Spiegelfechter

Verhalten von Vögeln

Als Spiegelfechter werden männliche Vögel bezeichnet, die insbesondere während der Brutzeit mit dem Schnabel gegen Scheiben oder Spiegel klopfen und damit ihr Spiegelbild als vermeintlichen Rivalen bekämpfen. Im englischsprachigen Raum wird das 1879 erstmals beschriebene Phänomen als Schattenboxen (englisch shadow boxing) bezeichnet.[1]:39f.

Dieser Buchfink kann sein Spiegelbild in der Fensterscheibe nicht von einem vermeintlichen Revier-Rivalen unterscheiden.
Sommerkardinal an einer Autoscheibe
Haussperling beim Spiegelfechten an Fensterscheibe
 
Junger Meisenhäher
 
Blaumeise an einem Motorradspiegel

Vögel besetzen zur Brutzeit ein Revier und sichern sich so die Nahrungsgrundlage für die Aufzucht ihrer Jungen. Dringt ein fremder Artgenosse ins Brutrevier ein, wird er bedroht, angegriffen und möglichst vertrieben. Viele Vögel können ihr Spiegelbild nicht als solches erkennen (vgl. Spiegeltest).[2] Wie viele andere Tierarten halten sie ihr Spiegelbild für einen Rivalen, der attackiert und vertrieben werden muss.[1] Daher schlagen sie mit dem Schnabel gegen das Fenster. Im deutschsprachigen Raum sind es meist Vogelarten, die um Häuser herum leben, wie Bachstelzen, Buchfinken, Amseln, Haussperlinge und Rabenkrähen. Größere Arten wie Elstern oder Krähen können dabei die Dichtungsgummis der Fenster beschädigen.[3] Weltweit ist dieses Verhalten bei knapp 200 Arten dokumentiert.[4] Von Jägerliesten und Südlichen Hornraben sind sogar zerbrochene Fensterscheiben bekannt.[1]:42 Auch wenn sich die Vögel dabei meistens nicht verletzen, bedeutet es zusätzlichen Stress während der Brutzeit.[5] Das Phänomen tritt insbesondere in der Brutzeit zwischen März und Juni, bei Rabenvögeln mitunter ganzjährig auf.[5] Nachdem die Jungvögel geschlüpft sind, verschwindet meist auch das Spiegelfechten.[3][6]

Abwehrmaßnahmen

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Das Phänomen kann nur dadurch bekämpft werden, dass die Reflexion verhindert wird.[1]:42 Bei Fensterscheiben am Haus eignet sich dafür:

  • Rollladen schließen oder
  • im unteren Teil der Scheibe außen während der Brutzeit einen Karton, Stoff, Folie oder Fliegengitter anbringen oder
  • die Scheibe außen mit Dekorspray besprühen.

Manche Ratgeber empfehlen, während der Brutzeit die Fensterscheiben seltener zu putzen, da eine leichte Staubschicht verhindere, dass sich die Vögel darin spiegeln.[7] Das Anbringen von Greifvogelsilhouetten hat sich hingegen als zwecklos erwiesen.[3][6]

Rezeption

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Im Juli 2016 erregte der WeißstorchRonny“ aus dem Ort Glambeck in Brandenburg als notorischer Spiegelfechter bundesweite Aufmerksamkeit. Die Berichterstattung in diesem Fall lässt sich als typische Sommerloch-Geschichte einschätzen.

Literatur

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Commons: Spiegelfechter – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

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  1. a b c d e Joël Roerig: Shadow boxing by birds – a literature study and new data from southern Africa. In: Ornithological Observations, ISSN 2219-0341. Band 4, 4. Juni 2013, S. 39–68.
  2. Taichi Kusayama, Hans-Joachim Bischof, Shigeru Watanabe: Responses to mirror-image stimulation in jungle crows (Corvus macrorhynchos). In: Animal Cognition, Band 3, Nummer 1, Mai 2000, Seiten 61–64, doi:10.1007/s100710050051.
  3. a b c d Spiegelfechter – Kampf gegen das Spiegelbild, Landesbund für Vogelschutz in Bayern, abgerufen am 18. Februar 2019.
  4. Joël Roerig: Shadow boxing. In seinem Artikel von 2013 spricht Roerig noch von 79 Arten (S. 49).
  5. a b Vogeltod an Glasflächen auf nabu.de Abgerufen am 14. Februar 2019.
  6. a b Hans Schmid: Spiegelfechter. Schweizerische Vogelwarte & SVS/BirdLife Schweiz, Sempach und Zürich, 2012, abgerufen am 10. Februar 2019.
  7. Vögel und Fensterscheiben. In: bfvhh.wordpress.com. 9. Oktober 2017, abgerufen am 14. Februar 2019.