Sophienclub

Berliner Diskothek (1984–2016)

Der Sophienclub (kurz: [Die] Sophie) war ein Jugendklub in den Hackeschen Höfen im Berliner Ortsteil Mitte. Er wurde im Herbst 1985 eröffnet. Der „Party-Club mit DDR-Tradition“[1] war in mehreren Berlin-Reiseführern verzeichnet.[2][3] Die Berliner Morgenpost zählte ihn zu den Club-Klassikern Berlins.[4]

Die Sophie galt als einer der ältesten Clubs der Hauptstadt[5][6] und war „eine der wenigen entspannten Locations in Mitte“.[7]

Geschichte

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Die Jazz-Szene Ost-Berlins fand in dem Club ein neues Zuhause.

Seit Ende der 1950er Jahre war im Alten Friedrichstadt-Palast im Keller die Tanzgaststätte Große Melodie für bis zu 340 Gäste. Dort haben zahlreiche Jazz-Ensembles ihr Können dargeboten, ebenfalls im Jazzclub Fredersdorfer Straße. Der Friedrichstadtpalast wurde am 29. Februar 1980 unmittelbar nach der Besichtigung durch Bauexperten wegen starker Setzungen der verfaulten Fundamentpfeiler im Boden geschlossen. In einer ADN-Meldung vom gleichen Tag hieß es dazu: „Im Friedrichstadt-Palast können ab 1. März keine Vorstellungen mehr stattfinden. Der Magistrat von Berlin hat im Interesse der öffentlichen Sicherheit eine entsprechende Festlegung getroffen.“

Die Jazz-Szene fand in unmittelbarer Nähe im neu eröffneten Klub Krausnickstraße /Ecke Oranienburger Straße ein zu Hause. Der Klub wurde aber bereits 1981 geschlossen, da der Leiter nach West-Berlin ausgereist war. Daraufhin zog die Szene weiter in den neuen Club Wilhelm-Pieck-Straße 153 (heute: Torstraße). Für fünf Jahre war er der angesagteste Klub in Ost-Berlins. Nach seiner Schließung wanderte das Publikum und die Veranstaltungen weiter in die Sophienstraße 6, in die Hackeschen Höfe. Im Haus der jungen Talente in der Klosterstraße fanden auch seit 1982 jeweils Montags Jazzkonzerte statt.

Der Sophienclub wurde 1985 eröffnet. Zuvor logierte in den Räumlichkeiten der Außenhandelsclub der DDR mit einer Kegelbahn im Keller.[8] Der Jugendclub war die einzige Kultureinrichtung in den Hackeschen Höfen,[9] etablierte sich schnell und setzte DDR-weit Maßstäbe als Diskothek und Veranstalter von Jazz- und Rockkonzerten.[10]

Der Jugendclub in der Sophienstraße 6 wurde als Einrichtung des Kreiskulturhauses Berlin-Mitte neu eröffnet.

Als neunter Jugendclub im damaligen Ost-Berliner Stadtbezirk Mitte wurden die Räumlichkeiten 1985 vom Kreiskulturhaus Mitte übernommen. Verwaltung, Finanzierung und kulturpolitische Ziele wurden im Auftrag der Ziele staatlicher Jugendpolitik umgesetzt. Der erste Leiter der Einrichtung wurde Jochen Lenhard. Vorher hatte er kurzzeitig im nahegelegenen Pieck-Klub gearbeitet. Auch er war wie viele der ersten Jugendclubleiter Autodidakt. Am 1. Juni 1985 wurde der Club eröffnet. Er wurde zum Treffpunkt für die Nachtszene und für Musiker auch jenseits der Ost-Berliner Grenzen.[11] Die Sophie war „eine wichtige Adresse im Rahmen künstlerischer Produktion jenseits des politischen Diktats“.[10][12]

Das Programm wurde im Wesentlichen vom Jugendklub Wilhelm-Pieck-Straße 153 übernommen, da dieser eine „kulturpolitische Reinigung“ erlebte. Ein Teil des Clubaktiv (ehrenamtliche Helfer) und das Publikum wanderten von der Wilhelm-Pieck-Straße nun in die nahegelegene Sophienstraße. Der Vorteil des Sophienklubs war seine besondere Lage in den damals fast unbewohnten Hackeschen Höfen. Es gab keine Probleme mit Anwohnern wegen der Lautstärke. So konnten Diskotheken und Konzerte bis in die Nacht veranstaltet werden. Der Club war nicht sehr groß, offiziell war er für 80 Besucher zugelassen. Bis März 1987 war Lenhard der alleinige Festangestellte. Er kündigte das Arbeitsverhältnis, daraufhin war der Sophienklub bis September 1987 geschlossen. Vom Kreiskulturhaus erhielt er eine offizielle Abschlussbeurteilung (siehe Anlage). Der nächste Leiter wurde Steffen Fuchs.

Ab 1991 wurde der Club unter Mitwirkung der Kultursenatsverwaltung schrittweise als erste bezirkseigene Kultureinrichtung in private Trägerschaft überführt. Seit 1993 wurde die Diskothek von der Sophienclub Veranstaltungs GmbH mit zwei Gesellschaftern betrieben, von denen einer im Februar 2000 ausschied.[8] Der Charakter des Ostclubs blieb zunächst weitgehend erhalten[13][14] und kombinierte „den Lifestyle der partyhungrigen Szene mit der altgewohnten Clubatmosphäre“.[10]

Getanzt wurde auf zwei Ebenen, die unabhängig voneinander genutzt werden konnten.[15] Eine Erweiterung des Clubs durch einen Umzug in die Tiefgarage unter dem ersten Hackeschen Hof scheiterte am Kneipen-Plan für die Spandauer Vorstadt, mit dem der Bezirk die Wohnbevölkerung vor negativen Auswirkungen von Schankwirtschaften und Vergnügungsstätten schützen wollte.[16]

Der Club musste Anfang 2016 schließen.[17]

Literatur

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  • Anja Dau: Sophie aus der Asche – Der Sophienclub, in: Blickpunkt Hackesche Höfe: Spaziergang durch eine kleine Stadt, Fotografien von Stephan Erfurt und Texte von Rainer Blankenburg, Jaron Verlag, Berlin 1997, ISBN 3932202201, S. 28 f.
  • Tiziana Romelli: Ein Spaziergang durch die Hackeschen Höfe: ethnographische Erkundungen eines neuen urbanen Ortes, Berliner ethnographische Studien Bd. 1, Lit Verlag, Münster 2002, ISBN 3825852660
  • Peter Schubert: Die Hackeschen Höfe: Geschichte und Geschichten einer Lebenswelt in der Mitte Berlins, Gesellschaft Hackesche Höfe, Argon Verlag, Berlin 1993, ISBN 9783870242541
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Einzelnachweise

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  1. Isolde Bacher, Rainer Eisenschmid: Berlin. Potsdam, Baedeker-Reiseführer, Ostfildern 2005, ISBN 3829710542, S. 77
  2. Renée LaTulippe (Hrsg.): Party Earth Europe, PartyEarth LLC 2010, ISBN 0976112078, S. 181
  3. Jack Holland, John Gawthrop: The mini rough guide to Berlin, Rough Guides, 6. Aufl., London 2001, ISBN 1858286824, S. 280 f.
  4. Das sind Berlins Club-Klassiker. In: Berliner Morgenpost. 23. April 2010, abgerufen am 8. August 2023.
  5. Sophienclub, Berlin. (Memento des Originals vom 28. August 2012 im Internet Archive)  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/berlin.prinz.de In: Prinz Berlin
  6. Tanzen durch die Jahrzehnte – Der Sophienclub, Berlinportal in-berlin-brandenburg.com
  7. Clubs von A–Z: Sophienclub. (Memento des Originals vom 25. Juni 2013 im Internet Archive)  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/www.tip-berlin.de In: tip Berlin
  8. a b Sophienclub, Webseite der Hackeschen Höfe
  9. Uwe Aulich: Die Hackeschen Höfe werden 100 Jahre alt. Der Mix macht's. (Memento des Originals vom 7. März 2014 im Internet Archive)  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/www.berliner-zeitung.de In: Berliner Zeitung, 22. September 2006
  10. a b c Tiziana Romelli: Ein Spaziergang durch die Hackeschen Höfe: ethnographische Erkundungen eines neuen urbanen Ortes, Münster 2002; S. 63 f.; Vorschau Google-Books
  11. Gunnar Leue: Westmusiker spielten gern im Osten: Das Sehnsuchtserlebnis Ost-Konzert. In: Berliner Zeitung, 3. Juli 2010
  12. „Kurz vor der politischen Wende wurde im Vorderhaus an der Sophienstraße mit dem Sophienclub ein Veranstaltungsort für Jazzmusik eröffnet. Es handelte sich dabei um eine für DDR-Verhältnisse fast subversive Maßnahme, die sich allerdings stimulierend auf die spätere kulturelle Nutzung der Höfe auswirken sollte.“ Ernst Siebel: Niedergang der Höfe, Webseite der Hackeschen Höfe
  13. Susanne Frömel: Ein Besuch im Sophien-Club ist eine Reise in die eigene Vergangenheit. In: Berliner Zeitung, 2. Oktober 2000
  14. 5. Berliner Clubnacht: Die Szene tanzt und feiert bis zum frühen Morgen. In: Die Welt, 15. September 2003
  15. „Bis zur bitteren Neige harren wir schließlich aus im Sophienclub, Nr. 6, wo auf mehreren Etagen exzessiv geschwoft werden kann …“ Ria Den Breejen: Berlin für Frauen, Elster, 1997, ISBN 3891512449, S. 76
  16. Bezirk erlaubt nur Kneipen mit maximal 50 Plätzen: Der Sophienclub darf nicht in die Tiefgarage. In: Berliner Zeitung, 27. März 2013
  17. Sophienclub (Memento des Originals vom 4. Juli 2016 im Internet Archive)  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/www.sophienclub.com, abgerufen am 23. Mai 2016