einem Kernwerk (ein Leuchtturm aus Stein oder Holz), umgeben von einem Graben, der durch einen breiten Wall von der Umwehrung getrennt war, sowie einer Ringmauer die nur durch ein sehr einfach gestaltetes Tor betreten werden konnten.[34] Die Ringmauern, mit Treppenaufgängen zum Wehrgang, waren zusätzlich mit vier kleinen, runden oder halbrunden Ecktürmen verstärkt, auf denen evt. auch Torsionsgeschütze aufgestellt gewesen sein könnten. In Goldsborough und Huntcliffe fanden die Ausgräber zudem in den Innenhöfen Brunnen vor. Die Besatzungen waren wahrscheinlich in an die Mauer angebauten Baracken oder im Turm selbst untergebracht. Für diese Befestigungen wird allerdings in der heutigen Forschung die Bezeichnung „Kleinfestung“ bevorzugt. Die Benennung solcher Befestigungen könnte für die Forschung letztendlich aber gar nicht so wichtig sein, denn die Römer selbst dürften auch nicht streng zwischen Wachturm und burgus unterschieden haben.[35]
Die genauen Baumerkmale bzw. das Aussehen der Kernwerke sind nicht bekannt, es ist möglich, dass sie stufenförmig aufgebaut waren, wie im Fall der beiden Leuchttürme in Dover, der östliche wurde allerdings schon um 50 n. Chr. errichtet und um 130 nochmal umfassend umgebaut. Alternativ könnten die Türme auch nach oben hin verjüngt gewesen sein, wie die Darstellung eines Signalturms auf der Trajanssäule zeigt. Sie waren wahrscheinlich mit einem pyramidenförmigen Dach über dem Wachraum und mit größeren Fenstern im Obergeschoss versehen, die als Schießscharten und zur Küstenbeobachtung genutzt werden konnten. Im obersten Stockwerk könnte, wie bei manchen Limestürmen an Rhein und Donau, eventuell auch noch ein umlaufender Holzbalkon angebaut gewesen sein. Die Alternative hierzu wäre, dass sie gar kein geschlossenes Dach hatten, sondern durch eine offene Plattform (vielleicht mit Zinnen als Brustwehr) abgeschlossen waren, wie sie auf einer Rekonstruktionszeichnung von Guy de la Bédoyére zu sehen ist.[36] Welche Höhe die Türme und Ringmauern erreichten ist nicht bekannt, 22 m (mit 10 m hohen Stockwerken) werden als Mindesthöhe für die Türme angenommen, diese benötigten die Verteidiger, um über die Ringmauer hinweg noch in den dahinter liegenden Graben schießen zu können[37], da Angreifer ansonsten dort Deckung finden konnten. Für jede Signalstation wurden hierfür von den Ausgräbern aber unterschiedliche Höhenmaße angegeben. Die großen Steinblöcke mit eingemeißelten Löchern an der Oberseite, die im Erdgeschoss der Türme von Huntcliff, Goldsborough, Scarborough und Filey gefunden wurden, werden als Pfostenschuhe interpretiert, in denen die Stützpfeiler für die Böden der oberen Stockwerke eingepasst waren.[38] White nimmt an, dass die Türme zur Gänze aus Holz bestanden.[39][40]
Die Unterkünfte für die Soldaten befanden sich wohl im Untergeschoss der Türme. Allerdings könnten zwei Plattformen im Hof von Huntcliff[41] die Reste von Kasernen oder Hütten sein, die in diesem Fall Platz für etwa sechs Männer oder eine Familie geboten hätten. Zu den in den Stationen aufgefundenen Utensilien zur Nahrungszubereitung zählten Tonschüsseln, Krüge und Kochtöpfe, zwei Holzschüsseln wurden aus dem Grund des Brunnenschachts in Huntcliff geborgen.[42] Die untere Hälfte einer Getreidemühle wurde in der nordöstlichen Ecke des Turms von Goldsborough ausgegraben.[43] Auch bei den Ausgrabungen in Filey[44] wurde das Fragment einer Handmühle gefunden, was darauf hindeutet, dass im dortigen Turm ebenfalls Getreide gemahlen wurde.[45] Ihr römischer Ursprung ist allerdings unsicher. Darüber hinaus wurden in Goldsborough zwei größere Öfen beobachtet, die zum Backen oder Kochen verwendet worden sein müssen.[46] Sie befanden sich (wohl aus Gründen des Brandschutzes) außerhalb der Umwehrung, knapp an der Nordmauer und beide waren in den Fels gehauen worden. Dies könnte auch bedeuten, dass die Station wohl nicht ständig von Angriffen bedroht war.[47]
Die Überreste der Stationen sind heute, wenn überhaupt, nur noch als Bodenerhebungen erkennbar, die unterirdischen Strukturen kann man nur auf Luftaufnahmen zu erkennen. Die archäologischen Ausgrabungen gaben Aufschluss über ihren Aufbau und Nutzung, die damaligen Umweltbedingungen und die Lebensgewohnheiten ihrer Bewohner. Diesbezügliche Funde haben sich vor allem in den Schichten der Grabenverfüllungen erhalten. Weiters vermittelten sie wertvolle Einblicke in die Besiedlung dieses Gebietes während der spätrömischen Zeit und die Ursachen für ihren Niedergang.[48] Nur die Station in Filey wurde nach modernen wissenschaftlichen Methoden ausgegraben. Es ist jedoch unwahrscheinlich, dass man von den anderen Standorten noch mehr Erkenntnisse gewinnen könnte, da ein Großteil der Befunde durch unprofessionelle Ausgrabungen und Schatzsucher verloren ging und eine der Stationen bereits komplett ins Meer gestürzt ist. Die besten Voraussetzungen für eine neue Ausgrabung nach modernen Standards böte heute die Station von Ravenscar.[49]
Huntcliff
BearbeitenBeschreibung/Zustand | Abbildung | Lage |
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Befunde
Forschungsgeschichte Fundspektrum Zu den weiteren Funden zählte ein eisernes Axtblatt, ein Bronzegefäß, zwei bronzene Ringfibeln, und ein Gagat-Fingerring, Fragmente einer Bronzekette und vermutlich silbernen Halskette aus gedrehter Kordel mit Öse. Sie wurde zusammen mit zehn römischen Münzen gefunden. Hornsby und Stanton vermuten, dass sie Teil eines Verwahrdepots gewesen sein könnte. Insgesamt wurden an dieser Stelle 25 Münzen geborgen[58], nur eine war aus Silber, aus der Zeit des Gratian (367–383) und wurde zwischen 367 und 375 geprägt, die übrigen waren aus Bronze und stammen hauptsächlich aus der Zeit von Valentinian I. (364–375) und Gratian, was darauf schließen lässt, dass die Signalstation nicht viel früher als 370 belegt und zwischen 390 und 395 wieder verlassen bzw. zerstört wurde. Allerdings könnten sich damals auch Zivilisten aus der Region in die Signalstation geflüchtet haben.[59] Zu den Keramikscherben gehörten ein kleines, stark abgenutztes, Randfragment römischer Samian-Ware und vier Fragmente Castor-Ware, die wahrscheinlich zum ein und denselben Gefäß gehörten. Außerdem eine größere Menge der sog. „Huntcliff-Ware“[60], eine für diese Region charakteristische, mit schwarzem Kalzitschicht bestreuten Keramikvariante, dickwandig mit einem stark gebogenen Rand (oft mit einer Rille an der Innenseite der Lippe), die nur eine begrenzte Auswahl an Formen aufweist. Sie wurde vom 1. Jahrhundert bis zum 4. Jahrhundert n. Chr. in East Yorkshire produziert und war dort weit verbreitet.[61] Die Verwendung des Begriffs ist aber noch umstritten, da er suggeriert, dass sie auch in Huntcliff hergestellt wurde. Es wurden dort jedoch keine Brennöfen gefunden, aufgrund des Verbreitungsgebietes wird die Töpferei vielmehr im Vale of Pickering, vermutet. Der Begriff stammt aus dem Bericht, in dem diese Gefäße erstmals als eigenständiger Typ erwähnt werden.[62] Ein Bericht über die Ausgrabungen wurde 1912 im „The Journal of Roman Studies“ abgedruckt. Die Funde befinden sich heute in der Sammlung des Whitby Museum.[63][64][65] |
(54° 34′ 51,6″ N, 0° 55′ 37,2″ W ) |
Goldsborough
BearbeitenBeschreibung/Zustand | Abbildung | Lage |
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Befunde
Forschungsgeschichte Fundspektrum Wade's Causeway |
(54° 31′ 26,2″ N, 0° 42′ 0″ W ) |
Whitby
BearbeitenBeschreibung/Zustand | Abbildung | Lage |
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Befunde |
(54° 29′ 20,8″ N, 0° 36′ 4,3″ W ) |
Ravenscar
BearbeitenBeschreibung/Zustand | Abbildung | Lage |
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Befunde Forschungsgeschichte Die Steinplatte wurde im Nordosten von Raven Hall, nur wenige Meter vom Herrenhaus entfernt entdeckt. Die dort befindlichen „Ruinenspuren“ waren seit 1817 bekannt. Der Lokalhistoriker George Young beschrieb die Bergung der Inschrift folgendermaßen: „Sie wurde in einem Trümmerhaufen entdeckt, der mehr als einen Meter unter der Oberfläche lag. Auf der Unterseite befand sich die Inschrift, die sich in einem guten Erhaltungszustand befand (was Young illustrierte) […] die Stelle, an der sie gefunden wurde, liegt wenige Meter von der Ecke der Halle entfernt, im Nordosten, wo noch einige Spuren von Ruinen erkennbar sind. Ich konnte keine genaue Beschreibung der Form und des Ausmaßes der Ruinen erhalten, bevor sie von den Arbeitern zerstört wurden …“[87] Robin George Collingwood datierte sie auf etwa 370, sie könnte jedoch auch aus der Zeit um 395 oder noch später stammen und ist damit – möglicherweise – die jüngste bekannte Inschrift des römischen Britannien[88]. Bei den nachfolgenden Bauaktivitäten tauchten keine römischen Artefakte mehr auf. Es könnten jedoch Funde gemacht worden sein, die von den Arbeitern nicht als römisch erkannt wurden. Die Bauinschrift ist bis dato der einzige Beweis für die Existenz dieser spätrömischen Wehranlage. Diese wurde anscheinend komplett vom Raven Hall Hotel überbaut und ist deswegen nicht mehr zugänglich.[89] 1930 stieß man unter dem Boden der Hotelküche auf einen Schacht, von dem man annimmt, dass er zur Ventilation der einstigen Alaunproduktion in dieser Gegend diente. Die Ruinen, in denen die Bauinschrift lag, könnten daher auch die Überreste einer Alaunfabrik gewesen sein. Sie wurde in diesem Fall wohl als Spolie hierher verschleppt. Eine archäologische Untersuchung des Geländes könnte aber durchaus noch einige Hinweise auf das Vorhandensein einer römischen Befestigung an diesem Ort zutage fördern.[90][91][92][93] |
(54° 24′ 8,3″ N, 0° 29′ 27,2″ W ) |
Scarborough
BearbeitenBeschreibung/Zustand | Abbildung | Lage | ||||||
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Befunde
Forschungsgeschichte Fundspektrum |
|
(54° 17′ 15,1″ N, 0° 23′ 10,9″ W ) |
Filey
BearbeitenBeschreibung/Zustand | Abbildung | Lage |
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Befunde
Forschungsgeschichte Von 1923 bis 1929 fand eine erste wissenschaftliche, von der Scarborough Archaeological and Historical Society initiierte, Grabung statt, bei der die wesentlichen Konstruktionsmerkmale der Anlage dokumentiert wurden.[107] Aufgrund der rasch fortschreitenden Erosion des Areals musste, nach einer geophysikalischen Untersuchung, von der Yorkshire Archaeological and Historical Society zwischen 1993 und 1994 eine Notgrabung durchgeführt werden, die von English Heritage und vom Scarborough Council finanziert wurde.[108] Zu diesem Zeitpunkt waren schon zwei Drittel der antiken Bausubstanz verschwunden. Die Befunde zeigten, dass auch die Station in Filey den übrigen an der Küste von Yorkshire sehr ähnlich gewesen sein muss. Die jüngsten Ausgrabungen deuten weiters darauf hin, dass die Station in Filey eine der letzten Festungsanlagen gewesen sein muss, die von den Römern in Britannien errichtet wurde. Sie war wohl ebenfalls bis knapp vor dem Ende ihrer Herrschaft, etwa 385 n. Chr., in Gebrauch. Ihre Mauern wurden wahrscheinlich schon im Mittelalter abgerissen, das Steinmaterial könnte danach für den Bau der Pfarrkirche in Filey verwendet worden sein. Bei Car Naze wurde zwischen dem 6. und 8. Jahrhundert, auf der dem Meer zugewandten Seite des Leuchtturms, ein Erdwall, basierend auf einem Torfziegelfundament, aufgeworfen, dessen Reste immer noch 1,8 Meter hoch sind. Bei einem kürzlichen Erdrutsch verschwanden zwei Drittel davon im Meer, auch beim Stationsareal besteht die ständige Gefahr, dass auch seine letzten Reste abrutschen und damit für die Wissenschaft endgültig verloren wären. An ihrer Ostseite konnte man die Fundamente eines poströmischen Gebäudes (vielleicht die einer angelsächsische Kapelle) beobachten, die jedoch bis dato nicht dokumentiert wurden. Eine Informationstafel markiert heute den Standort der ehemaligen Signalstation, sie wurde in der Nähe eines Bombenkraters aus dem Zweiten Weltkrieg aufgestellt.[109][110] Fundspektrum |
(54° 13′ 3″ N, 0° 16′ 9″ W ) |
Literatur
Bearbeiten- Rodmell Agar: Post-Glacial Erosion of the North Yorkshire Coast from the Tees Estuary to Ravenscar. Proceedings of the Yorkshire Geological Society, Vol. 32, 1960, S. 409–428.
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Weblinks
Bearbeiten- A lost site and a forgotten lantern slide: Huntcliff Roman Signal Station, Saltburn (Ausgrabungsfotos von 1911).
- Station Huntcliff auf Vici.org
- Station Goldsborough auf Vici.org
- Station Whitby auf Vici.org
- Station Ravenscar auf Vici.org
- Station Scarborough auf Vici.org
- Station Filey auf Vici.org
Medien
BearbeitenEinzelnachweise und Anmerkungen
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