Die simsonsche Gerade ist ein Gegenstand der Dreiecksgeometrie. Liegen die Fußpunkte der von einem Punkt aus gefällten Lote auf die (eventuell verlängerten) Seiten eines Dreiecks auf einer gemeinsamen Geraden, so wird diese Gerade als simsonsche Gerade oder wallacesche Gerade und der Punkt als ihr Pol bezeichnet. Dies ist genau dann der Fall, wenn auf dem Umkreis von liegt.

Simson-Gerade

Die Simson-Gerade ist irrtümlicherweise nach dem Mathematiker Robert Simson (1687–1768) benannt, in dessen Werk sich jedoch keine Arbeit zur Simson-Geraden finden lässt. In Wirklichkeit wurde sie 1797 von William Wallace (1768–1843) entdeckt.[1]

Weitere Eigenschaften

Bearbeiten

Parallelen zur Simson-Gerade

Bearbeiten
 
Simson-Gerade ist parallel zu AGBC, BGAC und CGAB

Jede Simson-Gerade eines Dreieckes besitzt drei besondere Parallelen, die jeweils durch einen der drei Eckpunkte des Dreiecks verlaufen. Genauer gesagt gilt der folgende Satz:

Gegeben sind ein Dreieck  , ein Punkt   auf seinem Umkreis und die zugehörige Simson-Gerade. Ist GAB nun der Schnittpunkt des Lotes von   auf   mit dem Umkreis, dann ist die Gerade CGAB parallel zur Simson-Geraden.[1]

Schnittwinkel zwischen Simson-Geraden

Bearbeiten
 
 

Betrachtet man bei einem Dreieck zwei unterschiedliche Punkte auf dessen Umkreis, so erhält man zwei verschiedene Simson-Geraden. Der Schnittwinkel dieser beiden Simson-Geraden ist genau halb so groß wie der Winkel, den die beiden Punkte mit dem Mittelpunkt des Umkreises bilden.

Es seien   und   zwei Punkte auf dem Umkreis von   mit Mittelpunkt  . Weiterhin sei   der Schnittwinkel der beiden zugehörigen Simson-Geraden und  . Dann gilt  .[1]

Simson-Gerade als Streckenhalbierende

Bearbeiten
 
 

Verbindet man den Höhenschnittpunkt eines Dreiecks mit einem Punkt auf dem Umkreis des Dreiecks, so wird diese Verbindungsstrecke von der zugehörigen Simson-Geraden halbiert.

Gegeben sind ein Dreieck  , ein Punkt   auf seinem Umkreis und die zugehörige Simson-Gerade. Ist H der Höhenschnittpunkt von  , dann schneidet die Simson-Gerade die Strecke   in   und es gilt  . Außerdem liegt   auf dem Feuerbachkreis.[1][2]

Geradenschar

Bearbeiten
 
Simson-Geraden als Tangenten einer Deltoide

Lässt man den Simson-Pol   auf dem Kreis wandern, dann besitzt die so entstehende Geradenschar von Simson-Geraden eine Deltoide, auch als Steiner-Hypozykloide bezeichnet, als Hüllkurve.[1][2]

Sonstiges

Bearbeiten

Besitzen zwei Dreiecke denselben Umkreis und ihre zugehörigen Simson-Geraden denselben Pol, so ist der Schnittwinkel der beiden Simson-Geraden unabhängig von der Wahl des Pols. Mit anderen Worten: Für alle Punkte   auf dem gemeinsamen Umkreis der beiden Dreiecke ergibt sich ein gleich großer Schnittwinkel der beiden zugehörigen Simson-Geraden.

Die Simson-Gerade beziehungsweise eine auf ihr liegende Strecke lässt sich auch als entartetes Fußpunktdreieck auffassen. Verbindet man die Fußpunkte eines Punktes in der Ebene, so erhält im Normalfall ein Dreieck. Nähert sich der Punkt in der Ebene dem Umkreis des Ausgangsdreiecks an, dann geht das Fußpunktdreieck in eine Strecke auf der Simson-Gerade über.

 
Skizze zum Beweis der Kollinearität der Fußpunkte

Bewiesen wird: Liegt   auf dem Umkreis von  , so liegen die Fußpunkte auf einer gemeinsamen Geraden. Dazu zeigt man, dass   gilt.

Die Fußpunkte   und   liegen auf dem Thaleskreis über  . Da Umfangswinkel (Peripheriewinkel) über demselben Kreisbogen gleich groß sind, folgt

 .

Andererseits ist   voraussetzungsgemäß ein Sehnenviereck. Die gegenüberliegenden Winkel   und   dieses Vierecks ergänzen sich daher zu  . Insgesamt ergibt sich also

 .

Die Punkte   und   liegen auf dem Thaleskreis über  , sodass auch   ein Sehnenviereck ist. Ähnlich wie vorher schließt man  . Wegen   erhält man daraus

 .

Damit ist mit

 

die Behauptung bewiesen.

Bemerkung: Der angegebene Beweis bezieht sich auf die in der Skizze dargestellte Lage der Höhenfußpunkte. Liegen diese anders, muss die Begründung entsprechend variiert werden.

Einzelnachweise

Bearbeiten
  1. a b c d e H. S. M. Coxeter, S. L. Greitzer: Simson Lines. § 2.5 in Geometry Revisited. In: Math. Assoc. Amer., Washington DC 1967, S. 41.
  2. a b Eric W. Weisstein: Simson-Gerade (engl.). In: MathWorld (englisch).

Literatur

Bearbeiten
  • Max Koecher, Aloys Krieg: Ebene Geometrie. 3. Auflage. Springer-Verlag, Berlin 2007, ISBN 978-3-540-49327-3, S. 170–172.
  • H. S. M. Coxeter, S. L. Greitzer: Zeitlose Geometrie. Klett, Stuttgart 1983.
  • Roger A. Johnson: Advanced Euclidean Geometry. Dover 2007, ISBN 978-0-486-46237-0, S. 137 ff., 206 ff., 243, 251 (Erstveröffentlichung 1929 bei der Houghton Mifflin Company (Boston) unter dem Titel Modern Geometry).
  • Ross Honsberger: Episodes in Nineteenth and Twentieth Century Euclidean Geometry. MAA, 1995, S. 43–48, 82–83, 121, 128–136.
Bearbeiten
Commons: Simson-Gerade – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien