Sowjetische Invasion in Xinjiang

sowjetischer Einmarsch 1934 nach China

Der sowjetische Einmarsch in Xinjiang fand 1934 statt. Nachdem drei Jahre lang die Hami-Rebellion den Osten Xinjiangs destabilisiert hatte, der Bürgerkrieg in der gesamten Provinz für Chaos gesorgt hatte und die Islamische Republik Ostturkestan im Südwesten der Provinz sich abspaltete, marschierte die Rote Armee im Frühjahr 1934 in Xinjiang ein.

Sowjetische Invasion in Xinjiang
Teil von: Zwischenkriegszeit

Soldaten der 36. Division der Nationalrevolutionären Armee bei Hami
Datum Januar 1934 bis April 1934
Ort Xinjiang
Casus Belli Belagerung von Urumtschi durch die 36. Division der Nationalrevolutionären Armee
Ausgang Sieg der Sowjetunion und von Sheng Shicai
Folgen Dunganistan gerät unter die Kontrolle der Republik China
Konfliktparteien

Sowjetunion

Anhänger Sheng Shicais
Torguten
Exilrussen

Republik China

Befehlshaber

Josef Stalin
Kliment Woroschilow
Isḥāq Beg
Nikolaij Bektejew
Sheng Shicai
Pawel Papengut

Chiang Kai-shek
Ma Zhongying
Ma Hushan
Ma Zhancang
Ma Fuyuan

Truppenstärke

rund 7.000 Rotarmisten und GPU-Soldaten
mehrere tausend Torguten
mehrere tausend Exilrussen

rund 10.000 Soldaten der 36. Division der Nationalrevolutionären Armee

Sheng Shicai hatte bereits im Jahr 1932 einen Brief nach Moskau geschickt und seine ideologischen Vorstellungen in diesem Brief dargelegt.[1] Im April 1933 wurde Sheng der neue Gouverneur von Xinjiang.[2] Sheng sandte im Oktober 1933 zwei Vertreter nach Moskau.[3] Über diese lud er die Sowjetunion ein, Truppen nach Xinjiang zu schicken.[2]

Im Januar 1934 belagerten die Truppen von General Ma Zhongying Urumtschi, die Hauptstadt von Xinjiang. Die Sowjets reagierten auf diese Belagerung mit dem Einmarsch von zwei Brigaden von OGPU-Grenztruppen und dem direkten Eingreifen von Flugzeugen der sowjetischen Luftwaffe.[4] Die Einsätze von Flugzeugen sorgten für Panik unter den Rebellen.[5] Insgesamt umfasste das sowjetische Kontingent rund 7.000 Mann.[6] Die Sowjets setzten auch chemische Waffen ein.[7]

Im Februar 1934 legten Vertreter der Sowjets Hodscha Niyaz ein Abkommen vor. Niyaz stimmte dem Abkommen zu und wurde ziviles Oberhaupt der Provinz Xinjiang.[8] In dieser Funktion blieb er aber weitgehend machtlos.

Mit der sowjetischen Rückendeckung nahmen die Truppen des Provinzgouverneurs Sheng die Stadt Dabancheng ein. Ein Großteil der Truppen Mas floh daraufhin in Xinjiangs Nachbarprovinz Gansu. General Ma Zhongying zog mit einem Teil seiner Truppen nach Süden. Dort zerschlugen die Truppen die Islamische Republik Ostturkestan in und um Kaschgar. Im April marschierten 10.000 Soldaten der Provinzarmee von Sheng Shicai ebenso nach Kaschgar und nahmen sie ein.[9] Bis auf Dunganistan im Süden kontrollierte Provinzgouverneur Sheng daraufhin die gesamte Provinz.

Während der Kampfhandlungen starb der deutsche Geschäftsmann von Hannekan und der deutsche Ingenieur Georg Vasel geriet in Gefangenschaft. Die Truppen von Sheng Shicai brachten Vasel in ein Gefängnis, welches vom sowjetischen Geheimdienst NKWD beaufsichtigt wurde.[10][11] Nach seiner Freilassung schrieb Vasel ein Buch über sein Erlebtes.[12]

Nachgeschichte

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Im Juni 1934 schrieb Sheng Shicai einen Brief an Josef Stalin, Wjatscheslaw Molotow und Kliment Woroschilow und bedankte sich für die „Hilfe bei der Befriedung“ seiner Provinz.[1] Sheng war fortan zwar der Gouverneur, aber er musste sich in allen politischen Fragen mit dem sowjetischen Konsul in Ürümtschi besprechen.[13]

Die sowjetischen Truppen blieben bis zum Beginn des Überfalls der Achsenmächte auf die Sowjetunion in Xinjiang stationiert.[14]

Literatur

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  • Georg Vasel: Flammen in der Wüste: Erlebnisse eines deutschen Flugpioniers in Innerasien, Berlin: Ullstein Verlag 1936.
* Georg Vasel: My Russian jailers in China, London: Hurst & Blackett 1937 (übersetzt von Gerald Griffin).
  • Lars-Erik Nyman: Great Britain and Chinese, Russian and Japanese interests in Sinkiang 1918–1934, Stockholm 1977.

Einzelnachweise

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  1. a b Brief von Sheng Shicai an Josef Stalin, Wjatscheslaw Molotow und Kliment Woroschilow, Urumtschi im Juni 1934. Veröffentlicht im Rahmen des Digital Archive – International History Declassified auf digitalarchive.wilsoncenter.org (abgerufen am 14. Dezember 2020).
  2. a b Iqbal Chand Malhotra: Red Fear: The China Threat, London: Bloomsbury 2020, S. 128.
  3. Andrew D. W. Forbes: Warlords and Muslims in Chinese Central Asia: A Political History of Republican Sinkiang 1911–1949, Cambridge: Cambridge University Press 1986, S. 117.
  4. Michael E. Clarke: Xinjiang and China's Rise in Central Asia – A History, London: Routledge 2011, S. 32.
  5. Jamil Hasanli: Soviet Policy in Xinjiang: Stalin and the National Movement in Eastern Turkistan, Lanham (MD): Rowman & Littlefield 2020, S. 31.
  6. David Christian: A History of Russia, Central Asia and Mongolia – Volume 2: Inner Eurasia from the Mongol Empire to Today, 1260–2000, Hoboken (NJ)/Chichester: Blackwell 2018, S. 431.
  7. S. Frederick Starr: Xinjiang: China's Muslim Borderland: China's Muslim Borderland, Armonk (NY): M.E. Sharpe 2004, S. 79.
  8. Jamil Hasanli: Soviet Policy in Xinjiang: Stalin and the National Movement in Eastern Turkistan, Lanham (MD): Rowman & Littlefield 2020, S. 32.
  9. Michael Dillon: Xinjiang and the Expansion of Chinese Communist Power: Kashgar in the Early Twentieth Century, London: Routledge 2014, S. 40.
  10. Frances Wood: The Silk Road: Two Thousand Years in the Heart of Asia, Berkeley (CA): University of California Press 2002, S. 224.
  11. Peter Hopkirk: Setting the East Ablaze: On Secret Service in Bolshevik Asia, Oxford: Oxford University Press 2001, S. 220.
  12. Rolf Aurich: Die Degeto und der Staat: Kulturfilm und Fernsehen zwischen Weimar und Bonn, München: edition text + kritik 2018, S. 137.
  13. Sheng Mao: Frontier Politics And Sino-Soviet Relations: A Study Of Northwestern Xinjiang, 1949–1963, Diss., Philadelphia (PA): University of Pennsylvania 2017, S. 202.
  14. Lars-Erik Nyman: Sinkiang 1934–1943: Dark decade for a pivotal puppet, in: Cahiers du Monde Russe, Jg. 32, Nr. 1 (1991), S. 97–105 (hier: S. 103).