Smołdzino (deutsch: Schmolsin, kaschubisch Smôłdzëno,[1] slowinzisch Smèˑʉ̯ʒänä oder Smèˑʉ̯ʒänɵ[2]) ist ein Dorf im Powiat Słupski (Stolper Kreis) der polnischen Woiwodschaft Pommern und Sitz der gleichnamigen Landgemeinde.

Smołdzino
Wappen der Gmina Smołdzino
Smołdzino (Polen)
Smołdzino (Polen)
Smołdzino
Basisdaten
Staat: Polen
Woiwodschaft: Pommern
Powiat: Słupski
Gmina: Smołdzino
Geographische Lage: 54° 40′ N, 17° 13′ OKoordinaten: 54° 39′ 48″ N, 17° 12′ 49″ O
Einwohner: 984
Postleitzahl: 76–214
Telefonvorwahl: (+48) 59
Kfz-Kennzeichen: GSL
Wirtschaft und Verkehr
Straße: DW 213: Słupsk–Celbowo, Abzweig: Choćmirowo (10 km)
Eisenbahn: kein Bahnanschluss
Nächster int. Flughafen: Danzig



Geographische Lage

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Das Dorf liegt in Hinterpommern, am nordöstlichen Fuße des Hügels Revekol. Es befindet sich unmittelbar an der südlichen Grenze des Slowinzischen Nationalparks. Die Entfernung nach Stolp beträgt 28 Straßenkilometer, die nach Ustka (Stolpmünde) 30 Straßenkilometer.

Geschichte

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Schmolsin, Kirchdorf, östlich vom Garder See, nördlich vom Revekol, nordnordöstlich der Stadt Stolp (früher Stolpe geschrieben) und nordöstlich von Stolpmünde, auf einer Landkarte von 1794.
 
Dorf-Panorama, vom Revekol aus gesehen
 
Lupow-Brücke (2002)
 
Elektrizitätswerk an der Lupow

Das Dorf Schmolsin ist eines der ältesten des Stolper Landes. Der historischen Dorfform nach ist es ein großes Straßendorf. Aus vor- und urgeschichtlicher Zeit stammt ein alter Burgwall mit Graben, der sich im Wald des Rowokół 500 Meter vom Dorf entfernt befindet.

Im Jahre 1281 wird Schmolsin (Smoltzini, später auch Smoltzin) zum ersten Male urkundlich erwähnt. Damals gehörte der Ort zu Groß Garde (heute polnisch: Gardna Wielka) und zum Kloster Belbuck, 1291 kam es an das Kloster Oliva.

Im Jahre 1487 wird Peter Tessen als Lehnsherr genannt, und um 1600 erhielt die Herzogin Anna von Croy (1590–1660), Schwester Bogislaws XIV., hier ihren Witwensitz zugewiesen. Das Schloss lag an der Lupow, es ist nicht mehr vorhanden. Nach dem Tod der Fürstin kam der Ort an ihren Sohn, den Herzog Ernst Bogislaw von Croy (1620–1684), danach an Ernst von Croyengreiff und schließlich 1684 an das Haus Brandenburg. Friedrich der Große selbst erteilte schließlich den Auftrag, das Gebiet nördlich von Schmolsin zu meliorieren.

Von den Anfängen bis Ende des 18. Jahrhunderts siedelten in Schmolsin Slowinzen, die dann in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts allmählich germanisiert wurden. Im Jahre 1784 werden für Schmolsin genannt: ein Vorwerk, ein Prediger, ein Förster, ein Küster, vier wüste Bauernhöfe (vom königlichen Amt genutzt), 22 Bauern, zwei Kossäten, 10 Büdner, ein Predigerwitwenhaus, ein Schmied und 34 Büdner am Revekol bei insgesamt 71 Feuerstellen (Haushalten).[3]

Im Jahre 1852 kam Schmolsin in den Besitz der Hofkammer, Kaiser Wilhelm II. selbst stattete dem Ort 1910 einen Besuch ab. Das Hausgut Hohenzollern war 2056 Hektar groß und hatte einen reichen Viehbestand. Im 19. Jahrhundert waren Scholsin und der Revekol mit seinem Aussichtsturm beliebte Ausflugsziele, auch von Sommerfrischlern, zumal das Dorf von Stolp und Stolpmünde aus leicht mit dem Fahrrad zu erreichen ist.[4]

Am 1. April 1927 hatte das Gut Schmolsin eine Flächengröße von 13.412 Hektar, und am 16. Juni 1925 hatte der Gutsbezirk 437 Einwohner.[5] Am 30. September 1928 wurde der Gutsbezirk Schmolsin teilweise in die Landgemeinde Schmolsin eingegliedert.[6]

Anfang der 1930er Jahre hatte die Landgemeinde Schmolsin eine Flächengröße von 153,3 km². Innerhalb der Gemeindegrenzen standen insgesamt 224 bewohnte Wohnhäuser an zehn verschiedenen Wohnstätten:[7]

  1. Dambee
  2. Dünengehöft
  3. Jawersberg
  4. Karlshof
  5. Karolinenhof
  6. Leuchtfeuergehöft
  7. Menzelsruh
  8. Reißaus
  9. Rumbke
  10. Schmolsin

Um 1935 hatte Schmolsin unter anderem ein Hotel, drei Gasthöfe, eine Niederlassung der Spar- und Darlehnskasse, fünf Gemischtwarenläden, mehrere Einzelhandelsgeschäfte, eine Molkerei, ein Holzsägewerk, eine Viehhandlung sowie eine Reihe von Handwerksbetrieben und Dienstleistern.[8]

Bis 1945 bildete Schmolsin eine Landgemeinde im Landkreis Stolp im Regierungsbezirk Köslin der preußischen Provinz Pommern des Deutschen Reichs. Schmolsin war Sitz eines gleichnamigen Amtsbezirks.

Gegen Ende des Zweiten Weltkriegs wurde Schmolsin im März 1945 von der Roten Armee besetzt. Nach Beendigung der Kampfhandlungen wurde die Region zusammen mit ganz Hinterpommern seitens der sowjetischen Besatzungsmacht der Volksrepublik Polen zur Verwaltung überlassen. Polnische und ukrainische Zivilisten, die anfangs vorwiegend aus von der Sowjetunion besetzten Gebieten östlich der Curzon-Linie kamen, trafen nach und nach ein und verdrängten die einheimischen Dorfbewohner aus ihren Häusern und Wohnungen. Schmolsin wurde unter der polonisierten Ortsbezeichnung ‚Smołdzino‘ verwaltet. Die einheimischen Dorfbewohner wurden in den folgenden Jahren von der polnischen Administration vertrieben.[9]

Einwohnerzahlen

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  • 1852: 140[10]
  • 1925: 1257, sämtlich Evangelische[11]
  • 1933: 1344[12]
  • 1939: 1308, in 377 Haushalten

Amt Schmolsin

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Schmolsin bildete bis 1945 einen eigenen Amtsbezirk innerhalb des Landkreises Stolp im Regierungsbezirk Köslin der Provinz Pommern. Zugeordnet waren die Orte Klein Garde, Schlochow, Schmolsin, Vietkow, Virchenzin und Zietzen mit den dazugehörigen sieben Vorwerken.

Amtshauptmann von Schmolsin (und Stolp) war von 1707 bis 1709 der spätere preußische Staatsminister und Generalpostdirektor Ernst Bogislav von Kameke.

Schmolsin war außerdem Sitz eines Standesamtes und einer Gendarmerie. Amtsgerichtlich war der Ort nach Stolp orientiert.

Forstamt Schmolsin

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Zum Forstamtsbezirk Schmolsin gehörten vor 1945 die Revierförstereien Schmolsin (Revekol und Flossen) und Grünhof (Fichtholz und Eulenburg) sowie die Forstwartbezirke Rowe, Rumbske und Virchenzin.

 
Dorfkirche, bis 1945 Gotteshaus der evangelischen Gemeinde Schmolsin
 
Kanzel aus dem 17. Jahrhundert in der Dorfkirche

Die Dorfkirche wurde auf Initiative von Herzogin Anna von Croy neu errichtet und am 16. Oktober 1632 eingeweiht. Die vorherige, erste lutherische Kirche (oder Kapelle) war 1581 von dem Schmolziner Rittergutsbesitzer Schwantes Tessen erbaut worden. Diese ältere Kapelle hatte dort gestanden, wo gegen Ende des 18. Jahrhunderts der Viehstall des Predigers errichtet worden war.[13] Im 19. Jahrhundert wurde die Dorfkirche vergrößert und erhielt auch einen Turm. Die Innenausstattung war von großer Reichhaltigkeit.

Bis 1832 wurde in dem Gotteshaus auch auf Slowinzisch (ausgestorbene Sprache oder ausgestorbener Dialekt des Kaschubischen) gepredigt.

Der von Herzogin Anna 1610 in Schmolsin eingesetzte Pfarrer Michael Brüggemann gab den Katechismus Martin Luthers, die Bußpsalmen Davids, die Geschichte der Passion Jesu Christi sowie eine Tauf- und eine Trauagende in regionaler polnischer Sprache mit kaschubischen Einflüssen heraus und schuf so ein für die evangelischen Kaschuben/Slowinzen bedeutsames Werk. Die Herzogin Anna von Croy ließ einmal heimlich ein Ölgemälde von ihm anfertigen.[14] Das Bild in Lebensgröße hängt bis heute (2010) in der Dorfkirche von Schmolsin.

Mit den Ortschaften Holzkathen, Klucken, Schlochow, Selesen, Schmolsin, Vietkow, Virchenzin und Zietzen gehörte das evangelische Kirchspiel Schmolsin bis 1945 zum Kirchenkreis Stolp-Altstadt im Ostsprengel der Kirchenprovinz Pommern der Kirche der Altpreußischen Union.

Von 1632 bis 1945 war die Kirche ein evangelisches Gotteshaus. Der Bestand an Kirchenbüchern reichte bis 1655 zurück.[15]

Nach 1945 wurde die Dorfkirche von der polnischen Administration zugunsten der polnischen katholischen Kirche zwangsenteignet und vom polnischen katholischen Klerus ‚neu geweiht‘.

Die seit 1945 und Vertreibung der einheimischen Dorfbewohner anwesende polnische Einwohnerschaft ist überwiegend katholisch.

Bereits im Jahre 1852 hatte Schmolsin eine zweiklassige Schule. Ein neues großes Schulgebäude entstand 1893. Im Jahre 1932 war die Schule fünfstufig, es unterrichteten drei Lehrer 221 Schulkinder.

Persönlichkeiten

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Söhne und Töchter des Orts

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Weitere mit dem Ort in Verbindung stehende Persönlichkeiten

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  • Ritter Schwantes Tessen († 1. April 1607), war Erbherr auf Vorwerk Schmolsin, Landvogt zu Schlawe, später Hauptmann von Schlawe, Stolp und Lauenburg (mit seinem Tod erlosch der Mannesstamm des hinterpommerschen Zweigs der Adelsfamilie Tessen).
  • Herzogin Erdmuthe von Brandenburg (1561–1623), hatte nach dem Tod ihres Mannes 1600 das Amt Stolp als Wittum erhalten und wohnte im Schloss von Stolp sowie seit 1608 – nach dem Tod von Schwantes von Tessen – auch in dem Schloss auf dem Vorwerk von Schmolsin.
  • Michael Brüggemann (1583–1654), von 1600 bis 1654 erster evangelischer Pfarrer in Schmolsin, übersetzte sakrale Literatur in die kaschubische Sprache.
  • Herzogin Anna von Croy (1590–1660), Schwester Bogislaws XIV., hatte nach dem Tod ihres Mannes das Amt Stolp als Wittum erhalten und wohnte in dem zum Vorwerk von Schmolsin gehörigen Schloss, stiftete die Dorfkirche von Schmolsin.
  • Ernst Bogislav von Kameke (1674–1726), von 1707 bis 1709 Amtshauptmann von Schmolsin (und Stolp), preußischer Staatsminister und Generalpostdirektor.

Sehenswürdigkeiten

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  • Dorfkirche, mit alter Ausstattung und teilweise erhaltener alter Deckenmalerei
  • Rundblick vom Revekol.

Gmina Smołdzino

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Der Ort ist Sitz der gleichnamigen Landgemeinde, deren Gebiet sich zwischen dem Jezioro Gardno (Garder See) und dem Jezioro Łebsko (Leba-See) hinzieht. Ihre Fläche beträgt 257,24 km² und die Einwohnerzahl beträgt 3400.

Literatur

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  • Schmolsin, Dorf und Gutsbezirk, an der Lupow, Kreis Stolp, Provinz Pommern. In: Meyers Gazetteer, mit Eintrag aus Meyers Orts- und Verkehrslexikon, Ausgabe 1912, sowie einer historischen Landkarte der Umgebung von Schmolsin (meyersgaz.org).
  • Pommersches Güter-Adressbuch, Friedrich Nagel (Paul Niekammer), Stettin 1892, S. 162–163 (Google Books).
  • P. Ellerholz: Handbuch des Grundbesitzes im Deutschen Reiche, Band 2: Provinz Pommern, 2. Auflage, Nicolai (Stricker), Berlin 1884, S. 94–95 (Google Books).
  • Ludwig Wilhelm Brüggemann: Ausführliche Beschreibung des gegenwärtigen Zustandes des Königl. Preußischen Herzogthums Vor- und Hinter-Pommern. Teil II, Band 2, Stettin 1784, S. 939–940 Ziffer 6 (Google Books).
  • Karl-Heinz Pagel: Der Landkreis Stolp in Pommern. Zeugnisse seiner deutschen Vergangenheit, Lübeck 1989, S. 870–881 (Download Ortsbeschreibung Schmolsin)
  • Johannes Hinz: Pommern. Wegweiser durch ein unvergessenes Land, Augsburg, 1996
  • Ernst Müller: Die Evangelischen Geistlichen Pommerns von der Reformation bis zur Gegenwart, 2. Teil, Stettin, 1912
  • Hellmuth Heyden: Kirchengeschichte Pommerns, 2 Bd., Köln-Braunsfeld, 1957
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Commons: Schmolsin – Sammlung von Bildern

Fußnoten

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  1. Im Jahr 1867 gab es unter den Einwohnern des Kreises Stolp noch 188 Kaschuben in einigen Dörfern in der Nähe der Küstenseen und im Südosten (Groß Rakitt); vergleiche Gustav Neumann: Geographie des Preußischen Staats. 2. Auflage, Band 2, Berlin 1874, S. 127–128, Ziffer 4 (Google Books).
  2. Eintrag im „Slowinzischen Wörterbuch“ von Friedrich Lorentz, bitte Scannummer 793 (links) wählen. Zum System der Slowinzisch-Lautschrift von Lorentz, vgl. „Slowinzische Grammatik“, S. 13–16 (scan 40–43), anschließend die Lautlehre.
  3. Ludwig Wilhelm Brüggemann: Ausführliche Beschreibung des gegenwärtigen Zustandes des Königl. Preußischen Herzogthums Vor- und Hinter-Pommern. Teil II, Band 2, Stettin 1784, S. 939–940.
  4. Meyers Reisebuch: Deutsche Ostseeküste IIRügen und die pommersche Küste mit ihrem Hinterland, 2. Auflage, Bibliographisches Institut, Leipzig 1924, S. 192.
  5. Kurt Albrecht: Die preußischen Gutsbezirke, in: Zeitschrift des Preussischen Statistischen Landesamts, 67. Jahrgang, Berlin 1927, S. 344–477, insbesondere S. 401 (Google Books).
  6. Amtsbezirk Schmolsin (Territorial.de)
  7. Die Gemeinde Schmolsin im ehemaligen Kreis Stolp in Pommern (Gunthard Stübs und Pommersche Forschungsgemeinschaf, 2011)
  8. Klockhausʼ Kaufmännisches Handels- und Gewerbe-Adressbuch des Deutschen Reichs, Band 1 A, Berlin 1935, S. 1111 (Google Books).
  9. Karl-Heinz Pagel: Der Landkreis Stolp in Pommern. Lübeck 1989, S. 880
  10. Kraatz (Hrsg.): Topographisch-statistisches Handbuch des Preußischen Staats, enthaltend die sämmtlichen Städte, Flecken, Dörfer … mit Angabe des Gerichts erster Instanz … Unter Benutzung der Akten des Königlichen Justiz-Ministeriums. Deckersche Geheime Ober-Hofbuchdruckerei, Berlin 1856, S. 552 (Digitalisat).
  11. Gunthard Stübs und Pommersche Forschungsgemeinschaft: Die Gemeinde Schmolsin (Memento vom 7. September 2019 im Internet Archive)
  12. Michael Rademacher: Stolp. Online-Material zur Dissertation, Osnabrück 2006. In: eirenicon.com.
  13. Christian Friedrich Wutstrack (Hrsg.): Kurze historisch-geographisch-statistische Beschreibung von dem königlich-preußischen Herzogtum Vor- und Hinterpommern. Stettin 1793, S. 716–717.
  14. Nachtrag zu der Kurzen historisch-geographisch-statistischen Beschreibung des Herzogtums Vor- und Hinterpommern (Christian Friedrich Wutstrack, Hrsg.). Stettin 1795, S. 330.
  15. Martin Wehrmann: Die Kirchenbücher in Pommern, in: Baltische Studien, Band 42, Stettin 1892, S. 201–280, insbesondere S. 250 (Google Books).
  16. Ingrid Bigler-Marschall (Hrsg.): Deutsches Theater-Lexikon. Band 6. 2008, S. 3187 (Online).